Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

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Tweety
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Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Tweety »

Ein Bericht den ich gestern im Fernsehen gesehen habe, hat mich ein wenig nachdenklich gemacht:

Es ging um eine Frau die selber Kommunikationswissenschaftlerin ist (ist wohl recht bekannt weil u.a. die Lebensgefährtin von Anne Will) und ein Burnout hatte. Nun gut, diese Geschichte interessiert mich persönlich nicht besonders. Allerdings hat sie in einem Interview gesagt, dass die heutige Art der Kommunikation viele Menschen einfach krank macht.

Mein erster Gedanke war dann: Warum eigentlich? In keiner anderen Zeit waren Informationen so einfach und schnell abrufbar. Stundenlanges wälzen in Lexika hat sich erledigt. Will ich wissen wo sich mein Paket befindet einfach nur Trackingnr. eingeben und schon sehe ich den aktuellen Standort. Ich muss nirgends mehr hin- ich kann alles online kaufen. Und so weiter und so weiter.

Doch dann habe ich über meinen TATSÄCHLICHEN Alltag nachgedacht:

Morgens im Büro: E-mail box quillt über. Versuche herauszufinden was wichtig ist und was Zeit hat. Just in dem Moment kommt ein Anruf aus Indien: "Tweety (zum Glück nennt mich keiner wirklich so :mrgreen: ), ich habe Dir gerade eine e-mail geschickt. Wo bleibt die Ware?"

Ich darauf:" Habe die e-mail gesehen und werde mich darum kümmern."

Inder: " Gut, aber ich brauche die Antwort heute noch- ich muss dem Kunden bescheid sagen". Heute noch heißt mit Zeitverschiebung bis heute Mittag, sollte also klappen.

In dem Moment blinkt eine neue e-mail auf: "Reminder- habe ihnen gestern eine e-mail geschickt - wir warten auf Ihr Angebot. Wir brauchen es heute noch, da heute die Entscheidung fällt." E-mail kam gestern um 19:15- o.k. Antwort heute noch erwartet- kein Problem....

Anruf von Kollegen: "Wir wollen heute Ware nach soundso schicken. Die müssten ja noch da sein. Klären Sie bitte die folgende Versandbedingung und geben Sie mir so schnell wie möglich bescheid..." O.k.- mache ich...

So geht das dann den ganzen Tag weiter. Prioritäten konnte ich keine setzen- sie wurden mir aufdiktiert. Sitze von 07:00 Uhr morgens bis 18:00 Uhr abends im Büro und bin unzufrieden. Was habe ich heute geschafft? Alles was von mir verlangt wurde. Was habe ich nicht geschafft? Nun, Kunde XYZ ist zum Glück geduldig. Er verlangt nicht so schnell eine Antwort, dann hat das halt bis morgen auch noch Zeit...

Das selbe Spiel tagein tagaus. Jeder verlangt sofort eine Antwort weil es ja theoretisch möglich ist. Man muss ja "nur" eine e-mail schreiben.

Nach der Arbeit dann hetze ich in den Supermarkt: Was muss sich die Kassiererin jetzt mit der Oma unterhalten? Ich habe keine Zeit, ich bin berufstätig und muss noch kochen und.... Also quasi unerwünschte Kommunikation die zwar zwischenmenschlich nett aber leider nicht zieflührend ist, sondern andere (mich) um Minuten zurückwirft.

Bin zu Hause und soweit mit allem fertig: Sitze am Computer und schaue nach dem aktuellen Erscheinungsdatum von "Gray Matter" im Internet. Da hält es dieser Publisher doch wieder nicht für nötig sich mal zum Erscheinungsdatum zu äußern. "Mist, schlechte Kommunikation- können noch nicht mal ihre Internetseite updaten- ich will jetzt einen Information (am besten heute noch)". Also ab ins AT Forum- da weiß auch keiner was...

Jetzt ein etwas kürzerer Rückblick darauf wie es früher war (vor Internet, e-mail etc.- viel habe ich davon selber leider nicht erlebt und kenne es nur aus Erzählungen von meiner Mutter):

Zweimal am Tag die Faxe gecheckt und den Kunden geantwortet. Zwischendurch einige Anrufe- die meisten Dinge konnten direkt geklärt werden. Kein Kollege war mit e-mails zugeballert und konnte sich meist direkt am Telefon darum kümmern.

Nach der Arbeit in den Tante Emma laden gegangen und ein Schwätzchen mit der Verkäuferin gehalten.

PC-Zeitschrift gekauft und nach den neuesten Adventures Ausschau gehalten. Gray Matter soll im März erscheinen. Also im März ab in den Computerladen um die Ecke (nicht in den Großmarkt)".

Verkäufer: "Das Spiel ist leider noch nicht da."
Tweety:" Können Sie mir sagen wann es erscheinen wird?
Verkäufer: "Scheint ja echt der Renner zu werden. Habe schon einige Anfragen hier. Ich wollte morgen mal beim Publisher anrufen-vielleicht gibt er ja Auskunft. Geben Sie mir Ihre Telefonnummer und ich sage Ihnen bescheid..."

So kann man das endlos weiterspinnen. Alle reagieren nur noch und keiner agiert mehr. Ist das wirklich erstrebenswert und im Sinne der Natur des Menschen?

Eure Meinungen würden mich sehr interessieren und ich erwarte natürlich eine prompte Antwort O:) .
Ich schaue jeden Sonntag "Tatort" und bin stolz darauf :-).

Wenn die Klügeren immer nachgeben, geschieht nur das, was die Dummen wollen.
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Möwe
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Möwe »

Die einzige wirkliche Kommunikation, so wie ich sie definieren würde, die in deinem Beispiel auftaucht, ist die mit der Verkäuferin. Und die ist für dich störend und überflüssig.
Weil sie nicht zielgerichtet ist. Aber gerade diese nicht-Zielgerichtetheit macht sie aus.
Alle andere Kommunkation, die du erwähnst, ist Streß und geschieht unter Druck, sowohl auf der Arbeit als auch danach.
Den Streß auf der Arbeit wirst du, außer Jobwechsel, wohl nicht vermeiden können.
Aber diesen Streß solltest du nicht mit nach Hause nehmen. Zu Hause muss man nicht zielgerichtet und effizient sein, sonst kommt man nie aus der Streßspirale.

Die moderne Kommunikation erfordert meiner Meinung nach andere Denkprozesse, sonst ist man ihr ausgeliefert und wird von ihr gezwungen nur noch zu reagieren, wie du so schön gesagt hast.
So wie von dir beschrieben, endet die moderen Kommunikation in Kontrollverlust. Und der macht die Psyche kaputt. Man muss sich dagegenstemmen und aktiv werden. Wenns jobmäßig nicht geht, muss man privat auf jeden Fall kompensieren.
Und wie das geht, kann nur jeder für sich selbst herausfinden, weil gerade die eigene Aktivität der beste Schutz ist.
„Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“
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Leonaru
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Leonaru »

Früher gab es mehr telefonterrorisierte Sekretäre. War das besser? :-k
Wie wär's mit etwas Rock 'n' Roll?
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Tweety
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Tweety »

Möwe schrieb:
Den Streß auf der Arbeit wirst du, außer Jobwechsel, wohl nicht vermeiden können.
Das wird bei mir leider nicht so einfach, da ich denke dass das in dem Bereich in dem ich arbeite überall so ist. Ich bin in der internationalen Kundenbetreuung (Innendienst) tätig und somit auch eine Schnittstelle zwischen vielen Abteilungen im Unternehmen. Das ist auf der einen Seite schön, da ich nicht nur stupide Auftragserfassung im Sinne einer reinen Sachbearbeitung mache. Auf der anderen Seite kriegt man es somit aber von allen Seiten ab. Da auch ein Teil unserer weltweiten Verkaufsbüros über mich bestellen, landet jeglicher "Fehltritt" (zu lange Lieferzeit etc.) direkt auf dem Tisch unseres Top Managements. Aber das nur am Rande.
Die moderne Kommunikation erfordert meiner Meinung nach andere Denkprozesse, sonst ist man ihr ausgeliefert und wird von ihr gezwungen nur noch zu reagieren, wie du so schön gesagt hast.
Die Frage ist nur von wem diese Denkprozesse gefordert sind. Ein Vorschlag von besagter Dame die das Buch veröffentlicht hat, war nur 3x am Tag zu festen Zeiten e-mails zu lesen. Gute Idee wie ich finde. Wenn es allerdings schon eine Stunde nach e-mail Eingang reminder und Anrufe hagelt, ist das nur schwer umsetzbar.

Wir haben ungefähr 3.000 Vorschriften wie schnell ein Auftrag zu buchen ist etc. (wobei das nur ein kleiner Anteil meiner täglichen Arbeit ist).

Dann noch 20.000 policies und Schulungen zu kollegialem, ethischem und moralischem Verhalten. Es gibt aber keine einzige Richtlinie zu sinn- und rücksichtsvoller Kommunikation. Die ständige Erreichbarkeit wird einfach so als normal angesehen und teilweise durch Blackberries oder betriebsinterne chat tools noch auf die Spitze getrieben.

Ich finde schon dass es auch die Aufgabe der Unternehmen sein sollte die Mitarbeiter vor diesen Einflüssen zu schützen und die Kommunikation im Unternehmen in geregelte Bahnen zu lenken. Zumindest was die interne Kommunikation angeht. Extern kann man das natürlich kaum beeinflussen.

Stattdessen wird man damit aber leider komplett alleine gelassen.

Leonaru schrieb:
Früher gab es mehr telefonterrorisierte Sekretäre. War das besser?
Witzige Anekdote hierzu:

Ich habe eine Sendung über den Erfinder des Telefons gesehen. Dort wurde gesagt dass er selber keins in seinem Büro haben wollte, weil er das ständige geklingele als zu störend Empfand. :shock: Ich denke das kann man so unkommentiert stehen lassen :wink: .

Ich wollte eigentlich mit meinem ersten Beitrag auch zum Audruck bringen, dass ich die "alte" Form der Kommunikation im Prinzip besser fand. Damals kostete ein Anruf aus den USA noch 25,00 DM oder so weshalb mehr Faxe geschickt wurden. So hatte man einfach mehr Zeit sich um Sachen zu kümmern. Die Amis standen nachmittags auf- dann hat man ihnen halt geantwortet.

Wahrscheinlich ist es einfach eine Kombination aus den beiden Komponenten Globalisierung und ständige Erreichbarkeit. Es gibt einfach keine "natürlichen" Grenzen mehr da Zeitzonen etc. keinen mehr interessieren.
Zuletzt geändert von Tweety am 13.03.2010, 16:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Möwe »

Tweety hat geschrieben: Die Frage ist nur von wem diese Denkprozesse gefordert sind.
In deinem Fall hört es sich so an, also sollte dein Betrieb mal über die Kommunikation nachdenken. Zwar ist dein Job einerseits sicher sehr interessant und abwechslungsreich - sicher macht er Spaß, aber andererseits sollten doch klare Regeln definiert werden. Ansonsten ist ein burnout auf Dauer wohl nicht zu vermeiden.
Gibt es denn keine Fälle von Depression, Burnout oder längerer Krankheit bei euch im Betreib? Nach dem, was ich so lese, müssten die sich häufen.
Vielleicht ist auch die interessante Art der Tätigkeit ein "gesunder" Gegenpol gegen solche Krankheiten und es hört sich nur niedergeschreiben so krass an.
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von realchris »

Nach der Arbeit dann hetze ich in den Supermarkt: Was muss sich die Kassiererin jetzt mit der Oma unterhalten? Ich habe keine Zeit, ich bin berufstätig und muss noch kochen und.... Also quasi unerwünschte Kommunikation die zwar zwischenmenschlich nett aber leider nicht zieflührend ist, sondern andere (mich) um Minuten zurückwirft.
Das kenne ich. Man hat Hunger, will duschen und muss aufs Klo und die alte wühlt in ihrem Portemonai nach Pfennigen. Da will ich manchmal sagen: Ich bezahle, damit es schneller geht.

Auch die normale Kommunikation ist genauso zielgerichtet bzw. nichtzielgerichtet. Es gibt aber einen großen Unterschied zu dem nichtzielgerichteten Chatten oder zielgerichteten Mailen. Bei der klassischen Kommunikation ist der ganze Körper miteinbezogen. Die Mimik und Gestik, die motorischen Vorgänge im Sprechapparat. Bei diesen Vorgängen werden Hormone ausgeschüttet, die beim körperlich passiven Lesen und Tippen allenfalls rudimentär ausgeschüttet werden. Die Arbeitswelt wird vergeistigt, was aber nicht berücksichtigt, dass wir auch einen Körper haben und auch die Sinne Anteil am sozialen Kontakt haben. Wir gebrauchen unseren Körper nicht nach seinen Bedürfnissen. Die Muskulatur schrumpft, der Kreislauf wird schwächer und die Stresshormone, die normalerweise nur in Verbindung von Psyche und körperlichen Anforderungen ausgeschüttet werden, werden nun verstärkt durch unsere Psyche alleine ausgeschüttet. Der Körper baut diese Hormone normalerweise durch Bewegung ab. Der moderne Mensch geht aber häufig ohne Sport oder etwas vergleichbares betrieben zu haben mit diesem Hormonpegel schlecht schlafen. So entsteht der Teufelskreis, der z.B. im Burning out endet.
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Tweety
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Tweety »

Möwe schrieb:
In deinem Fall hört es sich so an, also sollte dein Betrieb mal über die Kommunikation nachdenken. Zwar ist dein Job einerseits sicher sehr interessant und abwechslungsreich - sicher macht er Spaß, aber andererseits sollten doch klare Regeln definiert werden. Ansonsten ist ein burnout auf Dauer wohl nicht zu vermeiden.
Gibt es denn keine Fälle von Depression, Burnout oder längerer Krankheit bei euch im Betreib? Nach dem, was ich so lese, müssten die sich häufen.
Sagen wir mal so: Es gibt schon diverse Ausfälle bei Kollegen in einigen Abteilungen bzw. stresstypische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Hörstürze etc.

Oft wird aber auch gar nich darüber geredet. Der Kollege ist einfach längere Zeit nicht da. Keiner weiß warum aber jeder weshalb- um es mal so auszudrücken.

Sicherlich versucht man das Ganze irgendwie zu kompensieren (ich gehe halbwegs regelmäßig ins Fitnesstudio, versuche mich trotzdem gesund zu ernähren). Aber auch das ist halt wieder eine Art Kampf da es wirklich eine "Kompensation" ist. Dieser Begriff ist für mich negativ behaftet da kompensieren für mich bedeutet etwas schlechtes durch etwas gutes ausgleichen zu müssen. Wäre das schlechte nicht schlecht, wäre auch keine Kompensation nötig.

realchris schrieb:

Das kenne ich. Man hat Hunger, will duschen und muss aufs Klo und die alte wühlt in ihrem Portemonai nach Pfennigen. Da will ich manchmal sagen: Ich bezahle, damit es schneller geht.

Auch die normale Kommunikation ist genauso zielgerichtet bzw. nichtzielgerichtet. Es gibt aber einen großen Unterschied zu dem nichtzielgerichteten Chatten oder zielgerichteten Mailen. Bei der klassischen Kommunikation ist der ganze Körper miteinbezogen. Die Mimik und Gestik, die motorischen Vorgänge im Sprechapparat. Bei diesen Vorgängen werden Hormone ausgeschüttet, die beim körperlich passiven Lesen und Tippen allenfalls rudimentär ausgeschüttet werden. Die Arbeitswelt wird vergeistigt, was aber nicht berücksichtigt, dass wir auch einen Körper haben und auch die Sinne Anteil am sozialen Kontakt haben. Wir gebrauchen unseren Körper nicht nach seinen Bedürfnissen. Die Muskulatur schrumpft, der Kreislauf wird schwächer und die Stresshormone, die normalerweise nur in Verbindung von Psyche und körperlichen Anforderungen ausgeschüttet werden, werden nun verstärkt durch unsere Psyche alleine ausgeschüttet. Der Körper baut diese Hormone normalerweise durch Bewegung ab. Der moderne Mensch geht aber häufig ohne Sport oder etwas vergleichbares betrieben zu haben mit diesem Hormonpegel schlecht schlafen. So entsteht der Teufelskreis, der z.B. im Burning out endet.
Nach der Arbeit dann hetze ich in den Supermarkt: Was muss sich die Kassiererin jetzt mit der Oma unterhalten? Ich habe keine Zeit, ich bin berufstätig und muss noch kochen und.... Also quasi unerwünschte Kommunikation die zwar zwischenmenschlich nett aber leider nicht zieflührend ist, sondern andere (mich) um Minuten zurückwirft.
Das kenne ich. Man hat Hunger, will duschen und muss aufs Klo und die alte wühlt in ihrem Portemonai nach Pfennigen. Da will ich manchmal sagen: Ich bezahle, damit es schneller geht.

Auch die normale Kommunikation ist genauso zielgerichtet bzw. nichtzielgerichtet. Es gibt aber einen großen Unterschied zu dem nichtzielgerichteten Chatten oder zielgerichteten Mailen. Bei der klassischen Kommunikation ist der ganze Körper miteinbezogen. Die Mimik und Gestik, die motorischen Vorgänge im Sprechapparat. Bei diesen Vorgängen werden Hormone ausgeschüttet, die beim körperlich passiven Lesen und Tippen allenfalls rudimentär ausgeschüttet werden. Die Arbeitswelt wird vergeistigt, was aber nicht berücksichtigt, dass wir auch einen Körper haben und auch die Sinne Anteil am sozialen Kontakt haben. Wir gebrauchen unseren Körper nicht nach seinen Bedürfnissen. Die Muskulatur schrumpft, der Kreislauf wird schwächer und die Stresshormone, die normalerweise nur in Verbindung von Psyche und körperlichen Anforderungen ausgeschüttet werden, werden nun verstärkt durch unsere Psyche alleine ausgeschüttet. Der Körper baut diese Hormone normalerweise durch Bewegung ab. Der moderne Mensch geht aber häufig ohne Sport oder etwas vergleichbares betrieben zu haben mit diesem Hormonpegel schlecht schlafen. So entsteht der Teufelskreis, der z.B. im Burning out endet.
Du sprichst mir aus der Seele. Wir verhalten uns im Berufsleben nicht viel anders als dressierte Affen.

Hat man dann noch hohe Ansprüche an sich selber und will das was erwartet wird alles "abreissen" ist man in einem Teufelskreis gefangen.
Ich schaue jeden Sonntag "Tatort" und bin stolz darauf :-).

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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Möwe »

Tweety hat geschrieben: Sagen wir mal so: Es gibt schon diverse Ausfälle bei Kollegen in einigen Abteilungen bzw. stresstypische Erkrankungen wie Bluthochdruck, Hörstürze etc.
Oft wird aber auch gar nich darüber geredet. Der Kollege ist einfach längere Zeit nicht da. Keiner weiß warum aber jeder weshalb- um es mal so auszudrücken.
Da scheint deine Firma viel Geld zu verlieren. Eigentlich dachte ich, Depression und Burnout sind bekanntermaßen die neuen Volkskrankheiten und die Betreiben gehen entsprechend damit um. Totschweigen, wegschauen und dem Kranken die Schuld geben, sei gestern geweßen.

Kompensation ist wirklich ein blödes Wort. Aber wenn du im Beruf ein dressierter Affe bist (und wer ist da nicht), dann benötigst du in der Freizeit etwas völlig entgegengesetztes als Ausgleich. Ich würde es nicht als Kompensation sehen, sondern als Freiheit, das zu tun, was in dir steckt und raus will.
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von BENDET »

Was mich stört ist weniger das von Tweety beschriebene Problem, sondern vielmehr die Vielzahl und Fülle an Informationen, die tagtäglich auf einen niederprasseln. Und selbst wenn man diese Informationen verarbeiten möchte, so wird man doch stellenweise von diesen erschlagen. Diesen Faden zum Beispiel schon wieder. Der erste Beitrag war hoch interessant, die folgenden Antworten auch, aber alle schreiben so viel. Und obwohl ich gerne das alles aufnehmen will ist die Aufnahmekapazität erreicht und ich klicke es einfach nur weg.

Ich persönlich fühle mich stellenweise in der Verarbeitung und im Konsum der Informationen überfordert. Nicht weil ich nicht mehr aufnehmen wollte, sondern, weil ich einfach nicht mehr kann.

Aber insgesamt finde ich es so dennoch etwas besser, als früher, wo einem vorbereitete Informationen häppchenweise dargereicht wurden. Waren zwar leichter zu konsumieren, aber man war doch dazu gezwungen, die Schwerpunkte zu akzeptieren, die ein anderer gesetzt hat.
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Hexenjohanna
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Hexenjohanna »

Ich kann Deine Gedanken sehr gut nachvollziehen Tweety. Bei uns im Büro ist es ganz ähnlich und ich ertappe mich öfter dabei zu denken, dass der technische Fortschritt in erster Linie diejenigen begünstigt, die dadurch eine unbotmäßig erhöhte Leistung der Mitarbeiter viel effektiver aus diesen herauspressen können. Der Mitarbeiter an sich hat eher wenig davon, außer vielleicht, dass er manchmal nur noch auf diese Weise überhaupt eine Chance erhält, wahrgenommen zu werden. (Beispielsweise, weil er zufällig auf einem Verteiler wahrgenommen wird) In der Regel wird aber die erhöhte geistige Leistung eher nur als Bonus vom Arbeitgeber eingesackt und führt zu nichts Besonderem in der Arbeitnehmer-Karriere. Da ich schon als Jugendliche ab und zu in Büros 'rumhängen mußte, kann ich das auch beurteilen.

Ein Beispiel:
Ein Sachbearbeiter einer Firma aus dem unteren Mittelstand soll 1980 ein Angebot schreiben:

Er läßt Einsicht in die Kundenakte nehmen, diese muß aus dem Archiv herausgesucht werden
Er spricht sich mit seinem Chef/Verkaufsleiter etc. zurück, ggf. darf er auch selbst entscheiden (ggf. Termin, Meeting)
Er wälzt zum Angebot erst mal die vorliegenden Informationen, indem er sich über die Sache kundig macht und die Akten an der entsprechenden Stelle (Büroschrank/Kollegen) raussucht/in Erfahrung bringt/nachfragt.
Er telefoniert vielleicht noch etliche Male, bis er weiß, was der Kunde genau will, liefert eventuell noch Infos nach oder läßt sie kommen (Post, Telefax, Fax)
Er schreibt selbst auf einer Schreibmaschine das Angebot/diktiert es, läßt es schreiben -> Postversand, Telefax, Fax
Er wartet den Rücklauf ab, macht noch ein paar Nachfassanrufe, derweil sind mehrere Tage bis über eine Woche vergangen. So hat er zwischendurch auch mal Abstand von diesem Kunden.

Jeder dieser einzelnen Schritte liess dem Sachbearbeiter die Zeit, sich mit der Sache intensiv zu beschäftigen aber erlaubte auch Pausen von der Angelegenheit. Bei einer Anfrage 2010 hat kein Kunde mehr Verständnis, wenn es länger als einen Tag dauert, bis die Sache weitgehend aufbereitet ist und dabei wird eine differenzierte Antwort erwartet.
Die "lästigen" Wartezeiten sind weg, aber der Mitarbeiter soll natürlich mehr Anfragen bearbeiten und hat viel weniger Zeit, sich in die Sache zu vertiefen. Letzlich leistet er viel mehr als ein Sachbearbeiter früherer Generation, verdient vielleicht mehr, aber hat nach Feierabend kaum noch Energie für sein privates Leben. Für mich ist das aus Arbeitnehmer-Sicht keinerlei Fortschritt. Ich klammere bewußt aus, dass ich den informellen Fortschritt nicht missen möchte, mir fehlt nur die Fortschreibung der Arbeitnehmer-Rechte im Zeichen dieser Entwicklung.
Laß mich den Aberglauben eines Volkes schaffen, und mir ist es gleich, wer ihm seine Gesetze oder seine Lieder gibt.

Mark Twain

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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Scree »

Schneller, höher, weiter. Das war schon immer das Motto der Menschheit. Daran werden wir auch zugrunde gehen. Heute wird verlangt das man immer und überall zu jeder Zeit erreichbar ist. Gnade dir Odin du gehst nicht ans Telefon. E-Mails müßen sofort beantwortet werden ect. Das ist der Fluch des Fortschrittes. Ist doch bei jeder Epoche so. War doch bei der Industriellen-Revolution nicht anders. Die einzige Möglichkeit sich hier abzuseilen ist Tibet oder sonstige Abschottung.
Sei freundlich, denn jeder, dem du begegnest, hat hart zu kämpfen. - Platon
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Tweety »

Bendet schrieb:
Und obwohl ich gerne das alles aufnehmen will ist die Aufnahmekapazität erreicht und ich klicke es einfach nur weg.
Kann ich nachvollziehen, geht mir auch oft so. Aufgrund der Vielzahl an Informationen fällt einem das filtern von Informationen oft schwer.

Wir werden täglich zugeballert mit allem Möglichem: Erdbeben in der Türkei, Bombenanschläge auf Bali, Amokläufe an Schulen und so weiter und so fort. Alle Themen sind uns eigentlich wichtig- wir möchten darüber diskutieren und unser Mitgefühl und Unverständnis ausdrücken.

Und das alles als Wesen, deren schlimmstes Erlebnis ursprünglich mal eine nicht erfolgreiche Jagd oder das eigene vorzeitige Ableben durch einen Säbelzahntiger war. Wurde einen Kilometer weiter einer mit einer Keule erschlagen, bekam man das nicht mit (kein Fotograf der die Kamera draufhielt und kein Bildzeitungsreporter mit einem reißerischen Artikel) Heute aber Kreisen Satelliten um die Erde- Informationen im Minutentakt. Alles verlangt unsere Anteilnahme: Umweltverschmutzung, Walsterben, Finanzkrise, etc.

Was ist wirklich wichtig? Alles...- nichts...

Bendet schrieb:
Waren zwar leichter zu konsumieren, aber man war doch dazu gezwungen, die Schwerpunkte zu akzeptieren, die ein anderer gesetzt hat.
Ich denke dass Internet ist das beste Besipiel für Informationen bei denen die Schwerpunkte von anderen gesetzt wurden. Internetseiten werden künstlich nach oben gepusht und viele sind einfach verständlicherweise zu faul dreihundert verschiedenen links zu folgen.

Hexenjohanna schrieb:
Die "lästigen" Wartezeiten sind weg, aber der Mitarbeiter soll natürlich mehr Anfragen bearbeiten und hat viel weniger Zeit, sich in die Sache zu vertiefen. Letzlich leistet er viel mehr als ein Sachbearbeiter früherer Generation, verdient vielleicht mehr, aber hat nach Feierabend kaum noch Energie für sein privates Leben. Für mich ist das aus Arbeitnehmer-Sicht keinerlei Fortschritt. Ich klammere bewußt aus, dass ich den informellen Fortschritt nicht missen möchte, mir fehlt nur die Fortschreibung der Arbeitnehmer-Rechte im Zeichen dieser Entwicklung..
Genau so wie Du das in Deinem Beitrag beschrieben hast, sehe ich das auch. Ich denke man muss diese Tretmühle erst einige Jahre selber erfahren haben, bis man plötzlich zur Kenntnis nimmt was da eigentlich mit einem passiert. Im Idealfall bevor man zermahlen wurde....

Wenn Menschen daran kaputt gehen, heißt es aber meistens leider nur das man der Aufgabe wohl nicht gewachsen war. Man hat ja auch immer alles so schwer genommen- das musste ja irgendwann mal passieren. Und schießlich stehen ja noch 2 Mio. andere auf der Straße, die händeringend einen Job suchen und für Arbeit alles tun würden.

Dabei wird aber leider völlig ausgeklammert, dass die allgemeinen Zutände in den Betrieben die Ursache sind. Und ich sehe das nicht nur als Problem in meiner Firma, sondern ich höre das leider mittlerweile von Freunden aus den unterschiedlichsten Branchen.

Ich denke auch nicht dass die Lösung des Problemes ein Rückschritt ins Mittelalter sein kann. Genau genommen kann ich gar keine Lösung anbieten. Wenn aber die Leute die letztlich auch die Verantwortung für ihre Mitarbeiter haben, sich ein bißchen mehr um deren Belange anstatt um die Belange der Aktionäre kümmern würden, könnte man sicher einen Weg finden.

Allerdings zeigt die allgemeine Entwicklung der Menschheit ja leider, dass der Karren erst metertief im Dreck hängen muss, bevor man mal darüber diskutiert ihn vielleicht da raus zu ziehen. :-&
Ich schaue jeden Sonntag "Tatort" und bin stolz darauf :-).

Wenn die Klügeren immer nachgeben, geschieht nur das, was die Dummen wollen.
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von realchris »

Wenn ich Feierabend mache, schalte ich mein Handy aus. Wenn ich meine Ruhe will, schalte ich zusätzlich auch das Telefon aus bzw. nachts sowieso immer. Wenn ich am Rechner sitze und an etwas arbeite, schaue ich erst in die Mail, sobald ich den Arbeitsgang abgeschlossen habe oder eine Pause mache. Steht da etwas wichtiges (also die Arbeit betreffend, lese ich mir das durch und entscheide, ob ich das vorziehe oder auf die Bank setze.) Schickt mir jemand am Wochende oder am Feiertag eine Mail bezüglich Arbeit, schaue ich mir die an, wenn ich Lust dazu habe. Man kann niccht erwarten, dass man an seinen freuen Tagen in die Mail schaut.


Ich will damit sagen, ich bin kein Arzt, Priester, Manager oder Politiker und muss deswegen nicht immer erreichbar sein. Wer anderes erwartet hat Pech gehabt.
Beowulf

Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von Beowulf »

Tweety hat geschrieben:(ich gehe halbwegs regelmäßig ins Fitnesstudio, versuche mich trotzdem gesund zu ernähren). Aber auch das ist halt wieder eine Art Kampf da es wirklich eine "Kompensation" ist. Dieser Begriff ist für mich negativ behaftet da kompensieren für mich bedeutet etwas schlechtes durch etwas gutes ausgleichen zu müssen. Wäre das schlechte nicht schlecht, wäre auch keine Kompensation nötig.
Das Problem ist nur, dass Fitnessstudios oft extrem öde sind. Von gewissen Kursen mit guten Trainern abgesehen, versauern die Leute doch auf der Hantelbank, dem Laufband oder dem Trimmrad. Und wie du schon sagtest, es ist lediglich eine Kompensation. Anstatt Feierabends das zu machen was man möchte, zwängt man sich diesen Ausgleichssport auf. Man lebt quasi nur noch für den Beruf, vor allem weil viele Firmen mit ihren "flexiblen" Arbeitszeiten (natürlich zu Gunsten des Betriebes, selten zu dem des Arbeitnehmers) die Freizeit immer mehr aushöhlen.
Immer weniger Leute scheinen in der Lage zu sein, Dinge im Voraus zu planen. Kompensiert wird dies durch hastige eMails oder Telefonanrufe. Auch ist eine richtige Kommunikation oft Mangelware: z.B. anstatt irgendwelche Termine auszumachen, soll man "so eben", "weils ja schnell geht", alles am besten schon gestern erledigt haben. Soziale Inkompetenz, dies ist das Problem, nicht das Telefon oder das Internet.
Möve hat geschrieben:Totschweigen, wegschauen und dem Kranken die Schuld geben, sei gestern geweßen.
Frommes Wunschdenken, leider. Schwäche zu zeigen ist noch immer sehr schwer, vor allem wenn man seinen Arbeitsplatz behalten möchte.
Bendet hat geschrieben:Was mich stört ist weniger das von Tweety beschriebene Problem, sondern vielmehr die Vielzahl und Fülle an Informationen, die tagtäglich auf einen niederprasseln.
Ich höre mittlerweile keine Radiosender mehr die Nachrichten bringen, auch die Fernsehnachrichten sehe ich nur sehr selten. Das hilft sehr viel. Auch meide ich Fernsehsendungen, die viel Werbung drin haben, so gut es geht. Ich lese ab und zu Zeitung, und das reicht mir vollkommen. Ich habe mir schon überlegt mir irgendwann PayTV anzuschaffen oder nur noch DVDs zu gucken.
Der erste Beitrag war hoch interessant, die folgenden Antworten auch, aber alle schreiben so viel.
Du musst dir mehr Zeit nehmen. Wenn du keine Zeit (oder Muße) hast, dann schalte den Rechner am besten erst gar nicht an.
realchris hat geschrieben:Wenn ich Feierabend mache, schalte ich mein Handy aus. [...] Man kann nicht erwarten, dass man an seinen freien Tagen in die Mail schaut.
Eine sehr gesunde Einstellung. Oft vergesse ich eine Woche lang in die Mailbox zu schauen. Nerven mich Leute mit permanentem Anrufen, schalte ich das Handy einfach aus. Wenns wichtig ist, können sie ein andermal anrufen oder einen Brief schicken! :roll:
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Re: Moderne Kommunikation (Zeit)- Fluch oder Segen?

Beitrag von max_power »

Tweety hat geschrieben:Wir werden täglich zugeballert mit allem Möglichem: Erdbeben in der Türkei, Bombenanschläge auf Bali, Amokläufe an Schulen und so weiter und so fort. Alle Themen sind uns eigentlich wichtig- wir möchten darüber diskutieren und unser Mitgefühl und Unverständnis ausdrücken.
Das schwierige am Internet ist, dass dadurch alles noch verschärft wird. Es gibt nicht nur die Nachrichten, die man sonst auch in Fernsehen und Zeitung gesehen hätte, es gibt noch eine Reihe zusätzlicher, spezifischer Nachrichten (Adventure-Treff, heise, im Prinzip selbst Twitter und Facebook, nämlich "Nachrichten" über andere Leute) und die zusätzliche Diskussionsebene. Selbst bei Tagesschau.de gibt es jetzt die Möglichkeit, Beiträge zu kommentieren. Es passiert oft genug, dass ich da aus verschiedenen Gründen reinschaue. Am Ende verbringt man dann die doppelte und dreifache Zeit auf solchen Seiten.
Beowulf hat geschrieben:Du musst dir mehr Zeit nehmen. Wenn du keine Zeit (oder Muße) hast, dann schalte den Rechner am besten erst gar nicht an.
Gerade dieses Thema habe ich zum Anlass genommen, darüber nachzudenken, ob ich nicht ein paar internetfreie Tage pro Woche einführen soll – zumindest zu Hause. Ein Freund, der momentan ohne Internet in Afrika hockt, hat mir erzählt, wie gut er plötzlich mit seinem Projekt vorankommt. ;) Man könnte die freie Zeit auch nutzen, mehr gemütliche Zeit mit Freunden zu verbringen, beim Kartenspielen oder Feierabendbierchen etc. Soweit ich das beurteilen kann, scheint auch bei Freunden in meinem Heimatdorf Internet nicht so verbreitet zu sein, zumindest nutzen sie es viel weniger intensiv und machen stattdessen viel mehr zusammen. Im Prinzip finde ich gut, dass ich das Internet so einfach nutzen kann, um mit meinen alten Freunden in Kontakt zu bleiben, auf der anderen Seite verhindert es zum Teil aber auch, dass ich neue Freunde vor Ort finde. Was jetzt besser ist, kann ich nicht sagen.

Was Arbeitsemails angeht, so versuche ich mich in vielen Fällen kurz zu halten oder gar nicht zu antworten, wenn ich eine Sache für klar halte, um die Leute nicht mit zu vielen Mails zu nerven und mir ebenfalls Zeit zu sparen. Ein Problem dabei ist, dass manche Leute keine Antwort als nein ansehen oder denken, man würde die Mail nicht beachten. Da das aber in den meisten Fällen Kollegen sind, die ich früher oder später eh auf dem Gang treffe, hebe ich mir einen kurzen Kommentar für dann auf ("Ich habe deinen Vorschlag gelesen, klang sehr gut, ich hatte nichts zu verbessern"). In wichtigeren Fällen schreibe ich dann aber doch wieder Romane… ;)
„Es müsste immer Musik da sein, bei allem was du machst. Und wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo's am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“ (Floyd, Absolute Giganten)
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