Das Spiel:
Du wirst einen echten „Antiheld“ steuern. Du (also Manny Calavera) bist nur ein im „Zwischenjenseits“ gestrandetes Skelett, das als armseliger „Versicherungsagent“ versucht, seine persönliche Überfahrt in ein besseres, endgültiges Nirvana zu finanzieren. Leider warst Du im Leben eine etwas zwielichtige Persönlichkeit, deshalb arbeitest Du nun „zur Strafe“ bei einer halbkriminellen Agentur als ein aufrichtig Bemühter, Dir die Rettung in diese bessere Welt alsbald zu ermöglichen.
Damit hast Du einen verdammt harten Job angenommen. Du bist bei der Geschäftsführung nicht besonders gut angesehen. Das könntest Du nur durch korruptes Verhalten ändern, Du bist im Grunde aber doch ein ziemlich anständiges Skelett.
In Deiner Firma wird gemobbt, was die Hauspost oder alle anderen Möglichkeiten so hergeben, Deine Seele wird richtig bluten. Du verliebst Dich auch noch in eine Klientin, was es so richtig schwierig macht, Dich mit den Gegebenheiten dieser fiesen Welt abzufinden, damit wird auch Dein Herz so richtig schmerzen. Du wirst Dich in finsteren Existenzialisten-Cafés und Revoluzzer-Kreisen rumtreiben, und Du wirst Blumen erspriessen sehen, jaja, das wirst Du.
Du wirst aber auch neue Freunde finden, die Dich durch abstruse und grausliche Gegenden begleiten, darunter werden einige sehr seltsame Gestalten sein. Du wirst sie nicht missen wollen, denn sie sind immer treu an Deiner Seite, und Du wirst gute Freunde dringend brauchen auf Deinem Weg in einen besseren Tod…
Steuerung: Interface und Tastenbelegung:
Vorweg: Dieses Spiel ist bestrickend, es ist sehr intelligent gestaltet und hat eine für seine Zeit eine, für ein Adventurespiel, extrem innovative Grafik, aber es hat auch ein für L.A.-Verhältnisse etwas merkwürdiges Interface und eine leicht gewöhnungsbedürftige Steuerung.
Man steuert Manny über die Pfeil-Tastatur, was eine Gewöhnung an den Blickwinkel bedeutet, aus dem heraus Manny gesehen wird, man taumelt also am Anfang mal leicht etwas „benebelt“ durch die Gegend und läuft dann gern mal vor Wände. Hab ich anfangs öfter gemacht, wie gesagt, man muß da die Kurve erst mal bekommen, denn der Aufwand wird sich lohnen. (!) Man muß sich an einige Tastenbelegungen gewöhnen, damit man Manny dazu bewegen kann, seine Schätze herzuzeigen, diese rotieren dann in seinem „Totenmäntelchen“ herum und man sieht leider immer nur einen Gegenstand, nämlich den, den er grade herauszieht.
Das macht es erforderlich, damit immer mal wieder links und rechts mit den Pfeiltasten herumzuscrollen, da ist das Inventory kein Musterbeispiel an Übersichtlichkeit, bin mir nicht mal sicher, ob man sowas überhaupt als Interface bezeichnen kann.
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Eine komfortable Einrichtung gibt es allerdings: Manny fixiert interessante Objekte selbsttätig, indem er den Kopf in die entsprechende Richtung dreht, wenn er etwas Spannendes erblickt, in der Regel wenn er direkt davor steht.
Ich bin eine Spielerin, die sich grundsätzlich weigert, mit Handbüchern etwas zu lernen.
Ich erwarte eine intuitive Spielführung, allerdings schaue ich mir schon mal kurz die Tastenbelegungen an. Das reicht auch völlig bei Grim Fandango, denn
Mannys Steuerung kann man ziemlich schnell verinnerlichen.
Für alle, die es interessiert, hier die simpelste Steuerung mit der rechten Hand*:
*es gibt auch noch ausgefeiltere Möglichkeiten
Steuerung: Pfeiltasten
Aufheben: + Taste
Inventar ansehen: Einfügen-Taste
Gegenstände benutzen: Enter
Überspringen von Dialogen: Entfernen-Taste
Manny am „glotzen auf einen bestimmten Gegenstand“ hindern: Entfernen Taste
Rennen: Pfeiltaste oben, zweimal antippen
Es besteht auch die Möglichkeit, das Spiel mit dem Gamepad oder einem Joystick zu spielen.
Die Spielumgebung, die Atmosphäre
Grim Fandango ist inspiriert am Film Noire, d.h. an düsteren Kriminalfilmen aus der schwarz-weiss-Krimi-Aera der 30er/40er/50er Jahre, dann auch noch an mexikanischen Totenkulten bis hin zu den Azteken und an Flower-Power Hippie Themen , das ist ein echt cooler Mix.
Die Musik, die Sprecher
Ich sag nur: "Wow" hoch 3.
Meisterlich wird man musikalisch in jedwede Atmosphäre glaubwürdig „eingetaucht“.
Das Ohr wird gleich auf die Reise geschickt, die Phantasie muss folgen, es ist richtig toll komponiert! Genial sind die Trompetenklänge am Anfang der Story bei der Fiesta. Man bekommt sie nie mehr aus dem Ohr. Garantiert.
Die Musikproduktion lag in den Händen von Jeff Kliment und Hans Christian Reumschüssel.
Von wem die Komposition stammt, weiß ich leider nicht.
Tommi Piper, der Synchronsprecher von ALF, spricht die deutsche Stimme von Manny Calavera (und zwar besser als ALF !!!
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Die Dialoge kommen mit einem ziemlich trockenem Humor daher.
Die Grafik
Für Fans von LucasArts ein absoluter Kracher. Die Protagonisten sind zwar etwas „polygonesk“, es handelt sich ja epochal gesehen um „frühes 3-D“, sie sind aber trotzdem ziemlich schick. Die Hintergrund-Grafiken sind einfach die Schau, der Stil ist geschliffen, das ganze Artwork finde ich sehr beeindruckend.
Die Farben sind optimal gewählt und die Szenerien sind sehr stimmig entworfen.
Die Perspektiven sind ganz groß, man hat überhaupt keine Mühe, voll in diese Welt abzutauchen, es ist als ob man die Welt durch Mannys Comic-Augen sieht.
Die Spieldauer und Spielschwierigkeit:
Die Länge war für mich sehr befriedigend, man hat auch eine „puzzleartig“ aufgebaute Statusanzeige, wie weit man im Spiel fortgeschritten ist, das fand ich sehr motivierend.
Die Rätsel sind nicht ganz ohne, aber überaus originell ohne total abstrakt zu sein. Für mich ein mittelschweres Adventure.
Empfehlung:
Unbedingt kaufen.
Geh am besten sofort los, na komm.
Steh auf, mach schon!
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Ein Nachwort:
Es gab mal eine Zeit für mich, als das Schönste, was ich mir als Adventure-Zockerin vorstellen konnte, ein neues LucasArts - Spiel war. L.A.-Adventures waren eine Klasse für sich: Eine innovative Grafik, eine komfortable und durchdachte Steuerung, logische, faire und trotzdem hintersinnige Rätsel und freche Dialogtexte. Ein prima geordnetes Inventar und nebenbei die hübschen, großzügigen Spieleverpackungen mit lustigen Beigaben wie den Code-Drehscheiben zum Beispiel, machten mir L.A. zu einem Garanten für eine Art von Unterhaltung, deren Unterhaltungswert man mit anderen Medien nicht erzielen konnte.
„Grim Fandango“, eins der intellektuellsten Spiele von L.A., gehört leider zu den letzten Spielen aus der LucasArts-Adventurespiel-Sparte. Mögen die L.A. - Manager, die das verbrochen haben, dereinst in Mannys Fußstapfen treten müssen und auf ewig einer bösen Höllenbrut nur billigste Nirvana-Reisen per Spazierstock verkaufen dürfen, bis sie endlich „ersprossen“ werden!
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Manny Calavera lebt, für immer!