Animation Arts ist zurück. Monolith lässt die Spielenden eine Weltraumgeschichte erleben, hinter der mehr steckt, als es anfangs den Anschein hat. Auch wir haben uns auf eine interstellare Reise begeben und zeigen in diesem Test, wie uns diese gefallen hat.
Nach dem Absturz ihres Raumschiffs auf einem unbekannten Planeten sieht es für die Protagonistin Tessa übel aus. Vergeblich sucht sie im noch brennenden Wrack auf einer hohen Klippe nach ihrem Co-Piloten und Arbeitskollegen Marc. Doch dieser ist ebenso verschwunden wie ihre Erinnerungen an fast alles vor dem Crash. Und noch etwas gibt ihr Rätsel auf: Ihre ID-Karte trägt nicht ihren Namen, sondern den einer gewissen Melissa. Auf der Suche nach Antworten bekommt Tessa glücklicherweise schnell Unterstützung durch eine künstliche Intelligenz in Form einer schwebenden Kugel. So kann sie sich auf dem fremden Planeten auf die Suche nach Marc und vor allem auch nach Antworten machen.
Während die Geschichte in den ersten zwei Dritteln des Spiels einem klassischen SciFi-Aufbau folgt, konzentriert sich der letzte Abschnitt auf eine Wendung, die das Spiel von den meisten anderen Vertretern dieser Kategorie abhebt. Das klappt insgesamt sehr gut und verleiht Monolith mehr Tiefgang, als es klassischerweise von einem Spiel der Geheimakte-Macher erwartet werden würde. Dabei kommt ein sehr nettes Details zum Tragen, auf das aus Spoiler-Gründen nicht näher eingegangen werden kann. Nur so viel: Mails lesen auf einem PC lohnt sich sehr.
Die Erzählung kommt dabei angenehm leichtfüßig daher und hält durch den gesamten Titel hinweg ein gutes, hohes Tempo ohne unnötige Längen aufrecht. Actionreiche Passagen in den ersten zwei Dritteln von Monolith werden zudem nicht durch Rätsel ausgebremst und die Aufteilung der Erzählung in kürzere, durch die Geschichte gerechtfertigte Abschnitte ist ebenfalls gut gelungen. Auch wenn das Gesamtkonstrukt solide gebaut ist und gut hält, nimmt die Geschichte vor allem gegen Ende ein paar Kurven etwas zu schnell, sodass es im metaphorischen Fahrwerk ein wenig zu quietschen und knirschen beginnt. Auch der ein oder andere Dialog landet nicht zielsicher und in wenigen Fällen flirten diese auch direkt mit dem inzwischen als Cringe bekannten Fremdscham.
Insgesamt bietet Monolith jedoch eine ebenso spannende wie lohnende Geschichte, die sich geschickt und stabil erzählt durch Genre-Standards und -klassiker manövriert, um dort schlussendlich eine eigene Idee platzieren zu können. Ein wenig wirkt der Titel auch wie eine Hommage an die „goldenen Jahre“ der deutschen Adventure, die inzwischen wohl auch als „gute alte Zeit“ durchgehen. Dies entwickelt beim Spielen ein seltsam wohliges Gefühl.
Die größte Schwäche von Monolith sind eindeutig seine Sprecherinnen und Sprecher. Unser Test bezieht sich dabei auf die deutsche Sprachausgabe. Die englische Fassung haben wir nicht gespielt.
Vermutlich führte eine Mischung aus unglücklichen Entscheidungen beim Casting sowie Versäumnisse in der Dialogregie dazu, dass ein Großteil der Sprachausgabe einfach nicht gut wirkt. Emotionen werden verfehlt, Betonungen sitzen falsch, Stimmen wirken unpassend. Während die Sprecherin von Tessa schätzungsweise immerhin in etwa der Hälfte der Fälle einen Treffer für eine passende Umsetzung des Textes landet, sieht es bei allen anderen Charakteren deutlich schlechter aus. Vor allem ihr Ehemann bleibt komplett farblos und es wirkt, als habe er keine definierte Haltung. Das ist umso bitterer, weil bei diesem Titel und seiner Geschichte enorm viel von einer glaubhaften und guten Sprachausgabe abhängt, welche die Charaktere sowie ihre Emotionen, Wünsche und Hintergründe untermauert. Sicherlich würden viele Dialoge deutlich besser und glaubhafter wirken, wenn sie auch besser transportiert worden wären. So bleiben die erwähnten Cringe-Momente und eine hohe Versuchung, Dialoge schnell im Untertitel zu lesen und weiter zu klicken. Ebenfalls etwas unglücklich wirkt die Entscheidung, eine hochentwickelte künstliche Intelligenz sehr roboterhaft sprechen zu lassen. Da sich hier durchaus witzige Dialoge mit Tessa ergeben, hätte hier eine natürliche Stimme deutlich besser gepasst – vor allem wenn der sonstige Stand der Technik in der Geschichte bedacht wird. Gerade längere Passagen verlieren bei der monotonen Diktion der fliegenden Kugel zu sehr an Atmosphäre.
Zum Abschluss des Spiels zeigt sich leider zudem noch einmal eindrucksvoll, wie schwer es ist, kleine Kinder glaubhaft zu vertonen, ganz besonders, wenn es Erwachsene versuchen. Spoiler-Warnung: So wie es Monolith versucht, klappt es nicht. Dieser große Schwachpunkt kostet Monolith ordentlich Atmosphäre und leider auch ein wenig Glaubwürdigkeit bei der Erzählung.
Bei der Grafik hat sich Animation Arts eindeutig noch einmal weiterentwickelt. Das Spiel sieht in sehr vielen Bereichen großartig aus. Die gezeichneten Hintergründe sind detailreich und stimmig. Lichteffekte und Kamerafahrten vervollständigen den guten Eindruck. Zudem gibt es im gesamten Spiel keine einzige Schwarzblende, die eine sonst benötigte Animation überspringen würde. Tatsächlich wurde sich die Mühe gemacht, wirklich alle Aktionen darzustellen – und sei es auch nur symbolhaft. Dadurch entsteht eine Menge der tollen Atmosphäre. Die Kamerafahrten und Zooms gestalten die Darstellung noch dynamischer. Ab einer gewissen Zoomstufe, die glücklicherweise selten eingesetzt wird, bricht jedoch der gezeichnete Hintergrund zu stark auf und beginnt, mit den 2,5-D-Modellen der Charaktere zu fremdeln. Durchanimierte Zwischensequenzen mit Nahaufnahmen von Charakteren sind eine mutige, aber gute Entscheidung, auch wenn die Darstellung hier ab und zu ins Uncanny Valley abrutscht. Ein weiterer, kleiner Kritikpunkt ist die Tatsache, dass einige Objekte in der Szenerie ein wenig zu stark herausstechen und sich sofort als mitnehmbare Inventargegenstände entpuppen.
Insgesamt ist die grafische Inszenierung äußerst gelungen und die Liebe zum Detail ist durchweg spürbar. Auch der Spagat, unterschiedliche Schauplätze glaubhaft in eine Erzählung zu integrieren, hat dadurch funktioniert. Der schöne Soundtrack untermalt unterdessen perfekt alle Szenen und Szenerien.
Die Rätsel bewegen sich allesamt auf einem leichten bis mittleren Niveau. Dabei ist es gelungen, Aufgaben stets logisch mit der Umgebung und der Geschichte zu verbinden. Für geübte Adventurespieler sollten sich keine großen Hürden auftun, was für ein angenehm hohes Spieltempo sorgt, ohne zu unterfordern. Besonders im zweiten Drittel wachsen Aufgabenanzahl, Inventarfülle und Gebiet deutlich an und einige Rätsel sind leicht nicht-linear, sodass auch der Schwierigkeitsgrad ansteigt. Für Abwechslung sorgen mehrere Minispiele, die auf Wunsch jedoch übersprungen werden können. Keines der Rätsel ist bahnbrechend neu, vielmehr handelt es sich um sehr gut gemachten Genre-Standard, der ebenso spaßig wie routiniert abgearbeitet werden kann. Auch hier schimmert erneut die Hommage an die „goldene Zeit der deutschen Adventures“ durch.
Monolith lohnt sich. Im Prinzip ist der Titel ein fünf- bis siebenstündiger Beweis, dass Animation Arts „es noch kann“. Und das sogar gut. In vielen Bereichen ist zudem eine Fortentwicklung zu früheren Spielen zu erkennen. Die bekannte und beliebte Action wurde durch mehr Tiefgang erweitert, ohne sie aufzugeben. Die Technik ist auf einem neueren Stand.
Schade ist, dass die Sprachausgabe weit hinter den Erwartungen zurückbleibt und die Geschichte (vielleicht auch dadurch) an einigen Enden zu sehr knirscht. Doch eines scheint an allen Ecken hervor: Die Liebe zum Spiel und zum Genre. Und das ist es, was den Titel letztlich belohnend macht.
Monolith zu spielen, war ein wenig, wie einen alten Bekannten nach langer Zeit wiederzusehen. Und das hat mir große Freude bereitet. Nach langer Zeit wieder ein wenig in die Zeit der Hochphase der deutschen Adventures zurückversetzt zu werden, war einfach schön. Ein klassisches, actionlastiges Adventure – zumindest in den ersten zwei Dritteln. Und wie es auch mit alten Bekannten manchmal so ist, hat sich auch der Stil von Animation Arts beim Geschichtenerzählen ein wenig verändert. Monolith entwickelt deutlich mehr Tiefe als beispielsweise die Teile der Geheimakte-Reihe und versucht, seinem klassischen Aufbau Elemente abzugewinnen, die so noch nicht erzählt wurden. Das klappt auch insgesamt sehr gut. Nach dem Ende bleib in mir das Gefühl, dass Animation Arts auf dem richtigen Weg ist und auf jeden Fall noch ein weiteres Spiel mit den gesammelten Erfahrungen angehen sollte. Ich freue mich schon darauf.
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