Simon:
Das Wo und Wie ist eine wirklich gute und knifflige Frage! Ich weiss nicht, ob der Brief auf die Titelseite passt. Mir kommt vor, die ist im Großen und Ganzen für Spielemeldungen reserviert. Ich kann mich nicht erinnern, dass schon mal auf der Titelseite etwas Vergleichbares wie dieser Brief, also mit gesellschaftspolitischem Kontext, veröffentlicht wurde. Wo ich mir auch unsicher bin: eine Presseaussendung vom Treff oder irgendein anderer Kanal von euch, damit potentiell interessierte Gamer-Medien etwas davon mitbekommen. Aber da befürchte ich halt wieder, dass sich dann Leute zu sehr vereinnahmt fühlen. Man könnte es auch anderen Gamer-Medien anbieten bzw. in deren Foren posten, wobei ich da keinen Überblick habe, bei welchen anderen Medien das sinnvoll erscheint. Ich kenne nur eine Handvoll Adventure-Seiten. Und was mir eigentlich schon ein Anliegen ist: eine ins Englische übersetzte Version des Briefes an Anita Sarkeesian zur Kenntnisnahme, dass es diese Unterstützung für sie gibt.
Und in welcher Weise meinst du, dass es auf den Treff zurückfällt? Weil: Schaden will ich keinen anrichten damit!
Und hast du eine Idee, wie man den Satz, der dich stört, entschärfen könnte? Wie wäre es mit:
„Frauen wird es im Netz *nicht immer* leicht gemacht…“
Bendet:
Ich finde leider, dass das den Diskussionsstand ein wenig zurückwirft.
1. „Nicht alle, du nicht“ - daher steht im Brief ja auch „Einige vom Treff“
2. „Generell keine politischen Themen“ es nimmt eben nicht „der Treff“ Stellung, sondern nur „Einige“ und vorausgesetzt es finden sich Menschen, die das Anliegen des Briefes wichtig finden – willst du diesen Leuten dann wirklich verbieten, dass sie sich politisch äußern dürfen?
3. „Zu heterogen“ ja, „wir alle“ sind heterogen, das stimmt, aber vorausgesetzt es finden sich Menschen, die den Brief unterstützen wollen, dann bilden diejenigen konkreten Personen eine bestimmte Gruppe – und diese Gruppe vertritt dann diese Meinung und die sind genauso ein Teil von „allen“ wie du und ich. Meinst du nicht, dass die spezielle Meinung, die von diesen Menschen vertreten wird, als solche auch respektiert werden sollte?
realchris:
Ja natürlich sind die Monkey Island-Zitate „tendenziös“, aber ich finde sie dennoch sehr spaßig und für das Thema geeignet. Ein wenig Humor darf man wohl auch hineinpfeffern oder? Aber wenn das das einzige ist, was dich stört, dann finde ich das eh erstaunlich
Die „tendenziöse inhaltliche Parteiergreifung“ ergibt sich möglicherweise daraus, dass ich mit dem Feminismus sympathisiere. Ich habe mich ja vom Beginn der Debatte an geoutet. Trotzdem macht es einen Unterschied, ob man eine feministische Einstellung hat, die sich – nona – auf deine Wortmeldungen auswirkt („Objektivität“ gibt es meiner Meinung ja nicht, wie ich schon argumentiert habe, sondern Standpunkte sind immer subjektiv gefärbt), ODER ob man zb eine feministische Brandrede hält und für die darin vertretenen Positionen Unterstützung fordert. Ich finde eben nicht, dass in dem Brief feministische Positionen artikuliert werden, aber – und das leugne ich wie gesagt nicht – der Brief ist sicherlich von meiner feministischen Grundeinstellung beeinflusst. Die Frage ist halt: Stimmst du dem Inhalt des Briefes zu (also das, was wirklich konkret drinnen steht) oder stimmst du der Einstellung des Briefschreibers zu (die sich ohne Zweifel auf den Inhalt auch auswirkt, aber ihn nicht bestimmt)?
Zur Männerdomäne: Mein Wissensstand ist, dass Computerspiele im allgemeinen tatsächlich wie du sagst inzwischen auch viele Frauen ansprechen. Aber jene Spiele, die in der „Gamer“-Szene im engeren Sinne relevant sind, also Spiele, für die regelmäßig Geld ausgegeben wird und die „klassisch“ funktionieren (Shooter, Rennspiele etc.), scheinen doch noch immer eine Domäne von Männern zu sein. Ich muss aber einschränken, dass ich diese Info aus Zeitungen habe, ich kenne also keine spezielle Studie oder Statistik dazu.
Bakhtosh:
Zu Frage 1: Wie ich schon sagte, ich finde, die Nennung des Adventure-Treffs hat deshalb seine Berechtigung, weil die entsprechende Debatte eben hier stattfindet und weil ich meine, dass der Brief ein Ausdruck dieser Diskussion ist. Und sicher würde ich mich freuen, wenn sich Leute dazu entscheiden, den Brief als „Einige aus der Community“ zu unterstützen, denn dann muss ich mich nicht alleine hinstellen und den Brief vorlesen
Aber das ist eben überhaupt noch nicht ausgemacht, ich weiss ja noch nicht einmal, ob und wenn ja, wie viele Leute den Brief unterstützen. Daher finde ich es abwegig, hier den Versuch einer „Machtdemonstration“ zu vermuten.
Und wenn es so sein sollte, dass im Bewusstsein (aller? mancher? vieler? welcher?) Leute der Eindruck zurückbleibt, dass aus „Einigen“ aus der Community plötzlich „Alle“ werden, dann muss man eben Aufklärungsarbeit leisten, indem man darauf hinweist: Liebe Leute, das habt ihr falsch verstanden, lest bitte den Brief genau, dort steht doch eindeutig „Einige“ und nicht „Alle“!
Übrigens hinkt dein Vergleich doch sehr: Der Treff ist nämlich keine hierarchische Firma, wo der Chef einfach mal so ein paar Leute rausschmeisst, wenn es ihm passt, sondern der Treff ist zum Glück ein partizipatives Forum, an dem sich die Community gleichberechtigt beteiligen kann.
Zu Frage 2: Nein, die aufgeführten Inhalte sind nicht „besonders wichtig“, in dem Sinne, dass andere Inhalte weniger wichtig wären. Aber es geht in dem Brief schon darum aufzuzeigen, dass sich die Gewalt eben ganz speziell gegen Frauen und Männer richtet, die ihre – hier: feministische - Meinung vertreten. Diese Menschen geraten nicht „einfach so“ aus Willkür und Beliebigkeit ins Visier der Mobber und Stalker, sondern ganz speziell deshalb, weil sie feministische Ansichten vertreten. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass es nicht auch Betroffene von Belästigung und Gewalt im Web gibt, die keine Feminist/innen sind. Klar trifft es auch andere und aus anderen Gründen. Aber hier in diesem Fall handelt es sich um eine gezielte Vorgehensweise gegen Anita Sarkeesian und andere Feminist/innen. Daher ist die Unterstützung von feministischen Ideen optional, du kannst, aber du musst sie nicht unterstützen – es ist jedenfalls keine Voraussetzung, um den Brief zu unterschreiben.
Denn: Man sieht ja auch an den Forderungen im Brief, dass das Ziel verfolgt wird, eine respektvolle Diskussionskultur zu fördern. Wenn wir dort endlich hinkommen, dann können wir auch über die Thesen von Anita Sarkeesian kontrovers, sachlich und inhaltlich diskutieren – das heisst, niemand verlangt von dir, dass du ihren Thesen in allen Punkten zustimmen musst, du kannst ihr ja auch mit Argumenten widersprechen, aber bitte bitte ohne sie anzufeinden, zu beschimpfen, Lügen über sie zu verbreiten, ihre Privatsphäre zu mißachten oder ihr mit Mord und Vergewaltigung zu drohen. Ist doch eigentlich gar nicht so schwer, oder?