Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

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Fightmeyer
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Fightmeyer »

Darum gehts ja in erster Linie nicht. Wieviele Geschäfte das letztendlich tatsächlich machen würden sei jetzt erstmal dahingestellt. Denn wie Du schon gesagt hast, muß es sich ja für die Inhaber am Ende rechnen. Ich finde es aber beknackt, wenn der Staat bestimmte Tage von den Ladenöffnungszeiten generell ausschließt. Und im Falle des Sonntags halt mit freundlicher Unterstützung der Kirche.

Es sollte meiner Meinung nach jedem Ladeninhaber selber überlassen sein, wann er sein Geschäft öffnet und wann nicht.
Beowulf

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Beowulf »

Die Verkäufer sind hier die Egoisten wenn sie mehr Freizeit für sich und ihre Lieben wollen?
Natürlich. Schliesslich denken sie dabei nur an ihre Freizeit, und nicht daran, ob andere ihre Nahrungsmittel gut einkaufen können. Diese Arbeitszeitregelungen, wie sie im Einzelhandel lange üblich waren, kennen viele andere Branchen nicht, und die jammern nicht so viel rum.
Wenn ein Arzt nicht zur Stelle ist wenn ein Mensch verblutet kann er daran sterben, wiederum stirbt aber niemand dran, wenn er mal nicht bequem bis 20 Uhr shoppen gehen kann.
Wer nicht isst, stirbt auch! ;) Und wer immer nur Fastfood isst, weil er keine Zeit hat, frische Sachen einzukaufen, wird mit der Zeit krank.
Zudem ist erwiesen worden mal in einer Statistik, das die meisten gerade zu späterer Uhrzeit kaum etwas einkaufen, und dafür zahlt es sich dann die Geschäfte solang auf zu sperren?
Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast! Wenn ich so nach 18:00 Richtung Supermarkt gucke, ist dieser immer noch sehr gut besucht.
Auch Verkäufer haben einen Anspruch auf Freizeit und Familie, wer das anders sieht vertritt in meinen Augen eine sehr egoisitische Ansicht..
Auch wenn ich Gefahr laufe, mich zu wiederholen: Auch viele andere Berufsgruppen müssen flexibel sein. Diese Extraregelungen für den Einzelhandel durch den Gesetzgeber finde ich ungerechtfertigt.
Es gibt für alles einen Weg, anstatt ewig nur zu meckern, und die Verkäufer als die Egoisten hin zu stellen!
Ich habe eher das Gefühl, das die Verkäufer jammern und meckern, anstatt die Zeichen der Zeit zu sehen. Von vielen Leuten wird verlangt, dass sie flexibel sind, daher müssen die Ladenöffnungszeiten auch flexibler gestaltet werden, damit sich jeder Grundnahrungsmittel kaufen kann.
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Sternchen
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Sternchen »

Beowulf hat geschrieben: Natürlich. Schliesslich denken sie dabei nur an ihre Freizeit, und nicht daran, ob andere ihre Nahrungsmittel gut einkaufen können. Diese Arbeitszeitregelungen, wie sie im Einzelhandel lange üblich waren, kennen viele andere Branchen nicht, und die jammern nicht so viel rum.
Auch Verkäufer haben Familie, und das Recht sich um diese kümmern zu dürfen, das steht ja wohl außer Frage.
Das wird mit Arbeitszeiten aber bis 22 Uhr nicht mehr möglich sein.




Beowulf hat geschrieben: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast! Wenn ich so nach 18:00 Richtung Supermarkt gucke, ist dieser immer noch
Die meisten Leute stürmen eher zu Sa die Supermärkte da wär es besser gezielt offen zu lassen, als wie immer.
Denn würde es zum Normalfall werden das man immer bis 22 Uhr einkaufen gehen kann, würde sich kaum noch wer blicken lassen, oder wegen jeder Kleinigkeit einkaufen gehen.
Dann entwickelt sich einkaufen wirklich nur noch zu einen: So mir ist langweilig was will ich als nächstes haben?und nicht mehr zu dem das man daran denkt, seinen Grundbedarf an Nahrungsmitteln zu decken, für die Woche.
Auch wenn ich Gefahr laufe, mich zu wiederholen: Auch viele andere Berufsgruppen müssen flexibel sein. Diese Extraregelungen für den Einzelhandel durch den Gesetzgeber finde ich ungerechtfertigt.
Verkäufer sind keine Ärzte oder Sanitäter, jeder sollte selbst frei entscheiden können wie lang seine Dienstzeiten sind und nicht das ihm das aufgezwungen wird, da er sonst gekündigt wird,und das würde vielen Verkäufern blühen,würden sie etwas dagegen sagen.
Kümmert es den Arbeitgeber nein?
Der nächste steht um die Ecke und will Arbeit, ohne das er weiss was ihn erwartet.
Ich habe eher das Gefühl, das die Verkäufer jammern und meckern, anstatt die Zeichen der Zeit zu sehen. Von vielen Leuten wird verlangt, dass sie flexibel sind, daher müssen die Ladenöffnungszeiten auch flexibler gestaltet werden, damit sich jeder Grundnahrungsmittel kaufen kann.

Komisch mir kommts eher so vor, wie als würden die meiste Leute eher darüber jammern das sie nicht wegen jeder Tüte Gummibärchen noch spätabends um Mitternacht nicht mehr ins Geschäft könnten.
Ich denke das selbst anstrengende Jobs, wie Sanitäter und Ärzte, etc nicht dauernd von von 0-24 Dienst haben, das würde auch kaum ein Mensch gesundheitlich aushalten, und somit finden auch solche mit ihren Dienstzeiten sicher einen Weg, einkaufen zu gehen.
Lieber einen Groß Einkauf pro Woche anstatt wegen jeder Kleinigkeit in den Supermarkt zu rennen, denn das frisst Zeit und Nerven.
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.


Menschen und Dinge verlangen verschiedene Perspektiven. Es gibt manche, die man aus der Nähe sehen muß, um sie richtig zu beurteilen, und andere, die man nie richtiger beurteilt, als wenn man sie aus der Ferne sieht.

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neon
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von neon »

Sternchen hat geschrieben:
Auch Verkäufer haben Familie, und das Recht sich um diese kümmern zu dürfen, das steht ja wohl außer Frage.
Das wird mit Arbeitszeiten aber bis 22 Uhr nicht mehr möglich sein.
Auch Busfahrer, Feuerwehrleute, Taxifahrer, Zugführer, Polizisten, Sanitäter und Lagerarbeiter haben Familie und das Recht sich um diese kümmern zu dürfen. Trotzdem schränkt keiner ihre Arbeitszeiten ein. Und die arbeiten nachts.
Dann entwickelt sich einkaufen wirklich nur noch zu einen: So mir ist langweilig was will ich als nächstes haben?und nicht mehr zu dem das man daran denkt, seinen Grundbedarf an Nahrungsmitteln zu decken, für die Woche.
Und genau dieses 'das will ich jetzt haben' ist ein Markt, den im Moment die Kioske und Tankstellen unter sich aufteilen. Daß der Einzelhandel nicht gerne sieht, daß ihm der Gesetzgeber da einen Riegel vorschiebt, kann ich voll und ganz verstehen. Es gilt schließlich immer noch der Grundsatz 'gleiches Recht für alle'.
Verkäufer sind keine Ärzte oder Sanitäter, jeder sollte selbst frei entscheiden können wie lang seine Dienstzeiten sind und nicht das ihm das aufgezwungen wird, da er sonst gekündigt wird,und das würde vielen Verkäufern blühen,würden sie etwas dagegen sagen.
Verkäufer sind aber auch nichts Besseres als Ärzte oder Sanitäter, warum sollten sie besser durch den Staat geschützt sein?
Kümmert es den Arbeitgeber nein?
Der nächste steht um die Ecke und will Arbeit, ohne das er weiss was ihn erwartet.
Richtig, das nennt man freie Marktwirtschaft. Wer sich dem Markt nicht anpassen will, und das muß man inzwischen in fast allen Bereichen, der bleibt auf der Strecke. Die Zeit der Bequemlichkeit ist schon lange vorbei.

Komisch mir kommts eher so vor, wie als würden die meiste Leute eher darüber jammern das sie nicht wegen jeder Tüte Gummibärchen noch spätabends um Mitternacht nicht mehr ins Geschäft könnten.
Ist auch so. Ist nämlich ein verschenkter Markt.
Ich denke das selbst anstrengende Jobs, wie Sanitäter und Ärzte, etc nicht dauernd von von 0-24 Dienst haben, das würde auch kaum ein Mensch gesundheitlich aushalten, und somit finden auch solche mit ihren Dienstzeiten sicher einen Weg, einkaufen zu gehen.
Genau wie die Verkäufer nicht von 0-24 Uhr arbeiten müssten und auch Zeit finden würden, ihren restlichen Kram zu erledigen.
Lieber einen Groß Einkauf pro Woche anstatt wegen jeder Kleinigkeit in den Supermarkt zu rennen, denn das frisst Zeit und Nerven.
Das sehe ich anders. Gerade Frischfleisch kaufe ich nie auf Vorrat.
Ich kaufe nur das, was ich direkt verbrauche.
"Ich habe mich so gefühlt, wie Sie sich fühlen würden, wenn sie auf einer Rakete sitzen, die aus zwei Millionen Einzelteilen besteht - die alle von Firmen stammen, die bei der Regierungsausschreibung das niedrigste Angebot abgegeben haben"

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Sternchen
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Sternchen »

neon hat geschrieben:

Auch Busfahrer, Feuerwehrleute, Taxifahrer, Zugführer, Polizisten, Sanitäter und Lagerarbeiter haben Familie und das Recht sich um diese kümmern zu dürfen. Trotzdem schränkt keiner ihre Arbeitszeiten ein. Und die arbeiten nachts.
Ja ohne Frage, für solche wäre ein Shop der Rund um die Uhr auf hat von Vorteil.




neon hat geschrieben: Verkäufer sind aber auch nichts Besseres als Ärzte oder Sanitäter, warum sollten sie besser durch den Staat geschützt sein?
Sie sind nicht besser geschützt, nur warum sollten sie sich nun kaputt arbeiten, etwa weil jeder von 0-24 shoppen möchte?
Es wird sicher Fillialen geben wo es genügend Personal gibt und niemand darunter leidet,nur dort wo man einsparen muss, hat dann der ein oder andere notgedrungen das zu machen was der Chef will, und das wird mit Sicherheit vorkommen.
Das ist belastend und geht auf die Substanz von jeden Menschen und genau da hab ich meine Bedenken das das passieren wird, und genau deswegen kritsiere ich es.
Verkäufer sollen sich rund um die Uhr kaputt arbeiten damit jeder seine Lebensmittel, Kleidung, Spiele, etc holen kann?
Es gibt sicher Leute die über einen Dienst, wenn sie später einkaufen gehen können dankbar sind, wiederum aber auch die Sorte Mensch die einfach nur Gelegentlich shoppen, und davon gibts eine Menge, und nun ist die Frage was überwiegt?
Für die anderen die nur Shoppen aus einer Laune heraus bin ich ehrilich nicht gewillt bis 24 Uhr in einen Geschäft zu stehen.
Nächstes Problem wie kommen die meisten dann nach Hause?
Klar mit Auto soll sich nun jeder Verkäufer ein Auto für die Arbeit zulegen, nur weil auf Dauer Taxi zu teuer wär?und die Nightline in Wien nur knapp alle 45min kommt?
Das ist belastend für jeden!
Ka wie es mit anderen Nachtverbindungen in anderen Ländern aussieht, nur ich bin von denen in Wien alles anderes als begeistert..
Ich möchte nicht gezwungen sein, einen so langen Dienst an zu treten, oder ansonsten die Option habe meinen Job zu verlieren,und find es alles andere als fair.


Das sehe ich anders. Gerade Frischfleisch kaufe ich nie auf Vorrat.
Ich kaufe nur das, was ich direkt verbrauche.

Obst und Gemüse, Fleisch kauft jeder gerne frisch, aber wenn dann wird es auch meist schnell verzehrt.
Nur da diese Lebensmittel beachtlich teurer wurden, hab ich meine Zweifel das die Leute das jeden Tag kaufen, oder kaufen wollen.
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.


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neon
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von neon »

Sternchen hat geschrieben:

Obst und Gemüse, Fleisch kauft jeder gerne frisch, aber wenn dann wird es auch meist schnell verzehrt.
Nur da diese Lebensmittel beachtlich teurer wurden, hab ich meine Zweifel das die Leute das jeden Tag kaufen, oder kaufen wollen.
Ich mache das. Ich komme auf dem Weg von der Arbeit (ja, in der Spätschicht nach 21 Uhr), automatisch an meinem Supermakt vorbei und kaufe genau das was ich brauche. Ich kaufe auch nicht jeden Tag, aber ich kaufe es dann, wenn ich es essen will.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

neon hat geschrieben:Richtig, das nennt man freie Marktwirtschaft. Wer sich dem Markt nicht anpassen will, und das muß man inzwischen in fast allen Bereichen, der bleibt auf der Strecke. Die Zeit der Bequemlichkeit ist schon lange vorbei.
Genauso könnte man sagen, wer als Händler sich nicht halten kann, der geht eben unter. Das ist eben so ;)
Ob das Recht des Stärkeren nun wirklich das Non-Plus-Ultra ist, wage ich zu bezweifeln. Es ist nicht konstitutiv für das, was wir im allgemeinen für das Fällen unserer Werturteile heranziehen. Aber vielleicht lassen wir das doch besser. Auch wenn ich die ganze Diskussion hier mit angestoßen habe, denke ich, dass wir nicht weiter kommen, wenn wir nur gucken, wer wann wie übervorteilt wird. Jeder sieht das aufgrund seiner Prämissen anders.

Es geht hier nicht um die Versorgung oder darum, welche moralischen Grundsätze nun für die wirtschaftliche Gestaltung unseres Staates gelten müssen. Wenn die Geschäfte Montag bis Samstag, von 8:00 bis 22:00 aufhaben, dann wird jeder Mensch in diesem Land es irgendwie geschissen kriegen, seine Einkäufe zu erledigen. "Wer nicht isst, stirbt auch!" ist zwar wahr, aber wer ernsthaft befürchtet, dass diese Zeitspanne so eng bemessen ist, dass wir in unserem Land fürchten müssen, dass jemand deshalb verhungert ist lächerlich (und unter neons Anmerkung wäre eine Verhungerung auch einfach nur als Lauf der Dinge und nicht zwangsläufig als negativ zu bezeichnen). Ich hab auch mal ein paar Arbeitszeitstatistiken gegoogelt und die Zahlen häuften sich um 40 Stunden. Selbst wenn wir einkalkulieren, dass ein Arbeiter unter Normalbedingungen auch mal 60 Stunden arbeitet (kenne Leute, die das jede Woche haben), bleiben bei obigen Geschäftsöffnungszeiten noch ein ganzer Tag an Stunden über, der zum Einkaufen verwendet werden kann.


Mal eine gewagte Betrachtung aus anderer Perspektive:

Das Problem mit den Ladenöffnungszeiten ist imho nicht nur das Empfinden einer Einschränkung der Grundbedürfnisse und die Existenz sozialer Schutzbedingungen, die den total freien Markt und damit das einschränken, was man als individuelle Freiheit bezeichnet. Neben der Verteidigung des freien Marktes (wo ich neon zumindest einordne), die auf politischen Ideologien beruht, gibt es vielleicht noch eine andere Gruppe:
Das Problem liegt für einige dieser vielleicht daran, dass es nicht nur eine Sache, für die es pro und kontra gibt, sondern daneben auch eine christlich-jüdische Tradition.

Dies ist vielleicht ein Aspekt, in dem die Trennung von Kirche und Staat für den ein oder anderen vielen vielleicht nicht streng genug ist. Es geht nicht um die weltanschauliche Neutralität des Staates und der politischen Unabhängigkeit (wie ich diesen Begriff zumindest bisher verstanden habe), sondern vielmehr geht es um das Ziel der Trennung von Kirche und Öffentlichkeit - die Verbannung des Religiösen in das Private, die im Gegensatz zur Religionsfreiheit steht und eine Aufhebung der weltanschaulichen Neutralität des Staates fordert. An dem freien Sonntag lässt sich immer noch eine Präsenz der Religion in der Gesellschaft erkennen, vielleicht liegt hier für einige Angst eine Angst, dass man weltanschaulich infiltriert wird?

---

Was zumindest in diese Richtung deuten könnte und mich ein bisschen schockt, ist die geforderte Ausgrenzung von Anhängern gewisser Religionsgemeinschaften von bestimmen Berufsfeldern. Fightmeyer und auch Sternchen sprechen sich ja dafür aus, zumindest was den Reli-Unterricht angeht.
Fightmeyer hat geschrieben:Also daß man die Religionen im Rahmen eines Unterrichtsfaches den Schülern näher bringt halte ich auch für sinnvoll. Alerdings sollten die Lehrer keiner der Religionen angehören, da es meiner Meinung dann nur zu einer Darstellungsverzerrung kommen kann.
Sternchen hat geschrieben:Richtig und wenn jemand angehörig dieser Religion ist und inbrünstig den Unterricht vermittelt, könnten viele Schüler den Eindruck bekommen, man wollte sie von dieser Religion überzeugen oder dazu gewinnen, oder das man die Werte dieser Religion ungewollt aufgezwungen bekommt..
Pädagogisch gesehen könnte eine inbrünstige Vermittlung eher zu Abneigung führen, vor allem wenn sie innerhalb der Abgrenzungsphase von den Erwachsenen geschieht. Außerdem ist das andere Extrem, also jemand, der von der Schlechtigkeit aller Religionen überzeugt ist, genauso bedenklich als Lehrer. Wobei er Für die Weltreligionen aus missionarischer Sicht vielleicht sogar sinnvoller sein wird, als das vorherige Szenario.

Möchte noch einmal einige Gedanken von vorhin hervorbringen, weil ich es schön fände, wenn auf diese noch mal eingegangen werden könnte und weil sie auch geeignet ist, wieder zum Thema zurück zu kommen (komplett kann man das noch mal auf der letzten Seite nachlesen)
Kruttan hat geschrieben: Was die Darstellungsverzerrung angeht: Jeder gibt auch unbewusst die Dinge weiter, die ihm persönlich wichtig sind. Und ein Mensch, der keine weltanschaulichen Grundsätze hat (sofern es einen solchen Menschen überhaupt gibt), der wird sogar auch dies weitergeben. [...] Ziel [des Unterrichts sollte] ist ein kritischer, reflektierter Umgang mit der Religion [sein]. Nicht die Überzeugung der Richtigkeit einer bestimmter. [...] Wichtig ist imho die Möglichkeit der Pluralität. Ich stimme dir zu, dass alle Weltreligionen unterrichtet werden müssen, allein schon deshalb, weil es bei uns auch immer "bunter" wird. [...] [Die] Schüler [sollten] gewisse Kompetenzen erlangen: unter anderem die Fähigkeit zur Skepsis, Reflektion, dem Sich-in-eine-Sache-Hineindenken (und sie auch zu Ende denken können), des Bewusstseins eigener Verantwortung etc.
Diese Kompetenzen sind im ganzheitlichen Schulunterricht (und auch außerhalb dessen) zu erwerben und tragen unter vielem anderen auch dazu bei, dass auch die Entscheidung zu einer bestimmten Religion getroffen werden kann. Dies ermöglicht ja auch erst die Kritik an der eigenen Religion, was viel eher zum einem Religionswechsel führen mag, als eine simple Präsentation der Inhalte einer anderen Religion [und auch eher als eine inbrünstige Weitervermittlung der Glaubensgrundsätze dieser Religion]. Und es ermöglicht nach der Religionswahl ein verantwortungsbewusstes Leben innerhalb dieser.
>>Laverne, wie bist du nach oben gekommen?<<
>>Ich bin oben? Ups.<<
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Mic
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Mic »

Ich bin wohl alles andere als ein Anhänger der Kirche und wenn ich auf einen Kreationisten stoße, möchte ich ihm am liebsten seine Bibel wortgetreu um die Ohren hauen.

Trotzdem erzähle ich meinen Neffen (10 und 9 Jahre) nicht, dass das alles Humbug sei, wenn sie von ihrem Religionsunterricht erzählen. Ich weise einzig und allein darauf hin, dass es Menschen gibt, die etwas anderes „glauben”. Zeige ihnen sozusagen die andere Seite. Was sie letztendlich glauben, bleibt ihnen überlassen.

Dass ich das überhaupt tue, dafür sorgt freilich meine eigene Weltanschauung. Wäre ich gläubiger Christ, würde ich wahrscheinlich ihnen nur zustimmen und gemeinsam mit ihnen die brutalsten Stellen der Bibel nachspielen.

Ich habe auch nichts gegen Religionsunterricht. Die Religionen spielen eben eine große Rolle in unserer Kultur (allen voran die christliche), warum sie also nicht im Unterricht behandeln? Und da dass Christentum in unseren Breitengraden nun mal am stärksten vertreten ist, ist es nur logisch, wenn sie im Vordergrund steht.

Warum ich nichts dagegen habe? Ich wurde von Nonnen, Pastoren und überzeugten Christen unterrichtet, und? Weder ich, noch die meisten meiner Klassenkameraden rufen den heiligen Krieg gegen Andersgläubige oder Naturwissenschaftler aus. Im klassischen Religionsunterricht sehe ich keine Gefahr. Erst wenn es anfängt, dass naturwissenschaftliche Themen zensiert werden, dann würde ich meine Stimme erheben.
Wenn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nichts weiter sind als verlorene Ideen aus einer anderen Ära,
etwa wie Boote auf einem ausgetrockneten See, dann ist die Beendigung eines Prozesses nie zu definieren.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Threepbrush »

Kruttan hat geschrieben:[Die] Schüler [sollten] gewisse Kompetenzen erlangen: unter anderem die Fähigkeit zur Skepsis, Reflektion, dem Sich-in-eine-Sache-Hineindenken (und sie auch zu Ende denken können), des Bewusstseins eigener Verantwortung etc.
Diese Kompetenzen sind im ganzheitlichen Schulunterricht (und auch außerhalb dessen) zu erwerben und tragen unter vielem anderen auch dazu bei, dass auch die Entscheidung zu einer bestimmten Religion getroffen werden kann.
Oder sie tragen dazu bei, dass man sich dafür entscheidet, sein Leben ohne Religion zu leben...was ja auch legitim ist und für mich persönlich der beste Weg ist.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Mic hat geschrieben:Dass ich das überhaupt tue, dafür sorgt freilich meine eigene Weltanschauung. Wäre ich gläubiger Christ, würde ich wahrscheinlich ihnen nur zustimmen und gemeinsam mit ihnen die brutalsten Stellen der Bibel nachspielen.
Naja, und wärst du überzeugter Atheist, würdest du Arbeitslager bauen und ganze Volksgruppen bestimmter Religionszugehörigkeiten zwecks Eliminierung dahin portieren ;)
>>Laverne, wie bist du nach oben gekommen?<<
>>Ich bin oben? Ups.<<
Beowulf

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Beowulf »

Religion ist nichts, was man lernen muss, sondern etwas, was man leben muss.

Religionsunterricht bringt nichts, wenn das persönliche Umfeld eher antireligiös geprägt ist, wenn man vielleicht Weihnachten in die Kirche geht, sich aber sonst nicht um die Religion schert.

Es ist daher schwierig, in den Schulen einen Religionsunterricht zu etablieren, der allen Ansprüchen gerecht wird, denn welcher Religion will man den Vorzug geben? Sind nur Christentum, Buddhismus und Islamismus richtige Religionen? Wie sieht es aus mit den alten Glauben der Griechen, Indianer, Afrikaner, Eskimos und vielen anderen Völker aus?
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von DieFüchsin »

Ich persönlich finde, dass es mutiger ist, seinen Glauben zu leben, anstatt seinen Atheismus.
Wieviel Mut gehört schon dazu, zuzugeben, dass man an nichts glaubt, in einer Welt die ihren Glauben an alles verloren hat? Im Mittelalter wärs vielleicht was anderes gewesen, aber heute...

Und das Christentum gehört nun einmal zu unserer Kultur. Viele Feiertage basieren auf religiösen Ursprüngen und ich finde , es ist ein Ding der Allgemeinbildung, über die Wurzeln unserer Kultur bescheid zu wissen.
Ich denke nicht, dass im Religionsunterricht irgendjemand dazu gezwungen wird, etwas zu glauben, jemandem nachzuplappern oder mit brennenden Bibeln Atheisten und Muslime zu bewerfen.
Danke, Adventuretreff! <3
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DasJan
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von DasJan »

Kruttan hat geschrieben:
DasJan hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben:Lassen wir Büroarbeiter am Wochenende frei haben und diejenigen, die für diese Büroarbeiter Dienstleistungen erbringen nicht, so geben wir den Büroarbeitern eine höhere Priorität.
Nur solange der Sonntag einen Sonderstatus hat. Wenn ich sage: alle Männer müssen blaue Uniformen anziehen und alle Frauen rote Uniformen, dann bevorzuge ich ja weder Männer noch Frauen. Erst wenn blau aus irgendeinem Grund die bessere, wichtigere, von Gott gesegnete Farbe ist, dann wird das unfair.
Erstens habe ich das Anrecht auf einen freien Sonntag nicht durch naiv-religiöse Behauptungen der Marke "er ist von Gott gewollt" begründet, daher finde ich diesen Vergleich unangebracht.
Ich glaube, du hast das ein bisschen in den falschen Hals bekommen. Ich wollte dir nicht unterstellen, dass du mit göttlicher Intention argumentierst, sondern nur deutlich machen, dass viele das eben tun. Es ging mir nur um den Sonderstatus, wie auch immer man ihn begründet.
Kruttan hat geschrieben:Drittens bezog ich mich auf deinen Vorschlag, Büroarbeitern das Wochenende frei zu lassen, während die Einzelhändler dafür zwei Tage in der Woche frei bekommen. Damit räumen wir diesen das Recht auf ein freies Wochenende ein, welches mehr Wert hat als das Recht auf zwei freie Wochentage, weil
Das setzt immer noch voraus, dass es etwas wie ein "Wochenende" gibt. Wenn jeder Tag gleich ist, wäre ja gar nicht mehr definiert, wann Schüler frei haben.
Kruttan hat geschrieben:Sofern du das doch so verstanden hast, dann frage ich mich, wie die Aufhebung des Sonderstatus dann verstehst. Warum ein anderes Ansehen dafür sorgen würde, dass es fair ist, Büroarbeitern zwei gemeinsame, freie Tage mit ihren Kindern zu gönnen und Arbeitern des Einzelhandels nicht...
Ich habe nie davon gesprochen, Büroarbeitern mehr Recht auf Familie zu geben als Leuten im Einzelhandel. Wie wäre es denn, wenn es Schulen gäbe, die Mo/Di frei haben und andere, die Sa/So frei haben (und vielleicht andere mit weiteren Kombinationen? Mir ist auch klar, dass solche gesellschaftlichen Veränderungen nicht per Fingerschnippen durchgesetzt werden können. Das ist mehr ein Gedankenexperiment, keine politische Forderung.
Kruttan hat geschrieben:Ich wollte darstellen, dass ein Modell welches sagt: "Büroabreiter haben mehr Anrecht auf Familie als Einzelhandelsarbeiter" allgemein als unfair empfunden wird. Wenn wir es als unfair empfinden, so setzten wir ein Glaubensaxiom (dieses muss nicht aus religiöser Motivation kommen - und kommt es meist auch nicht) voraus, das sagt "ein Mensch hat den gleichen Wert und die gleichen Rechte, egal ob er in einem Büro oder im Einzelhandel arbeitet" oder "Jeder Mensch sollte das gleiche Anrecht auf Familie haben".
Wieso nennst du so eine Annahme "Glaubensaxiom"? Was muss ich denn "glauben" (im Sinne von "vermuten"), um dieses Axiom rechtfertigen zu können. Es ist einfach eine moralische Grundannahme, die logisch aus dem Wunsch hervorgeht, in einer harmonischen Gesellschaft zu leben, denn bei hinreichend wenigen Abweichlern führt die Annahme zu einem stabilen Zustand.
Kruttan hat geschrieben:Und der Raum dürfte außerdem neben seiner traditionellen Prägung auch noch Opus Dei Hochburg sein,
Huch. Mit denen hatte ich hier eigentlich noch keine Probleme. ;) Woher kommt die Info?
Kruttan hat geschrieben:Mir ist aber kein Gesetz bekannt, welches dir das Feiern verbietet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot
Kruttan hat geschrieben:1. Korinther 8, übers Götzenopfer, also über unreines Essen unter die Nase halten: "Aber die Speise fördert uns vor Gott nicht: essen wir, so werden wir darum nicht besser sein; essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger sein."
Das ist genauso vage wie das Meiste in der Bibel und wird vom gemeinen Wald-und-Wiesen-Christen sicher so interpretiert, wie es ihm gerade recht ist. "Wenn du nicht isst (oder feierst), wirst du darum nicht weniger sein. Es schadet dir also nicht, mal nicht zu feiern."
Kruttan hat geschrieben:warum soll der Staat ausgerechnet auf die Partnerschaft mit den Kirchen verzichten, aber nicht auf Partnerschaft und Unterstützung von allen Körperschaften, Gesellschaften, Hilfsorganisationen etc.? Warum darf der Staat eine Schiffsbau-Gesellschaft unterstützen, diverse Stiftungen und Institute, seien sie wissenschaftlicher oder sozialer Art, aber bei der Kirche soll Schluss sein?
Der Staat zieht für keine Schiffsbau-Gesellschaft Mitgliedsbeiträge ein. Für die Kirche schon, und das auch noch in Abhängigkeit vom Einkommen, das die Kirche eigentlich gar nichts anzugehen hat. Der Staat unterrichtet auch keine höchst umstrittenen Sagen der Schiffsbau-Gesellschaft als Fakt in den Schulen.
Kruttan hat geschrieben:Warum muss man eigene Institutionen schaffen, die extra Steuer für diese einziehen?
Braucht man ja nicht, die Kirche gibt es ja schon. Und die könnte ihre Mitgliedsbeiträge selbst einziehen, wie jeder andere Verein auch.
Kruttan hat geschrieben:Außerdem tritt der Staat auch an die Kirchen heran, wenn er Aufgaben zu bewältigen hat, die er aufgrund seiner Neutralität gar nicht leisten kann.
Welche meinst du?
Kruttan hat geschrieben:
Es sollte auch weniger in der Religion unterrichtet werden, als vielmehr, einfach nur alle Religionen und ihre Inhalte vorzustellen. Dann kann sich der Schüler selber überlegen, ob er irgendetwas davon annehmen möchte.
Einspruch. Das ist der Fall.
Vielleicht sollte es der Fall sein, aber es ist nicht der Fall. Ich musste in der Grundschule die Arche Noah malen und biblische Figuren auswendig lernen und es ist niemand auf die Idee gekommen, zu erwähnen, dass das vielleicht Märchen sind.
Kruttan hat geschrieben:Und bei uns konnte man zwischen evangelischer, katholischer Religion als auch Werte und Normen wählen. Ich halte dieses Modell und die Entscheidung eines jeden Schülers für eins dieser Fächer für sinnvoll.
Frage 1: Auf welcher Grundlage soll ein Kind entscheiden, welches Fach es wählt, wenn es von Geburt an nur mit einer bestimmten Religion indoktriniert wurde? Frage 2: Wieso kann man nicht noch Islam, Buddhismus, Judentum, Atheismus wählen? Wieso diese Fixierung auf eine Religion?
Ich bin dafür, ein Fach (ohne Wahlmöglichkeit) anzubieten, in dem alle Religionen aus kritischer Distanz heraus unterrichtet wird. Nicht "Anschließend hat Noah...", sondern "Juden glauben, dass...", "Aus muslimischer Perspektive ist Abtreibung falsch, weil...", "Nach einer Analyse der Bibeltexte, die so und so gemacht werden kann, wissen wir, dass die Evangelisten A und B von derselben Urquelle Q abgeschrieben haben..." und so weiter.
Kruttan hat geschrieben:Stattdessen sollten die Schüler gewisse Kompetenzen erlangen: unter anderem die Fähigkeit zur Skepsis, Reflektion, dem Sich-in-eine-Sache-Hineindenken (und sie auch zu Ende denken können), des Bewusstseins eigener Verantwortung etc.
Zustimmung. Durch Religionsunterricht, wie ich ihn lange Zeit (nicht die ganze Zeit) erlebt habe, passiert das aber nicht.
DieFüchsin hat geschrieben:Ich persönlich finde, dass es mutiger ist, seinen Glauben zu leben, anstatt seinen Atheismus.
Jemand zieht eine Karte aus einem Kartenspiel und fragt dich, was er in der Hand hat. Dann ist es vielleicht mutiger, zu sagen, "Pik Ass" (was du vielleicht glaubst), als zu sagen, "Eine Karte" (was du weißt), aber auch dümmer.

Das Jan
"If you are the smartest person in the room, you are in the wrong room."
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

DasJan hat geschrieben: Ich habe nie davon gesprochen, Büroarbeitern mehr Recht auf Familie zu geben als Leuten im Einzelhandel. Wie wäre es denn, wenn es Schulen gäbe, die Mo/Di frei haben und andere, die Sa/So frei haben (und vielleicht andere mit weiteren Kombinationen? Mir ist auch klar, dass solche gesellschaftlichen Veränderungen nicht per Fingerschnippen durchgesetzt werden können. Das ist mehr ein Gedankenexperiment, keine politische Forderung.
Das würde die Entwicklung zweier Parallelgesellschaften in unserem Land bedeuten. Wenn Kinder aus dem Einzelhandel auf andere Schulen müssen als Kinder aus Büroarbeitern, ist dies ziemlich sicher der Fall.
Problematisch sind Beziehungen zwischen den Ständen, wobei die Gesellschaften schon durch die unterschiedlichen Umfelder eher nicht untereinander Ehen schließen werden...

die Frage ist, ob man zwei Gesellschaften will...
Kruttan hat geschrieben:Ich wollte darstellen, dass ein Modell welches sagt: "Büroabreiter haben mehr Anrecht auf Familie als Einzelhandelsarbeiter" allgemein als unfair empfunden wird. Wenn wir es als unfair empfinden, so setzten wir ein Glaubensaxiom (dieses muss nicht aus religiöser Motivation kommen - und kommt es meist auch nicht) voraus, das sagt "ein Mensch hat den gleichen Wert und die gleichen Rechte, egal ob er in einem Büro oder im Einzelhandel arbeitet" oder "Jeder Mensch sollte das gleiche Anrecht auf Familie haben".
Wieso nennst du so eine Annahme "Glaubensaxiom"? Was muss ich denn "glauben" (im Sinne von "vermuten"), um dieses Axiom rechtfertigen zu können. Es ist einfach eine moralische Grundannahme, die logisch aus dem Wunsch hervorgeht, in einer harmonischen Gesellschaft zu leben, denn bei hinreichend wenigen Abweichlern führt die Annahme zu einem stabilen Zustand.
Du sagst selbst, dass es sich deine Grundausnahme aus einem Wunsch herleitet. Einer Sache, von der du glaubst, sie sei gut.
Vielleicht noch mal mehr dazu später, wenn wir bei Heisenberg sind...
Kruttan hat geschrieben:Und der Raum dürfte außerdem neben seiner traditionellen Prägung auch noch Opus Dei Hochburg sein,
Huch. Mit denen hatte ich hier eigentlich noch keine Probleme. ;) Woher kommt die Info?
Ich kenne evangelische Christen aus der Gegend, die sehr darunter zu leiden hatten. Meist, weil die Eltern der Opus-Deisten natürlich ihren Kindern untersagen, mit Andersgläubigen zu spielen etc.

Allerdings wirst du mit denen nichts zu tun bekommen, du gehörst nicht in deren Zielgruppe. Allerdings tragen sie schon zu einer konservativeren Prägung der Region bei.
Kruttan hat geschrieben:Mir ist aber kein Gesetz bekannt, welches dir das Feiern verbietet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tanzverbot
Sorry, wusste ich nicht. Ich stimme dir zu, das Gesetz ist scheiße und sollte abgeschafft werden ;)
Hat nix mit Religionsfreiheit zu tun.
Kruttan hat geschrieben:1. Korinther 8, übers Götzenopfer, also über unreines Essen unter die Nase halten: "Aber die Speise fördert uns vor Gott nicht: essen wir, so werden wir darum nicht besser sein; essen wir nicht, so werden wir darum nicht weniger sein."
Das ist genauso vage wie das Meiste in der Bibel und wird vom gemeinen Wald-und-Wiesen-Christen sicher so interpretiert, wie es ihm gerade recht ist. "Wenn du nicht isst (oder feierst), wirst du darum nicht weniger sein. Es schadet dir also nicht, mal nicht zu feiern."
Naja, es geht da schon um das Verhältnis von Christen und Heiden. Natürlich ist alles Interpretationssache, aber das NT setzt sich eben von einem zu klaren Regel-Schema ab. Dennoch würde ich nicht sagen, dass alles in der Bibel völlig willkürlich auf alle Arten interpretiert werden kann. Es gibt Stellen die in Spannung stehen, weil es eben keinen Regelkatalog gibt, den es abzuarbeiten gibt. Da entsprechen andere Religionen vielleicht eher den allgemeinen Erwartungen. Ich gehe aber davon aus, dass jeder Text nur ein begrenztes Spektrum an Interpretationen zulässt. Aber das ist Interpretationstheorie und führt zu weit vom Schema weg... außerdem müsste man sich für die Beantwortung dieser Frage erst mal auf die Bibel richtig einlassen, normalerweise werden in solchen Diskussionen aber nur die schwierigsten Sachverhalte herausgegriffen und mit ein paar blutigen Stellen gespickt, für derren gerechter Klärung es mehr als ein Theologiestudium braucht.
Der Staat unterrichtet auch keine höchst umstrittenen Sagen der Schiffsbau-Gesellschaft als Fakt in den Schulen.
Das tut er aber auch nicht im Reli-Unterricht. Zumindest war das bei mir nicht so. Und der Staat darf sich sowiso nicht in Reli-Unterricht einmischen, das ist Sache der Kirche.
Die Gefahr besteht natürlich, wenn nicht problematisiert wird. Und als Fakt im Sinne es wortwörtlichen Bibelverständnisses sollte dies in der Schule auch nicht unterrichtet werden. Allerdings stellen diese Vertreter der Verbalinspiration hier im Lande zum Glück noch eine Minderheit dar. Und es sind nicht diejenigen, hinter denen die Kirche steht. Dein grauenvoller Reli-Unterricht muss daher nicht im Sinne der Kirche gewesen sein.
Kruttan hat geschrieben:
Es sollte auch weniger in der Religion unterrichtet werden, als vielmehr, einfach nur alle Religionen und ihre Inhalte vorzustellen. Dann kann sich der Schüler selber überlegen, ob er irgendetwas davon annehmen möchte.
Einspruch. Das ist der Fall.
Vielleicht sollte es der Fall sein, aber es ist nicht der Fall. Ich musste in der Grundschule die Arche Noah malen und biblische Figuren auswendig lernen und es ist niemand auf die Idee gekommen, zu erwähnen, dass das vielleicht Märchen sind.
Naja, Märchen ist Gattungstheoretisch schwierig, Ursprungsmythen eher. Auch ist die Frage nach dem Wahrheitsgehalt ein hochkontroverses Thema zu dem es die verschiedensten Ansichten gibt. Der Reli-Unterricht sollte von den Verbalinterpreten bis zur historisch-kritischen Methode alle Ansätze behandeln. Dies geht aber nicht in der Grundschule.

Mag sein, dass euer Reli-Unterricht Mist war und bei dir wirklich ein ziemlich krasser Vogel da saß. Aber es geht auch vernünftig. Zumindest bei uns in den evangelischen Gefilden Deutschlands (kenne aber auch Katholiken, die okay sind;) )

Ich find's echt krass, dass ihr keine anderen Religionen hattet. Ist für mein Verständnis vom Reli-Unterricht undenkbar...
Ich bin dafür, ein Fach (ohne Wahlmöglichkeit) anzubieten, in dem alle Religionen aus kritischer Distanz heraus unterrichtet wird. Nicht "Anschließend hat Noah...", sondern "Juden glauben, dass...", "Aus muslimischer Perspektive ist Abtreibung falsch, weil...", "Nach einer Analyse der Bibeltexte, die so und so gemacht werden kann, wissen wir, dass die Evangelisten A und B von derselben Urquelle Q abgeschrieben haben..." und so weiter.
Genau so hat dies im evangelischen Reliunterricht bei uns stattgefunden. Nur die Wahlmöglichkeit bestand eben. Werd gleich noch was dazu sagen, warum ich die Wahl einer bestimmten Ausrichtung des Unterrichts trotzdem sinnvoll finde.
Kruttan hat geschrieben:Stattdessen sollten die Schüler gewisse Kompetenzen erlangen: unter anderem die Fähigkeit zur Skepsis, Reflektion, dem Sich-in-eine-Sache-Hineindenken (und sie auch zu Ende denken können), des Bewusstseins eigener Verantwortung etc.
Zustimmung. Durch Religionsunterricht, wie ich ihn lange Zeit (nicht die ganze Zeit) erlebt habe, passiert das aber nicht.
Das ist schade. Aber irgendwo hast du diese Kompetenzen doch gelernt, oder? Sonst wärst du nach deinem Unterricht irgendein Verbalinterpret, der Flugblätter für eine 6000 Jahre alte Erde verteilt. Du hast die Entscheidung für deinen Glauben, einem den Inhalten deines Reli-Unterrichtes entgegenstehenden Glauben, doch irgendwann getroffen, oder?

Und bloß weil dein Reli-Unterricht das nicht geleistet hat, heißt das ja nicht, dass er es eigentlich leisten sollte und dass er dann gut wäre.
Kruttan hat geschrieben:Und bei uns konnte man zwischen evangelischer, katholischer Religion als auch Werte und Normen wählen. Ich halte dieses Modell und die Entscheidung eines jeden Schülers für eins dieser Fächer für sinnvoll.
Frage 1: Auf welcher Grundlage soll ein Kind entscheiden, welches Fach es wählt, wenn es von Geburt an nur mit einer bestimmten Religion indoktriniert wurde? Frage 2: Wieso kann man nicht noch Islam, Buddhismus, Judentum, Atheismus wählen? Wieso diese Fixierung auf eine Religion?
Zunächst einmal ist es nicht die Fixierung auf eine Religion. Es werden mehrere Religionen vorgestellt. Nur der Punkt, wo man die Kinder abholt, ist ein anderer. Und Kinder aus einem christlichen Elternhaus sollten auch ihre eigene Religion besser kennen lernen (gerade, wenn ihre Eltern ungeschickt oder ziemlich unreflektiert damit umgehen sollten), damit sie diese verantwortungsvoll weitertragen und auch hinterfragen können.
Dies erachte ich als sinnvoll, weil Kinder nunmal auch aus einem Elternhaus kommen, in welchem immer irgendwelche Weltanschaulichen Ansichten auftreten. Und jeder Mensch gibt das, was er für wichtig hält, an die Kinder weiter. Kinder werden immer in einer Religion oder einem weltanschaulichen System, das die Nische der Religion füllt, "indoktriniert". Auch eine atheistische oder agnostizistische Erziehung kann als "Indoktrination" verstanden werden. Erziehen wir Kinder z.B. extrem-atheistisch und werwenden dazu neue Kinderbücher, die die Abneigung gegen jedwede Religion schüren sollen, dann wird ein Kind genauso vorgeprägt, wie jemand, der Abends dem lieben Gott seine Sorgen mitteilen darf. Aber etwas muss ihnen mitgegeben werden, damit daraus etwas (auch was völlig anderes) erwachsen kann.

Wir haben den Christlichen Reli-Unterricht deshalb, weil diese Religionen hier sehr dominant sind. Islam wird vielleicht auch bald angeboten, was ich an einigen Orten hier durchaus für sinnvoll halte. Beim Rest muss man auf die Kapazitäten der Schule achten und darauf, dass es Träger gibt, die einen solchen Unterricht ermöglichen, da hier ja nicht der Staat die Themen festlegen kann. Daher gibt es ja das Fach Ethik, bzw. Werte und Normen, weil wir diesen Ansprüchen anders nicht entgegen kommen können. Wenn es ein buddhistisches Kind unter 9000 Schülern gibt, dann ist es schwierig, für dieses ein Extra-Fach einzurichten.

Die Vorprägung ist nicht das Problem. Ohne sie geht es nicht. Am Anfang müssen für Kinder halt die Entscheidungen getroffen werden, die sie selbst nicht treffen können. Wichtig ist nur, dass sie später diese Entscheidungen nicht übernehmen müssen, sondern als selbstständige Individuen die Konzepte in ihrem Kopf hinterfragen und modizieren können. Dazu bedarf es aber auch einer genaueren Kenntnis ihres eigenen religiösen Backgrounds, der möglichst stärker als die anderen behandelt werden sollte, um auch eine Modifizierung (oder reflektierte Annahme) dessen zu gewährleisten. Sonst haben wir zwar Allgemeinwissen über die anderen Religionen, aber können mit unserem Glauben nichts anfangen und bleiben dort stehen.
Wichtig ist:
Beowulf hat geschrieben:Religion ist nichts, was man lernen muss, sondern etwas, was man leben muss.

Religionsunterricht bringt nichts, wenn das persönliche Umfeld eher antireligiös geprägt ist, wenn man vielleicht Weihnachten in die Kirche geht, sich aber sonst nicht um die Religion schert.
Ich muss Beowulf zustimmen. Allerdings denke ich nicht, dass er damit für einen Religionsunterricht plädiert, der religiöses Leben bei den Schülern wecken soll. Dies kann (und soll) ein Unterricht nicht leisten. Dafür ist dann so etwas die Gemeindeleben etc. notwendig, das den Raum dafür gibt.
Dass der Reli-Unterricht deshalb nichts bringen kann, denke ich nicht. Schüler scheren sich doch auch nicht um nachhaltige Entwicklung, rekursive Folgen, Industrialisierung, nikomachische Ethik und Kants kategorischen Imperativ. Dennoch ist Religion präsent und unter anderem wichtig, um verschiedene Kulturen (unter anderem die eigene) erfahren zu können und auch Konflikte zu verstehen.
Es ist daher schwierig, in den Schulen einen Religionsunterricht zu etablieren, der allen Ansprüchen gerecht wird, denn welcher Religion will man den Vorzug geben? Sind nur Christentum, Buddhismus und Islamismus richtige Religionen? Wie sieht es aus mit den alten Glauben der Griechen, Indianer, Afrikaner, Eskimos und vielen anderen Völker aus?
Naja, wie willst du einen Deutschunterricht machen, der allem gerecht wird und kein Werk und keine Epoche vernachlässigt? Wie willst du im Geschichts- und Politikunterricht alles behandeln, was die Materie bietet? Die Auswahl richtet sich zunächst nach Aktualität und Umgebung. Europa ist primär von Christentum, Judentum und Islam geprägt. Der China-Tibet Konflikt und die Medienpräsenz des Lamas fordern dazu noch eine Beschäftigung mit einigen östlichen Religionen.
Je weniger die Themen das Lebensumfeld der Jugendlichen (voraussichtlich) berühren (werden), desto weniger wird es behandelt, so einfach ist das. Es geht nicht um "richtig" oder "falsch". Es geht darum, was die Situation fordert. Es geht der Schule auch nicht um die Vermittlung von Wissen, sondern von Kompetenzen, die auch einen Wissenserwerb darüberhinaus ermöglichen. Je größer und je aktiver eine Religionsgesellschaft, desto angebrachter ist auch die Beschäftigung mit dieser.

Wir bilden Menschen aus, die eventuell später Verantwortung übernehmen müssen. Irgendwann wird jeder Mensch die Entscheidung zu einem gewissen Glauben treffen, auf den er dann sein Leben und seine weiteren Handlungen stützt (dies passiert eher selten zur Schulzeit). Es ist wichtig, sich über ethische Probleme Gedanken zu machen, darüber, wie man später sein Leben gestalten will und welchen Weg man einschlägt. Auch wenn viele diesen Fragen aus dem Weg gehen, sie gehören zum Leben dazu.

Was ist, wenn du Arzt bist, und ein Zeuge Jehovas keine Blutspende will? Oder wenn dich ein konservativer, religiöser Mensch fragt, welche Anti-Baby-Pille er nun zur Verhütung nehmen kann (je nach Konfession und Arbeitsweise der Pille sieht das ja anders aus). Was ist, wenn deine Tochter später einmal die Woche zu so einem komischen Bibelkreis mit anderen jugendlichen geht? Wie will man darüber urteilen und einordnen, um was es sich dabei handelt, wenn man keine Ahnung davon hat? Das kann stinknormale Jugendarbeit sein, aber auch eine Sekte, die deiner Tochter nach einigen Wochen den Kontakt zu ihrer Familie verbietet.

Oder auch die ganze Ehrenmord-Frage. Ich denke nicht, dass sich niemand darum schert. Religion ist präsent und wir müssen irgendwie damit umgehen. Und je nach Prägung kann durch den Reli-Unterricht in verschiedenen Konfessionen und der Werte-und-Normen-Alternative (oder auch Ethik etc.) ein Fach angeboten werden, in dem diese Sachen verarbeitet werden können.

Oder auch die ganze Amerika-Geschichte. Einigen Spiegel-Redakteuren würde ein Religionsunterricht auch mal ganz gut tun, damit sie nicht alle Grundsätze einiger dem Präsidenten nahen Megachurches, welche einen umgekehrten Calvinismus verbreiten, den deutschen Gemeinden zuschreiben...
DasJan hat geschrieben:
DieFüchsin hat geschrieben:Ich persönlich finde, dass es mutiger ist, seinen Glauben zu leben, anstatt seinen Atheismus.
Jemand zieht eine Karte aus einem Kartenspiel und fragt dich, was er in der Hand hat. Dann ist es vielleicht mutiger, zu sagen, "Pik Ass" (was du vielleicht glaubst), als zu sagen, "Eine Karte" (was du weißt), aber auch dümmer.
Du vermischt Nichtwissen mit Glauben. Du sagt, Glaube sei per se dumm, wissen klug. Glauben ist aber nicht mit Raten gleichzusetzen. Einem fremden Menschen würde ich niemals "ich liebe dich" sagen, sondern nur jemanden, von dem ich aufgrund von Indizien, die mir genügen, davon ausgehen kann. Glaube muss, wie oben gesagt, gelebt werden. Es ist z.B. eine Beziehungsgeschichte, ein Vertrauen auf etwas oder an jemanden.

Es gibt dieses berühmte Heisenberg-Zitat über den Glauben "Als Kolumbus zu seiner ersten Reise nach dem Westen aufbracht, glaubte er, dass die Erde rund sei und klein genug, sie zu umfahren. Dies hielt er nicht nur theoretisch für möglich, sondern darauf stellte er seine Existenz." Kolumbus wusste dies nicht, daher wäre seine Aktion eigentlich dumm. Aber sie unterstreicht den Mut, den Füchsin dem Leben im Glauben zuspricht.
Glaube ist das, worauf man sein Leben stellt. So etwas gibt es immer. Nicht jeder Glaube ist gleichzeitig auch Religion, aber Glaube ist immer da und er ist wichtig, um überhaupt handeln zu können.
Naturalismus ist genauso ein Glaube, wie der Glaube an die Gültigkeit des kategorischen Imperativs oder der goldenen Regel.
Kruttan hat geschrieben:Außerdem tritt der Staat auch an die Kirchen heran, wenn er Aufgaben zu bewältigen hat, die er aufgrund seiner Neutralität gar nicht leisten kann.
Welche meinst du?
Ich kenne z.B. einen Weltanschauungsbeauftragten (bzw. "Sektenbeauftragten") der evangelischen Landeskirche. Der Staat kann ja aufgrund seiner Neutralität einiges nicht leisten. Not war erstmals in den 70ern als die "Children of God" drohten, ihre Missionsbordelle hier im Land zu etablieren. Heutzutage muss dann beurteilt werden, ob Scientology nun eine Religion oder "ein faschistoider Verein" ist. Oder Kinder in der Schule von der Gefährlichkeit gewisser Sekten zu informieren. Wenn kultische Morde passieren, oder wenn plötzlich Menschen gewissen sektierischen Religionsgemeinschaften beitreten, die die Abnabelung aller Kontakte fordern, dann kann der Staat kann für die Angehörigen keine Anlaufstelle bieten. Oder wenn in einer Gemeinschaft irgendein Exorzismus durchgeführt wird, der rechtlich gesehen sexuelle Vergewaltigung ist, bedarf ein Berufsverbot auch nicht-staatlicher Gutachter.
Und zum Kreationismus: Wer kämpft denn hier im Staat gegen den Kreationismus? Die großen Kirchen. Zuletzt die EKD mit ihrer großen Stellungnahme. Der Staat darf das gar nicht.
>>Laverne, wie bist du nach oben gekommen?<<
>>Ich bin oben? Ups.<<
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Tom »

DieFüchsin hat geschrieben:Ich persönlich finde, dass es mutiger ist, seinen Glauben zu leben, anstatt seinen Atheismus.
Wieviel Mut gehört schon dazu, zuzugeben, dass man an nichts glaubt, in einer Welt die ihren Glauben an alles verloren hat? Im Mittelalter wärs vielleicht was anderes gewesen, aber heute...
In Deutschland hast Du es auf jeden Fall leichter mit ner Distanzierung von jeglicher Weltreligion, in großen Teilen der Welt sieht's schon wieder anders aus.

Was meinst Du mit der "Welt die ihren Glauben an alles verloren hat"? Nach wie vor leben Milliarden Menschen ihren Glauben, zum Großteil sehr ernst.
Fehlende PS werden durch Gangschaltung ersetzt.
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