Der Zusammenhang zwischen Story und Grafikstil

Der Anlaufpunkt für alle, die selbst ein Adventure programmieren wollen.
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HenMac10
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Der Zusammenhang zwischen Story und Grafikstil

Beitrag von HenMac10 »

Nachdem ich durch Runaway2 wieder ein wenig auf die Adventure-Schiene gekommen bin, hab ich mal ein paar Schritte in das Universum der Fanadventures gewagt. Ich hab ein paar von ihnen gespielt und wie viele von den Leuten hier war ich natürlich sehr angetan von der Idee mein eigenes Adventure zu basteln.
Ich hab mich also mit den Engines außeinander gesetzt, viele Artikel zum Story- und Rätseldesign gelesen und auch ein paar zur Grafikthematik um danach wenigstens mal eine Story aufzuschreiben. Ob etwas Ernsthaftes daraus wird oder nicht sei mal dahingestellt, aber während des Schreibens kamen in mir ein paar Frage zum Zusammenhang zwischen der Story und dem Grafikstil auf:

In meinem Fall ist die Story im Moment recht ernst gehalten. Damit meine ich nicht, dass keine irrealen Phänomene oder ähnliches darin vorkommen. Aber die Story versetzt den Spieler weder in eine Welt, die ihm völlig fremd ist (ganz im Gegenteil, es spielt in der Gegenwart), noch passieren irgendwelche übertrieben skurrile Dinge á la Day of the Tentacle. Ich hantiere mehr mit Mythen und Legenden, die zwar einerseits in der heutigen Zeit nicht als historische Tatsachen gehandelt werden, aber von denen viele schon etwas gehört haben und somit eine gewisse Realität für jeden von uns aufweisen.
Das Problem der Grafik ist nun Folgendes: Ich habe ein paar Bilder von einem Kumpel von mir machen lassen, der künstlerisch wesentlich bewanderter ist als ich. Diese zeigen zum einen den Hauptcharakter und auch einen Raum. Die Zeichnungen sehen wirklich gelungen aus, aber sind sehr stark im Comicstil gehalten (sprich überproportionierte Augen, knallige Farben etc.). Ist nun ein Comicstil für eine Story, die einen gewissen Anspruch an Ernsthaftigkeit hat geeignet oder nicht?

Ich habe ein wenig über die alten Spiele nachgedacht. Das erste Spiel mit einem guten Comicstil, an das ich mich erinnere, war das bereits oben erwähnte Day of the Tentacle. Es passte auch: abgedrehte Charaktere, durchgeknallte Handlung, sehr humorvoll => assoziiere ich alles mit dem Comicstil.
Betrachten wir nun den Gegenpol: Indiana Jones and the Fate of Atlantis ist (auch wenn es Pixelart ist) wohl in eher realitätsnahem Stil gehalten. Ich weiß nicht, ob damals schon die Mittel für vernünftigen Comicstil zur Verfügung standen, aber selbst wenn, hätten die Entwickler sich kaum dafür entschieden, oder? Indy spielt nicht in einer skurillen Welt und beruht in vielen Teilen auf historischen Tatsachen. Wäre es noch glaubwürdig wenn man Indy im Comicstil über den Bildschirm hätte wandern sehen?
Genauso verhält es sich mit The Moment of Silence. Ich glaube auch nicht, dass diese Zukunftvision, welche das Spiel vermittelt, Atmosphäre im Comicstil geschaffen hätte.

Also nach diesem langen Text:
Was denkt ihr darüber? Ist der Grafikstil von der Story total unabhängig und damit Blödsinn, was ich hier geschrieben habe oder gibt es doch eine starke Verbindung im Hinblick auf die Atmosphäre im späteren Spiel.
Sollte man, wenn man beides schon hat, das eine an das andere anpassen? Wenn ja: Lieber die Story an den Grafikstil oder umgekehrt?

Fragen über Fragen und ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen :wink:
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A.L.
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Beitrag von A.L. »

Das Endprodukt muss stimmig sein und in den meisten Fällen bietet sich eben für eine abgedrehte Handlung auch ein abgedrehter Stil, bei einem ernsten Thema eine eher realistische Grafik (keine Proportionsspielereien etc.) an. Ich denke zwar das man auch mit einer Comicgrafik ein ernstes Thema glaubhaft rüberbringen kann, wie es ja in einigen Filmen bereits gemacht wurde, du dich aber als Anfänger schwerer damit tun würdest. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob du z.B. Baphomats Fluch (I+II) als ernstes Adventure bezeichnen würdest. Dort passte der Zeichenstil meiner Meinung nach sehr gut zur Story.

Wenn du möchtest kannst ja mal ein bischen was von der geplanten Story erzählen und die Skizzen hochladen, dann kann man evtl. beurteilen obs sich anbietet oder nicht.
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KhrisMUC
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Beitrag von KhrisMUC »

Hm, im Grunde muss man nur überlegen, ob man sich, wenn man seine Story nicht als Adventure veröffentlichen würde, für eine Realverfilmung oder einen Zeichentrick entscheiden würde.

Oder anders: wenn eine Person im Spiel eins mit der Pfanne übergebraten bekommt, wird sie bewusstlos und blutet, oder sieht sie Sterne und kriegt eine große Beule?

Oder noch anders: würdest Du diese Frage stellen, wenn Dein Kumpel Grafiken à la Indiana Jones abgeliefert hätte? Suchst Du nach Gründen, das Spiel im Comicstil aufzuziehen, obwohl Du Dich eigentlich bereits intuitiv dagegen entschieden hast?

Baphomets Fluch kombiniert den witzigen Stobbart mit lebensbedrohlichen, ernsten Situationen, genau wie die Grafik Don Bluth'sche Charaktere mit "realistischen", handgezeichneten Hintergründen kombiniert. Das macht IMO sehr viel vom Charme aus, vielleicht ist das der richtige Weg.

Wie A.L. schon sagte, ein bisschen mehr Info wäre hilfreich.
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HenMac10
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Beitrag von HenMac10 »

KhrisMUC hat geschrieben: Oder noch anders: würdest Du diese Frage stellen, wenn Dein Kumpel Grafiken à la Indiana Jones abgeliefert hätte? Suchst Du nach Gründen, das Spiel im Comicstil aufzuziehen, obwohl Du Dich eigentlich bereits intuitiv dagegen entschieden hast?
Das hab ich mich selbst auch gefragt. Meine Grundangst ist halt nur dass Atmosphere flöten geht. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto eher komm ich zu dem Ergebnis, dass ich mal auf dem Boden der Tatsachen bleiben sollte und für ein Einsteigeradventure die Comicgrafik wesentlich geeigneter ist, da sie viel schneller zu erstellen ist als die realistische und so die Motivation oben bleibt.
Ich glaube der Realismus würde mich und meinen Kumpel sehr schnell zum Abbruch verleiten.


Um noch ein wenig mehr Infos zu geben:

Dies hier sind zwei Grafiken von meinem Kumpel. Einmal der Hauptcharakter, der noch Namenlos ist:
Bild

Und dann ein Raum, der als Zimmer vom Hauptcharakter konzipiert wurde:
Bild

Entstanden ist das Werk, da wir zunächst uns mehr aus der Laune heraus ein paar Lebensdetails von einem potentiellen Hauptcharakter zusammengetragen haben. Und ein Mönch mit Punkvergangenheit fanden wir ganz gut. Hatte halt etwas individuelles. Daraufhin hat er schon angefangen zu zeichnen und ich mir eine Grundidee ausgedacht. Im Nachhinein hätte wahrscheinlich fast jeder aus einem Mönch mit Punkvergangenheit einen solchen Stil gewählt.


Die Story dreht sich zum eine Hetzjagd zwischen einem satanistischen Kult, der versucht das Necronomicon (das Buch der Toten) in seinen Besitz zu bringen um den Weg für Luzifer auf die Erde zu ebnen, und einem Orden, der genau dies verhindern will.
Der Hauptcharakter lebt mit Leuten zusammen, die diesem Orden angehören, das wird aber erst im Verlauf der Geschichte klar.
Schon fast zu Anfang gelingt dem Kult ein entscheidener Schritt nach vorne, der es nötig macht, dass der Hauptcharakter in die Arbeit des Ordens eingeweiht wird und mithelfen soll dem Kult Widerstand zu leisten.
In der jahrhundert-langen Suche nach dem Necronomicon sind beide Seiten auch auf andere mystischen Gegenstände und Legenden gestoßen. Der Orden hat unter anderem den Kyffhäuser-Mythos näher untersucht, der besagt, dass Friedrich Barbarossa einst wieder kommen wird um das Reich zu einen.
In diesem Zusammenhang muss der Hauptcharakter nun aus Gründen, deren Erläuterung hier wohl den Rahmen sprengen, Gegenstände von alten germanischen Königen & Kaisern holen muss um einen Gegenstand zu erschaffen, der den Vorteil des Kultes wieder ausgleicht...

Ich denke man sieht in welche Richtung sich das entwickelt.

Naja, vielleicht hab ich mir selber mal viel zu viel Gedanken gemacht, was die Grafikumsetzung angeht und anfangs dieses Denken ablegen sollte, dass alle Bereiche perfekt seien müssen. Wirkt sich wahrscheinlich kontraproduktiv aus.
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A.L.
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Beitrag von A.L. »

Ich denke das wichtigste ist erstmal seine derzeitigen Fähigkeiten richtig einschätzen zu können. Ob es schwerer ist realistisch zu zeichnen sei mal dahingestellt, kommt ganz auf die Qualität der Comicgrafik an. ;)
Ich glaube der Realismus würde mich und meinen Kumpel sehr schnell zum Abbruch verleiten.
Ich denke auch, zumal ein 2 Mann Projekt sowieso genug Motivation und Disziplin fordert. Fangt mit einem Stil an, den ihr beide ok findet und mit dem ihr Fortschritte machen könnt. Alles andere würde früher oder später zum Stillstand führen.
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Wolfgke
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Beitrag von Wolfgke »

Spiele wie Guest House (http://terminalhouse.com/guesthouse_en.html) - um nur ein zugegeben schlechtes Beispiel zu nennen - , zeigen, dass man auch mit Comicgrafik ernsthafte Geschichten rüberbringen kann.

Allerdings sollte man da auf natürliche Proportionen und Perspektive achten, damit es glaubhaft bleibt.
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