KhrisMUC hat geschrieben:Etwas Ähnliches hast Du schon im MMM-Forum geschrieben, und ich bin mir nicht sicher, wie ausführlich ich da geantwortet habe.
Du bist dem dort genauso aus dem Weg gegangen, wie hier.
KhrisMUC hat geschrieben:Was also naturwissenschaftliche Erkenntnisse angeht, verlasse ich mich ausschließlich auf die Wissenschaft. Moralische Grundsätze hingegen ziehe ich natürlich logischerweise nicht aus der Wissenschaft, wie denn auch? Aber genausowenig aus der Religion. Muss ich ja auch nicht.
Denn die Logik ist es, auf die ich mich beziehe. Du hast sehr gut beschrieben, worum es bei der Wissenschaft geht. Doch eines hast du vergessen. Unsere Hypothesen sind Aussagen, aus denen wir logisch weitere folgern können.
Auch wenn wir verschiedene Vorstellungen davon haben, w a s das Wesen der Moral ist, so gehe ich selbstverständlich davon aus, dass die Inhalte zumindest sich größtenteils überschneiden. Daher nehme ich den Imperativ "Du sollst nicht stehlen". Egal, welche Beobachtungen wir haben, wir können ihn nicht logisch aus wissenschaftlichen Beobachtungen herleiten. Wir könnten eine Statistik aufstellen, was den Leuten passiert, die klauen. Wenn wir herausbekommen, dass es diesen meist schlecht ergeht, dann mag man bestenfalls von einer Konditionierung sprechen. Andererseits treten negative Konsequenzen nur auf, wenn man sich erwischen lässt. Wir haben jetzt die Beobachtung "Wer klaut, der wird häufig erwischt. Und wer erwischt wird, der leidet negative Konsequeznen." Um von hier aber zu einer Folgerung im Imperativ zu gelangen, müssen wir entweder einen Imperativ einfließen lassen, oder ein weltanschauliches Dogma über die Natur des Menschen, in welchem sich ein weiterer Imperativ versteckt.
Man könnte vielleicht noch einen Weg über Sanktionierungen wählen, aber der führt uns zu reiner Konditionierung bzw. verfehlt das ursprüngliche Gesetz, da mit dem Ausbleiben der Sanktionierung auch die Motivation zum moralisch richtigen Handeln ausbleibt.
Versuch mir das moralische Gebot logisch aus echten Aussagen herzuleiten, hab dir da ja schon einen Anfang gegeben. Oder nimm dir von mir aus ein anderes.
Darum ging es mir, nicht um Argumente gegen das Christentum. Außerdem verlässt man da ja eigentlich den Sachverhalt, weil Argumente gegen einzelne Religionen kein Argument gegen Religion an sich ist.
Mir geht es nur darum, dass ich vermute, dass auch du irgendwo etwas annimmst. Vielleicht hilft dir das, Theisten besser zu verstehen. Der Mensch ist sich den meisten Konzepten und den dahinter stehenden Weltanschauungen in seinem Kopf nicht bewusst, auch wenn er gemäß ihnen handelt.
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Noch einige Stellungnahmen meinerseits zu einzelnen Äußerungen.
KhrisMUC hat geschrieben:Oder eine Schöpfung vorziehen, bei der irgendein allmächtiger, unsichtbarer Typ hoch oben einfach mit dem Finger schnippt?
Naja, dass das nicht gerade d i e christliche Vorstellung ist, weißt du auch
KhrisMUC hat geschrieben:
Ich versuche mal, mich möglichst kurz zu fassen:
Die Bibel beinhaltet drei Dinge:
A) eine Erklärung, wie das bekannte Universum und alles in ihm entstanden ist (wohlgemerkt ist hiermit ausschließlich eine Flache Erde, die im Zentrum allen Seins ist, und das Himmelzelt gemeint, was eine eindeutig menschliche Sichtweise ist, die Sichtweise eines bronzezeitlichen "Gelehrten")
Die Erde ist zwar an vielen, aber nicht an allen Stellen der Bibel flach - Aber das ist eigentlich auch egal, denn die Bibel will uns ja nicht darüber berichten, welche Form die Erde hat. Diese Beschreibung ist ja stets abhängig von den Vorstellungen der jeweiligen Autoren (nicht e i n e s Autoren, darüber sind wir uns relativ sicher). Ihr geht es um die Botschaft, die der Text beinhaltet (sowas in der Art wie: das alles hier hat einen Sinn). Natürlich ist dies meine Ansicht und es gibt christliche Gruppierungen, die eine 7-Tage-Schöpfung verteidigen. Aber dies ist nicht das Verständnis des Großteils der Christen.
KhrisMUC hat geschrieben:B) einen Moralkodex, basierend auf älteren Kodices, geprägt von damals vorherrschenden Vorstellungen (Sklavenhandel ist alltäglich, die Frau ist weniger Wert als der Mann, etc.)
KhrisMUC hat geschrieben:Religiöses "Wissen" hingegen veraltet immer mehr.
Nein, religiöses Wissen entwickelt sich stets in die unterschiedlichsten Richtungen weiter (aber auch der persönliche Glauben an sich ist ein Prozess). Daher ja auch die ganzen unterschiedlichen Meinungen und die ständige Weiteraufspaltung von christlichen Gemeinden, wenn es Streitigkeiten über die Lehre gibt. Daher ist es so schwer, das Christentum unter einen Hut zu packen, weil es eine ganze Menge sich ständig verändernder ideologischer Systeme sind, die man nur in den Grundlegensten Basics zusammenbringen kann (u.a. Christus).
Die Rolle der Frau ist ein tolles Beispiel dafür, dass Passagen anders interpretiert werden Die Evangelische Kirche Deutschland lässt ja Frauenpredigt zu. Manche Baptistischen Gemeinden auch, nicht alle, aber zumindest echte Baptistische Gemeinden
Darüberhinaus gibt es viele Stellen, die imho sehr stark gegen das von dir geäußerte Dogma, die Frau ist weniger wert als der Mann sprechen. Aber ich will das jetzt nicht pseudotheologisch auslegen - bei Bedarf aber gerne.
KhrisMUC hat geschrieben:Noch weniger Probleme würde es geben, wenn diese "gemäßigten" Christen den Gedanken zu Ende denken und ganz vom Glauben abfallen... scnr
Gerade weil sie w e i t e r denken, fallen sie nicht vom Glauben ab.
Wenn ich in keiner Weise moralisch indoktriniert werde, lerne ich wahrscheinlich am allerschnellsten, was "gut" und was "böse" ist.
Wie jene verwahrlosten Weisenkinder, über die wir uns bereits im MMM-Forum unterhalten haben und die k e i n moralisches Empfinden hatten. Aber dies liegt in unserer unterschiedlichen Auffassung des Wesens der Moral.
Woher haben die Christen den Hass auf Juden (überall)? Die Muslime den Hass auf alle Andersgläubigen (überall)? Die Protestanten den Hass auf Katholiken und umgekehrt (Irland)?
überall... ich finde, das klingt schon sehr hart. Ja, Antisemitismus ist schon ein sehr unglücklicher Aspekt, der unter Christenten tatsächlich vorkam und auch heute unter einigen noch vorkommt. Dass aber der Christ eingentlich aufgefordert ist, sogar seine Feinde zu lieben, steht schon relativ klar in der Bibel und ist, da es dort von Jesus selbst gesagt wird, von einem sich als Christen bezeichnenden Menschen nur sehr schwer abzulehnen.
Ich vermute andere Ursachen für den Antisemitismus als die Bibel. Die Kirche hat sich hier leider auch sehr unschön verhalten. Aber man kann es nicht der Religion an sich, sondern denen, die sie verwendet haben, zuschreiben. Hier treiben andere Faktoren.
Keinem Kind der Welt würde es von sich aus einfallen, ein Kind einer anderen Rasse, Religion oder ethnischen Gruppe schlecht oder anders zu behandeln.
Es ist aber vielleicht Menschen eingefallen. Auch wenn die älter waren.
Was jetzt kommt, bin nicht ich, sondern ein Evolutionsbiologe (und ich meine auch, sehr überzeugter Atheist), der einen Vortrag über die Illusion der Moral gehalten hat: Der Mensch, der in unserer modernden Gesellschaft mit viel zu vielen Fremden in Kontakt ist, hat dadurch einfach zu viele Rivalen. Die Vorsicht vor Fremden sei Produkt der Evolution, was vor Zeiten auch mal sehr vorteilhaft war. Der Mensch hat es bis jetzt noch nicht überwunden.
Die Ursache für Fremdenfeindlichkeit kann also genauso aus der Biologie kommen. Sie mag von deinem Ansatz aus genauso in den Genen stecken, wie die Moral (sogar Teil von ihr sein). Menschen könnten sie in ihre religiösen Vorstellungen hineingetragen haben, aber unter der notwendigen Rücksichtnahme auf das neue Testament kann man dies zumindest für das Christentum nicht den Grundprinzipien zuschreiben. Es liegt imho sehr deutlich eine Fehlinterpretation vor.
Irgendwie finde ich es gar bemerkenswert, sollte dieses Prinzip des groß gewordenen Auftretens von Rivalen der Tatsache entsprechen, wenn jemand vor 2000 Jahren schon weiter war als wir, indem er gegen den Strom Feindesliebe gepredigt hat. Vielleicht ist dies ein Wissen, was wirklich nicht veraltet ist, sondern bewahrt werden sollte.
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Kurz zu den Baptisten: es war die Westboro Baptist Church, anscheinend ein Verein soziopatischer Extremisten.
Hier der wenig freundliche
Flyer.
"ein Verein soziopatischer Extremisten" gefällt mir besser als "Baptisten", denn es sind ja tatsächlich keine. Aber den Fehler machen viele. Selbst die "Southern Baptists" sind im übrigen seit 2004 auch keine offziellen Baptisten mehr.
Ich denke nicht, dass weiterer Klärungsbedarf bezüglich der Vereinbarkeit solcher Prinzipien mit dem christlichen Glauben besteht. Diese Gruppen sind nicht sehr repräsentativ fürs gesamte Christentum und werden dort auch mit sehr großen Bedenken gesehen. Wenn aber noch Klärungsbedarf, dann gerne...