Nur als Disclaimer, ich argumentiere hier eigentlich nur, da RB als gut für die Region dargestellt wird und diese Verallgemeinerung mag ich nicht sonderlich, als Fußballfan aus der "Region". Die positiven Dinge die du aufzählst stimme alle und ich vergesse sie auch nicht, nur sehe ich sie kritischen, denn auf wessen Kosten kommen die?
Schauen wir uns mal typische Argumente an:
RB setzt auf Jugendarbeit und lokale Spieler (galt in niedrigeren Ligen):
Wenn Erfurt ein Kammlott für eine hohe fünfstellige Summe im besten Alter weggekauft wird, passiert das. Kammlott war zu dem Zeitpunkt sehr jung und Identifikationsfigur, für den Preis musste er aber wechseln. Nicht typisch ist dagegen, wenn der Spieler dann eine Liga niedriger wechselt. Erfurt hatte am Ende zwar mehr Geld, aber auch den besten Spieler verloren und arge Probleme den Wechsel zu kompensieren. Die Jugendarbeit sieht eh so aus, das Rangnick festgestellt hat, das alle guten Fußballer in Leipzig durch die Jugendabteilungen gehen sollen und dafür wird viel zu viel Geld eingesetzt, was in dem Alter nicht gesund sein kann und wo selbst Bundesligisten kaum mithalten können. (
http://www.spox.com/de/sport/fussball/b ... ektor.html). Zum positiven schadet man halt allen Vereinen in der Region, die vielleicht mit viel Glück einmal ein Jahrhunderttalent bekommen hätte, welches dann aber viel zu früh abgeworben wurden. Besonders schade ist es, da in den neuen Bundesländern wirklich gute Nachwuchsarbeit geleistet wird.
Arbeitsplätze:
Rb schafft Arbeitsplätze, gar keine Frage. Dafür kosten sie vielen Vereinen im Speckgürtel von Leipzig viel Geld und damit auch Arbeitsplätze und Chancen. Halle, ein kleines Team mit neuem Stadion, steigt ein Jahr vor RB in die 3. Liga auf und hat auf einmal das Stadion voll, da die Region nach Profifußball verlangte. Normalerweise hätte man nun die Chance gehabt sich zu etablieren mit guten Ergebnissen und den Zuschauerschnitt zu halten. Passiert regelmäßig mit neuen Stadien und Erfolg. Nur stieg RB so schnell auf, dass der Effekt sich nicht einstellen konnte. Trotz Siegen halbierte sich der Schnitt in kurzer Zeit wieder und die Sponsoreneinnahmen gingen auch merklich zurück. Ohne hätte man vielleicht keine Chance auf die 1. Liga, aber zumindest auf die 2. Liga in in einem Bundesland mit dem geringsten Anteil an Profispielen (Eine Saison mal Halle in den 90igern) gehabt. Aue macht es ja vor, wie man mit wenig Mitteln sich nach oben kämpfen kann.
Profifußball in Leipzig:
Das ist der Hauptgrund, warum ich eigentlich hier argumentiere. Bundesliga ist nett, aber warum auf diesem Weg und außer für Leipzig, bringt das niemanden was. Ich höre es so oft im Fußball, sobald auch nur ein positives Ding im Osten passiert, dann soll die ganze "Region" froh sein. Nur, warum sieht man den "Osten" als eine Region. Als ich das letzte Mal geschaut habe, handelte es sich immer noch um verschiedene Bundesländer, die meistens nichts davon haben, wenn jetzt z.B. in Sachsen Bundesliga gespielt wird.
Ein gutes Beispiel ist die Frauen WM 2011. Magdeburg scheiterte an der Vergabe der Spiele. Kann passieren, aber als Antwort vom DFB erhielt man: "Zudem ist Dresden als ostdeutscher Vertreter bei der WM dabei. " Warum dann Leverkusen und Mönchengladbach mit ihren Stadien kein Problem war, wurde wiederum nicht erklärt.
Wenn man wirklich etwas gutes für die Regionen tun möchte, dann muss man auch allen gleiche Chancen geben. Nationalmannschaftsspiele gibt es im Osten ja auch fast nur in Berlin und Leipzig zu sehen (finde die Quelle der Statistik gerade nicht und hab nur das Bild hier, aber seit der Wiedervereinigung hat Deutschland bis 2014 Osten 7 Länderspiele im Osten, 132 im Westen gehabt davon 1 Spiel in Dresden, 1 Spiel in Rostock, 4 in Leipzig, und 8 Spiele in Berlin. Damit sind 3 Bundesländer/ 2 wenn man Brandenburg und Berlin zusammenzählt nicht abgedeckt und alle haben moderne Stadien). Dagegen gab es in Nürnberg 12, Stuttgart 11, Schalke 10, Dortmund 9 Spiele. Argumentiert wird mit der Größe der Stadien, wobei man bei unbedeutenden Spielen ja genug Probleme hat die voll zu bekommen), was sogar zu einem merklichen Interessenschwund an der Nationalmannschaft im Osten geführt hat (Henk Erik Meier, Kai Reinhart, Mara Konjer, Marcel Leinwather, Deutschland, einig Fußballland? Ost-West-Unterschiede in der Nachfrage nach Nationalmannschaftsspiele
http://www.nomos-elibrary.de/10.5771/03 ... 016-heft-2). Bundesliga in Leipzig ist also aus meiner Sicht nur gut für die Stadt und dabei wiederum gut für einen Ort, der schon im allgemeinen Vorteile genießt.
Gewaltbereitschaft.
In dem Punkt hast du recht. Nichts rechtfertigt Gewalt und bestimmt kein Fußballverein. Nur wird die Situation auch extrem aufgebauscht. Ich mag die dunklen Zeiten in den neunzigern erlebt haben und deshalb abgehärtet sein, nur ist meiner Meinung der Fußball heute Meilen von einem Tiefpunkt entfernt. Soweit ich informiert bin, war es auch nie nur friedlich" im Stadion, egal ob in Ost oder West. Da sagen Spiele zwischen Werder und dem HSV andere Dinge und todesfälle sind mir in den letzten Jahren zum Glück auch nicht bekannt (
http://www.kreiszeitung.de/werder-breme ... 50874.html). Fußball ist weit aus präsenter, als es noch vor der WM 2006 der Fall war und selbst kleinste Vergehen werden hochgespielt. Ich wurde bei ziviler Ankunft bei Auswärtsspielen auch schon oft genug vor den marodierenden Gästefans gewarnt, die gleich ankommen werden.
Muss ich unbedingt nach einem Pokalerfolg zusammen mit der Mannschaft im Stadioninneren feiern? Nein! Muss ich aber den Verein bestrafen weil es passiert ist? Sehe ich nicht so und genau das ist den Aufsteigern in die dritte Liga nach den Aufstiegsspielen passiert. Alle durften erst einmal 10000 Euro bezahlen und die Fans wurden als Chaoten beschimpft. Und jetzt kommen wir zu RB. Wirkliche vergehen gehören aber meinetwegen auch mit lebenslangem Stadionverbot bestraft. RB mag aber auch die Opferrolle. In Leipzig hat man sich von Anfang an als die Familienalternative, zu all den Vereinen der Stadt und des Umlands positioniert, die ja von rechten unterwandert seien. Passiert nun etwas gegen RB, so kann man dieses Image aufbauen. So hat man sich in der vierten Liga genötigt gefühlt, vor 2000 Fans des Gegners das eigene Maskottchen rumhampeln zu lassen. Natürlich konnte die Person im Kostüm sich was anhören. Aufgrund des Spielverlaufs ist aber zum Glück kein Idiot ausgeflippt,
Oder als Beispiel Karlsruhe. Letztes Jahr überschlugen sich die Geschichten über Ultras, die das Mannschaftshotel von RB stürmten und Rangnick forderte harte Strafen. (
http://www.sport1.de/fussball/2-bundesl ... reaktionen). Laut Polizei und Fanprojekt aus Karlsruhe handelte es sich dagegen um 2 KSC Fans die noch am Hoteleingang abgewiesen wurden (
http://www.faszination-fankurve.de/inde ... ws_id=9252). Warum hat Rangnick hier also hier übertrieben?
Es gibt also auf jeden Fall Gewalt, sie ist schwachsinnig und leider fühlen sich zu viele Idioten beflügelt etwas zu beweisen, aber teilweise wird aus Mücken im Fall RB auch gerne ein Elefant gemacht. Eine innige Abneigung gegenüber RB verstehe ich aber, auch wenn man diese durch stärkeres Anfeuern des eigenen Teams ausleben sollte. Bis vor zwei Jahren hieß es aus den alten Bundesländern schließlich noch, wir sollen doch froh über RB sein und jetzt sind es die selben Personen, die sich aufregen (Bremen Fans und Selke z.B.).