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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 14:06
von Sternchen
Kruttan hat geschrieben:
neon hat geschrieben: Was zumindest in diese Richtung deuten könnte und mich ein bisschen schockt, ist die geforderte Ausgrenzung von Anhängern gewisser Religionsgemeinschaften von bestimmen Berufsfeldern. Fightmeyer und auch Sternchen sprechen sich ja dafür aus, zumindest was den Reli-Unterricht angeht.

Das hast du so interepretiert ich habe mit keinen Wort erwähnt das ich dafür bin das ein Reli-Unterricht abgeschafft wird, im Gegenteil.
Sie sollen weiter unterrichtet werden nur möchte ich von keinen Glaubensanhänger als Lehrer keine Reliegion aufgezwungen bekommen, zu leben.
Es soll einfach nur Wissen vermittelt werden und das ohne persönliche Meinung in dem Fall, und in dem Untericht, bin ich dafür das viele Lehrer ihre eigene Meinung außen vor lassen, wenn sie es nicht sein lassen können, jemand zu dieser Reliegion bekehren zu wollen.
Jeder muss selbst wisen für welche Rel er sich entscheidet, oder ob er mit, oder ohne ihr leben will.
Nur diese eigene Entscheidung ist bei den Einflüssen von Kirche, Religionsunterrichten kaum noch möglich, indirekt wird man gezwungen eine Entscheidung zu treffen.
Es gibt genug Werbeträger für Kirche und Co, und es nervt nach einer Zeit lang.
Jeder Reli-Unterricht sollte neutral unterrichtet werden, das ist meine Meinung und hat nichts mit Ausgrenzung zu tun.

Füchsin hat in meinen Augen nur zum Teil Recht, ja es ist zum Teil mutig seine Religon aus zu leben,anstatt sich davon ab zu wenden, wiederum finde ich diese Leute die die Ansicht vertreten nur ihre Religion sei die einzig wahre, und solche Fanatiker gibt es viele, alles andere als mutig. :shock:

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 14:40
von Fightmeyer
Kruttan hat geschrieben: Was zumindest in diese Richtung deuten könnte und mich ein bisschen schockt, ist die geforderte Ausgrenzung von Anhängern gewisser Religionsgemeinschaften von bestimmen Berufsfeldern. Fightmeyer und auch Sternchen sprechen sich ja dafür aus, zumindest was den Reli-Unterricht angeht.
Ja. Dazu stehe ich auch. Ich bin auch dafür, daß verurteilte Kinderschänder nicht in einem Kindergarten arbeiten sollten. (ist natürlich etwas überspitzt der Vergleich, trifft es aber im Kern)

Wie soll das sonst funktionieren? Eine Befangenheit ist sonst einfach nicht vermeidbar. Sicherlich kann auch so Religionsunterricht in den Schulen stattfinden. Aber dann kann man sich den meiner Meinung nach auch gleich schenken.
Dann können die Kiddies, die irgendeiner Religion angehören direkt den Reli-Unterricht von der Kirche aus besuchen und alle anderen können in der Zeit Klingeltöne runterladen. Der Effekt ist der gleiche.

Ich kann mich noch mit Schauder an meine Reli-Zeit erinnern. Ich hatte damals immer eine Stunde pro Woche. Direkt im Pfarrhaus unserer Gemeinde. Freitags - Nachmittags. Schon mal voll der geile Zeitpunk... Der Unterricht an sich war dann natürlich extrem katholisch gefärbt. Kritische Fragen oder Anmerkungen wurden im Keim erstickt oder durch irgendwelche Bibelzitate "entkräftet".
Ende vom Lied. Ich bin dann ab der 7. Klasse nicht mehr hingegangen. Das kann es ja irgendwie auch nicht sein.

Also wenn Religionsunterricht, dann bitte neutral, von einer neutralen Person.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 15:05
von Mic
Ab wann ist man denn neutral und woher weiß ich das, wenn mir jemand gegenüber sitzt und sich auf die freie Stelle des Religionslehrers bewirbt?

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 15:15
von Fightmeyer
Das kann ich natürlich nie wissen. Ich muß es aber nicht noch begünstigen, in dem ich einen Katholiken, einen Moslem oder einen Buddhisten auf den Lehrerstuhl setze...

EDIT: Oder vielleicht alle mal im Wechsel... das könnte die Lösung sein:-)

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 15:24
von Anke
Oder einfach alle 3 zusammen - das dürfte unterhaltsam werden. ;-)

Ich muss gestehen, ich erinnere mich nur noch verschwommen an den Reli-Unterricht. Eine meiner Lehrerinnen war sehr religiös, das war wirklich anstrengend. Ich finde es nicht gut, wenn den quasi Schülern vorgebetet wird, was sie zu glauben haben. Aber fairerweise muss ich sagen, dass die anderen Lehrer ganz ganz gut gemacht haben, da durfte man auch mal Kritik anbringen. Aber alles in allem trotzdem recht einseitig.
Eine Patentlösung wird es wohl in naher Zukunft nicht geben.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 17:12
von Mic
Fightmeyer hat geschrieben:Ich muß es aber nicht noch begünstigen, in dem ich einen Katholiken, einen Moslem oder einen Buddhisten auf den Lehrerstuhl setze...
Du würdest also jemanden, der sich dazu entschlossen hat, aus der Kirche auszutreten als neutral bezeichnen?

Und damit, dass eine Person aufgrund ihres Glaubens Nachteile erlangt, hättest du keine Bedenken?

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 17:33
von Fightmeyer
Mic hat geschrieben:
Fightmeyer hat geschrieben:Ich muß es aber nicht noch begünstigen, in dem ich einen Katholiken, einen Moslem oder einen Buddhisten auf den Lehrerstuhl setze...
Du würdest also jemanden, der sich dazu entschlossen hat, aus der Kirche auszutreten als neutral bezeichnen?
Nein. Der ist ebenfalls vorbelastet. Also meiner Meinung nach auch nciht geeignet.
Mic hat geschrieben:Und damit, dass eine Person aufgrund ihres Glaubens Nachteile erlangt, hättest du keine Bedenken?
Nein. Ich schränke ja nicht im Glauben ein.


Was machst Du mit einem Blinden, der Rettungsschwimmer werden will?
Hmm. Wenn ich ihn nicht nehme, wäre es Diskriminierung. Also kriegt er die Stelle... Dann möchte ich kein Nichtschwimmer sein...

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 19:10
von Mic
Fightmeyer hat geschrieben:Nein. Der ist ebenfalls vorbelastet. Also meiner Meinung nach auch nciht geeignet.
Ein Angehöriger einer Kirche darf nicht und jemand, der dieselbige den Rücken gekehrt hat auch nicht? Was gibt es denn dazwischen?
Fightmeyer hat geschrieben:Was machst Du mit einem Blinden, der Rettungsschwimmer werden will?
Hmm. Wenn ich ihn nicht nehme, wäre es Diskriminierung. Also kriegt er die Stelle... Dann möchte ich kein Nichtschwimmer sein...
Der Blinde würde aufgrund seiner Behinderung sich und andere gefährden. Das hat nichts mit Diskriminierung zu tun, wenn man ihm die Stelle verweigern würde. Ein wenig Menschenverstand darf man wohl voraussetzen. Ein Kaholik gefährdet dich nicht, weder dein Leben, noch deine Seele.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 19:43
von Fightmeyer
Mic hat geschrieben:Ein Angehöriger einer Kirche darf nicht und jemand, der dieselbige den Rücken gekehrt hat auch nicht? Was gibt es denn dazwischen?
Jemand, der noch nie eine Konfession hatte. Ja, so etwas soll es geben.
Ich weiß im übrigen selber, daß das praktisch nicht umsetzbar ist. Darum kann man sich das eigentlich auch gleich ganz klemmen.
Mic hat geschrieben:Ein Katholik gefährdet dich nicht, weder dein Leben, noch deine Seele.
Was die Seele angeht, sehe ich das persönlich anders...

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 19:54
von Kruttan
Sternchen hat geschrieben:Füchsin hat in meinen Augen nur zum Teil Recht, ja es ist zum Teil mutig seine Religon aus zu leben,anstatt sich davon ab zu wenden, wiederum finde ich diese Leute die die Ansicht vertreten nur ihre Religion sei die einzig wahre, und solche Fanatiker gibt es viele, alles andere als mutig. :shock:
Man muss da diffenzieren. Es geht auch darum, wie die Leute sich gegenüber den Mitgliedern anderer Religionen verhalten. Jeder, der einer Religion angehört, hält natürlich seine Religion für wahr und daher sind für ihn andere Religionen in der Regel nicht wahr. Das macht einen imho noch lange nicht zu einem religiösen Fanatiker. Problematisch wird der Umgang, wenn man z.B. dem interreligiösen Dialog aus dem Weg geht, die Religionsfreiheit durch Aufzwang der eigenen Meinung aufheben will und sich sogar in den Denominationen der eigenen Religion als Pächter der Wahrheit darstellt. Es gibt einige Gemeinden, die ihre persönliche Bibelauslegung als die einzig wahre aufzeigen und jedem, der ihnen selbst in theologisch kontrovers diskutierten Sachverhalten nicht zustimmt, auf's Schärfste verurteilt.
Es ist aber ein Unterschied, zu sagen, "ich glaube, dass das wahr ist" als "das was ich glaube ist die vollkommene Wahrheit". Erstes lässt Modifikation zu und erlaubt Offenheit im Gespräch, letztes nicht.

Das Religionsunterricht möglichst neutral gehalten werden sollte, dem stimme ich zu. Auch innerhalb einer Religion gibt es so viele divergierende Meinungen, dass ich als evangelisch-landeskirchlicher Reli-Lehrer niemanden aus deutlich konservativeren Gemeinden die Gleichberechtigung der Frau aufzwingen muss ;)

Ob ich mich nun nicht dazu äußern darf, dass ich denke, Frauen sollten die gleichen Rechte haben als Männer, darüber bin ich anderer Meinung. Ich darf meine Meinung (auch als Lehrer) durchaus äußern, ich darf sie aber nicht aufzwängen oder als Bewertungsmaßstab stellen. Ich denke, man darf sich im Reli-Unterricht genauso äußern, wie auch in anderen Fächern. Wir hatten mal einen Politiklehrer, bei dem jeder unten durch war, wenn er einen SPD-Politiker kritisiert hatte. Das halte ich auch nicht für richtig, aber ich fordere ja auch nicht gleich, dass niemand, der eine Partei wählt keinen Politikunterricht machen darf.

Man kann nicht völlig unvoreingenommen sein. Und gerade wenn man sich mit den Religionen beschäftigt (was notwendig ist, um diese Fächer zu unterrichten) kann man dies nicht tun, ohne eine Meinung dazu zu haben. Ein völlig neutraler Mensch ist unmöglich. Man kann nicht nicht in der Kirche und gleichzeitig nicht in der Kirche sein.
Fightmeyer hat geschrieben:Das kann ich natürlich nie wissen. Ich muß es aber nicht noch begünstigen, in dem ich einen Katholiken, einen Moslem oder einen Buddhisten auf den Lehrerstuhl setze...
Fightmeyer hat geschrieben: Ja. Dazu stehe ich auch. Ich bin auch dafür, daß verurteilte Kinderschänder nicht in einem Kindergarten arbeiten sollten. (ist natürlich etwas überspitzt der Vergleich, trifft es aber im Kern)
Fightmeyer hat geschrieben:Was machst Du mit einem Blinden, der Rettungsschwimmer werden will? Hmm.
Die Tatsache, dass Fightmeyer eben niemanden im Reli-Unterricht haben möchte, der den Religionen positiv gegenüber eingestellt ist, liegt daran, dass für ihn ja religiöse Menschen in irgendeinem Maße behindert sind (der Blinden-Vergleich). Den Unterricht durch einen der Religion eher positiv eingestellten Menschen vergleicht er mit Kinderschändung.
Ich persönlich finde das ziemlich heftig und auch ziemlich verletzend. Wenn ein religiöser Mensch so über Anhänger anderer Weltanschauungen spricht, würde man diesen sofort als übelsten Fundamentalisten und extremsten Fantatiker darstellen. Würde ein amerikanischer Prediger sagen, "die Moslems seinen ein Übel wie der Pockenvirus, nur schwerer auszurotten" hagelt es (zurecht) Empörung. Wenn Dawkins (von dem der Kinderschänder-Vergleich ja stammt) das selbe über alle Religionen sagt, dann ist das okay und trägt der Toleranz hier auf Erden bei. In was für einer herrlichen Welt leben wir doch...

Allein die Ausgrenzung von religiösen Menschen zeigt doch ganz deutlich, dass man Schüler in eine bestimme Richtung formen möchte. Also bitte. Auch wenn man einen Atheisten oder einen Dawkins-Jünger auch keinesfalls in den Unterricht stellen kann, so wird doch die intendierte Formung der Schüler weg von der Möglichkeit gehen, sich persönliche Überzeugungen zu einzelnen Religionen anzueignen.
Das ist nicht wirklich neutral, wenn wir einen Agnostiker auf den Lehrstuhl packen, wird eventuell gleichsam wie bei den Religionen nachher noch Agnostizismus indoktriniert...

Ich würde für einen offenen Reli-Lehrer plädieren, der die Meinung eines jeden Schülers akzeptiert, Kritik zulässt und der die Basis für reflektierte Gespräche über die Religionen schafft. Es muss den Schülern die Möglichkeit gegeben werden, sich eine eigene Meinung zu bilden. Dies hat im Reli-Unterricht gewährleistet zu werden, wo es nicht geschieht, bedarf er einer Reform. Ein solcher Unterricht hat durch eine Fachkraft unterrichtet zu werden, die es es in ihre Aufgabe stellt, den Schülern religiöse Selbstständigkeit zu vermitteln. Diese Lehrkraft muss aber auch davon überzeugt sein, dass es richtig ist, den Schülern in diesem Bereich eine eigene Mündigkeit zu vermitteln. Jemand der "keine" Ansichten hat, ist dazu nicht in der Lage.
Vor allem aber einen durch einen Agnostiker vermittelten Reli-Unterricht, der die Schüler ja davon abhält, sich auch nur irgendeine Meinung zu bilden, den kann man sich schenken.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 20:29
von Fightmeyer
Kruttan hat geschrieben: Die Tatsache, dass Fightmeyer eben niemanden im Reli-Unterricht haben möchte, der den Religionen positiv gegenüber eingestellt ist, liegt daran, dass für ihn ja religiöse Menschen in irgendeinem Maße behindert sind (der Blinden-Vergleich)
Ich habe in keiner Silbe gesagt, daß Religionsangehörige behindert sind. Sie sind lediglich in ihrer Sichtweise beschränkt. Bzw. ist das bei denen wahrscheinlicher.
Kruttan hat geschrieben: Den Unterricht durch einen der Religion eher positiv eingestellten Menschen vergleicht er mit Kinderschändung.
Das ist ja echt frech von Dir, mir das zu unterstellen. Lies meine Beiträge richtig, bevor Du hier solche Äußerungen von Dir gibst. Das habe ich nämlich in keinster Weise gesagt.

Wenn Dir dieses Bild zu krass ist, dann nehmen wir halt ein anderes.

Ich würde einen Diabetiker beispielsweise nicht in eine medizinische Beratung schicken, die von einem Vertreter von Coca-Cola durchgeführt wird.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 20:56
von DasJan
Kruttan hat geschrieben:Du sagst selbst, dass es sich deine Grundausnahme aus einem Wunsch herleitet. Einer Sache, von der du glaubst, sie sei gut.
"Glauben" heißt für mich "mutmaßen", "vermuten". Ich kann nicht wissen, dass Jesus Wasser in Wein verwandelt hat, also muss ich es glauben (oder auch nicht). Ich kann nicht wissen, dass es einen Gott, also muss ich daran glauben (oder nicht). Ich glaube aber nicht, dass ich mir eine harmonisch zusammenlebende Gesellschaft wünsche, ich weiß es.
Kruttan hat geschrieben:Naja, es geht da schon um das Verhältnis von Christen und Heiden.
Das steht vielleicht in schlauen Büchern oder ist Lehrmeinung der führenden Exegeten. Ich glaube trotzdem nicht, dass der Durchschnittschrist da spontan drauf kommt.
Kruttan hat geschrieben:Dennoch würde ich nicht sagen, dass alles in der Bibel völlig willkürlich auf alle Arten interpretiert werden kann. Es gibt Stellen die in Spannung stehen, weil es eben keinen Regelkatalog gibt, den es abzuarbeiten gibt.
Das hatten wir doch schon mal. ;) In meinen Augen wird an vielen Stellen, die in jedem anderen Werk klar als Widerspruch entlarvt werden würden, so lange heruminterpretiert, bis der vermeintliche Widerspruch so weit verschleiert ist, dass man ihn nicht mehr zugeben muss.
Kruttan hat geschrieben:Naja, Märchen ist Gattungstheoretisch schwierig, Ursprungsmythen eher.
Wenn Sam & Max Episode 204 dann auch ein "Ursprungsmythos" ist, können wir uns darauf einigen. :) Sonst bevorzuge ich, zumindest beim alten Testament, "Fiktion".
Kruttan hat geschrieben:Der Reli-Unterricht sollte von den Verbalinterpreten bis zur historisch-kritischen Methode alle Ansätze behandeln. Dies geht aber nicht in der Grundschule.
Dann gehört Religionsunterricht eben nicht in die Grundschule.
Kruttan hat geschrieben:Mag sein, dass euer Reli-Unterricht Mist war und bei dir wirklich ein ziemlich krasser Vogel da saß. Aber es geht auch vernünftig. Zumindest bei uns in den evangelischen Gefilden Deutschlands (kenne aber auch Katholiken, die okay sind;) )
Ein Lehrer hat mit uns anständigen Religionsunterricht gemacht. Inklusive historisch-kritische Methode. Andere Religionen oder heilige Schriften waren aber auch da kein großes Thema.
Kruttan hat geschrieben:Aber irgendwo hast du diese Kompetenzen doch gelernt, oder?
Meine Kindheit bestand ja nicht nur aus Religionsunterricht. Privat habe ich z.B. ganz gerne nachgedacht anstatt anderen Leuten nachzureden, dabei bin ich dann zu gewissen Schlussfolgerungen gelangt, die sich nicht mit Religion vereinbaren lassen. :)
Kruttan hat geschrieben:Du hast die Entscheidung für deinen Glauben, einem den Inhalten deines Reli-Unterrichtes entgegenstehenden Glauben, doch irgendwann getroffen, oder?
Ich lasse mir immer noch keinen "Glauben" andichten. Ich halte mich an Dinge, die ich weiß, weil sie hinreichend belegt sind, und glaube nichts, nur weil es in einem alten Buch steht.
Kruttan hat geschrieben:Auch eine atheistische oder agnostizistische Erziehung kann als "Indoktrination" verstanden werden.
Wie denn, wenn ich dem Kind kein heiliges Buch gebe, dem er zu folgen hat, und dem Kind genauso wenig sage "es gibt keinen Gott"? Wie kann das Fehlen von Manipulation, die Erziehung zu reflektivem und kritischen Denken, das Beibringen der Fähigkeit, selbst nachzudenken und sich seine eigene Meinung zu bilden Indoktrination sein?
Kruttan hat geschrieben:Wenn es ein buddhistisches Kind unter 9000 Schülern gibt, dann ist es schwierig, für dieses ein Extra-Fach einzurichten.
Deswegen sage ich: Nicht für jede Religion ein extra Fach, sondern ein Fach, in dem alle Religionen gleichberechtigt und kritisch gelehrt werden (dann auch gerne von jeweiligen Vertretern der Religion).
Kruttan hat geschrieben:Am Anfang müssen für Kinder halt die Entscheidungen getroffen werden, die sie selbst nicht treffen können.
Diese Entscheidung kann aber ohne Probleme dem Kind überlassen werden. Methode: Kind nicht gegen seinen Willen in einer Kirche anmelden. Wenn es sich als Erwachsener, denkender Mensch dann für eine bestimmte Kirche entscheidet, kann er ja dann selber beitreten.
Kruttan hat geschrieben:Ich kenne z.B. einen Weltanschauungsbeauftragten (bzw. "Sektenbeauftragten") der evangelischen Landeskirche.
Der Staat erkundigt sich also bei Kirche A, ob Kirche B eine "Sekte" ist?
Kruttan hat geschrieben:Wenn kultische Morde passieren, ... dann kann der Staat kann für die Angehörigen keine Anlaufstelle bieten.
Wenn kultische Morde passieren, ist das genauso auch Sache des Staates wie wenn ganz normale Morde passieren. Er bestraft ja schließlich auch den Täter.

Das Jan

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 21:03
von Kruttan
Fightmeyer hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben: Die Tatsache, dass Fightmeyer eben niemanden im Reli-Unterricht haben möchte, der den Religionen positiv gegenüber eingestellt ist, liegt daran, dass für ihn ja religiöse Menschen in irgendeinem Maße behindert sind (der Blinden-Vergleich)
Ich habe in keiner Silbe gesagt, daß Religionsangehörige behindert sind. Sie sind lediglich in ihrer Sichtweise beschränkt. Bzw. ist das bei denen wahrscheinlicher.
Naja, ich hab "Behinderung" auch nicht in körperlicher Behinderung, sondern im Sinne einer Einschränkung (wie ja auch geistiger Behinderung) gemeint. Das dein Blindevergleich nicht sagt, religiöse Menschen hätten eine Beeinträchtigung der Pupillen, hab ich schon verstanden.

Und dass ein religiöser Mensch deines Erachtens über gewisse Beeinträchtigungen gegenüber den nicht-religiösen hat, unterstreichst du ja jetzt auch noch mal. Also für mich sagst du das ziemlich deutlich...

Ich habe nicht gesagt, dass für dich religiöse Menschen behindert sind, sondern "in irgendeinem Maße" behindert. Den Blindenvergleich hab ich schon dahingehend verstanden, dass du ihnen eine Einschränkung gegenüber anderen Menschen zuschreibst.

Aber ich denke nicht, dass ein religiöser Mensch beschränkter oder dümmer ist. Fehlende Religiösität ist nicht gleichbedeutend mit Rechtgläubigkeit. Eine solche Annahme kann nur in einem religiös wirkenden, weltanschaulichen Ersatzsystem begründet werden.
Als reiner Empiriker ist man genauso eingeschränkt, vielleicht sogar noch mehr.

Kruttan hat geschrieben: Den Unterricht durch einen der Religion eher positiv eingestellten Menschen vergleicht er mit Kinderschändung.
Das ist ja echt frech von Dir, mir das zu unterstellen. Lies meine Beiträge richtig, bevor Du hier solche Äußerungen von Dir gibst. Das habe ich nämlich in keinster Weise gesagt.

Wenn Dir dieses Bild zu krass ist, dann nehmen wir halt ein anderes.

Ich würde einen Diabetiker beispielsweise nicht in eine medizinische Beratung schicken, die von einem Vertreter von Coca-Cola durchgeführt wird.
Nach dem Kinderschändervergleich hast du noch einmal betont, dass es "natürlich etwas überspitzt [is] der Vergleich, trifft es aber im Kern". Und bei dem Diabetiker-Beispiel kommt doch das gleiche. Cola schadet Diabetikern. Pädophile schaden Kindern. Religiöse Lehrer schaden Schülern. Wie soll ich das sonst verstehen?

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 03.06.2008, 22:07
von Fightmeyer
Kruttan hat geschrieben:
Fightmeyer hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben: Die Tatsache, dass Fightmeyer eben niemanden im Reli-Unterricht haben möchte, der den Religionen positiv gegenüber eingestellt ist, liegt daran, dass für ihn ja religiöse Menschen in irgendeinem Maße behindert sind (der Blinden-Vergleich)
Ich habe in keiner Silbe gesagt, daß Religionsangehörige behindert sind. Sie sind lediglich in ihrer Sichtweise beschränkt. Bzw. ist das bei denen wahrscheinlicher.
Naja, ich hab "Behinderung" auch nicht in körperlicher Behinderung, sondern im Sinne einer Einschränkung (wie ja auch geistiger Behinderung) gemeint. Das dein Blindevergleich nicht sagt, religiöse Menschen hätten eine Beeinträchtigung der Pupillen, hab ich schon verstanden.

Und dass ein religiöser Mensch deines Erachtens über gewisse Beeinträchtigungen gegenüber den nicht-religiösen hat, unterstreichst du ja jetzt auch noch mal. Also für mich sagst du das ziemlich deutlich...

Ich habe nicht gesagt, dass für dich religiöse Menschen behindert sind, sondern "in irgendeinem Maße" behindert. Den Blindenvergleich hab ich schon dahingehend verstanden, dass du ihnen eine Einschränkung gegenüber anderen Menschen zuschreibst.

Aber ich denke nicht, dass ein religiöser Mensch beschränkter oder dümmer ist.
Das habe ich in keiner Silbe so gesagt. Versuch mir nicht die Worte umzudrehen. Ich habe gesagt ein religiöser Mensch ist beschränkt darin, seine Religion völlig wertungsfrei einem Publikum (Schüler) vorzustellen. Und dazu stehe ich. Er ist deswegen nicht dümmer oder sonstewas. Das hast Du gesagt.

Kruttan hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben: Den Unterricht durch einen der Religion eher positiv eingestellten Menschen vergleicht er mit Kinderschändung.
Das ist ja echt frech von Dir, mir das zu unterstellen. Lies meine Beiträge richtig, bevor Du hier solche Äußerungen von Dir gibst. Das habe ich nämlich in keinster Weise gesagt.

Wenn Dir dieses Bild zu krass ist, dann nehmen wir halt ein anderes.

Ich würde einen Diabetiker beispielsweise nicht in eine medizinische Beratung schicken, die von einem Vertreter von Coca-Cola durchgeführt wird.
Nach dem Kinderschändervergleich hast du noch einmal betont, dass es "natürlich etwas überspitzt [is] der Vergleich, trifft es aber im Kern". Und bei dem Diabetiker-Beispiel kommt doch das gleiche. Cola schadet Diabetikern. Pädophile schaden Kindern. Religiöse Lehrer schaden Schülern. Wie soll ich das sonst verstehen?
Und schon wieder verdrehst Du mir die Worte im Mund. Sie müssen ihnen nicht zwangsläufig schaden. Sie sind nur im Vergleich zu anderen schlechter geeignet bestimmte Dinge objektiv zu vermitteln oder vorzustellen.
Sie haben, wie man so schön sagt: "einen verklärten Blick" auf eben jene Themen.

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Verfasst: 04.06.2008, 03:35
von Kruttan
Fightmeyer hat geschrieben:Ich habe gesagt ein religiöser Mensch ist beschränkt darin, seine Religion völlig wertungsfrei einem Publikum (Schüler) vorzustellen. Und dazu stehe ich. Er ist deswegen nicht dümmer oder sonstewas. Das hast Du gesagt.

[...]

Sie sind nur im Vergleich zu anderen schlechter geeignet bestimmte Dinge objektiv zu vermitteln oder vorzustellen.
Sie haben, wie man so schön sagt: "einen verklärten Blick" auf eben jene Themen.
Also hast du Relilehrer mit Kinderschändern eher in dem SInne gleichgesetzt, dass diese Pädophilen eher schlechter für die Erziehung von Kindergartenkindern geeignet sind und sie nicht primär als Gefahr darstellen wollen - hatte irgendwie bei dem Beispiel gleich Bedrohung für die Kinder assoziiert (potentielle Kinderschändung ist für mich eben eine Bedrohung...) und daher deinen Vergleich übertragen (ich verbinde mit dem Wort Kinderschänder eben die Worte "Kinder" und Schändung", mag ja sein, dass das für dich unüblich ist oder du anders zum Kinderschänden stehst als ich, aber du kannst mir keinen Vorwurf machen, wenn ich auf ein solches Beispiel eingehe, du hast es ja zu einem gewissen Zweck verwendet). Selbiges beim Coca-Cola-Beispiel, die sind imho beide dahingehend ziemlich schief und laufen in starke Gefahr, total missverstanden zu werden.

Ich denke aber, dass schlechte Pädagogen, primär Leute, die den Jugendlichen keinen reflektierten Umgang mit Religion nahebringen können, ungeeignet für den Reli-Unterricht sind - und dies nicht mit dem Vorhandensein einer gewissen Einstellung zu einer Religion korreliert.

Jemand, der Religionen verabscheut oder ihnen gleichgültig gegenüber steht, muss nicht automatisch ein besserer Religionslehrer sein. Dein Argument macht überhaupt keinen Sinn! Er kann genauso seine Einstellungen auf die Schüler übertragen. Außerdem halte ich es für ziemlich schwer, eine blutige Maya-Opferung mit den gleichen Gefühlen zu betrachten wie den Bau von Schulen in Paraguay. Jeder Mensch wird seine eigenen Urteile zu den Sachverhalten bilden, wieso sollte nun jemand, der nicht religiös ist, besser diese Urteile unterdrücken können. Gerade im modernen Atheismus hat sich ja (auch zum Leidwesen vieler anderer Atheisten) eine sehr aggressive Front gebildet, die heftig antireligiöse Propaganda proklamiert und ihre Weltanschauung auch schon durch entsprechende Literatur ins Kinderzimmer bringen will. Die sehe ich auch nicht als besser geeignet an, neutraler zu handeln...

Wichtig ist für mich, ob ein Lehrer die Schüler auch selbst urteilen lässt und sie ernst nimmt. Dies hat nichts mit seinem Glauben zu tun. Man kann auch alle Vergleiche, die du angestellt hast, auf die von dir präferierten nicht-gläubigen Religionslehrer übertragen.
Drehen wir doch das ganze einfach um und sagen, dass jemand der glaubt vielleicht mehr Verständnis dafür hat, wenn seine Schüler was anderes glauben, als jemand, der dies nicht tut.
Komme darauf unten noch mal zurück...
DasJan hat geschrieben:"Glauben" heißt für mich "mutmaßen", "vermuten". Ich kann nicht wissen, dass Jesus Wasser in Wein verwandelt hat, also muss ich es glauben (oder auch nicht). Ich kann nicht wissen, dass es einen Gott, also muss ich daran glauben (oder nicht). Ich glaube aber nicht, dass ich mir eine harmonisch zusammenlebende Gesellschaft wünsche, ich weiß es.
Dann haben wir ein völlig anderes Verständnis von dem Wort Glauben. Für dich bedeutet Glauben eher ein naives, unreflektiertes Mutmaßen. So etwas will ich dir nicht unterstellen, wenn ich meine, dass jeder Mensch an irgendetwas glaubt.

Dass du weißt, was du dir wünscht, nehme ich dir ab. Die Frage ist, warum du es dir wünscht. Da ich dir nix mehr unterstellen will, rede ich mal von mir: Ich wünsche mir eine harmonisch zusammenlebende Gesellschaft, weil ich denke, dass eine solche Gesellschaft besser ist als eine, die sich ständig bekriegt. Dies kann ich daraus herleiten, dass ich Streit, gegenseitige Gewaltanwendung etc. für etwas Schlechtes halte. Darin liegt zumindest mein Glaubensaxiom. Ich kann nicht beweisen, dass manche Sachen schlecht sind. Ich kann bestenfalls anführen, dass Verbrechen z.B. Unwohlsein bei anderen Menschen herbeiführen. Warum sollte es aber gut sein, das Wohl der anderen zu beachten (vor allem in einem speziellen Fall, der so gelagert ist, dass dieses Unwohlsein mir nur Vorteile bringt und nicht auf mich zurückfällt)? Hier würde ich ein Glaubensaxiom meinerseits vermuten, weil ich denke, dass ich das Richtige tue, wenn ich nicht zur Verschlechterung der Situation meiner Mitmenschen beitrage.
Ich lasse mir immer noch keinen "Glauben" andichten. Ich halte mich an Dinge, die ich weiß, weil sie hinreichend belegt sind, und glaube nichts, nur weil es in einem alten Buch steht.
An etwas glauben, weil es in einem alten Buch steht, das tue ich auch nicht. Aber ich denke, wir kommen der Sache näher. Ob man nun sagt, dass religiöse Menschen nur mutmaßen, ob man sagt, dass sie einen "verklärten Blick" haben, dass sie etwas annehmen, nur weil es irgendwo schwarz auf weiß steht, dies deutet auf eine gewisse Definition von Glaube hin, den ich dir nicht unterstellen oder andichten will. Ich halte dich durchaus für einen reflektiert denkenden Menschen. Wenn du denkst, dass ich dir so etwas andichten möchte, dann tut es mir Leid, wenn ich mich missverständlich ausgedrückt habe.
Denn diese Definition von Glaube ist nicht das, was ich unter Glaube verstehe. Zunächst einmal glauben Christen nicht an ihre Glaubensinhalte, bloß weil sie in der Bibel stehen. Spätestens die Zuschreibung eines (wie auch immer gearteten) Wahrheitsgehalt der Bibel kann nicht durch diese begründet werden, da es ja ein Zirkelschluss wäre. Es gibt biblizistische Gruppierungen, die einen sehr krassen Umgang mit der Bibel pflegen. Nur hat dieser nicht den Begriff Glaube für sich gepachtet.

In der Regel haben sich zumindest in unserer Gesellschaft die meisten Gläubigen nicht blind entschieden. Sie meinen auch, dass ihre Ansichten hinreichend belegt sind, nur die Art der Belegung ist nicht zwangsläufig eine empirische oder naturwissenschaftlich methodische.

Lass uns aber bitte im Folgenden das Christentum verlassen und über Glauben allgemein sprechen. Wir haben diesbezüglich wahrscheinlich viel zu entgegengesetzte Erfahrungen gemacht und schweifen sonst wieder nur auf den christlichen Glauben ab, der erstens nicht einheitlich ist und zweitens nur ein Glaube unter vielen ist.
DasJan hat geschrieben: "Glauben" heißt für mich "mutmaßen", "vermuten". [..]. Ich kann nicht wissen, dass es einen Gott, also muss ich daran glauben (oder nicht).
Du sagst selbst, dass sowohl jemand, der an einen Gott glaubt, als auch (im logischen Schluss) jemand, der nicht an einen Gott glaubt, gläubig ist. Da ich es nicht wissen kann, muss ich glauben oder nicht. Das heißt, ich glaube entweder, dass es ihn gibt, oder ich glaube daran, dass es ihn nicht gibt. In beiden Fällen bin ich gläubig und "mutmaße" vielleicht auch über die Existenz, weil ich ja nicht um die Existenz wissen kann.
Bei jedem Menschen, der sich nun für das eine oder andere entscheidet, werden aber persönliche Erfahrungen und Überlegungen zu dieser Annahme führen. Jemand kann z.B. bei all dem Leid dieser Welt nicht an eine höhere Gerechtigkeit glauben und entscheidet sich dagegen. Ein anderer wird durch philosophische Überlegungen vom Theismus überzeugt und entscheidet sich für eine spezifische Religion. Ein anderer macht Erfahrungen in der bereits vorhandenen kindlichen Gottesbeziehung und entscheidet sich dann irgendwann dafür oder dagegen, je nachdem wie diese Erfahrungen nun aussahen. Selbst Dawkins führt eine Definition an, gemäß der ein Atheist an etwas glaubt "An atheist in this sense of philosophical naturalist is somebody who believes there is nothing beyond the natural, physical world world ... (u.s.w.)" (God Delusion, S.14).

All diese Glaubensüberzeugungen sind meist nicht willkürlich geraten. Die Überzeugung, dieser Glaube, resultiert aus einem Prozess, der zur Findung einer Entscheidung geführt hat. In dem Falle, dass jemand eine solche Entscheidung trifft, würde ich auf jeden Fall von Glaube sprechen.

Glaube heißt für mich, auf etwas oder jemandem zu vertrauen. Glaube ist das Überzeugt-Sein von der Gültigkeit bestimmter nicht verifizierbarer Sachverhalte, welches aufgrund von Indizien, Erfahrungen, Beobachtungen etc. zustande gekommen ist. Glaube bedeutet auch, dass diese speziellen Überzeugungen das Fundament für meine weiteren Handlungen und Überzeugungen sind.

Wissen kann ich nichts ohne einen vorhergehenden Glauben. Wenn ich meine, etwas zu wissen, dann z.B. auf der Glaubensgrundlage, dass mein Physikbuch nicht lügt, dass mich meine Mitmenschen (aber auch meine Sinne!) nicht belügen etc.
Auch Empirie und die Naturwissenschaft bringen mich nicht überall weiter. Sie gehören mit zu den wichtigsten Zugängen zur Wirklichkeit, aber decken viele Bereiche nicht ab (erst wenn ich sage, dass nur die Sachen existieren, die im Rahmen dieser Methodik erfassbar sind, tun sie das. Hier wird aber an die Allumfassendheit einer spezifischen Methodik geglaubt - und damit sind wir schon sehr nahe am Fundamentalismus). Der Verstand kann nicht alles erfassen, der Bauch ist unzuverlässig und unsere Erfahrungen können uns manchmal täuschen. Alle Bereiche haben ihre Grenzen und Wirkungsbereiche.

Ich behaupte, dass jeder Mensch in diesem obigen Sinne glaubt. Selbst wenn er noch keine Ansicht über die Frage seiner Religion gefunden hat, so gibt es doch dutzende andere Bereiche, wie die der Ehtik, Ästhetik, des sozialen Miteinanders, in denen er glaubt.
Ich würde als Konsequenz einen Menschen, der sich als gläubig bezeichnet, sogar nicht nur als nicht verschränkter gegenüber jemanden bezeichnen, der meint, er glaube nicht, sondern ich würde die Sache umdrehen: Wer glaubt und sich dessen bewusst ist, weiß dann mehr: nämlich dass er glaubt und dass sein Wissen nicht vollständig und nur vorläufig ist.
Deshalb halte ich einen solchen Menschen häufig eher dafür geeignet, sich mit den Glaubensvorstellungen anderer auseinanderzusetzen, als jemanden, der meint, er würde ausschließlich über Wissen verfügen.