Wie beginnt man einen klassischen Horrortitel? Genau: Der Hauptcharakter erwacht ohne Erinnerung in einer fremden Umgebung. Schnell tauchen Leichen auf, den Spieler beschleicht das Gefühl, nicht allein unterwegs zu sein und langsam wächst ein unangenehmer Verdacht …
Auch wenn der Aufbau der Geschichte nicht besonders originell klingt und die Schauplätze (verlassene Häuser, Industriegebäude und Parks) ebenfalls schon häufig bemüht wurden, setzt sich Home vom Rest der Konkurrenz ab. Denn auf eine bestimmte Art und Weise, die aus Spoilergründen nicht näher erläutert werden kann, werden wichtige Entscheidungen getroffen, die den Ausgang der Erzählung stark beeinflussen. Das motiviert nach einem etwa 1-2 Stunden dauernden Durchlauf zu einer zweiten Runde. Die etwas vage gehaltene Hintergrundgeschichte mit einem minimalen philosophischen Unterbau kommt erst bei einer Wiederholung zum Tragen, hätte aber ruhig noch etwas konkreter ausfallen können. Die nur in schriftlicher Form vorliegenden Texte erfordern fortgeschrittene Sprachkenntnisse, um den Inhalt zu verstehen.
Die Umsetzung von Home ist insgesamt gut gelungen. Trotz der recht grobschlächtigen Pixelgrafik zieht der Titel schnell in seinen Bann. Die Schauplätze sind im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten recht detailreich ausgearbeitet. Auch beim Sounddesign wurde sich Mühe gegeben: Viele Geräusche sind so gut gesetzt, dass sie dem Spieler einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Dass auf Musik verzichtet wurde, verstärkt die Atmosphäre. Der Horror entsteht zum Großteil im Kopf des Spielers, wird aber durch wenige Jumpscares und etwas Gore ergänzt, der durch die Pixelgrafik jedoch erträglich bleibt.
Neben Entscheidungen zur Aufnahme von Gegenständen, der Auswahl des Weges und weiterer Elemente spielen auch sehr kleine Rätsel eine Rolle. Diese sind enorm einfach gehalten und beschränken sich auf das Entdecken und Verwenden von Schaltern. Ein anwählbares Inventar gibt es nicht, passende Objekte werden automatisch benutzt.
Home ist ein netter Horrortitel, der seine Stärken erst nach einer Wiederholung richtig ausspielen kann. Mit einem cleveren Entscheidungselement hebt sich der Indie-Titel von der Masse ab. Auch wenn Grafik, häufige Türgeräusch-Wiederholungen und etwas zu wenig konkretes Futter für die Deutung der Hintergrundgeschichte Verbesserungen vertragen hätten, ist das Spiel eindeutig eine Empfehlung.
Es ist immer wieder erstaunlich, mit welch einfachen grafischen Mitteln ein Titel eine enorme Spannung und auch einen sehr subtilen Horror entwickeln kann. Home hat mich gut unterhalten – und mir auch den ein oder anderen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen.
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