Paradise

Hier gibt es Meinungen der Community zu alten und neuen Adventures.
Antworten
Benutzeravatar
neon
Adventure-Treff
Adventure-Treff
Beiträge: 30018
Registriert: 08.07.2004, 10:55
Wohnort: Wiesbaden
Kontaktdaten:

Paradise

Beitrag von neon »

Hier könnt Ihr Eure Meinungen zu Paradise posten. Beachtet bitte die Forenregeln und die speziellen Regeln zu diesem Forum.
"Ich habe mich so gefühlt, wie Sie sich fühlen würden, wenn sie auf einer Rakete sitzen, die aus zwei Millionen Einzelteilen besteht - die alle von Firmen stammen, die bei der Regierungsausschreibung das niedrigste Angebot abgegeben haben"

- John Glenn nach der ersten Erdumrundung 1962
Keynwar
Komplettlösungsnutzer
Komplettlösungsnutzer
Beiträge: 23
Registriert: 28.01.2006, 17:27

Beitrag von Keynwar »

Preview Paradise

Bild

Paradise ist ein Point & Click Adventure alter Schule. Ihr steuert 3D-Charaktere durch leidlich hübsche 2D-Hintergründe. Dabei werden allerlei Rätsel gelöst und noch mehr geredet.

"


Harem wie ein Gefängnis

Wenn ich den Namen Benoit Sokal höre fällt mir automatisch ein Spiel ein: Syberia! Das Spiel mit grandiosen Umgebungen, ausgearbeiteten Charakteren und einer erfrischend neuen Story. Auch Paradise wurde von ihm mitgestaltet. Somit starte ich das Spiel mit großen Erwartungen.
Nach dem Intro, in dem ein älterer Mann ein wenig erzählt und nebenbei ein Flugzeug abstürzt, seht ihr euch in der Rolle von Ann Smith wieder. Zumindest glaubt man dass, denn ihr leidet an Gedächtnisverlust und erfahrt nur dass ihr fast tot in der Wüste gefunden wurdet. Nun befindet ihr euch im Harem des Prinzen, zu dem ihr geschickt wurdet um zu genesen.
Dumm: Ann will gar nicht genesen. Sie will hinaus aus dem Harem was auch unsere erste Aufgabe wird.

Man mag sich fragen wieso ein Mensch denn nun aus einem Harem hinaus möchte. Sollte man allerdings das Harem in Paradise sehen, erübrigt sich die Frage. Entweder den Erbauern ging jegliche Farbe aus oder...tja oder die Grafiker haben ziemlich geschlampt.
Die komplette Umgebung, vom Garten zur Vogelanlage oder dem Pool ist in graubraun gehalten. Und es ist eine ziemliche Leistung, Wasser graubaun wirken zu lassen. Die Hauptdarstellerin läuft in braunen Klamotten herum, und selbst die Weiße Robe der Lieblingsfrau des Prinzen, der der Herrscher des Harems ist und entscheidet wer herein und hinaus darf, wirkt-ihr eratet es-irgendwie braun. Alles wirkt steril, farb- und trostlos. Die Umgebungen an sich sind eigentlich gar nicht mal schlecht, diese miese Farbgebung nimmt den Szenarien aber die meiste Schönheit. Lediglich die Pflanzen sind so Grün wie sie sein sollten.

Bild

Smalltalk mit Hindernissen

Nun gut, die Grafik ist nicht der Hit, aber wenn das Spiel gut ist, ist das ein weniger bedeutender Punkt. Solche Schnitzer wie ich sie hier erleben musste kann man einen Spiel aber nur schwer verzeihen.
Es fängt bei unbedeutenden Dingen an. Die Untertitel sind alle in komplett einer Farbe gehalten. Egal welche Person gerade spricht, die (schwer zu lesende) Schrift hat immer die im Optionsmenü eingestellte Farbe.
Die Gespräche laufen währenddessen wie von selbst ab. In der oberen, linken Ecke lassen sich verschiedene Schlüsselwörter auswählen. Wirklich Aufschluss, über das worüber ihr dann sprecht, ergeben die aber nicht, so dass einem nicht groß anderes übrig bleibt als einen Punkt nach dem anderen durchzuklicken.
Doch selbst das will nicht wirklich funktionieren.
Bei vielen Gesprächspunkten brechen die Charaktere einfach ab, und beenden es. Dann muss man aus der Szene hinaus und wieder hinein gehen, und sie lassen sich wieder ansprechen. Manchmal ist dies aber gar nicht mehr möglich und viele Gesprächspunkte bleiben schlicht und einfach unbesprochen. Ärgerlich, da man ständig das Gefühl hat irgendwas verpasst zu haben.

Bild

Suchen, suchen und nebenbei ein wenig suchen

Kommen wir auf die Rätsel zu sprechen. Naja, "krampfhaftes suchen" trifft in dem Falle wohl eher zu.
Dank der völlig verkorksten Bedienung ist es oftmals reine Glückssache ob man nun einen Gegenstand als aufnehmbar erkennt oder nicht. Der - Überaschung - braune, runde Cursor lässt erst 1, 2 Sekunden nachdem sie auf einen Gegenstand gedeutet haben verlauten, dass sie ihn tatsächlich aufnehmen könnten. Zudem heben sich benutzbare Gegenstände in keinster Weise von denen ab, die nicht verwendbar sind. Genauso kann es passieren dass man einfach nicht weiterkommt und das nur, weil man einen Bereich nicht entdeckt. Die Grenzen von einer Szene zur nächstn sind oftmals so weit am Rand, dass man den Pfeil, der aus dem runden Cursor ragt und zeigt, dass es hier zum nächsten Bereich geht gar nicht sieht. Und wenn doch, dann wie gesagt erst nach einigen Momenten in denen man auf die Stelle gezeigt hat. Wenn an einer Stelle eine Lupe erscheint, sagt die Hauptdarstellerin nicht etwa etwas zu dem gesehenen, sondern das Bild zoomt einfach näher an die betrefende Stelle heran, was aber nich tunbedingt von Nachteil sein muss.
Sehr sehr oft gibt es auch Mechanismen zu aktivieren, was ein wenig an Myst erinnert. Diese sind auch gut durchdacht, doch kann es durchaus passiern, dass der(höchstwahrscheinlich braune) Hebel, den man nun benutzen müsste, sich so gut im Bild versteckt, dass man denken könnte man hätte irgendetwas falsch gemacht.

Bild

Hört sich alles insgesamt ziemlich schlecht an? Tja, das Beste kommt aber noch.
Die Rätsel sind so schwer zu lösen, dass es beinahe unmöglich ist, sie in den riesigen und unübersichtlichen Gebieten ohne jegliche Hilfe zu meistern, zumal es so ist, dass ihr oft gar nicht wisst was jetzt überhaupt zu tun ist!
Um das deutlich zu machen, hier mal ein Rätsel vom Anfang des Spiels:
Ihr erfahrt, dass ihr um zu dem Prinzen zu gelanden euch als seine Lieblingsfrau verkleiden müsst...
Soviel wisst ihr. Ihr habt jedoch nichts im Inventar was auch nur annähernd als Verkleidung dienen könnte. Also erkundet ihr erstmal noch ein wenig die Umgebung. Allein der Poolbereich, der nicht gerade groß ist, ist in 7 Teile verteilt, und der große Garten in mindestens 10. Übersicht, wo bist du?!
Nach einger Zeit findet man aber doch die Lieblingsfrau des Prinzen und beginnt mit unbändiger Freude, diese fast unlösbare Suchaufgabe geschafft zu haben das Gespräch an. Und was passiert dann? Nach einigen Sätzen mit euch hat sie keine Lust mehr, steht von ihrer Bank im Garten auf und das Bild wechselt in irgendeinen anderen Raum in dem sie dann auftaucht und sich hinsetzt.
In diesem Moment, nach ca. 45 min im Spiel wollte ich Ann samt Lieblingsfrau einfach nur im nahen Pool versenken.
Das Gesuche geht also von vorne los, und nachdem man den besagten Raum dann an einem Randbereich des Poolraums gefunden hat redet man mit ihr dann wieder ein wenig. Als wir dann gehen wollen, ohne Ergebnis woher wir eine Verkleidung holen sollen oder was nun zu tun ist, gibt uns die Lieblingskonkubine zu verstehen dass sie ein wenig Hunger auf ein paar Honigtörtchen hat. Diese sollen wir für sie holen.
Juhu, das muss doch eine leicht lösbare Aufgabe sein! Tja, von wegen.
Man überlegt erstmal, wo in diesem riesigen Harem denn bitte Törtchen sein könnten. Da wäre der eigene Raum, ein Übergangsraum zur Poolanlage, ein Übergangsraum zum Garten und ein Turm.
Nach 40 Minuten erfolglosem und unfassbar frustrierendem suchen habe ich einfach aufgegen. Zum ersten mal in meiner langen Adventurelaufbahn habe ich tatsächlich in eine Lösung geschaut.
Ich möchte euch die Lösung des Rätsels natürlich nicht vorenthalten:
In einem der Abschnitte im Poolbereich befindet sich ein Mannshoher Käfig. Naja, zumindest seht es so aus...tatsächlich ist es eine Waage. Daneben, was ich schlicht und einfach nicht entdecken konnte, kann man per Lupencursor näher an 2 Säcke ranzoomen. Man muss dann eine Kanne suchen, die ebenfalls in dem Poolbereich steht. Überaschenderweise ist diese braun! Die Kanne hatte ich dann ja(mit reinem elendig langsamen Cursorabfahren) auch schon vorher entdeckt. Man muss diese Kanne nun, mit dem Wasser des direkt angrenzen Pool füllen! Hä, genau das habe ich doch versucht, es ging nicht! Nun ja, ich habe den Cursor schlicht und einfach ins Wasser gehalten, wo kein Zeichen kommt dass man etwas damit bewerkstelligen kann. Der Cursor zeigt nur eine Interaktionsmöglichkeit wenn man mit ihm direkt am Rand des Pools zeigt. Ein Gamedesign, dass geradewegs aus der Hölle kommt!
Man muss die Kanne mit Wasser dann auf einen der(eigentlich verschlossenen) Säche anwenden, damit der anscheinend schwerer wird und damit den Käfig hochziehen. Hinter diesem Käfig offenbart sich dann ein Geheimfach in dem die Törtchen stehen. Doof nur, dass es nur sehr schwer/gar nicht erkennbar ist, dass die Säcke irgendwas mit dem Käfig zu tun haben.



Einmal Story mit Salami bitte

Tja...ich hatte nach spätestens einer Stunde schon keine Lust mehr auf das Spiel. Dazu kommt, dass die Umgebungen immer größer und unübersichtlicher werden, die Story keinerlei Ansporn bietet und sich die Farbe braun während des gesamten Spiels in die Augen brennt. Der Hauptcharakter war mir auch am Ende des SPiel völlig egal. Er hätte auch ertrinken können und es wäre spurlos an mir vorbeigegangen. Er wird einfach nicht ausgearbeitet und wirkt einfach als Mittel zum Zweck. Eine gute Story hätte dem ganzen wenigstens noch einen kleinen Anreiz gegeben, jedoch ist das in keinem Fall so. Es soll wohl langsam angedeutet werden dass die Protagonistin die Tochter des Königs ist, und ein Schamane soll dann die Bombe platzen lassen. Blöd nur, dass es bereits nach der 2. Zwischensequenz absolut klar ist.

Sound
Die Sprachausgabe ist gut gelungen, Prominente Sprecher konnte ich zawr nicht entdecken, jedoch machen die anderen es trotzdem nicht schlecht. Die Musik hält sich die meiste Zeit ziemlich im Hintergrund, passt jedoch zu den entsprechenden Umgebungen.



Fazit
Es ist ganz einfach: Spart euch das Geld. . Eine bessere Anlegemöglichkeit währen hier die früheren Werke von B. Sokal "Syberia 1 & 2", oder das sehr lustige "Ankh". Für mich die größte Spieleenttäuschung dieses Jahres.
Benutzeravatar
Cohen
Adventure-Treff
Adventure-Treff
Beiträge: 6485
Registriert: 24.12.2007, 13:34

Re: Paradise

Beitrag von Cohen »

Ich will nicht ins Paradies, wenn der Weg dorthin so schwierig ist! Dabei sind die eigentlichen Rätsel des Syberia-Nachfolgers relativ einfach, aber das Spiel legt einem ständig Steine in den Weg: Es gibt wieder keine Beschreibungen der Umgebung, Personen oder Gegenstände; wenn man etwas bei der niedrigen Auflösung nicht erkennen kann, hilft nur herumprobieren. Eine Spielerführung durch klare Aufgabenstellungen oder Kommentare des Alter Egos sind auch äußerst selten, oft wird das Problem erst bei der zufälligen Lösung klar. Manchmal kann man einer Person ein paar Infos entlocken, dies wird aber oft durch eine Aktion getriggert, die nicht das Geringste mit den neuen Gesprächsthemen zu tun hat... an vielen Stellen muss man schon Hellseher sein, um Ursache und Wirkung zu erahnen.

Natürlich gibt es trotz Dutzender gleichzeitig zugänglicher Räume auch keine hilfreiche Hotspotanzeige... die Krönung ist aber, dass manche Hotspots nur manchmal da sind und neue Gegenstände still und heimlich auftauchen, so dass nach jedem kleinsten Fortschritt wieder alle Hintergründe erneut abgesucht werden müssten... schon bei Maniac Mansion gab es dezente Hinweise per Cut-Scene, wenn sich andernorts etwas verändert hat! Dazu kommen die (zugegeben adventure-typischen) Einschränkungen, dass man z.B. einen Krug trotz mehrere Bäder, Springbrunnen, Teiche und Pfützen nur an EINER Stelle mit Wasser befüllen kann.

Erwähnte ich die fehlerhaften Hotspots, die in Sackgassen enden? Statt eines finalen Patches bietet der Hersteller Savegames zu kritischen Stellen an! Technisch gibt es keine Verbesserungen zum 4 Jahre älteren Syberia 1, eher im Gegenteil. Die interessante Story, die hübschen Zeichnungen und die phantasievolle Fauna lassen zwar manchen Ärger vergessen, aber trotzdem ordne ich Paradise eher in die Kategorie "Fehlkauf" ein.
Multi-Gamer: PC + PCVR, PS5 + PSVR2, Xbox Series X, Steam Deck OLED, Switch OLED, iPad Pro M2, WiiU, 3DS, PSVita, ..., N64, PS1, SNES, Amiga, C128, Atari
Antworten