Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

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Wrecker
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Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Wrecker »

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JohnLemon
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von JohnLemon »

Tja...
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Fightmeyer
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Als er betrunken war, hat er ein 16-jähriges Mädchen umgebracht, 1969. Als er betrunken war, hat er eine Frau gewürgt, 1979. Und noch eine, 1988. Und noch eine, 1990.
Bin ich der Einzige, der da noch ein anderes Problem mit der Rechtssprechung erkennt...
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babyboy
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von babyboy »

Nicht falsch interpretieren! Es geht nur darum daß die deutsche Sicherungsverwahrung gegen die Menschenrechte verstößt. Sie läßt zuwenig Spielraum die Probanten regelmäßig auf Gesellschaftsfähigkeit zu prüfen. Ich weiß wie das ist ich hatte vor Jahren mit solchen Menschen zu tun und habe sehr viel Fehlentscheidungen miterlebt sowohl in der einen, als auch in der anderen Richtung. Die jetzige Prüfung erfolgt nur in langen Abständen und ist fast nichts anderes als lediglich ein Kreuzchen dorthin zu machen wo es das letzte Mal schon war. Kommt auch manchmal auf die Laune des Gutachters oder auf bestimmte Kontakte an.
Zwar kann ich mir nicht vorstellen daß jetzt jeder entlassen wird, aber wenn das keine Ente ist dann wird mit Sicherheit ein neuer Paragraph eingeführt. Dann heißt die Sache anders wird aber häufiger angewandt, besonders wenn das Volk (oder die Presse) zu laut SCHULDIG schreit. Ich kann euch versprechen daß keiner dadurch davonkommt, lediglich die Handhabung wird anders. Bis jetzt war Sicherungsverwahrung echtes Lebenslänglich (dafür hat man bald auch keinen Platz mehr--Deutschland müsste sonst die Todesstrafe einführen). Das soll anders werden und über andere Möglichkeiten (z.B. kontrollierte Wohngemeinschaften, etc.) nachgedacht werden.
Es macht übrigens keinen Unterschied ob ein Pädophiler neben einen Kindergarten, einer Schule oder einen Altenheim wohnt. Wenn er straffällig werden "will" wird er das auch so. Auch ist der betreffende Kindergarten dadurch nicht unbedingt stärker gefährdet als andere. Das meiste geschieht mehr in den Köpfen der Eltern oder Anwohner wenn sie soetwas erfahren. Mit der Zeit entsteht dadurch Panik ohne das vom Betreffenden wirklich eine Gefahr ausgeht. Außerdem suchen die meisten Betroffenen sich keine Wohnung in der Nähe ihres "Jagdreviers" aus. Zu groß ist die Gefahr des Wiedererkennens.

Also alles halb so schlimm. Es bleibt beim alten. Die armen Verbrecher werden erwischt und lange eingebuchtet, die Reichen werden "versetzt", bekommen Haftschonung oder gar Freispruch..das Opfer kommt in die Psychiatrie.
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babyboy
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von babyboy »

@fightmeyer

Ich sehe allgemein ein Problem darin daß viele Taten unter Alkoholeinfluß als "vermindert schuldfahig" gelten. Ich habe auch damals schon das Gefühl gehabt daß die Alks bevorzugt "behandelt" werden und selbst in der Klapse -Verzeihung Forensik- die beste Unterbringung -vor allen anderen Straftätern hatten (und wahrscheinlich noch haben).
Ich wäre dafür Alkohol nicht mehr als Grund für eine verminderte Schuldfähigkeit herzunehmen. Es gibt einige die Straftaten begehen und sich dann absichtlich volllaufen lassen.

Übrigens Recht(sprechung) hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

babyboy hat geschrieben:Übrigens Recht(sprechung) hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun.
Sehr richtig. Manchmal ist es sogar das Gegenteil davon.

In den USA hätte man ihn '69 für den ersten Mord auf den heißen Stuhl gesetzt. In Deutschland hat man ihn nicht einmal langfristig in Verwahrung genommen. Was ist eigentlich mit den Menschenrechten der Opfer? Die haben wohl einfach Pech gehabt, hm?

Schön ist es auf der Welt zu sein, sprach der Fuchs zum Stachelschwein... :roll:
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elevar
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von elevar »

Onkel Donald hat geschrieben:In den USA hätte man ihn '69 für den ersten Mord auf den heißen Stuhl gesetzt. In Deutschland hat man ihn nicht einmal langfristig in Verwahrung genommen. Was ist eigentlich mit den Menschenrechten der Opfer?
In den USA wurden seit etwa dieser Zeit Schätzungen zufolge bis zu 100 unschuldige Menschen umgebracht.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Hier steht eben Extrem gegen Extrem. Der Eine schießt zu schnell, der Andere zu langsam oder - im Falle der deutschen Pantoffeljustiz - überhaupt nicht. Aber lassen wir das, die Diskussion wird sowieso zu nichts führen. :(
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elevar
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von elevar »

Es geht hier nicht darum, ob schnell oder langsam geschossen wird, sondern darum, Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Mit all den Schwierigkeiten, die das mit sich bringt. Und lass ich es auf dein Geheiß hin gut sein :-)
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

elevar hat geschrieben:Es geht hier nicht darum, ob schnell oder langsam geschossen wird, sondern darum, Rechtsstaatlichkeit zu wahren. Mit all den Schwierigkeiten, die das mit sich bringt. Und lass ich es auf dein Geheiß hin gut sein :-)
Dazu fällt mir doch noch ein Satz ein, denn unser aller Bundesmama Angie dem iranischen Außenminister (?) bei einer Konferenz entgegenschmetterte (sinngemäß): "Wenn Ihr Gesetz das nicht vorsieht, dann müssen sie Ihr Gesetz eben ändern."

Die USA sind übrigens auch ein Rechtsstaat. Die Hinrichtungen der Unschuldigen wurden nach den dort geltenden Rechtsprinzipien angeordnet. Nach amerikanischem Recht wurde also die Rechtstaatlichkeit gewahrt. Hilft uns das weiter? Eher nicht.
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Joey
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Joey »

Hm. Soweit ich den Artikel verstanden habe, geht es ja nicht um die Sicherheitsverwahrung an sich, sondern nur um die nachträglich angeordnete Sicherheitsverwahrung.
Auch wenn es gut wäre, manche der Straftäter, die vor Einführung der Sicherheitsverwahrung verurteilt wurden, wirklich dauerhaft wegzusperren, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit wieder Verbrechen begehen, kann ich schon verstehen, warum das problematisch ist.
Immerhin ist es so, als ob jemand rechtmäßig zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und später jemand kommt und meint, ach nee, das Urteil war doch nicht streng genug, lassen wir den einfach noch länger im Knast. Also praktisch, als ob jemand nach Verbüßung der Strafe für die gleiche Tat nochmal bestraft würde. Und das ist nunmal nach deutschem Recht verboten.
Ganz anders sieht es natürlich aus, wenn gleich mit dem "normalen" Urteil die besondere Schwere der Schuld festgestellt, also Sicherheitsverwahrung angeordnet wird. Denn dann ist es ja nur ein Gesamturteil, keine nachträgliche Erhöhung der Strafe.
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elevar
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von elevar »

Onkel Donald hat geschrieben:Dazu fällt mir doch noch ein Satz ein, denn unser aller Bundesmama Angie dem iranischen Außenminister (?) bei einer Konferenz entgegenschmetterte (sinngemäß): "Wenn Ihr Gesetz das nicht vorsieht, dann müssen sie Ihr Gesetz eben ändern."
Nun, dies lässt sich nicht auf den diesigen Fall anwenden. Hier ist das Problem erst dadurch entstanden, dass Gesetze geändert worden sind. Dabei wurde gegen ein grundsätzlicheres Prinzip verstoßen, die Menschenrechte.
Onkel Donald hat geschrieben:Die USA sind übrigens auch ein Rechtsstaat.
Wenn du da bei mir einen Zweifel herausgelesen haben solltest, lesen wir aneinander vorbei :wink:
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Eigentlich wollte ich ja nix mehr sagen, aber das muss jetzt doch noch sein: Du erwähnst die Menschenrechte. Dazu muss ich sagen: Es gibt sie nicht. Es hat sie nie gegeben. Es wird sie nie geben. Sie sind ein ideologisches Konstrukt. Gut gemeint, ganz ohne Frage, aber faktisch nicht greifbar. Sie sind ein Glaubensgrundsatz. Btw. muss ich immer an Star Trek 6 denken, wo Kirk (?) großartig über die universalen Menschenrechte philosophiert und von den Klingonen böse Blicke erntet. ;)
elevar hat geschrieben:Wenn du da bei mir einen Zweifel herausgelesen haben solltest, lesen wir aneinander vorbei
Nein, das sollte gar nicht gegen dich gehen - ich wollte nur einfach feststellen, dass in einem Rechtsstaat grundsätzlich vieles bis alles möglich ist, solange es rechtlich reglementiert ist.
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elevar
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von elevar »

Onkel Donald hat geschrieben:Gut gemeint, ganz ohne Frage, aber faktisch nicht greifbar.
Immerhin rennt dieser Herr H. faktisch jetzt wieder draußen rum :-"

Philosophisch bin ich mit dir da auf einer Linie. Ich lege dir aber noch Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes ans Herz.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

elevar hat geschrieben:Immerhin rennt dieser Herr H. faktisch jetzt wieder draußen rum
Genau das ist mein Problem. Er läuft aber nicht draußen rum, weil das die unveränderlich gegebenen Naturgesetze so verlangen, sondern weil Menschen nach künstlich geschaffenen Prinzipien so entschieden haben. Diese künstlichen Prinzipien sind aber nicht unveränderlich.
elevar hat geschrieben:Ich lege dir aber noch Artikel 1 Absatz 2 des Grundgesetzes ans Herz.
Mein Herz schlägt leider oft ganz anders als das von fehlbaren Menschen geschriebene Grundgesetz. Hier sagt es mir zum Beispiel ganz schlicht, dass es nicht richtig ist, einen solchen Menschen wieder in Freiheit zu entlassen ("Recht" kann es sein, das bestreite ich nicht.). Zu besagter Stelle verweise ich außerdem auf mein Merkel-Zitat. Hier könnte man gut mit einer Änderung ansetzen. Man muss ja nicht gleich alles über Bord werfen - aber ich bin doch der Meinung, dass wer die Rechte eines Menschen in Anspruch nehmen möchte, sich auch wie ein Mensch verhalten sollte. Ist das nicht der Fall, kann man durchaus über eine Einschränkung dieser Menschenrechte nachdenken. Deshalb müssen wir die Leute ja nicht gleich auf die Streckbank spannen oder in die Eiserne Jungfrau sperren.

Ich kann deine Argumentation im Grundsatz nachvollziehen. Willkür und Lynchjustiz sollen nicht sein. Also müssen wir die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, dass wir Mördern und Vergewaltigern (dieses Verbrechen wird international viel zu lax eingestuft) auf rechtstaatlichem Wege einen unverrückbaren Riegel vorschieben. Das wollte ich nur zum Ausdruck bringen.
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