Anarchy in the Internet - Postings sind der neue Punk
Verfasst: 30.07.2011, 17:32
Ich habe in der österr. Tageszeitung Der Standard einen fabelhaften Artikel des Kultur- und Musikredakteurs Walter Gröbchen gefunden, den ich sehr geistreich, vergnüglich, lehrreich, sprachlich superb und überhaupt einfach sehr lesenswert finde. Es geht um das Internet, die Meinungsfreiheit, die Medien und das Posten.
Anarchy in the Internet - Postings sind der neue Punk
Kultur- und auch andere Journalisten kommen heute in die Defensive. Denn die Kritiker der Kritiker werden - vor allem online - mehr, lautstärker, zudringlicher, selbstgerechter, lästiger
"Postings sind der neue Punk!", bekam ich neulich zu lesen. Und zwar in der neumodernen Selbsterkenntnis-Arena Facebook, mithin halb unter Freunden (respektive "Freunden"), halb öffentlich. Der Absender der Botschaft war einer der hauptberuflichen Pop-Kritiker der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD, der offensichtlich gerade ein paar Watschen im Online-Forum seines Mediums ausgefasst hatte. Natürlich nur virtuell. Aber der gewollt originelle, bisweilen deftig-derbe Ton des Herrn - wenn ich mich recht erinnere, hatte er einige treffliche Anmerkungen zum Line-up des "Frequency"-Festivals gemacht - schien nicht bei allen Lesern auf Begeisterung gestoßen zu sein. Im Gegenteil.
Die Empörung brach sich in dutzenden, eventuell hunderten Postings Bahn. Ihr Tenor (Ausnahmen bestätigten die Regel): negativ. Doppelminusnegativ. Derart: Böse alte Männer verstünden die Welt nicht mehr, der Kritiker sei taub, geschmacklos, verbittert ("gescheiterter Musiker?"), mieselsüchtig oder generell unfähig (eventuell auch alles zusammen), derlei sei eines Qualitätsmediums nicht annähernd würdig ... Und so weiter. Und so fort. Knapp, dass nicht Lynchjustiz angedroht wurde. Einige der Kritiker-Kritiker wüteten absichtsvoll unter der Gürtellinie, andere versuchten es ihrem Hassobjekt gleichzutun und wohlgesetzte Worte zu finden. Worte, die wie Nadelstiche pieksen. Oder wie Axthiebe treffen. Ein kurzweiliges Schlachtfest, diese Expertenerregung samt postwendender Privaterregung. Business as usual? Faktum ist, dass Journalisten heute nicht mehr im einsamen Kritikerkammerl vor sich hin werken. Oder einen exklusiven Blick aus den Höhen ihres Elfenbeinturms genießen. Der Leser, Hörer, Seher - kurzum: der Medienkonsument - redet mit. Gibt seinen Senf dazu. Reagiert, exzerpiert, kommentiert. Gefragt oder ungefragt.
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http://derstandard.at/1311802299499/Ana ... -neue-Punk
Anarchy in the Internet - Postings sind der neue Punk
Kultur- und auch andere Journalisten kommen heute in die Defensive. Denn die Kritiker der Kritiker werden - vor allem online - mehr, lautstärker, zudringlicher, selbstgerechter, lästiger
"Postings sind der neue Punk!", bekam ich neulich zu lesen. Und zwar in der neumodernen Selbsterkenntnis-Arena Facebook, mithin halb unter Freunden (respektive "Freunden"), halb öffentlich. Der Absender der Botschaft war einer der hauptberuflichen Pop-Kritiker der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD, der offensichtlich gerade ein paar Watschen im Online-Forum seines Mediums ausgefasst hatte. Natürlich nur virtuell. Aber der gewollt originelle, bisweilen deftig-derbe Ton des Herrn - wenn ich mich recht erinnere, hatte er einige treffliche Anmerkungen zum Line-up des "Frequency"-Festivals gemacht - schien nicht bei allen Lesern auf Begeisterung gestoßen zu sein. Im Gegenteil.
Die Empörung brach sich in dutzenden, eventuell hunderten Postings Bahn. Ihr Tenor (Ausnahmen bestätigten die Regel): negativ. Doppelminusnegativ. Derart: Böse alte Männer verstünden die Welt nicht mehr, der Kritiker sei taub, geschmacklos, verbittert ("gescheiterter Musiker?"), mieselsüchtig oder generell unfähig (eventuell auch alles zusammen), derlei sei eines Qualitätsmediums nicht annähernd würdig ... Und so weiter. Und so fort. Knapp, dass nicht Lynchjustiz angedroht wurde. Einige der Kritiker-Kritiker wüteten absichtsvoll unter der Gürtellinie, andere versuchten es ihrem Hassobjekt gleichzutun und wohlgesetzte Worte zu finden. Worte, die wie Nadelstiche pieksen. Oder wie Axthiebe treffen. Ein kurzweiliges Schlachtfest, diese Expertenerregung samt postwendender Privaterregung. Business as usual? Faktum ist, dass Journalisten heute nicht mehr im einsamen Kritikerkammerl vor sich hin werken. Oder einen exklusiven Blick aus den Höhen ihres Elfenbeinturms genießen. Der Leser, Hörer, Seher - kurzum: der Medienkonsument - redet mit. Gibt seinen Senf dazu. Reagiert, exzerpiert, kommentiert. Gefragt oder ungefragt.
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