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Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 23.02.2011, 23:32
von Simon
Also die Uni kann ich noch einigermassen verstehen. Ich hoffe allerdings, dass sie diesen Massstab auch bei anderen anlegt, also genrell auf einen Rechtsstreit verzichtet. Die Aussage von Merkel ist aber eine unglaubliche Unverschämtheit. Den von realchris fett zitierten Satz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Natürlich hat Guttenberg die Entscheidung vorgegeben, schon damals, als er beschissen hat...
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 00:19
von flinch
realchris hat geschrieben:"Wenn es sehr viele kopierte Stellen in einer Dissertation gibt, argumentieren zwar die Verwaltungsgerichte in der Regel, dass der Kandidat genau gewusst haben muss, was er tat. Aber auf einen möglichen Rechtsstreit mit Guttenberg will es die Uni Bayreuth offenbar nicht ankommen lassen; auch wenn viele Forscher Guttenberg nicht abnehmen, dass er beim Abfassen der Dissertation lediglich unachtsam war. Ob Guttenberg bewusst getäuscht hat - dazu kann oder will die Universität Bayreuth sich zumindest offiziell nicht äußern."
Quelle:
http://www.sueddeutsche.de/politik/uni- ... -1.1064214
Für mich ein Skandal. Die Konsequenz. Kleinen Student ohne Mittel oder Macht vor Gericht ziehen, einflussreiche Politiker lässt man laufen.
Äh, sry, aber der Satz in der Süddeutschen ist bescheuert.
Zu einem Rechtsstreit mit der Uni wäre es so oder so nicht gekommen. Die Uni zerrt schließlich niemanden vor Gericht. Weder Guttenberg noch den kleinen Studenten. Wenn gepfuscht wurde bei der Doktorarbeit entzieht die Uni dem Pfuscher den Doktortitel wieder, und aus. Nix mit Gericht oder sonstwas. Nur, und NUR dann, wenn der Pfuscher sich ungerecht behandelt fühlt und mit der Entscheidung der Uni nicht einverstanden ist, kann derjenige die Uni verklagen, und nicht anders rum. Das kann im Übrigen auch der kleine mittellose Student machen, schließlich gibt es in Deutschland Prozesskostenhilfe.
Aber über die angebliche Bildkampagne aufregen
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 01:16
von elevar
"Angeblich"? Bitte was?
Ich habe selbst nicht so den Einblick, meine aber, dass das vorsätzliche Täuschen tatsächlich strafbar ist. Dies müsste dann die Uni zur Anzeige bringen.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 01:33
von Smiley
flinch hat geschrieben:Wenn gepfuscht wurde bei der Doktorarbeit entzieht die Uni dem Pfuscher den Doktortitel wieder, und aus. Nix mit Gericht oder sonstwas. Nur, und NUR dann, wenn der Pfuscher sich ungerecht behandelt fühlt und mit der Entscheidung der Uni nicht einverstanden ist, kann derjenige die Uni verklagen, und nicht anders rum.
Normalerweise gibt man zusammen mit einer Dissertation, Diplomarbeit, u.ä. auch eine Eidesstattliche Versicherung ab, dass man die Arbeit selbstständig erstellt hat und alle benutzten Quellen gekennzeichnet hat. Und für ne falsche Eidesstattliche Versicherung gibts bis zu 3 Jahre.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 02:42
von basti007
Kaum zu glauben, ich stand heute ein paar Stunden genau *über* Guttenberg im Reichstagsgebäude rum und hab erst jetzt die Entscheidung mitbekommen. Verrückte Sachen gibt's!
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 02:57
von flinch
elevar hat geschrieben:"Angeblich"? Bitte was?
Ich habe selbst nicht so den Einblick, meine aber, dass das vorsätzliche Täuschen tatsächlich strafbar ist. Dies müsste dann die Uni zur Anzeige bringen.
"Angeblich" schon deshalb, weil ich das Blatt nicht lese
Und für einen strafbaren Betrug müsste es eine Vermögensverfügung gegeben haben. Da kommt strafrechtlich einfach nix raus, daher sind auch die ganzen Rücktrittsforderungen völlig übertrieben.
Smiley hat geschrieben:flinch hat geschrieben:Wenn gepfuscht wurde bei der Doktorarbeit entzieht die Uni dem Pfuscher den Doktortitel wieder, und aus. Nix mit Gericht oder sonstwas. Nur, und NUR dann, wenn der Pfuscher sich ungerecht behandelt fühlt und mit der Entscheidung der Uni nicht einverstanden ist, kann derjenige die Uni verklagen, und nicht anders rum.
Normalerweise gibt man zusammen mit einer Dissertation, Diplomarbeit, u.ä. auch eine Eidesstattliche Versicherung ab, dass man die Arbeit selbstständig erstellt hat und alle benutzten Quellen gekennzeichnet hat. Und für ne falsche Eidesstattliche Versicherung gibts bis zu 3 Jahre.
Wie wir ja, dank ausgiebiger Berichterstattung, nunmehr erfahren haben, musste er, wie viele andere übrigens auch, keine abgeben. Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung war im Bereich der Geisteswissenschaften jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt eben nicht normal.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 09:57
von DasJan
flinch hat geschrieben:Zu einem Rechtsstreit mit der Uni wäre es so oder so nicht gekommen. Die Uni zerrt schließlich niemanden vor Gericht.
Das hoert sich
hier anders an. Ich kenne mich juristisch nicht aus, aber plausibel faende ich es in Zeiten von Studiengebuehren schon, aus dem Rufverlust "wirtschaftliche Schaeden" abzuleiten.
basti007 hat geschrieben:Kaum zu glauben, ich stand heute ein paar Stunden genau *über* Guttenberg im Reichstagsgebäude rum und hab erst jetzt die Entscheidung mitbekommen. Verrückte Sachen gibt's!
Jaja, lieber Killerspiele spielen als am politischen Leben teilhaben...
Das Jan
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 10:30
von Simon
DasJan hat geschrieben:Das hoert sich
hier anders an. Ich kenne mich juristisch nicht aus, aber plausibel faende ich es in Zeiten von Studiengebuehren schon, aus dem Rufverlust "wirtschaftliche Schaeden" abzuleiten.
Dann wäre für die Uni abzuwägen, was schwerer wiegen würde, entgangene Studiengebühren wegen Rufverlusts oder entgangene Studiengebühren von CSU-Sympathisanten aus Protest gegen eine Klage gegen Guttenberg.
Wenn rechtlich noch etwas kommt, dann mMn am ehesten von einem, dessen Urheberrecht verletzt wurde. Da kenne ich mich juristisch zwar ebenfalls nicht aus, aber da der angerichtete Schaden eher gering sein sollte, es handelt sich ja schließlich nicht um einen Schüler, der eine MP3 zum Download angeboten hat, sollten auch hierbei die Folgen eher gering sein.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 10:37
von elfant
Wäre die Frage mittlerweile nicht mehr, wie der Universität diese Arbeit durchrutschen konnte? Nachdem ich nun Guttenbergs Doktorarbeit gelesen habe und mit ein paar Nachschlagewerken verglich, drängt sich mir diese Frage auf.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 11:24
von flinch
DasJan hat geschrieben:flinch hat geschrieben:Zu einem Rechtsstreit mit der Uni wäre es so oder so nicht gekommen. Die Uni zerrt schließlich niemanden vor Gericht.
Das hoert sich
hier anders an. Ich kenne mich juristisch nicht aus, aber plausibel faende ich es in Zeiten von Studiengebuehren schon, aus dem Rufverlust "wirtschaftliche Schaeden" abzuleiten.
Ich mag mich täuschen, aber nachdem sich dieses einfache Schreiben ohne Datum und Unterschrift in der Abteilung 3/Personalangelegenheiten unter "Unterlagen für die Neueinstellung von Wissenschaftlichen Mitarbeitern" wiederfindet, gehe ich mal davon aus, dass es auch nur wissenschafliche Mitarbeiter betrifft
http://www.uni-bayreuth.de/universitaet ... index.html
Ob Guttenberg wissenschaftlicher Mitarbeiter war, weiß ich nicht; aber wohl eher nicht, sonst hätten wir das vermutlich schon erfahren dürfen.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 13:14
von countjabberwock
basti007 hat geschrieben:Kaum zu glauben, ich stand heute ein paar Stunden genau *über* Guttenberg im Reichstagsgebäude rum und hab erst jetzt die Entscheidung mitbekommen. Verrückte Sachen gibt's!
Bei der LAN Party mitgemacht?
Simon hat geschrieben:
Wenn rechtlich noch etwas kommt, dann mMn am ehesten von einem, dessen Urheberrecht verletzt wurde. Da kenne ich mich juristisch zwar ebenfalls nicht aus, aber da der angerichtete Schaden eher gering sein sollte, es handelt sich ja schließlich nicht um einen Schüler, der eine MP3 zum Download angeboten hat, sollten auch hierbei die Folgen eher gering sein.
Da fehlen doch die Ironie-Tags, oder?
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 14:02
von elevar
flinch hat geschrieben:Und für einen strafbaren Betrug müsste es eine Vermögensverfügung gegeben haben. Da kommt strafrechtlich einfach nix raus, daher sind auch die ganzen Rücktrittsforderungen völlig übertrieben.
Bist du dir sicher? Einer der Journalisten auf der Pressekonferenz der Uni Bayreuth erwähnte, dass tatsächlich in der Vorsatz die Sache juristisch relevant machen würde.
Die Rücktrittsforderung halte ich unabhängig davon für angemessen. Die Tatsache, dass Vorsatz bestritten wird, ist - für jedermann ersichtlich - eine Lüge. Damit macht er sich untragbar. Das wird übrigens andernorts auch juristisch so gesehen.
Ich zitiere dazu aus einem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 13.10.2008 (9 S 494/08):
Die wörtliche Wiederholung der Vorlagetexte einschließlich der sprachlichen Eigentümlichkeiten und Formulierungen lässt auch keinen anderen Schluss zu, als dass der Kläger die Passagen unmittelbar abgeschrieben hat. Eine systematische und planmäßige Übernahme fremden Gedankenguts ergibt sich bereits daraus, dass sich die Plagiate an mehreren Stellen der Dissertation auffinden lassen und verschiedene Fremdautoren betreffen. (…) Jedenfalls soweit ein Verweis auf die Fundstelle ganz unterblieben ist, liegt daher unzweifelhaft eine Täuschung über die Urheberschaft der Gedanken vor. Gleiches gilt indes auch, soweit kleinere Änderungen – insbesondere in Form von Umgruppierungen wiederum fast wörtlich übernommener Passagen – vorgenommen worden sind. Auch insoweit ist die Gedankenführung nicht eigenständig entwickelt und darüber getäuscht worden, dass die wissenschaftliche Leistung von einem Anderen stammt (vgl. Senatsurteil vom 18.11.1980 – IX 1302/78 -, ESVGH 31, 54). Die Vorgehensweise der Umstellungen und der Syntaxvariationen belegt im Übrigen die gezielte Verschleierungsabsicht des Klägers (vgl. auch VG Frankfurt, Urteil vom 23.05.2007 – 12 E 2262/05 -
Quelle:
Kritik und Kunst
Die Sachlage scheint mir damit völlig eindeutig. Es bleibt allein die Frage, wie man die Lüge bewertet. Dazu die Rede von
Karl Lauterbach von gestern.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 14:07
von realchris
interessanter artikel
http://www.anwalt.de/rechtstipps/plagia ... 16764.html
Dies ist ein Beispiel eines Fachbereichs auf meiner Universität:
"Im Kontext von Abschlussexamina (einschließlich von Modulabschlussprüfungen, die in die Gesamtnote eingehen) wird ausdrücklich auf die Regelungen in § 63, Abs. 5 des Hochschulgesetzes verwiesen. Vorsätzliche Täuschungsversuche können entsprechend einer Ordnungswidrigkeit mit bis zu 50.000 € geahndet werden. Die Durchführung dieses Verfahrens obliegt dem Kanzler der Universität."
Quelle:
http://www.fbg.uni-wuppertal.de/studium ... sversuche/
Edit:
Die Rücktrittsforderung halte ich unabhängig davon für angemessen. Die Tatsache, dass Vorsatz bestritten wird, ist - für jedermann ersichtlich - eine Lüge. Damit macht er sich untragbar. Das wird übrigens andernorts auch juristisch so gesehen.
Genau das. Hätte er sich sofort hingestellt und gesagt: "Ich war ein blöder Hund, ich habe wissentlich gepfuscht, weil ich mit meinem Leben zu dieser Zeit nicht klar gekommen bin. Ich schäme mich dafür, schwöre aber im Amt meine Leistung immer gewissentlich gebracht zu haben und bitte das deutsche Volk um Verzeihung." Hätte ich ihm bezogen auf sein Amt, vergeben können.
Doch wie er sich gestern gegeben hat, wie er Trittin arrogant und mit einem entsprechenden Ton durch die Blume juristisch gedroht hat. Für mich ist damit die Person untragbar geworden und der von mir oben dick gedruckte Satz von Frau Merkel hat mir als Teil der Bevölkerung schlicht die Sprache verschlagen und sogar in seiner Dreistigkeit weh getan. Die Uni hat gemacht, was Herr von und Zu ihr richtig empfohlen hat.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 14:23
von countjabberwock
Die Anzeigen-Aufträge zur Gewinnung von freiwilligen Rekruten nach der Abschaffung der Wehrpflicht gehen laut Reuters exklusiv an Bild, BamS und Bild.de. Was ist denn das für eine Vetternwirtschaft? Guttenberg war schon immer das Lieblingskind dieser Medien. Fast täglich wurde seine Arbeit dort gelobt und auch während der Affäre jetzt hielten sie immer zu ihm, spielten die Vergehen herab und kritisierten seine Gegner. Und jetzt bekommen sie diese exklusiven Aufträge?
Wobei...ich würde wohl auch dort werben. Wo sonst findet man williges Kanonenfutter welches ihrem Feldherren bedingungslos in den Tod folgt? Okay, dem Feldherren folgen ist vielleicht etwas falsch formuliert denn der sitzt ja in seinem Boonker in Sicherheit.
Re: Gutenberg der Abschreiber
Verfasst: 24.02.2011, 14:47
von elfant
countjabberwock hat geschrieben:Die Anzeigen-Aufträge zur Gewinnung von freiwilligen Rekruten nach der Abschaffung der Wehrpflicht gehen laut Reuters exklusiv an Bild, BamS und Bild.de. Was ist denn das für eine Vetternwirtschaft? Guttenberg war schon immer das Lieblingskind dieser Medien. Fast täglich wurde seine Arbeit dort gelobt und auch während der Affäre jetzt hielten sie immer zu ihm, spielten die Vergehen herab und kritisierten seine Gegner. Und jetzt bekommen sie diese exklusiven Aufträge?
Wobei...ich würde wohl auch dort werben. Wo sonst findet man williges Kanonenfutter welches ihrem Feldherren bedingungslos in den Tod folgt? Okay, dem Feldherren folgen ist vielleicht etwas falsch formuliert denn der sitzt ja in seinem Boonker in Sicherheit.
Richtig wo würdest man sonst werben? Man braucht ein verbreitetes einzeles Medium. welches trotz seiner Verbreitung relativ günstig ist, dessen Nutzer allerdings möglichst .... Meinungsunkritisch sind und nebenbei schickt man noch ein paar Anwerber an die Schulen und Jugendtreffpunkte.