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Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 18:48
von wetterwachs
TBI hat geschrieben:Meint irgendjemand in diesem Forum ernsthaft, daß man mit differenzierteren Debatten mehr Leser kriegt? Und andersrum, meint irgendjemand, daß die Yellow Press derartige Beiträge verfassen würde, wenn sie bei den Lesern nicht ankämen, i.e. die Verkaufszahlen in den Keller gingen? Die Leute bekommen die Beiträge, die sie lesen wollen, und fertig.
Sicher werden mehr BILDzeitungen verkauft wenn ein Foto vom erschossenen Täter auf der Titelseite prangt. Mit Sicherheit schalten auch die RTL-Zuschauer lieber ein, wenn so richtig auf die Tränendrüse gedrückt wird.
Aber genau deshalb favorisiere ich andere Medien. Umso wütender machen mich Sätze wie
"In seinem Zimmer wurden Waffen, Munition und Computerspiele gefunden."
Als ob man das heute gleichsetzen müsste! Das ist pure Meinungs- und Stimmungsmache und langsam fürchte ich, es gibt kaum noch ein Medium, das auf solche Mittel verzichtet. Es würde doch zwangsläufig zur Totalverdummen der deutschen Bevölkerung führen, wenn die Berichterstattung
nur noch so aussähe.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 19:09
von TBI
Eben nicht. Keine Meinungsmache. Die Zielgruppe ebenjener Sparte von Medien hat schon längst ein gefestigtes Bild. Der Leser will sich immer bestätigt wissen, sonst gäbe es den Stereotyp des BILD-/Spiegel- oder sonstigen Lesers gar nicht erst. Ein NPD-Wähler wird sicherlich nicht die taz lesen; umgekehrt wird ein taz-Leser wohl kaum die NPD wählen.
Ich versichere Dir, die Rolle der Medien in diesem Spektakel aus virtuellen und realen Patronen ist die der subjektiven Berichterstattung. Die sogenannte "Meinungsmache" besteht in dem Punkt nur aus dem Aha-Effekt (wobei hier die Bezeichnung "Ich habs doch gleich gesagt"-Effekt wohl treffender wäre) und aus nichts weiter.
Das Problem ist, wie gesagt, daß im Volkskörper* die Sensationsgeilheit vorherrscht. Und da gibt es keine Verschwörung, hinter der ein einzelner, eine Gruppe, die Medien, die Politik, die Communisten, Geheimdienste oder sonstwer steckt: ich bin weiterhin davon überzeugt, daß es sich hierbei um ein schleichendes Gift handelt, daß von unserer Lebensweise selbst ausgeht. Womit wir wieder bei der Systemfrage wären, auf die es meiner Meinung nach so oder so hinausläuft.
Widersprechend,
/TBI
*) Ich hoffe, das Wort ist nicht politisch, sociologisch oder sonstwie vorbelastet. Falls doch, möchte ich präcisieren, daß ich das collective Bewußtsein, quasi das Volk als Entität meine.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 19:14
von wetterwachs
Ah... Jetzt hab ich begriffen was Du meinst.
Aber wenn ich die Nachrichten-, Radio- und Zeitungsberichte betrachte, muss ich davon ausgehen, dass alle das selbe Klientel bedienen wollen. Denn die Aussagen ähneln sich sehr (auch die reißerischen) - wobei RTL und Co. da wieder extrem rausstechen. Man merkt immer sofort den Unterschied zwischen N24 und nTV...
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 20:38
von elevar
@TBI Ich verstehe nicht, wie du so zwangsläufig zu dem, was du Systemfrage nennst, kommst. Sicher ist die Rolle der Medien zu Hinterfragen, aber dass das überhaupt möglich ist, ist doch ein Wert, den das System von anderen abhebt. Das mit dem falsch abgebogen sein teile ich, wie oben ja schon geschrieben, aufs Wort. Dem Schluss kann ich nicht folgen. Ich wäre da weniger radikal. Vielleicht erklärst dus mir nochmal, wenn ich was übersehe...
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 20:44
von Beowulf
@creeping deathaaa: Ich stimme mit dir nicht so ganz überein, was die gewaltfördernde Wirkung von gewalttätigen Medien angeht.
Fakt ist, dass Gewalt schon immer ein wichtiger Bestandteil der menschlichen Entwicklung war. (Sportliche) Wettkämpfe sind ein ganz guter Versuch, dies in "nützliche" Bahnen zu lenken. Musizieren soll auch sehr stark Aggressionen abbauen.
Was ist jedoch mit unmusikalischen und unsportlichen Kindern? Und soll man demnächst auch Schneeballschlachten verbieten, oder Spielzeugwaffen?
Deine Annahme, dass alle wissenschaftlichen Untersuchungen ergeben, dass Killerspiele die Gewaltwahrscheinlichkeit erhöhen, ist falsch. Hier ist ein gutes Beispiel dafür:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25606/1.html
Auch wird in diesem Artikel deutlich, dass weniger die Gewalt, sondern mehr die Sucht schädlich wirkt und eine viel realere Bedrohung darstellt, weil die Jugendlichen dann in diese künstliche Welt flüchten und in der realen Welt überhaupt nicht mehr klarkommen. Die Sucht gilt aber nicht nur für Killerspiele, sondern auch für alle anderen Spiele, bis hin zu Spielautomaten. ich lese immer wieder von Leuten, die z.B. WoW-süchtig sind, und dadurch schon ihren Job und ihre Familie verloren haben.
Und noch ein Punkt: Es besteht die Gefahr, dass Ursache und Wirkung verwechselt wird. Wird jemand durch gewalttätige Spiele gewaltbereiter, oder spielt einfach eine gewalttätige Person von vornherein bevorzugt solche Spiele?
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 20:45
von gff
kurze Frage: sollte das Thema nicht zu "andere Themen" verschoben werden? Ich finde,daß Themen wie Mord/Amoklauf, Gewalt nicht unter einer Plauderrubrik laufen sollten...
Zum Thema:
Wirklich erstaunlich daß die Spiele diesmal erst verzögert in den Fokus kamen,wie hier schon jemand sagte.
Doch jetzt ist die Disskusion wieder in alten Bahnen. Spieler vs Frontal 21 (^^)
"Ich spiele selber und würde doch nie..." gegen "Außer Frage steht,daß die Killerspiele schuld sind und..."
Hier hat sich nichts bewegt und wird sich auch in Zukunft nichts bewegen,so wie ich das sehe.Die Argumente beider Seiten sind bekannt. Werden gebetsmühlenartig wiederholt, doch niemand kümmert sich um die andere Position. Die einen haben eine Lobby(Sportschützen z.B.) oder eben keine (oder kennt ihr einen Doom-Club?).
Gebt den Medien noch ein paar Tage, dann rutscht alles auf Seite 2. Bis zum nächsten Mal- das es hoffentlich nicht geben wird,aber das ist illusorisch!
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 21:10
von Leonaru
Gegen Aktionismus:
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 21:19
von Threepbrush
Beowulf hat geschrieben:
Und noch ein Punkt: Es besteht die Gefahr, dass Ursache und Wirkung verwechselt wird. Wird jemand durch gewalttätige Spiele gewaltbereiter, oder spielt einfach eine gewalttätige Person von vornherein bevorzugt solche Spiele?
Ja...das ist ein interessanter Punkt. Man kann die Frage noch weiter stellen: Wenn es gewalttätige Personen sind, die diese Spiele spielen...warum sind sie gewalttätig? Ist das angeboren? Oder wird es durch die Lebensumstände ausgeprägt? Oder ist es eine Mischung aus beidem?
Ich habe das Gefühl, dass alles, was zur Zeit diskutiert wird, um solche Geschehnisse zu verhindern, reiner Aktionismus ist. Ein sehr verständlicher...wenn etwas schlimmes passiert ist, hat der Mensch nun mal das Bedürfnis, zu handeln (meiner Meinung nach sehr gut zu beobachten an der Reaktion der Bush-Administration nach dem 11.9.).
Es fällt halt schwer, sich einfach damit abzufinden, dass es immer wieder Menschen geben wird, die völlig sinnlose Gewalttaten verüben. Man versucht dann, dem ganzen einen Sinn zu geben, indem man die Ursachen dafür sucht...und dann versucht man, das ganze kontrollierbar zu machen, in dem man simple Lösungsrezepte verabreicht.
Aber meiner Meinung nach wird es dafür niemals Rezepte geben. Menschen sind schon immer und zu allen Zeiten ausgerastet und haben Verwüstung hinterlassen. Und sie werden es auch weiter tun...weil eben nicht alles menschliche kontrollierbar, erklärbar und damit verhinderbar ist.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 22:51
von elevar
@Beowulf Du streitest also jeden Zusammenhang zwischen Gewalttaten und dem Konsum des Täters von gewaltsamen Medien ab? Ernsthaft? Genauso hat dann Werbung keinen Einfluss auf mein Kaufverhalten?
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 23:33
von Beowulf
Na elevar, du tust ja so, als ob ich den Holocaust leugnen würde!
Ja, nach meinem aktuellen Wissensstand streite ich diesen Zusammenhang ab. Ich gehe sogar noch weiter: Jugendliche, die in keiner Art und Weise ihre Aggressionen kanalisieren können, stellen meiner Meinung nach eine noch größere Gefahr dar. Deshalb sind Jungs so sehr betroffen, weil sie tendenziell ein höheres angeborenes Aggressionspotenzial haben als Mädchen. Der Amokläufer hatte schwere Depressionen, und sowas ist eben sehr schwer zu kontrollieren. Es kann mir keiner erzählen, dass da die Killerspiele den Ausschlag gegeben haben.
Für Jugendliche wird ziemlich wenig gemacht, höchstens wenn man damit Geld verdienen kann (Ich sag nur "Jamba"). Vielen Eltern ist es auch egal und lästig, was die Freizeitgestaltung ihrer Kinder angeht. Und genau an diesem Punkt muss man ansetzen, wenn wirklich etwas besser werden soll.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 23:53
von creeping deathaaa
Beowulf hat geschrieben:@creeping deathaaa: Ich stimme mit dir nicht so ganz überein, was die gewaltfördernde Wirkung von gewalttätigen Medien angeht.
Deine Annahme, dass alle wissenschaftlichen Untersuchungen ergeben, dass Killerspiele die Gewaltwahrscheinlichkeit erhöhen, ist falsch. Hier ist ein gutes Beispiel dafür:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25606/1.html
du redest von wissenschaftlicher untersuchung, aber ich habe in dem artikel leider keine gefunden. dort ist von unfallstatistiken die rede, bei denen die validität überhaupt nicht gegeben ist. man kann auch den wasserstand messen und daraus auf die sauberkeit des flusses schließen. ich lese dort hauptsächlich die meinung einer person, die für das eigene buch wirbt, mit keinerlei verweis auf externe wissenschaftler.
natürlich gibt es immer ausreißer, oft aufgrund zweifelhafter rahmenbedingungen, und genau dafür gibt es metaanalysen, die wie erwähnt alle auf das gleiche ergebnis deuten.
Beowulf hat geschrieben:@Und noch ein Punkt: Es besteht die Gefahr, dass Ursache und Wirkung verwechselt wird. Wird jemand durch gewalttätige Spiele gewaltbereiter, oder spielt einfach eine gewalttätige Person von vornherein bevorzugt solche Spiele?
beides ja. stichwort: sensation seeking und erregungsthese.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 13.03.2009, 23:58
von creeping deathaaa
Threepbrush hat geschrieben:Beowulf hat geschrieben:
Und noch ein Punkt: Es besteht die Gefahr, dass Ursache und Wirkung verwechselt wird. Wird jemand durch gewalttätige Spiele gewaltbereiter, oder spielt einfach eine gewalttätige Person von vornherein bevorzugt solche Spiele?
Ja...das ist ein interessanter Punkt. Man kann die Frage noch weiter stellen: Wenn es gewalttätige Personen sind, die diese Spiele spielen...warum sind sie gewalttätig? Ist das angeboren? Oder wird es durch die Lebensumstände ausgeprägt? Oder ist es eine Mischung aus beidem?
größtenteils wohl angeboren. langfristige zwillingsstudien in den usa haben gezeigt, dass getrennt aufgewachsene (ost- und westküste) eineiige zwillinge trotz komplett anderer lebensumstände ein sehr ähnliches verhalten zeigen.
edit: das angeboren sein beinhaltet natürlich noch kein agressives verhalten, doch aber wohl eine anfälligkeit dafür, es zu erlernen. die stichwörter dazu habe ich ja schon genannt.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 14.03.2009, 00:27
von elevar
Beowulf hat geschrieben:Es kann mir keiner erzählen, dass da die Killerspiele den Ausschlag gegeben haben.
Das will ich auch nicht getan haben. Ich habe von einem allgemeinen Zusammenhang zwischen Gewaltverhalten und Erfahrungshorizont gesprochen. Ausgehend kann man dann, wenn man will, die Diskussion starten, ob oder inwiefern dieser Einfluss schädlich oder sogar gefährlich sein kann.
Allerdings gibt es sicherlich Faktoren, über die zu diskutieren ertragreicher ist, als sich an diesem einen oft missbrauchten Thema aufzuhalten. Ich finde hier beispielsweise interessanter, woher der augenscheinlich große Bedarf an medialer Gewalt kommt.
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 14.03.2009, 01:08
von Beowulf
und genau dafür gibt es metaanalysen, die wie erwähnt alle auf das gleiche ergebnis deuten.
So so, dann leg mal welche vor!
Re: Und wieder waren es die Killerspiele...
Verfasst: 14.03.2009, 12:24
von Bastlwastl
TBI hat geschrieben:...
Ja, schlimm, wie die Menschen die Tat nutzen, um sich in ihrem Weltbild bestätigen zu lassen und sie für ihre Agenda missbrauchen. /Sarkasmus