Midnight Nowhere
Verfasst: 23.02.2006, 19:45
von neon
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Verfasst: 26.02.2006, 16:06
von neon
Nachdem Midnight Nowhere ja gerade als kostenlose Zeitschriftenbeilage erschienen ist, habe auch ich mich mal an diesen Titel herangewagt.
Midnight Nowhere ist anscheinend nach Border Zone und Jazz and Faust das dritte Adventure-Projekt der russischen Spieleschmiede Saturn-Plus. Der Spieler erwacht ohne Namen und Erinnerung in der Leichenhalle eines Krankenhauses.
Die Story des Spiels baut sich nach und nach auf, und bleibt bis zum Ende leicht im Dunkeln. Wer es schafft, der Geschichte bis zum Ende zu folgen, findet die Antworten in der Schlußsequenz. wer da nicht aufpaßt hat verloren, und wird den Sinn des Spiels nicht wirklich verstehen. Bis dahin gibt es jede Menge Leichen, Blut und kaputte Gegenstände zu sehen, das Spiel ist also weder jugendfrei noch etwas für Leute die weinen wenn Lassie wegläuft. Alles in allem ist der Handlungsverlauf qualitativ als durchschnittlich anzusehen. Die Idee ist zwar nicht schlecht, allerdings schleichen sich zwischendurch so viele Logikfehler ein, daß sie leicht ins Lächerliche gerät. Desweiteren werden eingefleischte Fans des Genres durch fest integrierte Motivationsbremsen ihre Mühe haben, das Ende des Spiels überhaupt zu erreichen. Zwar kann einen der Plot am Anfang noch fesseln, da sich aber am Spielprinzip bis zum Ende nichts ändert, wird es irgendwann einfach langweilig.
Die Grafik ist wohl die stärkste Seite des Spiels. Die Hintergründe sind allesamt nicht wirklich schlecht, auch die Charakteranimation ist, wenn auch etwas steif, doch eigentlich ganz gut geworden. Zwar passen die Bewegungen nicht unbedingt zu den Soundeffekten und unser Protagonist deutet auch die eine oder andere Handlung nur an oder greift an Gegenständen vorbei, dennoch stört es nicht weiter. Es gibt schlimmeres, vor allem in diesem Spiel.
Schwer zu bemängeln ist das umständliche Interface. Mit der rechten Maustaste wird das Inventar geöffnet und geschlossen, mit der linken Maustaste werden Objekte im Inventar ausgewählt oder die Handlungsicons im oberen linken Eck des Bildschirms umgeschaltet. Leider schaltet das Programm diese Handlungsicons bei Bedarf selbstständig um, und zwar genau dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Dadurch bleibt die Bedienung des Spiels leider bis zum Ende nervig. Dafür ist das Inventar wenigstens übersichtlich und zeigt alle Gegenstände gleichzeitig an. Auch die Hotspot für das Laufen muß ich bemängeln. Die Hotspots sitzen immer an anderen Stellen, auch wenn man in die selbe Richtung läuft wie in einem anderen Raum. Man muß die Ausgänge also in jedem Raum einzeln suchen. Eine Beschleunigungsfunktion über Doppelklick sucht man vergebens, ist aber nicht so schlimm. Die Sprites der Spielfigur sind so groß, daß man einen Raum mit maximal 10 Schritten durchqueren kann.
Die Soundkulisse ist zwar nicht unbedingt schlecht, allerdings hat man hier von Raum zu Raum mit unterschiedlichen Lautstärken gearbeitet. Das macht natürlich absolut keinen Sinn. Der Lautstärkeregler war dadurch bei mir auf minimale Hintergrundberieselung gestellt, worduch ich stellenweise kaum noch was hören konnte. Aber das war besser als sich beim Betreten neuer Räume die Ohren volldröhnen zu lassen. Die Soundeffekte hingegen kamen mir sehr gelungen vor.
Größter Kritikpunkt an diesem Spiel ist die absolut vergeigte deutsche Lokalisation. Zwar sind die Sprecher noch einigermaßen profesionell und haben auch ihr bestes versucht, ich habe jedoch das Gefühl, daß hier einfach Studiozeit gespart wurde. Noch schlechter ist die Lokalisation im Spiel selbst. Einige Poster an den Wänden wurde schlicht gar nicht übersetzt, die Übersetzungen in den Computerterminals ist manchmal einfach falsch, ebenso wie den Situationen manchmal die falsche Sprachausgabe zugeordnet wurde. Außerdem wird im Spiel die englische Tastaturbelegung benutzt, was unweigerlich zu einem bug führt, da man an einem Computerterminal ein Passwort eingeben muß, welches ein 'y' enthält und dieses beim Eingeben auf dem Bildschirm nicht angezeigt wird. Alles in allem ist das wohl die schlampigste Lokalisation, die mir je untergekommen ist.
Die Rätsel in Midnight Nowhere sind nicht besonders vielfältig. Hauptsächlich dreht es sich hier um das Öffnen von Türen, das Finden von Passwörtern und das Anwenden und Kombinieren von Objekten. Es gibt nur zwei andere Rätsel, die aber so Banane sind, daß man sie eigentlich kaum erwähnen dürfte. Ersteres, direkt am Anfang der zweiten Spielhälfte, ist dazu auch noch durch gezielte Spielerschikane so verschärft worden, daß sich die Programmierer dafür schämen sollten. Das zweite, ein Kreuzworträtsel am Ende des Spiels, in dem nur ein Begriff fehlt... sprechen wir von was anderem...
Midnight Nowhere ist ein Spiel für Sammler und Softwaremasochisten, die mit Ihrer Zeit nichts anzufangen wissen. Da diese möglichst auch noch horrorthematisch schmerzfrei sein sollten, beschränkt sich die Zahl der Anhänger wohl auf ein absolutes Minimum. Das Spiel kostet derzeit im Handel noch um die 20 Euro, und ist damit sein Geld nicht wert. Wer sich beeilt, kann noch die derzeit aktuelle Computerbild-Spiele-DVD kaufen, da gibt's das um Klassen bessere The Westerner zusammen mit Midnight Nowhere für 3,60 Euro. The Westerner ist die 3,60 Euro wert, Midnight Nowhere ist damit umsonst und dafür kann man es gerade so mitnehmen.
+ Grafik ist gar nicht mal so schlecht, vor allem die Poster an den Wänden
+ Die Sprecher an sich sind auch okay
+ Netter schwarzer Humor
- Schlechtes Interface
- Schlechteste Lokalisation die ich je gesehen habe
- Soundlautstärke variiert zu stark
- Böse Bugs
- Motivation lässt ab Mitte des Spiels stark nach
- Rätselvielfalt, das unbekannte Wort
- Spiel eigentlich zu kurz, aber dadurch daß es so schlecht ist, eher zu lang
Meine Wertung: kulante 4,5 von 10