Reise zum Zentrum des Mondes

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DrBres
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Reise zum Zentrum des Mondes

Beitrag von DrBres »

Michel Ardand ist Wissenschaftler und auf dem Weg zum Mond - nur weiß er das zu Beginn des Spiels gar nicht. Benommen wacht er aus seiner Ohnmacht auf, um festzustellen, dass er sich in einem riesigen Projektil befindet. Die Aufgabe des Spielers ist es nun, die genauen Umstände dieser Reise aufzuklären, wobei allerdings nicht allzu viel Zeit bleibt: Der Sauerstoff wird knapp und obendrauf droht die riesige Kanonenkugel ihr Ziel zu verfehlen. Der Anfang von "Die Reise zum Zentrum des Mondes" gerät etwas hektisch, tatsächlich gehört die Anfangssequnz zu den schwierigsten Situationen im Spiel. (Fast) jede falsche Entscheidung im Spiel ist fatal: Ob man nun vergisst, die Sauerstoffzufuhr zu garantieren, fahrlässig mit hochexplosiven Chemikalien experimentiert oder einfach einen Fahrstuhlschacht besteigt, ohne den Fahrstuhl überhaupt gerufen zu haben - der Tod lauert überall. Aber erfreulicherweise springt das Programm immer direkt an die Stelle zurück, an der der tödliche Fauxpas begangen wurde. Die Sorge um verlorene Fortschritte ist fehl am Platz, Frustmomente ebenso.

Wenn die Kapsel erstmal die Mondoberfläche erreicht hat, kann der Spieler die Sache etwas gelassener angehen; nun steht die Erkundung des fremden Planeten (schließlich waren Armstrong und Konsorten noch nicht dort) auf dem Programm. Eine feindliche, aber wunderschön animierte Umwelt gilt es nun aus der Ego-Perspektive zu entdecken, die Reise erfolgt von Standbild zu Standbild. Die Geschichte selbst wird in gezeichneten Comic-Sequenzen erzählt, ein Sprecher mit einem herrlich belämmerten fränzösischen Akzent kommentiert das Ganze aus dem Off. Doch trotz Comic-Grafik, die auch im eigentlichen Spiel etwas durchschlägt: Abschrecken lassen müssen sich erwachsene Spieler nicht. Die Aufmachung passt zu einer Erkundungstour durch eine skurrile Fantasiewelt und der Begegnung mit einer außerirdischen Intelligenz.

Schließlich landet Ardand nicht in der Kraterwüste, sondern entdeckt prompt Spuren einer alten Zivilisation. Und auch die Gründer dieser Zivilisation lassen sich nicht zweimal bitten und treten schnell in Erscheinung. Nun gilt es, einen Weg zurück zu finden und den außerirdischen Gastgebern zu beweisen, dass die Menschen doch nicht so minderbemittelt sind, wie sie bisher annahmen. Doch da tritt schon das erste Problem auf: Wie will man mit einem fremden Wesen kommunizieren, das nur absonderliche Flötentöne von sich gibt? Ardand wird also auf die Probe gestellt, von nun an misst ein lunearer Intelligenzquotient die Fortschritte. Je mehr Rätsel Ardand löst, umso höher fällt sein Quotient aus. Und Rätsel, die gibt es in Hülle und Fülle: Maschinenrätsel, Musik- und Matherätsel, jede Menge Inventarrätsel, Kombinations- und Logikrätsel - für Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt. Das Ganze klingt jetzt zwar etwas sehr MYSTisch, ist aber durchaus zu bewältigen; der Schwierigkeitsgrad ist angenehm. Und wenn mal des Rätsels Lösung ausbleiben sollte, die Aliens verkaufen die nötigen Tipps und fehlenden Objekte - gegen lunearen Zaster natürlich, der auch erstmal verdient werden will. Auch gibt es die Möglichkeit, Rätsel mit Hilfe eines Schlüssels, den es je nach Erreichen eines bestimmten Intelligenzquotienten geschenkt gibt, zu bewältigen. Was allerdings natürlich den Spielspaß zerstört und das Erreichen des maximalen Quotienten unmöglich macht. Andererseits bleibt so die Schmach einer externen Lösungshilfe erspart.

Der Wiederspielwert ist mit der Verteilung der lunearen Gripspunkte somit durchaus gegeben, zumal im Spiel verschiedene Lösungswege möglich sind. Vorallem die Apparaturen und Speisen (die verschiedene Wirkungen haben!), die Ardand in seinem riesigen, aber dank Sortierfunktion stets übersichtlichen Inventar herstellen kann, sind mannigfaltig.
Und wenn man das Spiel schon kennt und die meisten Passagen ohne Probleme bewältigen kann, bleibt so auch mehr Zeit für die Rätsel, die im ersten Anlauf noch zu schwierig waren.

Fazit: Die "Reise zum Zentrum des Monde" ist ein Geheimtipp, der sich definitiv lohnt; zumal das Spiel günstig für ein paar Öcken auf einer großen Auktionsplattform zu ersteigern ist. Wer etwas mit Außeriridischen und einer etwas altbackenen Science-Fiction nach Jules Verne anfangen kann, sollte auf jeden Fall zugreifen. Und auch wer sich irgendwann mal an die Myst-Reihe trauen möchte (meine Trilogie liegt schon bereit :wink: ), sollte einen Blick riskieren, eine gute Übung dürfte es allemal sein.
Kheops scheint zwar nicht immer ein Synonym für hochwertige Adventurekost zu sein, aber hier ist dem Studio ein großer Wurf gelungen, der mit frischen Ideen - sei es story-, rätsel- und auch gestaltungstechnisch - aufwarten kann. Ein angenehm forderndes Spiel mit Entlastungsoptionen, das im ersten Durchgang etwa 12 Stunden Spielspaß bereithält.
9 von 10 Punkten


Euer DrBres
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