Als sich ein Archäologe nach langer Zeit in das alte Haus seiner verstorbenen Großmutter begibt, geschehen merkwürdige Dinge: Plötzlich tauchen Türen zu neuen Räumen auf, Möbel wechseln ihren Platz und geisterhafte Erscheinungen wandern durch die Wohnung. Schnell ist klar, dass all dies etwas mit einem okkulten Gegenstand namens „Das Auge des Basir“ zu tun hat. Nun ist es die Aufgabe des Spielers, dieses Auge zu verwenden, um den Horror aus einer anderen Dimension zu stoppen.
Die Grafik von No70: Eye of Basir basiert auf fotorealistischen Texturen und wirkt daher sehr detailreich und hübsch. Allerdings fallen dadurch auch kleinere Fehler wie Pflanzen, die durch Bretter hindurchragen oder Unregelmäßigkeiten in Strukturen deutlicher auf. Die Farben sind absichtlich meist in einem Grau- oder Sepiastich gehalten und das Bild wird häufig krisselig dargestellt. Dies dämpft die Anzeigequalität wieder etwas. Schade ist, dass die zunächst durch die Schauplätze suggerierte Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt ist. Strikt linear ist immer nur ein Weg offen. Selbst in freiem Gelände sind Abkürzungen und weitere Pfade nur sichtbar. Will der Spieler sie betreten, rennt er gegen unsichtbare Wände.
Die Hintergrundgeschichte des Titels ist eher einfach gestrickt. Über zahlreiche Zettel, die im Laufe des Spiels gefunden werden können und Erzähltexte des Hauptcharakters werden die wichtigsten Informationen mitgeteilt. Besonders spannend oder gut erzählt ist all dies jedoch nicht und das unspektakuläre Ende kann das auch nicht auffangen. Zudem wird das übernatürliche Setting dazu verwendet, plötzliche Ortswechsel zu erklären und Logiklücken automatisch zu schließen. An einer Stelle weigert sich der Hauptcharakter beispielsweise, ein riesiges Loch in einem Zaun zu benutzen, um in ein Haus zu gelangen, weil zunächst die Eisentür daneben geöffnet werden muss.
Der englische Erzähler liefert gute Arbeit ab, kann dem oft bestimmte Wörter wiederholenden und häufig Offensichtliches kommentierenden Text aber nicht mehr allzu viel Schliff verleihen. Deutsche Spieler erhalten Untertitel, die insgesamt gut übersetzt sind, an einigen Stellen aber viel zu direkt an die Sache herangehen. So hätte beispielsweise „thesis“ nicht als „These“, sondern als wissenschaftliche Abschlussarbeit übersetzt werden müssen.
Ein Großteil der Spielzeit entsteht durch exzessives Backtracking. Das bedeutet, dass der Spieler immer wieder zu bereits besuchten Abschnitten zurückkehren muss, um im Spiel voranzukommen. Häufig muss er dabei einen neuen Gegenstand im Inventar haben. Da dieses Element gänzlich unkaschiert in allen Kapiteln auftritt, stört es die Atmosphäre. Ebenso nervig ist die Tatsache, dass manche Dinge erst durch das Besuchen eines bestimmten Ortes oder das Finden eines Objektes freigeschaltet werden. Im zweiten Kapitel gibt es einen spielentscheidenden Gegenstand, der plötzlich auftaucht, wenn ein anderes, nicht direkt verbundenes Ereignis ausgelöst wurde. Wer hier nicht auf gut Glück alle Schauplätze noch einmal absucht, bleibt hängen. Die übrigen Zahlencode- und Inventarrätsel sind sehr simpel gehalten und stellen auch für Anfänger keine Herausforderung dar. Dabei bietet auch das Auge des Basir wenig Abwechslung, das als eine Art Lupe vor das Auge des Betrachters gehalten werden kann und mit dem unheimliche Dinge sichtbar gemacht werden können. Hinzu kommt der stark lineare Aufbau des Spiels. So bleiben nur etwa eine bis zwei Stunden Spielzeit. Das Hauptmenü verspricht jedoch eine baldige Ergänzung um zusätzliche Inhalte.
Vollkommen unverständlich ist die Entscheidung der Entwickler, auf ein automatisches Speichern zu setzen, das lediglich am Ende des gesamten Kapitels den Fortschritt sichert. Wer zwischendurch unterbricht, muss den Abschnitt komplett von vorne beginnen – inklusive nichtüberspringbarer Anfangssequenz. Die Steuerung macht es unterdessen auch etwas komplizierter als es sein müsste: Zwar sind die normalen Elemente der WASD-Steuerung enthalten, um einen Gegenstand nach dem Betrachten (Mausklick) aufzunehmen, muss dann noch die F-Taste gedrückt werden. Auch die Geräuschkulisse leistet sich einige Patzer. An einigen Stellen passen die Geräusche der Schritte nicht zum Untergrund oder sie sind zu leise.
Der Horror in Eye of Basil entsteht ausschließlich durch einige wenige, klassische Jump Scares, die mit entsprechenden Soundeffekten belegt sind. Die Umgebung und die Geschichte eignen sich unterdessen kaum, um eine dauerhafte Spannung oder gar unheimliche Grundstimmung zu erzeugen. Hinzu kommt, dass die Schocker oft vorhersehbar gesetzt sind und nach jedem von ihnen die Spannung sofort wieder nachlässt.
No70 The Eye of Basir sieht zwar streckenweise sehr gut aus und hat einen interessanten Ansatz, kann aber in den übrigen Punkten nicht besonders gut überzeugen. Die Hintergrundgeschichte ist mau, die Rätsel zu einfach, es gibt zu viel offensichtliches Backtracking, die Horroratmosphäre kann nicht richtig zünden und technische Probleme wie das gnadenlose automatische Speichern trüben den Spielspaß. Was bleibt ist eine gute Basis für ein Horrorspiel, an der aber noch gearbeitet werden muss.
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