Im August dieses Jahres kündigten THQ Nordic und KING Art für November eine Neuauflage des ersten Teils der Black Mirror-Reihe an. Die ursprünglichen Spiele der Trilogie erschienen 2003, 2009 und 2011, wobei die Reihe insgesamt bei Adventure-Fans sehr beliebt war. Die Ankündigung eines Reboots rief daher schon im Vorfeld zwiespältige Gefühle hervor. So ist zum Einen die Freude auf einen weiteren Besuch im Black-Mirror-Schloss vorhanden, andererseits bleibt die Frage, warum ein erfolgreiches Spiel komplett neu gestaltet werden muss, anstatt etwas mit unbekanntem Setting zu veröffentlichen. Auch der Umstand, dass Black Mirror (2017) nicht als typisches Point-and-Click-Adventure erscheint, sondern den Fokus mehr auf Untersuchungen und die Interaktion mit den albtraumhaften Visionen legt, sorgte bereits im Vorfeld für Kritik. Dafür soll die Geschichte auch von Spielern genossen werden können, die die Originalreihe nicht gespielt haben und ebenso Konsolenfreunde ansprechen. Denn die Neuauflage kann für PC, Playstation 4 und Xbox One erworben werden. Wir konnten die Version für die Playstation 4 näher unter die Lupe nehmen und herausfinden, ob die Skepsis der Fans berechtigt ist.
Black Mirror (2017) beginnt mit einem spielbaren Intro, in welchem John Gordon gesteuert wird. Jener befindet sich gerade auf der Flucht. Als er zu einem Steinkreis gelangt, führt er zunächst ein Ritual durch und verspeist anschließend einen Zettel, bevor er sich anzündet. Obwohl er in diesem Moment von seinem Verfolger eingeholt wird, kann dieser nur noch dabei zusehen, wie John qualvoll verbrennt.
Das eigentliche Spiel startet während einer Autofahrt im Jahr 1926. David Gordon, Johns Sohn, hat sich aus Indien auf den Weg gemacht, um die Umstände des Todes seines Vaters zu untersuchen und die Erbschaftsangelegenheiten zu klären. Dafür reist er in die schottische Einöde, wo sich das Sgathan Dubh House, auch bekannt als Black Mirror House, befindet. Es gehört seit Generationen der Gordon-Familie und wird von seiner Großmutter Margaret bewohnt. David selbst war noch nie dort, denn er ist bereits als Kind mit seinen Eltern nach Indien ausgewandert. Daher kennt er auch seine Verwandtschaft nicht. Von seinem Vater hat er vor dessen Tod lediglich ein Kästchen erhalten. In diesem befindet sich ein Zettel mit dem Hinweis auf einen Schlüssel und eine Bibliothek. Außerdem ist ein merkwürdiger Turm aus Holz enthalten. John war vom Okkulten besessen. Außerdem wollte er immer die Geheimnisse seiner zerrütteten Familie aufdecken, welche er gleichzeitig gehasst und geliebt hat. Seine Frau und sein Kind ließ er für die Nachforschungen häufig zurück und ging alleine auf Reisen. Die letzte führte ihn schließlich in den Tod.
Als David am Abend zum Schloss kommt, fällt der Empfang eher kühl aus. Auch der Anwalt der Familie beäugt ihn skeptisch. David soll sich sofort auf sein Zimmer begeben, doch seine Neugierde siegt und so fängt er schon nachts an, die Geheimnisse im Schloss zu erkunden.
In fünf Kapiteln darf sich der Spieler über sechs bis acht Stunden Spielzeit auf Black Mirror umsehen. Dabei wühlt David tief in der düsteren Vergangenheit der Gordons und macht erschreckende Entdeckungen. Schnell wächst die Anzahl seiner Feinde. Dazu kommt der geheimnisvolle Familienfluch, welcher auch ihn immer häufiger heimsucht. Zumindest scheint Dr. Farber auf seiner Seite zu stehen.
Die Geschichte nimmt zunehmend an Fahrt auf und bleibt bis zum Schluss spannend, wobei das Ende überraschend schnell erreicht wird.
Fans der Black-Mirror-Reihe werden schon bei den Namen der Hauptpersonen stutzig. Denn John, David und Margaret tauchen in den vorangegangenen Spielen nicht auf. Auch in den bekannten Stammbäumen sind die Namen nicht vorgekommen. Die Entwickler haben in der Neuauflage also nicht nur die Story angepasst, sondern auch die Charaktere ausgetauscht, wenngleich sie einigen bekannten Personen ähneln. Die Geschichte weist ebenfalls nur eine gewisse Ähnlichkeit auf. So musste 2003 Samuel Gordon ebenfalls einen Selbstmord aufklären. Dabei handelte es sich aber um den vermeintlichen Suizid seines Großvaters William, der direkt am Schloss in den Tod gestürzt ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass Samuel das Schloss und seine Verwandtschaft sehr wohl kannte und es erst nach dem Feuertod seiner Frau verlassen hat, um nach zwölf Jahren zur Beerdigung seines Großvaters zurückzukehren. Später weicht die Story komplett vom Original ab.
Grafisch orientiert sich das Spiel in manchen Bereichen an der Trilogie. Sowohl einige Charaktere, als auch das Schloss erinnern optisch an die alten Spiele. Dennoch ist die Anordnung der Räume nicht komplett gleich und das Außengelände sogar gänzlich anders. Das neue Black Mirror liegt nun am Wasser und besitzt eine eigene Kapelle. Dafür fallen zum Beispiel die Stallungen weg.
Das nur wenige Momente andauernde Intro macht den Spieler mit der Steuerung vertraut. Auf der Playstation 4 wird mit dem Controller gespielt, wobei sich die Figur mit dem linken Joystick in die gewünschte Richtung bewegt. Der rechte Joystick dient dagegen der Kameraführung. Gerade in der Einführung bekommt der Spieler den Eindruck, dass er nur auf vorgefertigten Wegen laufen darf. Sämtliche freie Erkundung wird durch unsichtbare Wände blockiert. Auch die Aktionen sind vorgegeben, denn Hotspots sind Mangelware. Mit den wenigen Gegenständen wird über die Action-Buttons interagiert. Das Inventar, Menü, Tagebuch und die Questeinträge werden über das Steuerkreuz aufgerufen. Für Seitwärts- oder Rückwärtsbewegungen steht die Taste R1 zur Verfügung. Insgesamt funktioniert die Steuerung ordentlich und Symbole im Spiel helfen dabei ebenfalls. Lediglich die Funktion des Steuerkreuzes wird nicht ganz klar. Zwar ist das Inventar darüber zu erreichen, doch müssen die Gegenstände mit dem Joystick aufgerufen werden. Ansonsten landet der Spieler ungewollt im Menü oder wieder im Spiel. Das ist beim Testen öfter passiert.
Später muss David große Bereiche des Anwesens untersuchen. Unsichtbare Wände gibt es dennoch immer wieder. Auch die möglichen Aktionen bleiben eingeschränkt. Daher fallen die Laufwege oft lang aus, denn der Spieler muss immer wieder die Stelle suchen, an der das Spiel vorangetrieben werden kann. Immerhin legt David ein angenehmes Tempo an den Tag und rennt zwischendurch auch automatisch. Manche Räume kommen komplett ohne Hotspots aus. In anderen gibt es immerhin auch optional ansehbare Gegenstände. Die Hotspots sind durch ein Kreissymbol kenntlich gemacht. Es taucht auf, wenn David in die Nähe der Gegenstände kommt. Außerdem wurden auf dem Anwesen Fototeile verstreut. Sind genug gesammelt, können sie im Menü unter dem Punkt "Extras" wieder zusammengesetzt werden.
Das Spiel lässt sich jederzeit speichern, wobei es immer wieder automatische Speicherpunkte gibt. Positiv ist anzumerken, dass immerhin 18 Speicherplätze zur Verfügung stehen. Gerade auf der Konsole ist dies nicht selbstverständlich. Leider kommt es beim Spielstart so wie beim Wechsel von Räumen zu langen Ladezeiten, in denen auf einen schwarzen Bildschirm geblickt wird. Dies reißt den Spieler stets aufs Neue aus der Atmosphäre.
Bei Gesprächen gibt es in der Regel mehrere Optionen, die vom Spieler in beliebiger Reihenfolge abgerufen werden können. Manchmal sind auch Entscheidungen zu treffen. Dann ist zum Beispiel wählbar, ob David sein Gegenüber anlügen oder die Wahrheit sagen soll. Auswirkungen auf den Spielverlauf hat das nicht, lediglich die Antwort des Gesprächspartners verändert sich etwas.
Auch der Einsatz von Gegenständen kann teilweise ausgewählt werden. Hier entscheidet der Spieler, ob David den Schreibtisch mit einem Messer oder einen Draht öffnet. Je nach Wahl wird eine neue Trophäe freigeschaltet. Im Spielverlauf ändert sich dagegen nichts. Dies bedeutet auch, dass die passenden Gegenstände nicht im Inventar ausgewählt werden müssen. Stattdessen wird dem Spieler die Auswahl an möglichen Objekten vorgegeben. Häufig bleibt es bei einem Gegenstand, zum Beispiel wenn ein Schlüssel benötigt wird. Immerhin dürfen sich sämtliche Objekte im Inventar näher angesehen werden. So lassen sich häufig wichtige Informationen entdecken.
Wenige Rätsel sind ebenfalls zu lösen. So muss auch schonmal ein Code geknackt werden. Zwar dürften geübte Adventurefreunde keine Probleme haben, dennoch ist teilweise der Einsatz von Stift und Zettel sinnvoll. Der Spieler wird also nicht immer an die Hand genommen. An manchen Stellen muss der "Mauszeiger" in einem kleinen Kreis bleiben, welcher sich über den Bildschirm bewegt. Dieses Minispiel ist aber leicht zu lösen. Auch kommt es vor, dass bestimmte Tasten in einigen Situationen mehrmals hintereinander oder länger zu drücken sind.
Im Laufe des Spiels wird David immer häufiger von Visionen heimgesucht. In diesen sieht er Situationen aus der Vergangenheit seiner Familienmitglieder, die ihm zuvor unbekannt waren. Hier muss David zur richtigen Zeit bestimmte Hotspots anklicken, damit die Vision fortgesetzt wird. Gelingt ihm das nicht, stirbt er. Generell bleibt der Schwierigkeitsgrad sehr gering. Nur die Kameraführung bereitet manchmal Probleme, so dass der benötigte Hotspot nicht rechtzeitig ausgewählt werden kann.
Im Gegensatz zu den alten Teilen kommt das Spiel in 3D-Grafik. Die Einflüsse von KING Art sind dabei deutlich sichtbar, denn die Optik erinnert stark an The Raven. Während das Intro durch eine triste Hügellandschaft führt, ist das Schloss nett anzusehen. Viele Details lassen sich entdecken, aufgrund der fehlenden Hotspots allerdings nicht näher erkunden. Die Außenbereiche fallen im Gesamteindruck etwas ab. In der Nacht wirken sie durch Nebel und Lichteinfälle aber hübsch. Kamerafahrten und kurze Videos kommen häufig vor, auch sie sind durchaus gelungen. Die Animationen wirken dafür manchmal hölzern und der Gang der Personen steif. Außerdem kommt es immer wieder zu Clippingfehlern. Auch die Hintergründe hätten etwas mehr Bewegung vertragen. Insgesamt können die grafischen Möglichkeiten der Konsole nicht ausgeschöpft werden, für ein Adventure ist die Optik aber zufriedenstellend.
Die deutsche Sprachausgabe ist gelungen. Alle Sprecher wurden passend gewählt und machen ihren Job ordentlich. Auch die englische Version kann bei Bedarf ausgewählt werden. Leider schwankt die Lautstärke in einigen Videos, so dass der Text nur schwer verständlich ist. Untertitel sind optional zuschaltbar. Jene werden allerdings nicht immer rechtzeitig aktualisiert. Teilweise fehlen sie auch ganz. Hier sollte noch einmal nachgearbeitet werden. Die Tagebucheinträge sind nicht mit einer Sprachausgabe versehen, sonstige Dokumente aber größtenteils schon. Gespräche können manchmal weggeklickt werden. Allerdings geht dies nicht immer. Das ist nervig, wenn versehentlich ein Gegenstand noch einmal angesehen wird.
Der Sound sorgt direkt zu Beginn für Stimmung. Das Fluchtgefühl kommt beim Spieler sofort hoch, obwohl er nicht wirklich unter Zeitdruck steht. Auch in den gruseligen Momenten wird die Musik passend eingesetzt. Ansonsten bleibt sie dezent im Hintergrund.
Die Black-Mirror-Trilogie hat die Messlatte zwangsläufig hochgelegt. Wer bei Black Mirror (2017) einen neuen Teil ganz im Stile der Vorgänger erwartet, wird daher mit Sicherheit nicht komplett zufrieden gestellt. Dafür haben die Entwicklern zu viel verändert. Gerade dass der Stammbaum der Gordons komplett ignoriert wurde, dürfte Fans nicht gefallen. Immerhin ist die Sprachausgabe gelungen. Auch richtet sich der Schwierigkeitsgrad nicht an eingefleischte Adventurespieler. Zwar gibt es durchaus klassische Rätsel, jene treten aber zu selten auf. Die Grafik geht in Ordnung, kann aber nicht als alleiniger Kaufgrund herhalten. Trotzdem, die Geschichte um das Black Mirror House wird spannend erzählt, die Visionen sind durchaus gut integriert und passen zu dem mystischen Spielgefühl. Neueinsteiger der Reihe, die sich für Geschichten im Gothik-Horror-Stil begeistern, können also problemlos zuschlagen. Fans sollten sich dagegen innerlich darauf einstellen, dass sich Black Mirror ziemlich verändert hat. Dafür ist die Story, bis auf die Grundzüge, unbekannt. Es lohnt sich also durchaus Black Mirror (2017) als eigenständiges Adventure zu sehen und dem Spiel eine Chance zu geben.
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