Eisig bläst ein erbarmungsloser Wind den Schnee von den umliegenden Hügeln direkt in die mit Masken geschützten Gesichter der Forscher. Und doch halten sie an ihrem Kurs fest. Die Mühe wird belohnt: Aus den weißen Umrissen schält sich der Eingang zu einer mittelalterlichen Burg. Doch die Freude über die bahnbrechende Entdeckung währt nicht lange: Mit einem lauten Krachen verschließt ein massives Eisengitter den Weg zurück nach draußen. Um zu entkommen, gibt es nur einen Weg. Der führt tiefer in das unheimliche Gemäuer und zwingt die Hauptcharaktere, sich aufzuteilen. Glücklicherweise haben sie Funkgeräte dabei, sodass sie zumindest Kontakt halten können. Und das werden sie auch müssen, denn in den Schatten lauern tödliche Gefahren…
Wie sein fast gleichnamiger Vorgängertitel setzt auch We Were Here, Too auf kooperative Rätsel. Stets hat einer der beiden Spieler eine Information, die der andere benötigt. Dabei geht es meist darum, Symbole oder Objekte korrekt zuzuordnen und einzustellen. Einige Aufgaben haben ein enges Zeitlimit. Wird das Rätsel nicht rechtzeitig gelöst, stirbt einer der beiden Forscher und es muss vom vorherigen Speicherpunkt neu begonnen werden. Immerhin gibt es zumindest bei einem Rätsel auf Zeit die Möglichkeit, durch gute Koordination dem Tod immer wieder von der Schippe zu springen. Zusätzlich sind im Gegensatz zum ersten Teil die meisten Aufgaben stressfrei zu bewältigen.
Gespielt wird mit der WASD-Kombination aus der Egoperspektive. Die rechte Maustaste aktiviert das Funkgerät. Ein Inventar gibt es nicht. Die Welt erlebt jeder Teilnehmer für sich, Kopfhörer und Mikrofon sind Pflicht. Die Paarung erfolgt über Steam, entweder per Freundeseinladung oder über einen Server der Entwickler. Das funktionierte während unseres Tests problemlos.
Die allzu starre Aufteilung in Hinweisgeber und –empfänger wurde ein wenig aufgelockert, dennoch sind die Rollen zwischen „Bauer“ und „Herr“ meist klar verteilt. Hier wäre besonders bei diesem zweiten Teil der Reihe größere Abwechslung wünschenswert gewesen. Allerdings sind die Aufgaben vielseitig und tragen über die Spielzeit hinweg. Der Schwierigkeitsgrad liegt dabei auf leichtem bis mittlerem Niveau und ist zu großen Teilen von den Kommunikationsfähigkeit der Abenteurer abhängig. Besonders herausfordernd: Es kann nicht gleichzeitig gesprochen werden, so gehen schnell Informationen verloren.
Als nettes Bonbon wartet auf besonders aufmerksame Spieler ein alternatives Ende – aber nur, wenn sie mit einer guten Beobachtungsgabe ausgestattet sind. Neben dem Rollenwechsel ist das ein starkes Argument für eine zweite Runde. So kommen insgesamt wohl etwa drei bis fünf Spielstunden zusammen. Das dürfte etwa doppelt so viel sein, wie im kostenlosen We Were Here.
Grafisch hat der Titel im Vergleich zum Vorgänger ordentlich zugelegt. Die Schauplätze sind schön in Szene gesetzt und mit guten Effekten versehen. Kleine Details am Rande und die konsequente Ausrichtung am mittelalterlichen Thema stärken die Atmosphäre. Hinzu kommen passende Geräusche und eine gute musikalische Untermalung, die jedoch ab und zu etwas zu laut und auch für die Umgebung zu modern daherkommt. Nichtsdestotrotz verstärkt sie gerade in (vermeintlich) brenzligen Situationen die Stimmung. Insgesamt wirkt die Präsentation deutlich runder als in der kostenlosen Premiere des Spielkonzeptes und auch der Hintergrundgeschichte wird mehr Platz eingeräumt.
We Were Here, Too hat allein durch sein kooperatives Element ein starkes Alleinstellungsmerkmal im Adventuregenre. Mit zahlreichen Verbesserungen im Vergleich zum kostenlosen Vorgänger macht das Spielen Spaß. Und durch versteckte Aufgaben und den Rollenwechsel ist das zweimal der Fall. Für einen perfekten Titel dürfen die Rätsel noch abwechslungsreicher werden, Zeitdruck sollte optional sein und die Musik sollte sich noch mehr an der Umgebung orientieren. Eines ist der Titel aber auf jeden Fall: Eine Empfehlung.
„Also, das sieht aus wie ein Strichmännchen, aber mit Katzenohren und hat noch so zwei Ärmchen …“ Allein schon für die Blicke von Außenstehenden lohnt sich das Spiel. Und wer geschickt agiert, kann sich den Titel vielleicht sogar als Teambuilding-Maßnahme von der Firma bezahlen lassen. Dabei ist aber die Frage, ob das Verhältnis zum Chef auch gut genug ist, sodass dieser auch mal folgenlos eine Runde in Lava baden gehen kann.
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