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Jack the Ripper-New York 1901

Verfasst: 09.08.2006, 19:05
von Nomadenseele
Test zu * Jack the Ripper – New York 1901 *

Genere: Adventure
1st Person
Publisher: DTP
Erscheinungsjahr: 2005

Die Geschichte klingt erst einmal spannend:
Brutale Morde werden in New York im Jahre 1901 an Prostituierten begangen. Ein Journalist ermittelt in der Lower East Side unter Huren, Trinkern und Opiumhändlern… . Klingt spannend, ist aber irgendwann nur noch gähnend langweilig. Unterteilt ist die Geschichte in 12 Tage, wobei ein Teil tagsüber spielt, ein Teil immer nachts.

Die Grafik ist fast noch brutaler als die Morde. Man klickt sich durch sterile Bilder hindurch, die Figuren sind lieblos und schlampig eingepasst. Zudem bewegen sie Figuren, wenn sie nicht irgendwann dem Gespräch dienen, überhaupt nicht (richtig unheimlich ist es, wenn eine doch dann anfängt zu zwinkern). Sollte es Atmosphäre geben, habe ich den Stein, unter dem sie war, nicht umgedreht.

Die Synchro ist ebenfalls schlampig gemacht, die Figuren bewegen oft schon den Mund, wenn man noch gar nichts hört. Einzig eine Gesangsstimme ist wunderschön.

Bei so viel Ärgernis spielt es auch keine Rolle mehr, dass es eigentlich keine Rätsel gibt, jedenfalls nichts, was sich guten Gewissens als solches bezeichnen ließe. Man bekommt anhand von Dialogen gesagt, was man als nächstes zu tun hat bzw. nimmt Schlüssel, um Türen aufzusperren (es soll schon Schwereres gegeben haben). Oft muss man sich nur einen Auftritt mit Geigern, die sich, siehe oben, nicht bewegen, antun, um weiterzukommen.

Bugs gab es keine, die Steuerung ist Click & Point.

Fazit: Überflüssig wie ein Kropf. Schulnote: 5- (Die schöne Gesangsstimme verhinderte eine 6).

Anforderungen:

• PIII 500 CPU
• 64MB RAM
• 6fach CD- bzw. DVD-ROM-Laufwerk

Re: Jack the Ripper-New York 1901

Verfasst: 18.11.2008, 11:00
von DrBres
"Jack The Ripper - New York 1901" ist richtig gruselig. Leider nicht in dem Sinne, wie es sich der Adventure-Freund gewünscht hätte...

Die Story in ihren Grundzügen ist schnell erzählt: Der Journalist Palmer von der New York Today wird auf eine Mordserie unter Prostituierten im Low Side District, einem Moloch sondergleichen, angesetzt. Schnell werden Parallelen zu den Morden in London 1888 deutlich, die von einem der bekanntesten Serienmörder aller Zeiten - Jack The Ripper - begangen worden sein sollen. Da dessen Identität in der Realität nie ermittelt wurde, kann die Geschichte ohne Weiteres weitergesponnen werden.

Was eine Ausgangslage für eine spannendes Spiel sein könnte. Aber leider mangelt es "Jack The Ripper" an sämtlichen Tugenden, die ein Adventure spielenswert machen könnten. Schon nach zwei Spieltagen (von zwölf, bestehend aus einer Tages- und einer Nachtszene) wird klar: Viel aufzulösen gibt es eigentlich nicht. Der Spieler bekommt von Tippgebern gesagt was er zu tun hat, schnell wird die entsprechende Location abgegrast und weiter geht's. Die örtliche Polizeibehörde gibt beispielsweise so mir nichts, dir nichts, sämtliche Ermittlungsergebnisse preis ("Lesen sie doch einfach den vorläufigen Bericht") und eine private Detektei hat mal so eben Aktenunterlagen zu "Jack The Ripper" parat. Auch sonst hat jeder noch so dahergelaufene Tunichtgut Informationen am Start, irgendwie weiß jeder Bescheid zu wissen, nur der Protagonist selbst nicht. Obdachlose, Huren, Varieté-Starlets oder Zeitungsjungen helfen dem Smalspurjournalisten auf die Sprünge.

Wirkliche Rätsel werden vergebens gesucht. Oft gilt es, Türen aufzusperren, sei es mit einem Schlüssel (den man natürlich von einer zwielichtigen Person ausgeliehen bekommt) oder - man glaubt es kaum - mit einem Code, dessen Entschlüssung allerdings keine großartigen, mentalen Überfähigkeiten bedarf. Besonders "fordernd" ist auch die Verfassung eines Telegrammes im Morse-Code-Stil - schließlich liegt die Übersetzung gleich neben dem Telegrafen. Rätsel um des Rätsels willen, könnte das Motto lauten, wenn denn mal vom üblichen "Gehe von A nach B"-Schema abgewichen wird. Was dabei herauskommt ist absoluter Bockmist. Ein Beispiel gefällig?
Wir benötigen ein Ticket für das Baseball-Saisonfinale und müssen den lokalen Schwarzhändler aufsuchen. Der Zeitungsjunge weiß natürlich, wo er sich aufhält und auch wir wissen, dass sich am anderen Ende der Gasse eine Tür befindet, an der man zwar rütteln konnte, die uns aber einfach verschlossen blieb. Nur diesmal lässt sich die Tür kein Stück bewegen. Aber plötzlich liegt am Treppenabsatz ein Stück Draht - der vorher freilich nicht dort aufzufinden war. Also ab ins Schlüsselloch damit. Nichts. Aber da liegt doch noch eine Eisenstange! Vielleicht lässt sich die Tür ja einschlagen! Aber wieder Fehlanzeige. In diesem Moment kommt die neunmalkluge Rotznase von Zeitungsjunge dahergestiefelt. "Wie wär's mal mit Klopfen, Mr. Palmer?". Wenn's ein Witz sein sollte, hab ich doch glatt vergessen zu lachen. Ich vermute aber, da war nur eine von vielen Maßnahmen, um ein Spiel, das keinen Inhalt hat, in die Länge zu ziehen. Irgendwann müssen die Entwickler gemerkt haben, dass man in Rekordzeit durch die erste Hälfe des Spiels hetzen kann.

Ab Tag 7 wird's nämlich völlig abstrus. Nun gibt es plötzlich KEINE Tipps mehr, stattdessen dürfen wir jetzt jeden einzelnen Schausplatz auf Verdacht hin abklappern, ob denn nicht doch irgendwer einen Dialogfetzen ausspucken möchte. Der Kamm schwillt an, jetzt wird die Jagd nach Jack The Ripper zum echten Geduldsspiel - an dem ich gescheitert bin. Die Entwickler wollten wohl nicht, dass ihr Gehimnis gelüftet wird. Der Spieler begibt sich jetzt auf die Suche nach Triggern, die einfach ausgelöst werden, wenn man eine bestimmte Stelle betritt. Da werde ich in meinem Büro angerufen und auf's Polizeirevier bestellt. Dort angekommen, wird mir gesagt, dass der Chief noch nicht da sei. Was mir auch schon vor dem Anruf genauso gesagt wurde. Erst nachdem ich zurück ins Büro bin und doch nochmal die Zeitung von heute angeklickt habe, bekomme ich endlich eine Audienz.
"Rätsel" führen mich auf einmal in eine Sackgasse. Nur weil ich die Mordtage in falscher Reihenfolge im Kalender angestrichen habe, geht's einfach nicht weiter. Ohne Warnung. Ohne Korrekturmöglichkeit. Der Blick in die Lösung rät mir, den letzten Spielstand nochmal zu laden. Ohne Hilfe wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass ich etwas falsch gemacht habe.
Und dann der Super-GAU: Nachdem ich jede Location fünfmal abgesucht habe, weiß ich nicht weiter. Die Lösungshilfe aus dem Netz weiß etwas von einem Obdachlosen, der mich an einer bestimmten Stelle ansprechen will. Vorort steht der besagte Informant auch bereit. Nur, dass er mir den Rücken zuwendet und sich nicht bewegt. Auch die Klickorgie hilft nicht weiter. Ein Bug! Nicht der erste, aber der bisher schwerwiegenste. Was nun? Spielstand laden? Nicht mit mir. Ich bin raus.

Die Lust, den berüchtigten Serienkiller zu schnappen, ist endgültig erloschen. Ich verstehe nicht, warum ich mir diesen Schrott solange angetan habe. In der Hoffnung, die nur leidlich spannende Story könnte mich doch noch vom Hocker reißen? Ein paar Wendungen, wenn auch nicht gerade sehr überraschende, gibt es schließlich doch. Aber selbst das kann nicht der Grund dafür sein, dass ich mich durch potthässliche Schauplätze klicke, mit abnormal aussehenden Figuren, die sich mal stocksteif, mal gar nicht bewegen, einlasse, und mir strunzdoofe Dialoge reinziehe, die noch nicht mal bis zum Ende abspielt werden. Das muss der Stolz gewesen sein, mir meinen Fehlkauf nicht eingestehen zu wollen.

Gut, dass ich nicht durchgehalten habe. Das Ende wird zwar dem Mythos an sich gerecht, liest sich aber in der Lösungshilfe wie ein (weiterer) schlechter Witz. Wahrscheinlich hätte ich die CDs demoliert. Mal gucken, ob ich den Euro, den ich berappt habe, auf einer großen Auktionsplattform im Internet wiederkriege.

Mein Fazit fällt diesmal kurz, aber dafür umso desaströser aus: Finger weg!

1 von 10 Punkten. Und das nur, um mir noch ein wenig Spielraum für noch miesere Spiele zu lassen. Obwohl ich mir kaum vorstellen kann, dass es noch schlimmer geht.

Euer DrBres