Seite 119 von 144

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 11.07.2014, 17:44
von Abel
Vainamoinen hat geschrieben:
Ozzie hat geschrieben:Broken Age und mickrig? Diese Meinung stelle ich in Disput.
Doch, es tut mir leid, ja, mickrig buchstäblich. Spielmechaniken mager, Steuerung reduziert, Rätsel vorgelöst, Hotspots rar gesät, Spielzeit schwachbrüstig, Grafik in Grundformen, Animation auf Flashgameniveau... es gibt durchaus aufwändige Sachen an Broken Age, wie die Vertonung und die Musik. Aber das sind Sahnehäubchen auf einem Haufen Sand.
Magere Rätsel, jep.
Steuerung mit anschauen und nutzen/nehmen/sprechen erwünscht, jep.
Rätsel vorgelöst, naja einfach aber nicht vorgelöst und es waren IMO auch relativ kreative (trotzdem einfache) Rätsel dabei.
Zu wenige Hotspots und interessante Dinge zu entdecken, jep.
Spielzeit schwachbürstig, jep (wobei ich mich nicht genau daran erinnern kann, wenn es insgesamt auf 8-10 kommen sollte, ganz ok, wenn auch unverhältnismäßig zur Entwicklungszeit).
Grafik in Grundformen, keine Ahnung was das heißt.
Animationen sind mir nicht negativ aufgefallen (Figuren haben sich zwar ein wenig wie etwas steife Puppen bewegt, aber das ist recht passend für den generellen Stil).

Ich kann die Kritik am Spiel insbesondere bei der Erwartungshaltung nachvollziehen, wundere mich aber auch nicht, dass nicht wenige auch Spaß dran gehabt haben. Ich habs auch gerne gespielt.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 11.07.2014, 19:43
von Ozzie
..eve. hat geschrieben:Jetzt würde mich aber schon interessieren, lieber Ozzie, warum du die doch mit recht fundierten Argumenten hinterlegte Meinung Vainamoinens in Disput zu stellen wünschtest.
*seufz*
Aber auch nur, um deine Kuriosität zu befriedigen.

Also Vaina, ich frage mich, ob du von zwei Dingen redest oder nur von einem. Ist dir das Spiel zu mickrig als Spieler? Ist es dir einfach zu kurz, sind dir die Rätsel zu schnell gelöst? Oder ist dir das Spiel zu mickrig als erbrachte Leistung, weil du denkst, dass Double Fine hinsichtlich Rätseldesign/implementierung, Animationen/Grafik, etc. nicht genug geleistet hat?

Zum ersten: Broken Age ist kurz, die Rätsel sind leicht. Ich hab ein wenig über 5 Stunden gebraucht, um ans Ende zu kommen. Ich wünschte die Rätsel wären komplexer, wenn auch nicht unbedingt schwerer. Ich finde es hätte dem Gleichgewicht zwischen Rätsel und Geschichte nicht geschadet hier und da noch einen Zwischenschritt einzubauen, etwa manchen Charakteren einen Gefallen erweisen zu müssen, bevor sie einem einen Gegenstand aushändigen. Ich habe Sympathie dafür, dass sich manche mit Broken Age unterfordert fühlen. Das RPG Driftmoon gibt mir ein ähnliches Gefühl von Unterforderung, wie andere es beschreiben mit Broken Age zu haben, aber ich persönlich hatte das Gefühl mit Broken Age nicht. Das Gameplay hat Schwächen, ja, aber ich fand es angemessen. Ich störte mich nicht an zu wenigen Hotspots und auch nicht an dem Fehlen eines separaten Anschauen-Befehls. Nennenswert reduziert sind die Interaktionsmöglichkeiten gegenüber Grim Fandango mal nicht.

Ansonsten: Ob ein Rätsel schwer oder leicht ist, ändert nix daran, wie aufwändig es zu implementieren ist. Vielleicht hätte sich Broken Age einige der Hinweis spendenden Zeilen ersparen sollen. Das hätte weniger Aufwand für die Entwickler und schwerere Rätsel für die Spieler bedeutet. Das Rätsel mit dem Pfirsich erscheint mir etwa ähnlich komplex zu dem Monkey-Wrench-Rätsel aus Monkey Island 2. In beiden Fällen ist nur ein Gegenstand für die Lösung von Relevanz (in Monkey Island 2 ist noch der Zwischenschritt mit der Banane auf dem Metronom nötig, in Broken Age muss man herausfinden, wie man den Pfirsich bekommt). In beiden Fällen muss man den Gegenstand von einem Ort herbekommen, an dem man schon einmal war und der weit weg ist von dem Ort, an dem an ihn braucht. Einziger nennenswerter Unterschied: den Pfirsich mag man noch haben, wenn das Rätsel sich einem offenbart, während man den Affen vermutlich noch nicht hat, sobald sich einem das Problem in die Quere stellt. Unabhängig davon, komplexer und aufwändiger zu implementieren ist weder das eine noch das andere Rätsel, wobei das Monkey-Wrench-Rätsel klar das schwerere ist. Es ist nicht umsonst berüchtigt, vor allem in den internationalen Fassungen, in denen es keinen Sinn macht. Ist es weniger mickrig, indem es allein schwerer ist?
Das Pfirsich-Rätsel mag mit allem, was dazu gehört, vielleicht gar komplexer in der Implementation sein. So ziemlich jeder Charakter reagiert auf den Pfirsich nennenswert, oft mit Hinweisen, in einem Fall hinderlich zur Lösung des Rätsels. Ich denke die Charaktere in Monkey Island 2 haben weniger zum Affen zu sagen. Vielleicht täusche ich mich.

Zu den Animationen: Broken Age weist Tweening-Animationen auf, die für Flash-Produktionen charakteristisch sind. Machinarium und Deponia machen auch von ihnen Gebrauch, sowie Animationsserien wie Adventure Time und Archer. Sie sind aber nur ein Trick von vielen, die Broken Age animationstechnisch einsetzt. Ich kenne kein anderes 2D-Adventurespiel mit solch einem grafischen Detailgrad, das so aufwändig animiert ist, ob mittels Licht- und Schattenspielen, fallender Blätter, fliegender Vögel, aufsteigendem Rauchs oder quirliger Wolken, in der Welt von Broken Age wirkt erstaunlich wenig statisch. Dazu trägt die Inszenierung bei, die ständigen Wechsel der Kameraperspektiven bei Dialogen, von Totalen zu Nahaufnahmen. Auch eher eine Seltenheit.
Broken Age's grafischer Stil ist weniger sauber als für ein Cartoon-Look üblich, er sieht stattdessen mehr pinselartig gezeichnet aus. Während Rufus aus Deponia aus vielen größeren einfarbigen Flächen besteht, gibt es bei Vella mehr subtile Farbabstufungen. Vielleicht fallen die Tweeninganimationen deswegen mehr unangenehm ins Gewicht, weil man irgendwie auch deswegen detailiertere Animationen erwartet? Vielleicht ist die Grafik zu detailiert, um für manchen mit dem Animationsstil zu harmonieren? Sicherlich wäre es schön gewesen, wenn jeder einzelne Frame per Hand gezeichnet worden wäre, aber dann hätten wir schon Animationsfilmqualität, und so teuer auch Broken Age sein mag, so billig ist das dann eben doch nicht.
Wenn ich schon dabei bin die Produktionsqualitäten von Broken Age zu benennen: Dein willkürliches Missverständnis, Vaina, dass Double Fine das Parallax-Scrolling in Broken Age für ne Innovation hält, ließ mich jedes Mal auf meine Finger schlagen (im Pendant zu auf die Zunge beißen), wenn du es von dir gabst. WAS sie als Innovation verstehen ist die Möglichkeit, dass der Spielercharakter von einer Ebene weiter im Hintergrund zu einer weiter im Vordergrund (oder andersrum) wechselt. Das kommt am deutlichsten etwa in der Szene vor Curtis Haus zu tragen. Vella läuft den Hügel hoch, befindet sich damit auf einer anderen Ebene näher zur Kamera, bis sie zum Waldpfad gelangt, der vordersten Ebene in der Szene. Der Wechsel zwischen diesen Ebenen, wobei auch rein- und rausgezoomt wird, was den Tiefeneffekt verstärkt, erscheint mir in der Tat neu, habe ich doch sowas zuvor noch nie in einem Adventurespiel gesehen. Aber du magst mich natürlich gerne korrigieren. ;)


Zu "Grafik in Grundformen": Sieht das nach "Grafik in Grundformen" aus?

Bild



Mehr habe ich nicht zu sagen. Das sollte jetzt aber auch "fundiert" genug sein.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 11.07.2014, 20:45
von Vainamoinen
Machst du bitte das Bild noch etwas kleiner? Ja, jaaa, es ist "schön". Aber die Scrollerei ist doch etwas nervig. ;)

Ozzie hat geschrieben:Ich störte mich nicht an zu wenigen Hotspots und auch nicht an dem Fehlen eines separaten Anschauen-Befehls. Nennenswert reduziert sind die Interaktionsmöglichkeiten gegenüber Grim Fandango mal nicht.
Grim Fandango wird oft als Beispiel angeführt - ich wundere mich manchmal, warum es immer als Positivbeispiel verwendet wird. Grim Fandango hatte noch nicht einmal die Möglichkeit, Inventargegenstände zu kombinieren, das Anwählen von Hotspots war eine absolute schwammige Qual, von der gräslichen Inventar- und Charaktersteuerung einmal ganz abgesehen.

Aber, ja, GF hatte (gottlob!!) noch den Unterschied zwischen "ansehen" und "interagieren", und der fehlt mir persönlich in Broken Age, wie in einigen modernen Adventures auch, bitterlich. Einverbsteuerungen erscheinen mir ganz einfach zu unpräzise. Ich habe eigentlich nur das Gefühl, den Protagonisten wortlos in Richtung irgend eines Hotspots zu treten, um dann mal zu kucken, was er mit dem Ding dann macht. Das hat nichts mit der Art von Adventure-Kommunikation mit dem Hauptcharakter zu tun, die ich als Stärke dieser Spiele empfinde. In den besten Adventures fühlt es sich beinahe wie ein Dialog zwischen Spieler und Protagonist an. Das leistet kein anderes Genre; und Broken Age leistet es ebenfalls nicht.


Ozzie hat geschrieben:Ist es weniger mickrig, indem es allein schwerer ist?
Ich bin gar kein Freund 'schwerer' Rätsel. Aber Rätsel können komplex sein, ohne gleich sauschwer zu werden. Broken Age ist dagegen selbst innerhalb seiner beschränkten Kombinationsmechaniken ziemlich anspruchslos. Ein-zwei Mal darf man im recht limitierten Inventar Dinge kombinieren, und das sind in etwa die "schweren" Stellen des Spieles. Mit den wilden Rätselideen und dem proppevollen Inventar eines Monkey Island II oder Day of the Tentacle kann ich das nicht vergleichen.

Ozzie hat geschrieben:Zu den Animationen: So wie üblich für Flash-Spiele, nutzt auch Broken Age Tweening-Animationen, wenn auch nicht nur. Machinarium und Deponia machen auch davon Gebrauch, sowie Animationsserien wie Adventure Time und Archer.
Wobei, Machinarium hatte noch nicht mal ein Budget. Die Animationstechnik wirkt auf mich billig, ich vergleiche sie ständig mit South Park. Das hat natürlich auch mit den reduzierten Formen der Protagonisten zu tun, diesem ewigen Oval-Rechteck-Rechteck des Kinderbuches. Welche SFX dann auf diese Basis geknallt wird, ist für mich nicht so relevant. Da hilft mir kein Lens Flare, kein Parallax-Scrolling, kein volumentrischer Nebel. Ich kann mit der Grafik, der Bildsprache und der Bildkomposition von Broken Age durchaus etwas anfangen, wie ich auch mit vielen Kinderbüchern absolut etwas anfangen kann. Ich bin mir aber immer bewusst, dass diese letztlich mit einfachsten Mitteln entstanden sind. Zur Investition der Backer steht das - für mich - in keiner Relation. Zu den vier Millionen, die Double Fine zusätzlich draufgeknallt haben will, noch viel weniger.

Ozzie hat geschrieben:WAS sie als Innovation verstehen ist die Möglichkeit, dass der Spielercharakter von einer Ebene weiter im Hintergrund zu einer weiter im Vordergrund (oder andersrum) wechselt.
Das habe ich so von Double Fine aber noch nicht gehört. Und ich weiß auch nicht, ob ich diese Technik jetzt wirklich so als den innovativen Bringer bezeichnen würde. Ich habe keine Ahnung, welche Spielfigur die erste war, die den Sprung zwischen parallaxen Layern gemacht hat. Ich kann mich jedoch daran erinnern, dass der gute alte Mario es in der Tat bereits 1988 geschafft hat. Sicher, was Double Fine tut, ist erheblich komplexer als ein paar Pixel, die plötzlich hinter einem Busch entlanglaufen. Aber DIE Innovation? Ist es nicht.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 11.07.2014, 21:08
von realchris
Also, ich habe Grim Fandango mit Pad gespielt und das lief super bequem. Der einzige Fehler war für mich, dass man die kamerabezogene Steuerung als Voreinstellung verwendet hat (Stichwort: Spiegelverkehrt denken). Wenn man aber in den Optionen die figurenbezogene Einstellung anwählt, sind diese Probleme weg. Letztere Einstellung empfehle ich ganz besonders den Leuten, die mit Tastatur spielen bzw. generell allen. Das Gleiche gilt für MI 4.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 31.08.2014, 12:51
von p&c
BA Part 1 war eine Riesenenttäuschung für mich. Wo sind nur all die Millionen hin?

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 15:53
von Haruspex
p&c hat geschrieben:BA Part 1 war eine Riesenenttäuschung für mich. Wo sind nur all die Millionen hin?
Bild

ich hatte heute übrigens den seltsamen traum, dass Double Fine direkt bei mir in der nähe ihren sitz haben und ich persönlich mit Tim Schafer über das spiel gesprochen habe; er hat sich dann bei mir bedankt oder so etwas.

er war stark übergewichtig, hat ein kariertes hemd getragen, dazu eine blaue jeans und beim gehen hat meine seine unterwäsche gesehen. er hatte auch einen gang wie eine ente. was hat das nur alles zu bedeuten.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 16:14
von Joey
Haruspex hat geschrieben: ... und beim gehen hat meine seine unterwäsche gesehen. er hatte auch einen gang wie eine ente. was hat das nur alles zu bedeuten.
Daß deine Unterwäsche ziemlich frech ist, daß sie einfach so fremden Unterwäschen hinterherschaut? :lol:

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 16:26
von Haruspex
äh meine = man
hab mittendrin die satzkonstruktion geändert und das ist irgendwie übriggeblieben

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 18:06
von Vainamoinen
Was immer du vor dem Schlafengehen trinkst, ich will auch was davon. :D

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 21:50
von AT-AK-Rätsler
Du willst von Tim Schäfers Unterwäsche träumen?

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 23:18
von Haruspex
ist ja nicht so, als wäre sie völlig entblößt gewesen. man sah den oberen saum und einige cm mehr, wie bei jemandem, der das bewusst so tragen würde oder jemandem, der sich nachlässig kleidet.

und ich trinke bier vor dem schlafen gehen.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 01.09.2014, 23:27
von Joey
Haruspex hat geschrieben:äh meine = man
hab mittendrin die satzkonstruktion geändert und das ist irgendwie übriggeblieben
Das war mir schon klar. Das sollte nur ein Scherz sein. :roll:

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 18.09.2014, 13:35
von Vainamoinen
Double Fine hat die Arbeiten zu "Spacebase DF-9" eingestellt. Ich kann nicht sagen, wie "fertig" das Spiel ist - wohl aber, wie der Schachzug Double Fine unweigerlich ausgelegt wird. Sogar die Hardcore-DF-Community scheint das Spiel in diesem Zustand nicht zu akzeptieren. Das Geld ist knapp, die "Early Access"-Käufe gehen in den Keller, ergo Notbremse. Mit Broken Age kann das so nicht passieren, da Kickstarter den Entwickler rechtlich bindet - zumindest unendlich viel mehr als "Early Access"...

Wie auch immer, ob vermeidbar oder nicht, DF hat sich gerade abermals ganz übel in die Nesseln gesetzt.

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 18.09.2014, 20:14
von realchris
Ob Df in 5 Jahren noch existiert?

Re: Broken Age: Double Fines klassisches Adventure

Verfasst: 18.09.2014, 21:43
von Vainamoinen
realchris hat geschrieben:Ob Df in 5 Jahren noch existiert?
Nun ja, offenbar haben sie ja die notwendige Entscheidungsfähigkeit (jene eines Publishers), ein unrentables Projekt einzustellen. Bei "Early Access" ist es nur eben so, dass die Rentabilität den Käufern piepegal ist. Aber wie oft sich ein Entwickler mit einem Fuß in den Pisspott stellen kann, ohne dass ihm die Kunden weglaufen, sieht man vielleicht an Electronic Arts...