Nach sieben Jahren, in denen die drei Kapitel von The Journey Down nach und nach veröffentlicht wurden, ist das Spiel des schwedischen Entwicklers Skygoblin inzwischen komplett verfügbar. Im Jahr 2010 erschien zunächst eine kostenlose Version von Chapter One mit niedriger Auflösung, welche so großen Anklang fand, dass 2012 die überarbeitete kostenpflichtige Variante veröffentlicht wurde (unser Test). Der Release von Chapter Two folgte erst zwei Jahre später (unser Test). Um die Finanzierung zu sichern, wurde für Chapter Three 2015 ein Kickstarter ins Leben gerufen. Jener konnte mehr als 1300 Unterstützer begeistern und umgerechnet einen Betrag von über 42.000 Euro einbringen. Nachdem der letzte Teil am 21. September erschienen ist, haben wir uns die drei Kapitel nochmal als Gesamtpaket angesehen und die Eindrücke zusammengefasst.
Chapter One dient als Einführung in die Welt der Protagonisten Bwana, Kito und Lina und ist zu Ende, bevor die eigentliche Geschichte in Fahrt kommt. Bwana und Kito leben im Hafen der Metropole St. Armando, wo sie eine Tankstelle betreiben, die in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Schon früh wurden sie von ihrem Ziehvater Kaonandodo verlassen und mussten sich alleine durchschlagen. Dieser ist seither spurlos verschwunden und gilt immer noch als vermisst.
Nach dem Wechsel des Stromanbieters wird den beiden Brüdern die Elektrizität in ihrer Tankstelle abgedreht, da sie die Rechnungen nicht bezahlen können. In dem Moment taucht eine junge Frau namens Lina auf, die auf der Suche nach einem Buch ist. Jene Lektüre soll der Vater des Duos besessen haben. Sie gibt Aufschluss über das Unterland, welches auf der anderen Seite der Welt, nämlich hinter dem Rand, liegt. Das Gebiet wurde zum Sperrbezirk erklärt und auch die angrenzenden Bereiche dürfen nicht mehr betreten werden.
Schnell wird das Buch gefunden und nachdem Lina dem Professor spricht, für den sie arbeitet, hat sie es plötzlich eilig. Bwana und Kito versuchen daher ihr Flugzeug zu reparieren, damit sie zusammen mit Lina die Geheimnisse des Unterlands aufdecken können. Doch nicht alle freuen sich über die Neugier der drei Helden, sodass sich das Trio schon bald in einem gefährlichen Abenteuer befindet.
Während Chapter One lediglich in einem kleinen Bereich von St. Armando spielt, begeben sich die drei Abenteurer in den anderen Kapiteln an abwechslungsreichere Orte. Besonders Chapter Two findet dabei größtenteils in düsteren Gegenden statt und wird dennoch durch Wortwitze und komische Situationen geprägt. Mehrere ereignisreiche Wendungen sorgen außerdem für genügend Spannung, auch wenn dem Spieler die Grundgeschichte bekannt vorkommt. Chapter Three wirkt dabei wesentlich actionreicher als die ersten Kapitel. Gegen Ende überschlagen sich die Geschehnisse geradezu und treiben die Story bis zum Schluss voran. Das Finale ist ebenfalls gelungen und beantwortet alle wichtigen Fragen. Jedes Kapitel weist eine Spielzeit von drei bis vier Stunden auf, sodass die Gesamtlänge insgesamt ordentlich ausfällt.
Der Humor kann als Stärke des Spiels aufgezählt werden. Die Entwickler haben sich viele witzige Ideen einfallen lassen. So saß Bwana bereits mit zwölf Jahren hinter dem Steuer eines Flugzeugs, obwohl er eigentlich unter Höhenangst leidet. Daher fliegt er am liebsten mit geschlossenen Augen, sehr zum Leidwesen von Kito und Lina. Viele missliche Situationen kommen wenig überraschend, so mag es nicht verwundern, dass Bwana und Kito eine Tankstelle betreiben und dennoch vergessen, ihr eigenes Flugzeug vor dem Start zu betanken.
Nach Beendigung der einzelnen Kapitel kann der Spieler über das Menü einen Blick hinter die Kulissen werfen. Einige Bilder und Texte aus der Spielentwicklung verdeutlichen, wie The Journey Down entstanden ist. Außerdem werden unter anderem die Sprecher der Hauptfiguren gezeigt. Ein nettes Gimmick, welches gerne ausführlicher hätte sein dürfen.
Die Steuerung von The Journey Down ist denkbar einfach. In typischer Point-and-Click-Manier bewegt sich der Spieler hauptsächlich in der Rolle von Bwana durch die Welt. Laufen, Hotspots ansehen, Gespräche führen, Gegenstände kombinieren - dies alles geschieht über die linke Maustaste. Die rechte Maustaste hat keine Funktion erhalten. Zum Kombinieren von Gegenständen muss das entsprechende Objekt im Inventar angeklickt und mit gedrückter Maustaste an die gewünschte Stelle gezogen werden. Das Inventar ist am unteren Bildschirmrand angebracht und wird eingeblendet, sobald der Mauszeiger in diese Richtung kommt. Das Menü ist über den oberen Bildschirmrand zu erreichen. Hier können auch die drei vorhandenen Speicherplätze ausgewählt werden. Außerdem gibt es eine automatische Speicherfunktion. Im Spiel wurde keine Hotspotanzeige integriert. Jene ist in der Regel auch nicht notwendig, da die relevanten Gegenstände gut zu erkennen sind. Eine Funktion, mit der Laufwege abgekürzt werden können, ist ab dem zweiten Kapitel vorhanden. Per Doppelklick auf die Ausgänge landet Bwana direkt am nächsten Schauplatz. Diese Neuerung ist sinnvoll, denn die Strecken werden zum Teil lang und der Spieler muss häufig hin- und hergehen.
Der Spieler darf sich schnell in einer offenen Welt bewegen und umsehen. Damit haben die Entwickler eine Nichtlinerarität geschaffen, welches geübte Spieler befriedigt und Anfänger dennoch nicht überfordert. Die Rätsel sind somit teilweise in unterschiedlicher Reihenfolge lösbar. Viele Gegenstände müssen angeschaut, mitgenommen und anschließend richtig verwendet oder kombiniert werden. Lösungshinweise sind dabei häufig in den Dialogen oder Erklärungen zu den Gegenständen zu finden. Schaut sich der Spieler gründlich um, ist das Vorankommen in der Geschichte also kein Problem. Doch nicht nur Inventarrätsel sind zu lösen. Es kommt ebenso vor, dass Bwana einen Code einzugeben hat oder dass Kabel richtig verlegt werden müssen. Solche Aufgaben bleiben aber stets auf einem niedrigen Niveau, welches keinen Frust zulässt. Die Nichtlinerarität nimmt in der dritten Episode deutlich ab, was auf das schnelle Vorantreiben der Story zurückzuführen ist. Somit fällt der Schwierigkeitsgrad geringer aus, da die Rätsel in der Regel sofort gelöst werden müssen. Dafür kann die Geschichte noch mehr Spannung aufbauen.
Das Spiel besteht aus handgezeichneten Hintergründen, welche digital nachbearbeitet wurden. Die Grafik ist insgesamt gelungen. Überall bewegt sich etwas. So läuft zum Beispiel ein Ventilator an der Decke und die Kerzen flackern ebenfalls. Einige Hintergründe hätten mehr Details vertragen, andere haben dafür viele Hotspots mit Kommentaren spendiert bekommen, die zum Teil optional abgerufen werden können. Die Finanzierungsspritze aus dem erfolgreichen Kickstarter scheint dem Spiel gut getan zu haben. In Chapter Three wirkt die Grafik aufpoliert und im Vergleich zu den vorherigen Kapiteln detailreicher.
Die 3D-Figuren wollen sich nicht optimal in die Hintergründe einfügen. Durch den eigenwilligen und interessanten Stil, der sich an verschiedenen Kulturen Afrikas bedient, hat das Spiel einen besonderen Touch erhalten. Die Entwickler haben jene Darstellung extra gewählt, um vor allen Dingen die Emotionen der Figuren hervorzuheben. Nicht immer gelingt dies, denn die Animationen wirken häufig hölzern und unausgereift. Dafür gibt es viele Zwischensequenzen. Hier sehen die Bewegungen der Figuren besser aus, auch wenn die Videos durch die niedrige Qualität insgesamt verwaschen wirken. Dennoch gewöhnt sich der Spieler schnell an den Grafikstil und kann problemlos in der Welt der Protagonisten versinken.
Die Musik ist abwechslungsreich gehalten und beinhaltet viele Stücke aus dem Reggae- und Jazz-Bereich. Jene fallen in den einzelnen Locations allerdings nicht sehr lang aus, so dass sie sich an den jeweiligen Orten schnell wiederholen. Dennoch weiß die Musik zu gefallen, zumal sie mit echten Instrumenten eingespielt wurde.
Die englische Sprachausgabe ist generell gelungen. Der Großteil der Charaktere hat passende Stimmen erhalten. Bei einigen Personen sind die Akzente schwer zu verstehen, allerdings können Untertitel eingeblendet werden. Eine deutsche Sprachausgabe ist nicht vorhanden und auch deutsche Untertitel sind bisher nur für Episode eins und zwei verfügbar, wobei die Übersetzung für das dritte Kapitel demnächst folgen soll. Die Untertitel sind in der Regel fehlerfrei, werden allerdings zum Teil gemeinsam mit den Animationen zu früh eingeblendet, so dass das Abspielen der Sprachausgabe verzögert wirkt.
Als Gesamtpaket ist The Journey Down ein gelungenes Adventure, welches jedem Fan des Genres ans Herz gelegt werden kann. Der spezielle Grafikstil wirkt zunächst gewöhnungsbedürftig, lässt den Spieler aber dennoch erstaunlich schnell in die Welt eintauchen. Letztendlich auch, weil die liebevolle Entwicklung des Spiels dauerhaft spürbar ist. Sobald die deutschen Untertitel des dritten Kapitels zur Verfügung stehen, ist auch die Sprachbarriere kein Problem mehr. Der Schwierigkeitsgrad hätte stellenweise höher ausfallen dürfen. Durch die weitläufigen Locations und die spannenden Wendungen in der Geschichte kommt aber auch bei erfahrenen Adventurespielern keine Langeweile auf. Mit einer Spielzeit von neun bis zwölf Stunden hat The Journey Down außerdem eine angenehme Länge und schließt mit einem befriedigenden Ende ab.
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