realchris hat geschrieben:Ich bin ganz simpel dafür, dass das gültige Recht im Internet genauso sanktioniert wird wie im normalen Leben auch.
Wird es.
realchris hat geschrieben:Wenn man sich auf z.B. deutschem Boden befindet, sind die freien Handlungen im Netz dort zuende, wo auch das Gesetz die Grenze zieht. Kinderpornos werden in Deutschland sofort vernichtet und deren Konsum bestraft. Im Netz kann man nur durch solche Sperrungen verhindern, dass eine dieser Seiten von deutschem Boden aus geklickt wird. Insofern ist dagegen nichts zu sagen. Dass das dem Besucher einer solchen Seite unmöglich gemacht wird ist also nur die Umsetzung geltenden Rechts.
Ja, unmöglich gemacht wird.
Wer aber Google bedienen kann, kann auch eine DNS-Sperre umgehen. D.h. eine Löschung ist die einzig wirksame Methode.
realchris hat geschrieben:Man hat auch keine andere Möglichkeit, da die Seitenbetreiber oft im Ausland sind.
Und ob! In 99% der Fälle klappt das. Es wird zwar argumentiert: In einigen Ländern sind Kinderpornos nicht verboten. Aber: Das stimmt nicht, in vielen Länder sind Pornos im Allgemeinen verboten, nicht nur Kinderpornos. Kinderpornos werden ja natürlich nicht nochmal speziell verboten.
realchris hat geschrieben:Deswegen verstehe ich das Geheule so mancher Leute nicht. Wer sich sauber verhält, wird wohl nie auf eine solche Sperrseite kommen.
Wer halbwegs Ahnung hat, kann nicht für solch eine DNS-Sperre sein.
realchris hat geschrieben:Von dem Youtubelink habe ich nichts, da hier eine illegale Aktion erklärt wird. Insofern kein Argument dagegen, sondern dafür.
Zu erklären, wie man eine DNS-Sperre umgeht, ist nicht illegal. Das Umgehen selbst vielleicht - aber welchen Kinderporno-Interessenten interessiert das? Zumal die IP-Adressen ohnehin nicht gespeichert werden sollen. Wenn überhaupt kann man die IP-Adressen speichern, die auf diese Stopp-Schild-Seite kommen. Aber das wäre gefährlich: Schickt man jemanden einen Link zu solch einer Stoppschild-Seite und schon hat man eine Begründung, die Wohnung zu durchsuchen. Daher wird zu Recht auf eine Speicherung verzichtet.
Zu überprüfen, ob jemand die Sperre umgangen hat, wäre nur möglich, hätte man Zugang zu dem Server, auf dem die KiPos lagern. Hätte man aber diesen Zugang, könnte man die KiPos gleich löschen und müsste kein Stoppschild davorhängen.
Ein Beispiel: Ein Kiosk hat Hefte mit Kinderpornos in der Auslage. Die Polizei kommt und hängt ein Schild mit der Aufschrift "Stopp! Hier werden KiPos verkauft!" verkauft, sodass niemand mehr in diesem Laden etwas kaufen kann. Dem Ladeninhaber passiert nichts und die KiPos liegen weiter hinter dem Schild. Nun gibt es aber einen Seiteneingang zu dem Laden, der für jeden offen zugänglich ist - man muss nur die Augen etwas offen halten. Es ist also kein Problem, den Seiteneingang zu nutzen und sich doch die KiPo-Hefte vom Ladeninhaber zu beschaffen.
Das richtige Vorgehen müsste so lauten: Die KiPo-Hefte werden beschlagnahmt und einem Richter vorgelegt, der dann beurteilt, ob es sich tatsächlich um KiPos handelt (Gewaltenteilung, in oberem Fall wäre die Polizei Judikative und Exekutive zugleich). Der Laden wird geschlossen und der Ladeninhaber bestraft.
Aufs Internet übertragen: Die Seite müsste von Leuten begutachtet werden, die einschätzen können, ob es sich um KiPo handelt - das ist oft in der Tat gar nicht so einfach, wobei auch eine EU-Richtlinie in Kraft treten soll, die nur die Darstellung von Geschlechtsverkehr unter Minderjährigen (nicht nur Kindern) unter Strafe stellen soll, d.h. es spielt keine Rolle, ob da wirklich Kinder Sex haben/missbraucht werden. Der Richter kann dann eine Löschung veranlassen. Das wäre aber nur notwendig, wenn der Serverinhaber das nicht freiwillig macht, das ziemlich unwahrscheinlich ist.
realchris hat geschrieben:Das kostet aber mehr Zeit, weil Du teils sehr langwierigen juristischen Arbeitsaufwand dagegen betreiben musst. Das Stopschild kannst Du sofort drüberschalten und dann noch die Löschung der Seite beantragen. Ich verstehe auch nicht, warum ihr gegen diese Stopschilder auf Kinderpornoseiten oder Filesharingportalen seid. Nimm Piratebay. Wie lange gegen eine solche Seite geklagt werden muss. Dann doch lieber direkt ein Stopschild drüber. Wer sich im illegalen Bereich aufhält, muss eben mit Zensur leben. Wo ist das Problem?
24-48 Stunden sind also lang? Juristicher Arbeitsaufwand ist da gleich null. Denn: Die Polizei meldet dem Serverbetreiber, dass KiPos auf seinen Servern lagern. Erst, wenn dieser das Material nicht löschen wollen würde, käme es zu juristischen Schritten. Das wird aber in den seltensten Fällen so sein, denn: Selbst wenn der Server im Ausland steht, ist die Wahrscheinlichkeit enorm hoch, dass KiPos auch dort illegal sind. D.h. er ist vllt. vor der dt. Justiz direkt geschützt, wenn aber die dt. Justiz die ausländische benachrichtigt, spätestens dann gäbe es Ärger.
Simons Link scheinst du aber auch nicht gelesen zu haben. Zitat: "Innerhalb der ersten 12 Stunden nach Aussenden der Mails wurden bereits 60 Webauftritte gelöscht."
Btw.: Vorneweg: Piratebay ist mit einfachen KiPo-Seiten nicht zu vergleichen, der Fall ist schon etwas komplizierter. Wie gesagt, KiPo-Seiten kann man schnell löschen lassen. Allerdings: Rechtsstaatliche Verfahren haben es so an sich, dass sie nicht "schnell erledigt" sind, sonst wären's höchstwahrscheinlich keine rechtsstaatlichen Verfahren mehr.
Und du glaubst doch nicht wirklich, dass die Piratebay-Nutze zu blöd gewesen wären, eine DNS-Sperre zu umgehen, oder?
Es ist meiner Meinung nach ziemlich dämlich, einer Polizeibehörde die Befugnis zu geben, Internetseiten nach Gusto zu sperren. Zumal die Erfahrung aus Schweden zeigt, dass es nicht nützt. Zitat Polizeichef: "Unsere Sperrmaßnahmen tragen leider nicht dazu bei, die Produktion von Webpornografie zu vermindern."
Hinzu kommen Sperrungen von Seiten, auf denen sich gar keine KiPo befindet.
Bei Politikern kann ich's ja noch irgendwie verstehen, dass sie trotz guter Gegenargumente auf ihrer Meinung beharren - da gilt "Meinungswechsel" ja als Niederlage.
Im Übrigen: Das einzige Argument für KiPo-Sperren, dass von der Leyen noch ernsthaft vorbringt, ist, das des "Anfixens": Demnach könnte man zufällig auf eine KiPo-Seite kommen und danach süchtig nach ihnen werden. Ein ziemlich starkes "Argument" und, in der Tat, ein bestimmt sehr häufig verkommendes Phänomen!
Mal ganz abgesehen davon: 99% der KiPos werden eh nicht übers World Wide Web vertrieben.
Fazit: Fakt ist, dass diese Sperren nichts bringen. Das ist empirisch belegt, da kann man noch so rational rangehen. Es werden weder weniger KiPos produziert, noch angesehen (wobei das eine das andere ohnehin bedingt). Gleichzeitig werden aber auch Seiten gesperrt, die keine KiPos enthalten.
Was wird eigentlich als Nächstes gesperrt? Seiten, die zum "Dschihad" aufrufen? Seiten, auf denen es Anleitungen zum Bombenbau gibt? Was ist dann eigentlich bezüglich Literatur für angehende Pyrotechniker/Sprengmeister/Chemiker/etc., die online verfügbar ist? Wird die auch gesperrt?
Polizeibehörden sollten nun mal nicht solche Befugnisse haben. Dafür ist die Judikative bzw. die Justiz zuständig. Und das hat auch seinen Sinn.