Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

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Beowulf

Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Beowulf »

Würde man nie selbst denken und handeln, sondern sich nur nach den Geboten/Verboten anderer richten, dann wäre einem autoritären Regime Tür und Tor geöffnet.
Da stimme ich dir zu. Aber kann es zwischen "Gesetzestreue" und "Selbstgerechtigkeit" eine Grauzone geben? Ich denke eher, dass der Mann vom Lande aktiv etwas für sein Rechtsverständnis tun sollte.
Da er dies jedoch zu keinem Zeitpunkt tut und einfach durch die Türe tritt, ist ihm genau das auch nie möglich. Es geht also nicht um äußere Zwänge, sondern um innere.
Auch das sehe ich so.
Da gehen wir ja konform. Der Mann vertraut blind dem Türhüter und handelt somit fremdbestimmt
Ist da wirklich "Vertrauen" im Spiel? Ich würde da eher auf Angst tippen.
Der Zugang zum Gesetz, der nach der Parabel eigentlich jedem freistehen sollte, ist doch eben gerade nichts, worauf man erst noch 10 Jahre hinarbeiten müssen sollte - er steht jedem jederzeit frei.
Genau in diesem Punkt wäre ich mir nicht so sicher. Wozu dann einen Türhüter? Entweder ist der Zugang doch nicht frei, oder der Türhüter ist gar keiner und hat sich sein "Amt" nur angemaßt. ;)
Dass ich "Eigenverantwortung" nicht nur im Sinne von "will sich um nichts kümmern" gemeint habe, kann man den vorhergehenden Beiträgen ja hoffentlich entnehmen.
Sicher, aber beiden Parabeln ist eine gewisse Besessenheit inne. Beide sind vollkommen auf ein Ziel konzentriert, alles andere wird komplett ausgeblendet.
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Floyd
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Floyd »

Da stimme ich dir zu. Aber kann es zwischen "Gesetzestreue" und "Selbstgerechtigkeit" eine Grauzone geben?
Natürlich gibt es etwas zwischen diesen beiden Extremen (auch wenn ich da nicht unbedingt von "Grauzone" sprechen würde). Das Beispiel mit dem autoritären Regime habe ich ja nur gebracht, weil du meinen Standpunkt zum zweiteren Extrem hin verzerrt hattest ;).
Floyd hat geschrieben:Da gehen wir ja konform. Der Mann vertraut blind dem Türhüter und handelt somit fremdbestimmt
Ist da wirklich "Vertrauen" im Spiel? Ich würde da eher auf Angst tippen.
Angst sicherlich auch. Allerdings zweifelt er das Wort des Türhüters auch nicht wirklich an, von daher kann man mMn schon von blindem Vertrauen sprechen.
Genau in diesem Punkt wäre ich mir nicht so sicher. Wozu dann einen Türhüter? Entweder ist der Zugang doch nicht frei, oder der Türhüter ist gar keiner und hat sich sein "Amt" nur angemaßt. ;)
Wie ja bereits festgestellt, kann der Mann aufgrund innerer Zwänge nicht durch die Tür treten. Der Türhüter kann daher als Manifestierung dieser inneren Zwänge auf physischer Ebene angesehen werden.
Sicher, aber beiden Parabeln ist eine gewisse Besessenheit inne. Beide sind vollkommen auf ein Ziel konzentriert, alles andere wird komplett ausgeblendet.
Naja, was mich an deiner Deutung stört, habe ich ja bereits dargelegt. Dass diese "gewisse Besessenheit" vorhanden ist, will ich ja gar nicht abstreiten, die Frage ist allerdings, ob das der Kernpunkt der Geschichte ist, und da bin ich eben anderer Meinung.
Dead
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Dead »

Irgendwie ... kafkaesk?

Worum geht's eigentlich genau in "Robert Anton Wilson: Quantum Psychology: How Brain Software Programs You and Your World", insbesondere in dem Abschnitt, in dem die Parabel Kafkas genutzt wird?
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Hexenjohanna
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Hexenjohanna »

JohnLemon hat geschrieben:Dafür wirst Du jetzt und hier mit Interesse gelesen. Du scheinst ein Mann des Geistes zu sein. Schreib ruhig auch noch über andere Autoren, die Du nicht kennst.
Vielleicht sogar in einem eigenen Thread... "Bilbos gebeutelte Autoren" oder so. O:)
Auch wenn Du den "Mann des Geistes" damit in gewohnt bewunderungswürdigem Stil dem Erdboden zumindest nahebringst (sei's drüber oder drunter), mir machte Bilbos Antwort gerade richtig Spaß, denn er denkt zumindest anarchistisch, obwohl er sich eigentlich für die Materie interessiert. Eine solche Bemerkung wie seine flippt mir öfters auch rein, wenn ich etwas lese oder sehe und mich aus gesellschaftlichen Gründen mit vergangener "Kultur" auseinandersetzen soll.

Also mit der gesellschaftlich akzeptierten Denke oder den Visionen von irgendwer/wem, egal wie begabt er/sie denn mal irgendwann etwas verzapft hat.

Ich neige dazu, so einen Text wie den aus dem Thema sehr naiv zu betrachten, denn Millionen wollten schon im Lauf der Geschichte mit ihrer Leistung die Aufmerksamkeit der anderen auf sich ziehen. Ich mit meiner Lebensspanne würde aber mein Leben verdaddeln, wenn ich sie alle würdigen oder auf ihre Philosophien einsteigen würde. Das soll diese Leistungen nicht entwerten, auch nicht zum bequemen Wegzappen von allzu Inhaltsschwerem führen, nur finde ich schon, dass es Werke gibt, die aus Lebenssituationen von Künstlern entstanden sind und für die ich mich nicht unbedingt interessieren muss oder für die heute andere Künstler bessere Ausdrucksmöglichkeiten gefunden haben.
Es gibt aber so eine inoffizielle "Hitliste" des Bildungsbürgertums, was man unbedingt zu kennen habe, die schwer für einen intelligenten Menschen abzuschaffen ist, und sie kann einen sehr bevormundenden Charakter haben.

Hmm, das schrieb ich nun mehr so unabhängig vom Thema, weil ich eigentlich mehr Lust darauf hatte, auf Bilbo und die Limone einzugehen, aber die Tage verspreche ich, mich mit dem Thread auseinanderzusetzen, so unbedeutend finde ich Kafka ja nun auch nicht. :mrgreen:
Laß mich den Aberglauben eines Volkes schaffen, und mir ist es gleich, wer ihm seine Gesetze oder seine Lieder gibt.

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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Fightmeyer »

Ich gestehe: Ich habe nie Kafka gelesen und bereue es nicht :-)

Aber ich habe mir oben diese Parabel mal durchgelesen und bin überrascht, daß ich da was völlig anderes rausgelesen habe, als hier bisher besprochen wurde.

Mein erster Gedanke nach dem Durchlesen war:
Als kleiner Mann von der Straße kommst Du nicht zu Deinem Recht, da sich Dir Autoritäten willkürlich in den Weg stellen und Dir den Weg zum Gesetz verbauen.
Für mich hat sich das wie ne Regimekritik gelesen und nicht wie ne Kritk an der initiative des Mannes.
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Möwe »

Wer sagt denn, dass es nur eine Deutung gibt?
Jeder kann seine eigene finden - das ist doch der Witz an solchen Sachen, finde ich.

Deine ist also für dich richtig, F.
„Was auch immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken,
von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von JohnLemon »

@ die Querdenkerin auf dem Scheiterhaufen :wink: :
Eine Sache nicht zu kennen und sie trotzdem intuitiv emotional und/oder intellektuell voll in den Griff bekommen zu können, schließt sich auch für mich überhaupt nicht aus.
Nur ist ein voraussetzungsfreies Herangehen an etwas nicht automatisch "cool" oder erfolgversprechender als ein durch (Aus-)Bildung 'verdorbenes'.

Wo hier gerade keiner mitliest: ich halte Unkenntnis generell für die Verarschungsoption Nr.1 - deswegen ist sie mir auf keinem Gebiet geheuer.
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Re: Kafkas Parabel vom Gesetz und der Zen Mönch

Beitrag von Hexenjohanna »

JohnLemon hat geschrieben: Wo hier gerade keiner mitliest: ich halte Unkenntnis generell für die Verarschungsoption Nr.1 - deswegen ist sie mir auf keinem Gebiet geheuer.
Demgemäß lebe und lerne ich ja im Prinzip auch, unterschrieben. Aber gegen das sklavische im Prinzip muss ich immer wieder rebellieren. :wink:

Je_den_falls: Ich habe den Text nun gelesen und als brutal zur Vereinfachung neigender Mensch ziehe ich nahezu bar jeder Beschäftigung mit Kafka daraus folgenden Schluss:

Wenn Du nicht die Eier(stöcke) hast, selbst alles aufs Spiel zu setzten, um eine für Dich extrem wichtige Lebensfrage rechtzeitig zu klären, dann mußt Du damit leben, dass alle Anstrengungen Deines Lebens vergeblich sein werden.
Laß mich den Aberglauben eines Volkes schaffen, und mir ist es gleich, wer ihm seine Gesetze oder seine Lieder gibt.

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