Fünf Jugendliche machen sich auf den Weg auf eine verlassene Insel. Doch dort erwartet sie nicht der geplante, gemütliche Abend am Lagerfeuer, sondern äußerst mysteriöse Ereignisse, die von Stunde zu Stunde irritierender und gefährlicher werden. Bald kommt die Frage auf, ob und wer es überhaupt wieder von der Insel schaffen kann.
Der fast durchgängig subtile und immer weiter anziehende Horror, der nur an wenigen Stellen auf leichte Jumpscares setzt, ist dabei ebenso gut gesetzt wie die spannende Hintergrundgeschichte. Durch zahlreiche Entscheidungen im Verlauf des Spiels lassen sich zudem unterschiedliche Enden erreichen. Oxenfree hat dabei einen sehr hohen Wiederspielwert, denn einiges wird erst nach einem ersten Durchgang klar. Leider geben die Entwickler hier kein Hilfsmittel an die Hand, wie es beispielsweise in Virtue’s Last Reward vorhanden ist. Wer Entscheidungen ändern möchte, muss das gesamte Spiel von vorne beginnen.
Rätseltechnisch hat Oxenfree eher wenig zu bieten. Hauptelement ist das Einstellen von Frequenzen auf einem Radio, dessen Töne wiederum die Umgebung beeinflussen. Hinzu kommen einige wenige Aufgaben, die auf der genauen Erkundung der Insel und ihrer Schauplätze basieren. Das dritte und letzte Element sind Dialogoptionen, die an einigen Stellen auch für leichte Rätsel verwendet werden, häufig aber den Ausgang der Geschichte beeinflussen. Hier stehen stets für eine begrenzte Zeit drei unterschiedliche Antworten zur Verfügung, doch auch Schweigen ist eine Option. Wer zu früh klickt, riskiert allerdings, wichtige Teile eines Gesprächs zu verpassen.
Gesteuert wird mit WASD sowie der Shift-Taste zum schnelleren Laufen und der Leertaste für (nicht von Geschicklichkeit abhängige) Sprünge. Die Charaktere werden aus der Sicht einer dritten Person auf einem 2,5-dimensionalen Spielfeld dargestellt. Hotspots können mit der Leertaste ausgelöst werden, zur Dialogauswahl dient die Maus. Auch wenn die Steuerung insgesamt gelungen ist, kann es durch unbeabsichtigtes Klicken häufiger dazu kommen, dass eigentlich interessante Dialoge abgebrochen werden. Ebenfalls etwas nervig wirken sich zum Teil unnötig lange Laufwege aus. Auch schade ist der Umstand, dass häufiger andere Charaktere in Szenen hängen oder schlicht stehen bleiben und erst nach dem Laden des nächsten Abschnitts magisch wieder neben der Protagonistin stehen.
Nicht nur das Sounddesign, auch die Musik ist hervorragend gelungen. An allen Stellen unterstreichen sie passend und zurückhaltend die Atmosphäre. Fantastische Arbeit liefern die englischen Synchronsprecher ab. Gepaart mit den sehr gut geschriebenen Dialogen erwecken sie die Figuren zum Leben und lassen sie realistisch wirken. Eine deutsche Übersetzung ist in Textform vorhanden.
Auch wenn Rätselfans mit diesem Adventure nicht besonders glücklich werden, ist Oxenfree ein lohnenswerter Titel. Die sehr gut inszenierte Mystery-Geschichte mit überraschend viel Tiefgang gibt auch nach mehrmaligem Durchspielen genug an die Hand, um Theorien zu entwickeln, legt sich aber nicht direkt fest und ermöglicht so lange Diskussionen im Freundeskreis. Ein echtes Plus sind die perfekt agierenden Sprecher, das tolle Sounddesign, die gute Musik, der überzeugende Grafikstil und die dichte Atmosphäre. Lange Laufwege, zu leicht versehentlich abbrechbare Dialoge und aufwendige Spielwiederholungen trüben das Bild ein wenig ein. Eines ist Oxenfree aber auf jeden Fall: innovativ.
Das Spiel fing harmlos an, hatte mich aber nach kurzer Zeit in seinen Bann gezogen. Die gehörige Portion Mystery mit einer Prise Horror, gepaart mit der spannenden Geschichte, ließen mich meine Umwelt komplett vergessen. Durch etwas Glück erreichte ich gleich beim ersten Mal ein zufriedenstellendes Ende. Doch bald erkannte ich, dass es unter der zunächst übersichtlichen Oberfläche noch zahlreiche Details zu entdecken gab. Was das angeht, ist der Titel ein Meisterwerk.
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