Test

von  Hans Pieper
09.03.2018
Chuchel
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Das Entwicklerstudio Amanita Design ist bekannt für seine liebenswerten Charaktere und leicht abgedrehten Welten. Nach Machinarium, Botanicula und der Samorost-Reihe tauchte mit Chuchel ein neuer Charakter auf. Ob sein Spiel halten kann, was die Vorgänger versprechen?

Eine Einzelszene macht noch kein Spiel

Ein bisschen wirkt Chuchel wie eine Improvisationsshow mit kurzen Szenen

Chuchel mag Kirschen. Sobald er eine sieht, setzt er alles daran, sie zu bekommen. Und er hat ein Aggressionsproblem. Das war auch leider schon alles, was der Titel an Geschichte mitbringt. In 30 kurzen Szenen, die vollkommen zusammenhanglos abgespult werden, jagt der Protagonist seiner Lieblingsfrucht hinterher. Erhalten wird er sie natürlich erst ganz am Schluss. Davor muss er einiges einstecken: Er wird zermatscht, zerquetscht, plattgewalzt, verprügelt und geärgert. Kaum besser ergeht es einigen Zeitgenossen, die das Pech haben, auf ihn zu treffen. Für schnelle Gags wird Chuchel auch mal auseinander genommen. Wie er das alles übersteht und dann zur nächsten Szene eilt, bleibt offen.

Abstruse Welt

Oft gibt es viel zu entdecken und zu klicken

Alle Charaktere im Spiel sind gnadenlos überzogen und stark gewöhnungsbedürftig. Was in austarierten Dosen in Botanicula noch gut gelungen war, wirkt in Chuchel deutlich zu stark übertrieben. Die auftretenden Wesen und Ereignisse sind so verzerrt, dass sie streckenweise schon fast verstörend wirken. Für Kinder ist der Titel daher definitiv nichts. Hinzu kommt, dass sich durch die grafische Gestaltung alles auf die Charaktere konzentriert. Die fast leeren Hintergründe bieten nicht mehr als ein paar Striche und Farben. Das soll jedoch nicht in Abrede stellen, dass der Titel mit viel Hingabe inszeniert wurde.

Probieren geht über Rätseln

Wer Hilfe braucht, bekommt sie zügig

Durch die abgedrehten Darbietungen gestalten sich auch die stets simplen Rätsel nicht besonders logisch. Ans Ziel kommt, wer ausprobiert. In sehr wenigen Fällen gesellt sich hier noch etwas Überlegung hinzu. Die ist aber auch nicht zwingend notwendig, nach recht kurzer Zeit fällt ein Hinweisschild in die Szene, das die Lösung auf Wunsch schrittweise vorgibt. Ergänzt wird dies durch diverse Minispiele, die leicht auf Geschicklichkeit setzen, glücklicherweise meist aber recht kurz ausfallen und auch für Ungeübte gut machbar sind.

Geschmäcker sind verschieden

Ist das jetzt lustig? - Das muss jeder Spieler selbst entscheiden.

Das Spiel steht und fällt damit, ob man es lustig findet, oder nicht. Und hier werden sich die Geister stark scheiden. Mit viel Holzhammer- und zweimal auch sehr simplem Pipi-Kaka-Humor werden über weniger als zwei Stunden hinweg Szenen präsentiert. Schlichte Blödelei wird mit Situationskomik kombiniert. Hinzu kommen zahlreiche popkulturelle Referenzen.

 

 

Rückidag, Rückidag!

Einige Szenen können auf Kinder verstörend wirken

Für die Musik ist erneut DVA zuständig, die auch bereits für Botanicula die Untermalung übernommen haben. Wie damals wirken Geräusche und Soundtrack zum Teil überdreht, treten durch die reduzierte Welt jedoch noch stärker hervor. Hierbei erscheinen auch zahlreiche Soundeffekte nerviger, als das noch in Botanicula der Fall war. Dennoch gibt aus auch viele Stücke, die sofort in die Beine gehen und sich zu entsetzlichen Ohrwürmern entwickeln können. Witzig gestaltet sich das unverständliche Gebrabbel, mit dem sich die Charaktere unterhalten.

Fazit

Chuchel ist Geschmackssache. Anders lässt es sich nicht ausdrücken. Und wenn der Humor nicht zündet, bleibt nicht viel übrig. Simple Aufgaben, keine zusammenhängende Geschichte, ein gewöhnungsbedürftiges Sounddesign und eine vor allem im Hintergrund so gut wie nicht ausgearbeitete Welt machen es schwer, den Titel so hochwertig erscheinen zu lassen, wie andere Spiele von Amanita Design. Und trotzdem sind die Liebe zum Titel und der Spaß an der Entwicklung sichtbar. Ob Chuchel gefällt, muss also jeder selbst für sich entscheiden.

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Kommentare des Verfassers

Kommentare

detail

Ich habe mir eine weitere kleine Perle erhofft, welche voller verrückter Ideen daher kommt. Gameplay und Geschichte waren mir nicht so wichtig, Hauptsache, es macht Spaß, die Welt zu entdecken, Dinge anzuklicken und die Folgen zu genießen. Diese Erwartungen haben sich größtenteils erfüllt, denn mich hat Chuchel in den zwei Stunden Spielzeit gut unterhalten. Allerdings fällt das Spiel doch arg kurz aus, viele Szenen sind sehr klein und bieten wenig Handlungsspielraum. Es fehlt an Herausforderung und das ist schade, denn für mich gehört bei Spielen von Amanita Design das Lösen von Kopfnüssen dazu. Auch optionale Aufgaben, wie das Sammeln von Karten in Botanicula, fallen fast gänzlich weg.

detail

Chuchel ist Geschmackssache. Meinen hat es nicht getroffen, auch wenn ich ein paar Mal doch ziemlich schmunzeln musste. Das ist schade, denn dieser Test ist der 100., den ich für Adventure-Treff geschrieben habe. Und den hatte ich mir für etwas Besonderes aufgehoben. „Bei Amanita Design kann ich da ja nichts falsch machen“, dachte ich. Leider doch. Und so bleibt die Hoffnung, dass meine Einschätzungen immerhin anderen bei der Entscheidung helfen, ob sie diesen Titel, der sich so stark von den anderen Spielen des Studios unterscheidet, erleben wollen. Und dass er anderen besser gefällt als mir.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Wenn der Humor gefällt, ein kurzweiliger, abgedrehter Trip
  • Wenn der Humor nicht gefällt, nicht besonders ansprechend