Nachdem ich es vorgestern Nacht ebenfalls endlich durchgespielt habe, schreibe ich auch mal ein paar Zeilen dazu.
Achtung: Der Text ist wesentlich negativer geschrieben, als die letztliche Wertung es hergibt! Man könnte fast sagen, im Text steckt der Frust, ganz unten steht der Versuch einer objektiven Wertung
Nach Eins und Zwei kommt Kistenschieberei
Mit Baphoemts Fluch hat Revolution Software unter der Leitung von Charles Cecil damals ein sehr gutes, wenn auch kein herausragendes Adventure, abgeliefert. Mit den beiden Hauptcharakteren George Stobbart und Nico Collard schuf er allerdings die Grundlage für eine beliebte Adventure-Reihe. Der französische Charme von Nico, nicht zuletzt getragen durch die wundervolle Stimme von Franziska Pigulla, der teils flappsige Humor und die seltsam sympathische amerikanische Überheblichkeit von George, machten aus dem Spiel das unvergessliche Ereignis, das ihm eine große Fangemeinde einbrachte. Der zweite, spielerisch etwas bessere Teil, verfestigte das ganze noch. Mit "Der schlafende Drache" erschien dann etwa sechs Jahre nach "Der Spiegel der Finsternis" der dritte Teil der Serie. Während die ersten beiden Spiele nur für den PC entwickelt wurden, sollten nun auch Besitzer von X-Box und Playstation 2 in den Genuss kommen, einmal George und Nico zu spielen. Die Folge waren, neben der ungewohnten Optik und Gamepad- oder Tastatursteuerung, vor allem Änderungen im Gameplay, mit denen man viele Spieler verärgerte. Die eher geringe Rätseldichte und meist seichte Rätselkost waren aber nichts im Vergleich zu den oft unschönen Klettereinlagen, aber vor allem den nervigen Schleichpassagen und ewigen Kistenschiebereien.
Immerhin aber blieb das Flair der Vorgänger erhalten. George brachte einen immer noch regelmäßig zum Schmunzeln und Nico verzauberte nicht nur durch ihr markantes Timbre. Durch Implementierung einiger bekannter Nebencharaktere aus Teil 1 und 2, der soliden Story und den sehr schönen Rendersequenzen schaffte es der damals neueste Teil dennoch die Fans bei der Stange zu halten, Baphomets Fluch nicht abzuschreiben und auf einen besseren Nachfolger zu hoffen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Die meisten Baphomets-Fluch-Fans dürften sich folglich über die Nachricht gefreut haben, dass Charles Cecil bereits an einem vierten Teil werkelt. Im September 2006 war es dann soweit und "Der Engel des Todes" erblickte das Licht der Welt. Die Vorabdemo zeigte zwar bereits einige Schwächen in den Bereichen Steuerung und Sprachausgabe auf, machte aber dennoch Lust auf mehr. Ich möchte mir nicht die fröhlichen Gesichter vorstellen, die sich nach den ersten paar Spielstunden der Vollversion eher in Richtung Enttäuschung veränderten, da eben jene Schwächen auch dort allgegenwärtig waren. Die Flucht vor den Gangstern im ersten Abschnitt ist noch einigermaßen spannend inszeniert und auch über die blonde Anna-Maria möchte man gerne mehr erfahren. Nach einiger Zeit ohne nennenswerte Storyfortschritte, haufenweise langatmige, nicht abbrechbare Dialoge und einer ganzen Menge an doofen Klettereinlagen, verliert man zur Mitte des Spiels hin immer mehr die Lust weiterzuspielen. Das liegt aber nicht zuletzt auch daran, dass Nico viel zu spät ins Spielgeschehen eingreift, sämtliche Charaktere im Spiel extrem flach sind und bleiben und viel zu selten mal Georges Humor aufkeimt. Zwar konnten wieder Alexander Schottky und Franziska Pigulla für die beiden Hauptrollen gewonnen werden, da es aber in erster Linie an der Qualität der Dialoge mangelt, kann selbst das die deutsche Sprachausgabe nicht retten. Das Schlimmste ist, dass Schottky manchmal einfach nicht nach George Stobbart klingt, wovon man bereits in der Demo einen ersten Eindruck bekommen hat. Die Nebencharaktere sind auch allesamt professionell besetzt, aber oftmals so unglaublich unpassend, dass man sich fragen muss, wer da für's Casting verantwortlich war. Pfarrer Mark wird z.B. von Sascha Draeger gesprochen, den man als Tim aus den TKKG-Hörspielen kennen dürfte. Ein guter Sprecher, ohne Zweifel. Nur passt er vielleicht zu "Saturn" aus Runaway, aber sicher nicht zu Mark.
Hinzu kommt, dass einen die Story nicht geraden aus den Socken haut. Jedes Mal, wenn man glaubt jetzt käme irgendwas, kommt nichts. Das Spiel gewinnt im letzten Drittel zwar nochmal an Qualität. da sich Schleichpassagen, Klettereinlagen und die neuen Hacker-Rätsel in Grenzen halten, dafür ist das Ende wieder eher enttäuschend.
Freunde von Teil 1, 2 und 3 brauchen sich jedenfalls keine Hoffnung zu machen, dass hier ein würdiger Nachfolger programmiert wurde und können an dieser Stelle auch getrost aufhören zu lesen. Für alle anderen schaue ich dem Spiel im Folgenden etwas genauer auf die Finger.
Nur für PC und komfortables Point&Click
Soweit weit, so gut, könnte man meinen. Leider muss man bereits nach kürzester Zeit feststellen, dass sich der Entschkuß nur für den PC zu programmieren kaum positiv bemerkbar macht. Einzig auf die Maus angewiesen zu sein, stimmt nur bedingt, da man zur schnelleren Fortbewegung die Control-Taste gedrückt halten muss. Das ist auch nötig um die Nerven zu schonen, da sich die Spielfiguren andernfalls scheinbar noch behäbiger durch die Level bewegen, wie Peter Wright aus The Moment of Silence, wenn man diesen nicht per Doppelklick zum Laufen zwingt. Dabei bleibt die Spielfigur immer wieder an Objekten hängen, ist zu blöd Treppen ordentlich rauf zu gehen und wechselt, dank oft ungünstiger Kamerwinkel, gerne mal zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt die Richtung. Man könnte meinen, das liegt an der Laufbewegung, dem ist allerdings nicht so. Selbst in der langsamen Fortbewegungvariante ohne Ctrl-Button bleiben George und Nico an Treppengeländern hängen oder steuern nicht präzise den Punkt an, wo man sie hingeschickt hat. Hotspots sind meist gut gesetzt, es gibt aber immer wieder Stellen, an denen man aufgrund ihres Seltensheitswerts mit den Zähnen knirschen muss. Ab und zu kommt es nämlich vor, dass man mit Objekten quf mehrere Arten interagieren kann. Dazu ist ein Rechtsklick auf das Objekt nötig. Meistens gibt es aber nur eine Funktion, dass man an entscheidenden Stellen nicht mehr direkt per Rechtsklick die Optionen prüft. Dadurch kann man leicht etwas übersehen.
Anspruch: Fehlanzeige
Insgesamt ist Baphoemts Fluch 4 keine Herausforderung. Abgesehen von zwei oder drei der Hacker-Rätsel braucht man nicht lange für die Lösung von Aufgaben. Selbst an den Schleichpassagen scheitert man nicht mehr so oft wie noch bei Teil 3. Dadurch kommt aber auch gleichzeitig die Frage auf, weshalb diese überhaupt nochmal, in dieser Häufigkeit, den Sprung ins Spiel geschafft haben. Bei Klettereinlagen muss man genauso wenig lange nachdenken, wo es langgeht. Die Standardrätsel in "Der Engel des Todes" erschließen sich meist sofort, da es kaum Objekte gibt, die man sonst verwenden könnte. Bei manchen, wenigen allerdings fehlt es an Hinweisen, wodurch sinnloses Ausprobieren angesagt ist, bis man die Lösung hat. Der Abschnitt im Hotel ist ein gutes Beispiel hierfür.
Worin genau der Sinn bestehen soll ein Manuskript nur durch klicken zu untersuchen, was in teils ellenlangen Monologen Georges mündet, in denen er die Hinweise aus dem gehackten Netzwerk zu seinen Zwecken nutzt, der Spieler selbst aber nichts weiter dazu beitragen kann oder muss, kann ich nich sagen. Einfach eine blöde Lösung, bei der sich der Spieler fast schon überflüssig oder nur als Handlanger vorkommen muss. Dabei sollte das eher umgekehrt sein. Ein paar "halbe Kopfnüsse" gibt es dann doch in den unterirdischen Hallen des Topkapi Serrail, wirklich kompliziert sind sie aber auch nicht.
Präsentiert wie ein Spielfilm... ein B-Movie um genau zu sein
Wenn man sarkastisch sein wollte, könnte man sagen, dass die Präsentation des Spiels der Story in allen Belangen gerecht wird. Diese ist nämlich meist genauso schwach wie die Hintergrundgeschichte von Baphomets Fluch 4. Grafisch bietet Charles Cecils Adventure nämlich meist leblose und detailarme Levels, relativ steife Charaktere mit starren Gesichtern und selten rasant inszenierte Zwischensequenzen. Rendervideos gibt es zwar auch ein paar, in den meisten Fällen allerdings werden Einspieler in Spielgrafik gezeigt. Wettereffeke kommen selten zum Einsatz und sind meist auch eher durchschnittlich. Die Animationen der Spielfiguren sind ebenfalls schwach. Ob beim Klettern, Gehen oder Laufen, wirklich gut sieht das fast nie aus. Es fällt schwer an der Grafik überhaupt etwas wirklich Positves zu finden. Nennen könnte man vielleicht die zahlreichen unterschiedlichen Schauplätze, die aber wiederrum oft so lieblos umgesetzt sind, das einem nichtmal das Freude bereiten kann. Bei aktivierter Kantenglättung sehen das Spiel und besonders die Spielfiguren zwar schon deutlich besser aus. Allerdings staunt man nicht schlecht, wenn man merkt, dass die Grafikkarte dabei schon nach wenigen Minuten heftiger stöhnt wie wenn man gerade 10 Stunden am Stück Oblivion oder Gothic 3 in hoher Qualität gespielt hat. Vielleicht ist das auch eine Art Stobbart'scher Witz, aber ich denke nicht.
Wie interessant was Du zu sagen hast... hör auf! Ich sagte: HÖR AUF!
Ich bin eigentlich kein Freund vom Abbrechen der Dialoge. Bei Baphomets Fluch 4, hätte ich mir eine solche Funktion aber mehr als einmal gewünscht. Die Dialoge sind relativ umfangreich, aber dabei oft so stinkend langweilig und unlustig, dass man es eigentlich gar nicht hören will. Hätten die Dialoge die Qualität der Vorgänger, sähe das anders aus. Wie weiter oben bereits erwähnt, mangelt es dem Spiel aber gerade in diesem - für Baphomets Fluch - so wichtigen Bereich. Texte sind im Spiel selten zu lesen, in der Regel handelt es sich um Information die man sich von einem gehackten Server geholt hat. Fast alles an Informationen bekommt man also iregndwie auditiv vermittelt. Diese Informationen sind aber meist so umfangreich, wie sie überflüssig sind. Man würde den Figuren gerne den Mund per Mausklick verbieten, kann es aber nicht.
Die Musikalische Untermalung ist ingesamt gelungen, wenngleich auch hier alle drei Vorgänger Besseres zu bieten haben. Effekte kommen eher selten zum Einsatz, sind aber alle passend und von angemessener Qualität. Nein, das ist jetzt nicht sarkastisch gemeint.
Zur Sprachausgabe selbst habe ich schon etwas gesagt. Ich betone nochmals, dass diese nicht richtig schlecht ist, aber eben für die Baphomets-Fluch-Atmosphäre einfach zu viele Schwächen und Fehler aufweist, als dass man sie als positven Punkt zählen dürfte.
Ende gut? Ende aus!
Ohne vom Ende irgendwas vorwegnehmen zu wollen, deshalb habe ich auch bewusst inhaltliches nicht näher benannt, fällt doch eines auf. Die letzten 30 Minuten machen nochmal richtig Laune. Dem Eindruck nach, nähert man sich dem Ziel sehr zügig, obwohl an jeder Ecke eine neue Aufgabe wartet. Die zahlreichen kurzen Zwischensequenzen lockern es zwischendrin nochmal richtig auf. Das Ende ist aber einfach nur unbefriedigend. In bestimmten Punkten zu vorhersehbar und auf die Auflösung, dessen Sinn der ganze Aufwand doch sein sollte, des Kerns der Gesichte bleibt weiterhin im Nebel und dabei genauso nichtssagend wie so ziemliche alle neuen Charaktere. Positiv könnte man für sämtliche Cliffhanger-Gegner sagen, dass Baphomets Fluch 4: Der Engel des Todes eine komplett in sich abgeschlossene Handlung bietet, am Ende wirkt es dadurch aber fast so, als wenn Charles Cecil mit
Anna-Maria auch die Baphomets Fluch-Reihe zu Grabe trägt.
Mein Spielstand zeigte am Ende eine Nettospielzeit von etwa 8 Stunden an, wovon mich vielleicht zweieinhalb Stunden gut unterhalten fühlte. Keinesfalls mies, aber zu wenig um auf einen fünften Teil zu hoffen, sofern es überhaupt einen geben wird.
Grafik6,5/10
Steuerung5,5/10
Sound6,5/10
Gameplay7/10
70%