Shannara
Verfasst: 06.01.2009, 23:21
Neulich ein Spiele-Paket ersteigert, mit dabei: "Shannara" aus dem Hause Legend Entertainment von 1995.
Das Spiel basiert auf den Büchern von Terry Brooks, der den Shannara-Zyklus ins Leben gerufen hat. Da ich die Bücher allerdings nicht gelesen habe, kann ich nicht viel darüber sagen, ob das Spiel die Atmosphäre der Romane nun gekonnt eingefangen hat. Ich weiß nur: Dafür, dass ich mich eher schlecht als recht für Fantasy-Stoffe begeistern kann, hat mich "Shannara" doch ziemlich in seinen Bann gezogen.
Auch wenn der Anfang des Spiels storytechnisch ziemlich klischeébeladen daherkommt. Ein junger Tunichtgut, hier mit dem Namen Jak Ohmsford gesegnet, soll die Schreckenherrschaft des zurückgekehrten, untoten Warlocks Brona beenden. Dazu bedarf es aber nicht etwa den einen Ring, um sie zu knechten, sondern in diesem Fall das Schwert von Shannara. Nur das hat der gute, alte Fiesling Brona vorsorglich in seine Einzelteile zerlegt. Allannon, der Druide, weiß Rat: Mit Hilfe von vier verschiedenen magischen Artefakten kann das Schwert erneuert werden. Doch diese vier magischen Utensilien befinden sich im Besitz verschiedenster Fantasywelt-Kreaturen - die sich, wie kann es auch anders sein, einander nicht riechen können. Um Brona entgegenzutreten, muss Jak also Menschen, Elfen, Trolle, Gnome und Zwerge vereinen.
Einen Innovationspreis könnte man mit diesem Plot bei den Fantasy-Festspielen wohl nicht gewinnen. Wohl eher den Tolkien-Gedächtnis-Pokal. Aber was soll's! Rein ins Abenteuer. Doch in den ersten Minuten möchte man kaum glauben, dass "Shannara" dem Adventure-Genre entsprungen ist. Vielmehr spielt es sich auf dem ersten Blick wie ein Rollenspiel aus vergangenen Tagen: Aus der Ego-Perspektive. An der Seite ein Kompass, mit dessen Hilfe sämtliche Himmelsrichtungen abgeklappert werden können. Auch das Inventar ist zunächst kein Indiz für Adventure-Tugenden. Wenn der Spieler aber nun den ersten Hotspot anpeilt, erscheinen plötzlich doch noch Interaktionsmöglichkeiten, stilecht in simplen Tuwörtern festgehalten. "Anschauen" und "Nehmen" gehören ins Standardrepertoire, dazu gibt es, je nachdem welcher Hotspot angeklickt wurde, weitere Möglichkeiten an die Hand. Tränke können getrunken, Bäume beklettert werden. Aber nur wenn es Sinn macht oder angebracht ist. Ansonsten bekommt der Spieler einen netten Spruch gedrückt. "Das geht so nicht" ist nicht erst seit "Edna bricht aus" out.
Die Schauplätze, an denen es also doch noch Rätsel in bester Adventure-Manier zu lösen gilt, sind recht überschaubar. Ist das Ziel erreicht, wird der nächste Ort aufgesucht. Gereist wird über eine ziemlich öde und hässliche Karte aus einer Mega-Isoperspektive, Kämpfe mit Monstern erschweren die Wanderung. Aber keine Sorge, ausgeklügelte Schlachtpläne müssen nicht ausgearbeitet werden. Die gegnerischen Parteien schlagen sich brav nacheinander die Köpfe ein und das war's dann meist. Man kann zwar jedem einzelnen Party-Mitglied (Ja, ihr reist nicht allein! Aber dazu gleich mehr.) eine spezielle Ordre mitgeben, am einfachsten ist es aber, sich einen Gegner auszugucken, um ihn dann vom gesamten Pöbel verprügeln zu lassen. Das ist zwar nicht die feine, englische Art, aber so eine Fantasy-Welt ist halt nichts für Waschlappentypen. Und wenn sich doch mal einer in ihr verirren sollte: Die meisten Kämpfe lassen sich vermeiden, da die Monster immer einige Pixel vorher auftauchen und so zu umschiffen sind.
Der Rollenspielanteil ist also eher weniger gelungen, allerdings verbringt der Spieler die meiste Zeit auch mit Rätseleinlagen an verschiedenen, schön in Szene gesetzten Orten. Ob im Elfenland, auf Kriegsschauplätzen, in von Zombies belagertern Städten oder in der legendären Halle der Könige - für Abwechslung ist gesorgt. Und auch die Aufgaben selbst sind abwechslungsreich ausgefallen. Mal müssen Zutaten für einen Trank gefunden, an anderer Stelle mysteriöse Verse entziffert werden. Richtig harte Kopfnüsse gibt es nicht zu knacken, um die Ecke denken sollte man aber schon können. Meinem Empfinden nach war der Schwierigkeitsgrad angenehm fordernd. Allerdings habe ich "Shannara" in der englischen Fassung gespielt, ich könnte mir gut vorstellen, dass ich manche Rätsel mit Hilfe der deutschen Sprache noch schneller hätte lösen können.
Doch es waren im Endeffekt auch nicht die Knobeleinlagen, die mich bei der Stange gehalten haben. Trotz der wenig einfallsreichen Grundlage des Plots schafft es "Shannara", eine tolle Geschichte zu erzählen. Mit einigen überraschenden Wendungen. Mit viel Liebe zum Detail, so dass kaum Fragen offen bleiben. Und mit einer Charakterzeichnung, wie ich sie selten in einem Spiel erleben durfte. Denn auf seinem Weg trifft Jak immer wieder auf neue Weggefährten, die allesamt verschiedene Eigenarten mitbringen. Die eifersüchtige, aber liebenswerte Prinzessin Shella oder der nur scheinbar tumbe Troll Telsek, um nicht allzu viele Figuren vorwegzunehmen - nach und nach habe ich die Charaktere gern' gewonnen, mich mit ihnen gefreut und mit ihnen gelitten. Jaks Konsorten melden sich nicht nur dann zu Wort, wenn sie gerade gefragt sind, sondern mischen sich immer wieder urplötzlich in die Szenerie ein. Und das mit einer äußerst professionellen Soundausgabe. Sicherlich klingen die Synchronsprecher noch etwas blechern, insgesamt passen sie wunderbar zu den Figuren. Zumindest in der englischen Version. Jede noch so kleine Nebenrolle gewinnt so an Farbe. Dass ich zuletzt die Spielfiguren abgefeiert habe, ist mir wohl letztmalig bei "Jagged Alliance 2" passiert. So toll ist "Shannara" in der Hinsicht zwar nicht, aber es kommt dem Ganzen schon verdammt nahe.
Fazit: Wer den etwas mauen Start in Kauf nimmt, kommt in den Genuss einer gut erzählten und anspruchsvollen Story mit klasse in Szene gesetzten Figuren. Die Rollenspielelemente sind zwar nur mäßig gelungen - da sie aber auch eher nebensächlich und obendrein leicht zu bewältigen sind, sollte sich kein Abenteurer abschrecken lassen. Allenfalls die Tatsache, dass diese Einlagen den Spielfluss etwas hemmen, mag dem einen oder anderen Spieler säuerlich aufstoßen. Ansonsten: Wer nichts gegen ältere Spiele hat, sollte mal einen Blick riskieren, wer dazu auf Fantasy-Welten steht, darf "Shannara" nicht links liegen lassen. Aber auch Fantasy-Muffel könnten Freude hiermit haben. Gute 8 von 10 Punkten.
Euer DrBres
Das Spiel basiert auf den Büchern von Terry Brooks, der den Shannara-Zyklus ins Leben gerufen hat. Da ich die Bücher allerdings nicht gelesen habe, kann ich nicht viel darüber sagen, ob das Spiel die Atmosphäre der Romane nun gekonnt eingefangen hat. Ich weiß nur: Dafür, dass ich mich eher schlecht als recht für Fantasy-Stoffe begeistern kann, hat mich "Shannara" doch ziemlich in seinen Bann gezogen.
Auch wenn der Anfang des Spiels storytechnisch ziemlich klischeébeladen daherkommt. Ein junger Tunichtgut, hier mit dem Namen Jak Ohmsford gesegnet, soll die Schreckenherrschaft des zurückgekehrten, untoten Warlocks Brona beenden. Dazu bedarf es aber nicht etwa den einen Ring, um sie zu knechten, sondern in diesem Fall das Schwert von Shannara. Nur das hat der gute, alte Fiesling Brona vorsorglich in seine Einzelteile zerlegt. Allannon, der Druide, weiß Rat: Mit Hilfe von vier verschiedenen magischen Artefakten kann das Schwert erneuert werden. Doch diese vier magischen Utensilien befinden sich im Besitz verschiedenster Fantasywelt-Kreaturen - die sich, wie kann es auch anders sein, einander nicht riechen können. Um Brona entgegenzutreten, muss Jak also Menschen, Elfen, Trolle, Gnome und Zwerge vereinen.
Einen Innovationspreis könnte man mit diesem Plot bei den Fantasy-Festspielen wohl nicht gewinnen. Wohl eher den Tolkien-Gedächtnis-Pokal. Aber was soll's! Rein ins Abenteuer. Doch in den ersten Minuten möchte man kaum glauben, dass "Shannara" dem Adventure-Genre entsprungen ist. Vielmehr spielt es sich auf dem ersten Blick wie ein Rollenspiel aus vergangenen Tagen: Aus der Ego-Perspektive. An der Seite ein Kompass, mit dessen Hilfe sämtliche Himmelsrichtungen abgeklappert werden können. Auch das Inventar ist zunächst kein Indiz für Adventure-Tugenden. Wenn der Spieler aber nun den ersten Hotspot anpeilt, erscheinen plötzlich doch noch Interaktionsmöglichkeiten, stilecht in simplen Tuwörtern festgehalten. "Anschauen" und "Nehmen" gehören ins Standardrepertoire, dazu gibt es, je nachdem welcher Hotspot angeklickt wurde, weitere Möglichkeiten an die Hand. Tränke können getrunken, Bäume beklettert werden. Aber nur wenn es Sinn macht oder angebracht ist. Ansonsten bekommt der Spieler einen netten Spruch gedrückt. "Das geht so nicht" ist nicht erst seit "Edna bricht aus" out.
Die Schauplätze, an denen es also doch noch Rätsel in bester Adventure-Manier zu lösen gilt, sind recht überschaubar. Ist das Ziel erreicht, wird der nächste Ort aufgesucht. Gereist wird über eine ziemlich öde und hässliche Karte aus einer Mega-Isoperspektive, Kämpfe mit Monstern erschweren die Wanderung. Aber keine Sorge, ausgeklügelte Schlachtpläne müssen nicht ausgearbeitet werden. Die gegnerischen Parteien schlagen sich brav nacheinander die Köpfe ein und das war's dann meist. Man kann zwar jedem einzelnen Party-Mitglied (Ja, ihr reist nicht allein! Aber dazu gleich mehr.) eine spezielle Ordre mitgeben, am einfachsten ist es aber, sich einen Gegner auszugucken, um ihn dann vom gesamten Pöbel verprügeln zu lassen. Das ist zwar nicht die feine, englische Art, aber so eine Fantasy-Welt ist halt nichts für Waschlappentypen. Und wenn sich doch mal einer in ihr verirren sollte: Die meisten Kämpfe lassen sich vermeiden, da die Monster immer einige Pixel vorher auftauchen und so zu umschiffen sind.
Der Rollenspielanteil ist also eher weniger gelungen, allerdings verbringt der Spieler die meiste Zeit auch mit Rätseleinlagen an verschiedenen, schön in Szene gesetzten Orten. Ob im Elfenland, auf Kriegsschauplätzen, in von Zombies belagertern Städten oder in der legendären Halle der Könige - für Abwechslung ist gesorgt. Und auch die Aufgaben selbst sind abwechslungsreich ausgefallen. Mal müssen Zutaten für einen Trank gefunden, an anderer Stelle mysteriöse Verse entziffert werden. Richtig harte Kopfnüsse gibt es nicht zu knacken, um die Ecke denken sollte man aber schon können. Meinem Empfinden nach war der Schwierigkeitsgrad angenehm fordernd. Allerdings habe ich "Shannara" in der englischen Fassung gespielt, ich könnte mir gut vorstellen, dass ich manche Rätsel mit Hilfe der deutschen Sprache noch schneller hätte lösen können.
Doch es waren im Endeffekt auch nicht die Knobeleinlagen, die mich bei der Stange gehalten haben. Trotz der wenig einfallsreichen Grundlage des Plots schafft es "Shannara", eine tolle Geschichte zu erzählen. Mit einigen überraschenden Wendungen. Mit viel Liebe zum Detail, so dass kaum Fragen offen bleiben. Und mit einer Charakterzeichnung, wie ich sie selten in einem Spiel erleben durfte. Denn auf seinem Weg trifft Jak immer wieder auf neue Weggefährten, die allesamt verschiedene Eigenarten mitbringen. Die eifersüchtige, aber liebenswerte Prinzessin Shella oder der nur scheinbar tumbe Troll Telsek, um nicht allzu viele Figuren vorwegzunehmen - nach und nach habe ich die Charaktere gern' gewonnen, mich mit ihnen gefreut und mit ihnen gelitten. Jaks Konsorten melden sich nicht nur dann zu Wort, wenn sie gerade gefragt sind, sondern mischen sich immer wieder urplötzlich in die Szenerie ein. Und das mit einer äußerst professionellen Soundausgabe. Sicherlich klingen die Synchronsprecher noch etwas blechern, insgesamt passen sie wunderbar zu den Figuren. Zumindest in der englischen Version. Jede noch so kleine Nebenrolle gewinnt so an Farbe. Dass ich zuletzt die Spielfiguren abgefeiert habe, ist mir wohl letztmalig bei "Jagged Alliance 2" passiert. So toll ist "Shannara" in der Hinsicht zwar nicht, aber es kommt dem Ganzen schon verdammt nahe.
Fazit: Wer den etwas mauen Start in Kauf nimmt, kommt in den Genuss einer gut erzählten und anspruchsvollen Story mit klasse in Szene gesetzten Figuren. Die Rollenspielelemente sind zwar nur mäßig gelungen - da sie aber auch eher nebensächlich und obendrein leicht zu bewältigen sind, sollte sich kein Abenteurer abschrecken lassen. Allenfalls die Tatsache, dass diese Einlagen den Spielfluss etwas hemmen, mag dem einen oder anderen Spieler säuerlich aufstoßen. Ansonsten: Wer nichts gegen ältere Spiele hat, sollte mal einen Blick riskieren, wer dazu auf Fantasy-Welten steht, darf "Shannara" nicht links liegen lassen. Aber auch Fantasy-Muffel könnten Freude hiermit haben. Gute 8 von 10 Punkten.
Euer DrBres