Mit To The Moon konnte der Entwickler Kan Gao (Freebird Games) im Jahr 2011 ein emotionales Abenteuer veröffentlichen, welches viele positive Bewertungen bekommen hat. Um die Zeit bis zum Erscheinen des Nachfolgers zu verkürzen, hat Freebird Games bereits 2014 mit der Kurzgeschichte A Bird Story nachgelegt. Jene spielt im Universum von To the Moon, ist chronologisch aber vor den dortigen Geschehnissen angelegt. Außerdem wird die Hauptperson im Nachfolger als Patient auftauchen. Zur Vorbereitung auf den zweiten Teil haben wir uns A Bird Story näher angesehen.
In dem ca. 60 bis 90 Minuten langen Abenteuer, schlüpft der Spieler in die Rolle eines Jungen. Dieser ist, sowohl zu Hause als auch in der Schule, viel allein. Eines Tages findet er einen verletzten Vogel im Wald, welchen er vor dem Angriff eines Dachses rettet. Da die Praxis des Tierarztes zunächst geschlossen ist, nimmt er den Vogel kurzerhand mit nach Hause und versorgt ihn dort. Nach und nach entwickelt sich zwischen den beiden eine Freundschaft, in der die Grenzen zwischen Realität und Traum immer mehr verschwimmen.
Beim Start fällt sogleich das Speichersystem ins Auge. Denn gespeichert wird automatisch an festgelegten Punkten, die sich später nach Belieben auswählen lassen, um ein bestimmtes Kapitel spielen zu können. Die Abschnitte sind aber kurz und es empfiehlt sich generell, die Story in einem Rutsch durchzuspielen. Bei der Tastatursteuerung finden hauptsächlich die Pfeiltasten Verwendung. Außerdem wird für manche Aktionen die Leertaste gebraucht. Die Steuerung mit der Maus ist ebenfalls möglich und funktioniert gut, nur in wenigen Momenten ist der Einsatz der Tastatur unumgänglich. Welche Tasten nötig sind und wann überhaupt selbst gesteuert werden kann, wird immer angezeigt.
Während viele Sequenzen sowieso automatisch ablaufen, bieten auch alle anderen Abschnitte keinerlei Herausforderung. Der Spieler wird immer an die Hand genommen und kann nicht vom vorgegebenen Weg abweichen. Jeder Schritt ist klar und die Aktionen werden nacheinander ausgeführt. Auf ein Inventar wurde daher verzichtet und auch Rätsel sind nicht vorhanden. Der Spieler kann sich voll und ganz der Geschichte widmen.
Bei der Engine setzt Freebird Games wieder auf den RPG Maker. Daher sind die grafischen Möglichkeiten eingeschränkt. Dennoch kann schnell in die Welt eingetaucht werden und der Entwickler spielt auch bei der Grafik mit der Fantasie des Jungen. So wachsen im Schulgebäude plötzlich Bäume oder die Möbel der Wohnung tauchen im Wald auf. All das erzeugt eine gewisse Surrealität und bietet dem Spieler Abwechslung, obwohl die Bewegungsfreiheit immer stark eingegrenzt wird. Dass kein Breitbildformat vorhanden ist, fällt kaum auf, denn viele Bereiche bleiben schwarz.
Kan Gao schafft es erneut, Emotionen beim Spieler hervorzurufen. Das gelingt ihm sogar ohne den Einsatz von Dialogen, denn A Bird Story kommt gänzlich ohne Texte aus. Auch die Zettel der Eltern, die immer wieder in der Wohnung zu finden sind, können vom Spieler nicht gelesen werden. Erzählt wird die Geschichte hauptsächlich durch die Gestik und Mimik des Jungen, auch Gedankenblasen kommen gelegentlich zum Einsatz. Sämtliche anderen Personen tauchen lediglich schemenhaft auf, was noch einmal das Gefühl der Einsamkeit des Jungen verstärkt. Ein passender und dennoch dezenter Soundtrack rundet die Geschichte ab.
Zu Tränen rührt die Story nicht und auch der Humor, der in To The Moon eine große Rolle gespielt hat, fehlt. Dennoch bietet A Bird Story genau das, was vorher versprochen wurde: Eine einfache, surreale Kurzgeschichte, deren Fokus auf dem Erzählen liegt und die bis zum Schluss ohne große Überraschungen auskommt, den Spieler aber dennoch berührt.
Veraltete Grafik, keine Texte, keine Rätsel, kaum Interaktion und dennoch hat mich A Bird Story eine Stunde an den Bildschirm gefesselt. Kan Gao hat erneut geschafft, mit wenigen Mitteln Emotionen hervorzurufen. Wer gefühlvolle Geschichten mag und auch einmal mit minimalem Gameplay auskommt, sollte einen Blick riskieren. Ich freue mich nun auf Finding Paradise.
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