Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

oder neudeutsch: Off-Topic
Benutzeravatar
Onkel Donald
Adventure-Gott
Adventure-Gott
Beiträge: 3044
Registriert: 08.06.2009, 20:08
Wohnort: Entenhausen
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

@realchris

Wer in diesem Forum der Spezialist für Stammtischparolen ist, ist eigentlich ein Allgemeinplatz.
realchris hat geschrieben:Wenn Dir die westliche Werteordnung nicht zusagt, zieh doch in den Iran.
realchris hat geschrieben:Richtig, Richtig, Guantanamo
Das sind Stammtischparolen und Totschlagargumente, da gebe ich dir Recht. Ansonsten betrachte ich die Diskussion mit dir für beendet, da dir ganz offensichtlich die notwendige Sachlichkeit und geistige Reife fehlen.
Eine Ente wie du und ich
realchris
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7616
Registriert: 29.08.2007, 19:13

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von realchris »

dass mir die Befindlichkeiten des "Rechtsstaates" und seiner verdrehten Hüter in diesem Fall - mit Verlaub - scheißegal sind. In den USA geht's doch auch...
Wenn der Rechtsstaat zum unbarmherzigen Moloch erstarrt, der Kinderschänder, Frauenmörder und Vergewaltiger in Freiheit setzt und seelenruhig zusieht, bis das nächste Leben zerstört wird, dann muss man das Konzept eben neu durchdenken.
<------ "Das sind Stammtischparolen und Totschlagargumente, da gebe ich dir Recht. Ansonsten betrachte ich die Diskussion mit dir für beendet, da dir ganz offensichtlich die notwendige Sachlichkeit und geistige Reife fehlen."
Beowulf

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Beowulf »

Nein Donald und realchris, so geht es nicht.

Sowohl Guantanamo als auch zerstümmelte Kinder sind "Totschlagargumente" die zeigen, wie es nicht laufen darf. Wisst ihr, kein Rechtssystem ist perfekt, und man kann sicher noch hier und da etwas die Strafmaße ändern, aber das ändert nicht die Prinzipien.

Um nochmal das Beispiel mit dem beherzten Polizisten und dem verschollenen Kind zu nehmen: Der Einsatz von Folter ist einfach ein Zeichen von Ohnmacht. Viele scheinen zu vergessen, dass es immer wieder Situationen gibt die nicht zufriedenstellend gelöst werden können. Auch macht es sicher keinen Spaß zu foltern. Ich jedenfalls würde mich nicht wohl dabei fühlen, wenn sowas ein fester Teil meiner Arbeit wäre.
Auch wenn man einfach nur dazu übergeht solche "Ausraster" eher milde zu bestrafen, ist dies paradox: Einerseits die Polizisten dazu "ermutigen" auch mal öfters zuschlagen zu dürfen (nach dem Motto: Ist ja nicht so schlimm, war eh ein Verbrecher), aber andererseits andere Straftaten härter zu bestrafen, hört sich für mich wie eine Verharmlosung der Polizeigewalt an.

Ähnliches gilt für die Haftstrafen: Da hat keiner ein Patentrezept parat. Klar, man kann ab einer gewissen Strafhöhe die Leute prinzipiell für immer einsperren, aber gerade das Festlegen dieser Strafhöhe hat etwas sehr willkürliches.


Mal noch ein anderes Beispiel: Michael Jackson. Gebt einfach mal "michael jackson police brutality" in die Suchmaschine ein, und macht euch selber ein Bild darüber. Wisst ihr, es gibt ja auf der Welt anscheinend haufenweise Experten die "wissen" dass MJ ein Kinderschänder ist, natürlich ohne ihn oder eines der Kinder jemals gekannt zu haben. Und diese "Experten" haben alle anscheinend eine sehr genaue Vorstellung davon, was man mit Kinderschändern alles machen darf. Und Tom Sneddon scheint es sich quasi zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, MJ in den Knast zu bringen. Irgendwann gibt es da einfach einen Punkt an dem es keinen Rückzug mehr gibt, weil man sich nicht mehr eingestehen will oder kann, dass man falsch liegen könnte. Wo bleibt da bei allem noch die Neutralität, die Unvoreingenommenheit?
realchris
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7616
Registriert: 29.08.2007, 19:13

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von realchris »

@Beo

Du vertrittst gerade meine Position.
Du rennst offene Türen bei mir ein. Meine Antwort auf Donalds letzten und vorletzten Beitrag war Ironie auf seinen "in Amerika geht es ja auch"-Beitrag bzw. die Stammtischparolen :-). Ich bin also auf Deiner Seite.
Benutzeravatar
Hans
Adventure-Treff
Adventure-Treff
Beiträge: 10707
Registriert: 01.01.2002, 12:35
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Hans »

realchris hat geschrieben:Jetzt gilt er als freier Mann und hat alle Rechte inklusive der Freiheitsrechte. Erst wenn er wieder straffällig wird, kannst Du ihn für immer wegschließen.
Und das soll der richtige Weg sein? Zu warten, bis er im schlechtesten Fall wieder eine Frau zu Tode würgt und ihn dann erst wieder ins Gefängnis zu werfen? Das kann ich nicht nachvollziehen. Die Gesellschaft muss sich vor Gefahren wie diesen schützen können, und das sehe ich hier im Moment nicht.
Benutzeravatar
Fightmeyer
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7308
Registriert: 16.12.2004, 22:51
Wohnort: Potsdam
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Die Alternative wäre ihn ohne Tat, Gerichtsverfahren und Urteil wegzuschileßen. Inhaltlich in diesem Fall sicherlich absolut nachvollziehbar, aber in einem Rechtsstaat undenkbar.
Benutzeravatar
Onkel Donald
Adventure-Gott
Adventure-Gott
Beiträge: 3044
Registriert: 08.06.2009, 20:08
Wohnort: Entenhausen
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Fightmeyer hat geschrieben:Die Alternative wäre ihn ohne Tat, Gerichtsverfahren und Urteil wegzuschileßen. Inhaltlich in diesem Fall sicherlich absolut nachvollziehbar, aber in einem Rechtsstaat undenkbar.
Nicht, wenn man die entsprechenden Rechtsmittel schafft und genau darum geht es. Wenn die bestehenden Gesetze nicht ausreichen, dann muss man an ihnen arbeiten und sie verbessern. Diese Forderung halte ich für legitim. Jede Generation muss sich der Herausforderung ihrer Zeit neu stellen und ihre Strukturen hinterfragen.
Eine Ente wie du und ich
Benutzeravatar
Fightmeyer
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7308
Registriert: 16.12.2004, 22:51
Wohnort: Potsdam
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Wir würden aber das Grundgesetz verändern. Und das ist in meinen Augen höchst bedenklich.

Wie sollte so eine Änderung aussehen?

"Hat jemand eine "schwere" Tat begangen (näher zu definieren), dann kann er auch ohne vorheriges Gerichtsurteil in Haft bzw. Sicherungsverwahrung genommen werden."

So zum Beispiel?
Das ist wie eine Bankrotterklärung für einen Rechtsstaat meiner Meinung nach.
Benutzeravatar
Onkel Donald
Adventure-Gott
Adventure-Gott
Beiträge: 3044
Registriert: 08.06.2009, 20:08
Wohnort: Entenhausen
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Fightmeyer hat geschrieben:Wir würden aber das Grundgesetz verändern. Und das ist in meinen Augen höchst bedenklich.
Das kann ich gut verstehen. Ich finde aber, dass sich auch (gerade?) das Fundament einer Gesellschaft immer wieder hinterfragen lassen muss. Übrigens ist eine solche Grundgesetz-Änderung in anderer Hinsicht schon mehrfach angestrebt, diskutiert und auch umgesetzt worden (Quelle). Keine dieser Änderungen (von denen es sicher noch weitere geben wird) hat zum Untergang des Rechtsstaats geführt.
Fightmeyer hat geschrieben:"Hat jemand eine "schwere" Tat begangen (näher zu definieren), dann kann er auch ohne vorheriges Gerichtsurteil in Haft bzw. Sicherungsverwahrung genommen werden."
So eine Regelung müsste sehr - wirklich sehr! - sorgfältig ausgearbeitet und - wie Hans schon sagte - äuerst restriktiv gehandhabt werden, das versteht sich von selbst.
Fightmeyer hat geschrieben:Das ist wie eine Bankrotterklärung für einen Rechtsstaat meiner Meinung nach.
Das sehe ich nicht zwingend so.

Unabhängig von der juristisch problematischen Situation im eingangs verlinkten Artikel würde es schon einen Fortschritt bedeuten, wenn bestimmte, klar definierte Strafbestände automatisch mit einer lebenslänglichen Sicherheitsverwahrung bedacht würden.
Eine Ente wie du und ich
Benutzeravatar
Fightmeyer
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7308
Registriert: 16.12.2004, 22:51
Wohnort: Potsdam
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Onkel Donald hat geschrieben: Unabhängig von der juristisch problematischen Situation im eingangs verlinkten Artikel würde es schon einen Fortschritt bedeuten, wenn bestimmte, klar definierte Strafbestände automatisch mit einer lebenslänglichen Sicherheitsverwahrung bedacht würden.
Das ist ja an sich richtig. Aber doch dann bitte nicht rückwirkend für Taten, deren Strafen man schon verbüßt hat. Mit welchem Recht will man das machen?

Eine Bank kann mir ja auch nicht einen Kredit geben; ich zahle den vollständig zurück; das Thema ist gegessen und dann kommt die Bank nochmal und sagt einfach: "Wir kriegen nochmal 1000 Euro von Ihnen. Wir haben unsere Geschäftsbedingungen nachträglich geändert und Sie müssen zustimmen."
Benutzeravatar
Onkel Donald
Adventure-Gott
Adventure-Gott
Beiträge: 3044
Registriert: 08.06.2009, 20:08
Wohnort: Entenhausen
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Ich verstehe das Dilemma und deine Haltung. Deshalb schrieb ich ja "Unabhängig von der ... Situation im eingangs verlinkten Artikel". Wenn diese seit langem von Vielen geforderte Regelung, wie ich sie beschrieben habe und wie du ihr auch zuzustimmen scheinst, gelten würde, dann hätten wir dieses Problem gar nicht. Bei der aktuellen Praxis der Rechtsprechung ist es doch nur eine Frage der Zeit, bis wir wieder mit einer solchen Situation konfrontiert werden, deshalb muss sich hier schleunigst etwas ändern. Du hast ja weiter oben im Thread selbst von einem "Problem der deutschen Rechtsprechung" gesprochen.
Fightmeyer hat geschrieben:Eine Bank kann mir ja auch nicht einen Kredit geben; ich zahle den vollständig zurück; das Thema ist gegessen und dann kommt die Bank nochmal und sagt einfach: "Wir kriegen nochmal 1000 Euro von Ihnen. Wir haben unsere Geschäftsbedingungen nachträglich geändert und Sie müssen zustimmen."
Der Vergleich hinkt ein bisschen, denn du stellst ja eigentlich keine Gefahr für die Öffentlichkeit dar (obwohl - so als bekennender "Killerspieler"? :mrgreen: ;)).
Eine Ente wie du und ich
Benutzeravatar
Fightmeyer
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7308
Registriert: 16.12.2004, 22:51
Wohnort: Potsdam
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Ich finde nicht, dass der hinkt. Es geht darum, im Nachhinein etwas zu ändern, was zu einem früheren zeitpunkt bereits gesetzlich festgelegt wurde.


Was die aktuelle Rechtssprechung angeht. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann gibt es doch bereits jetzt diese "anschließende Sicherungsverwahrung".
Es ist also nciht so, dass man da das Rad neu erfinden muss.
Für aktuelle Fälle haben wir das Problem also gar nicht.
Und die Altfälle muss man halt so hinnehmen.
Benutzeravatar
Onkel Donald
Adventure-Gott
Adventure-Gott
Beiträge: 3044
Registriert: 08.06.2009, 20:08
Wohnort: Entenhausen
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Fightmeyer hat geschrieben:Was die aktuelle Rechtssprechung angeht. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann gibt es doch bereits jetzt diese "anschließende Sicherungsverwahrung".
Es ist also nciht so, dass man da das Rad neu erfinden muss.
Die gibt es, aber sie wird viel zu zögerlich angewandt. Man muss das Rad nicht neu erfinden, aber man muss es rollen lassen.
Eine Ente wie du und ich
Benutzeravatar
Fightmeyer
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7308
Registriert: 16.12.2004, 22:51
Wohnort: Potsdam
Kontaktdaten:

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Fightmeyer »

Dann reden wir hier die ganze Zeit aneinander vorbei. Da bin ich ja voll bei Dir. Aber zwischen bestehendes Recht durchsetzen und neue Gesetze schaffen liegt halt ein Unterschied.
realchris
Riesiger Roboteraffe
Riesiger Roboteraffe
Beiträge: 7616
Registriert: 29.08.2007, 19:13

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von realchris »

Was hier teilweise noch nicht verstanden wurde. Deutschland ist mitunterzeichner der Menschenrechtskonvention. Jede Änderung des Grundgesetzes muss den Menschenrechten genügen. Darüber hinaus sind die Menschenrechte in dem Teil der Verfassung verankert, der nicht verändert werden kann. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" Die Würde des Menschen bedeutet Menschenrecht. Das Menschenrecht ist unantastbar. Eine Regelung die nachträglich Leute hinter Gitter bringt, verstößt gegen die Menschenrechte. Der Herr hat seine Strafe abgesessen und ist frei.

Wenn man jemanden aufgrund einer Prognose inhaftieren würde, müsste man auch Leute, die noch nicht straffällig geworden sind, jedoch bei einem Gutachten eine schlechte Prognose haben, auch inhaftieren. Das ist rechtlich mit Guantanamo vergleichbar. Dort sind Leute inhaftiert, die Aufgrund eines Verdachtes oder einer Prognose, dass sie Terroristen sein könnten inhaftiert sind. Weil die Leute Angst haben, sperren sie sie dort ein. Der Rechtsstaat hat für Gerechtigkeit im Sinne eines Rechtes für alle zu sorgen. Ein Gesetz, dass eine bestimmte Gruppe Mensch aus der Gesellschaft aussortiert verstößt gegen die Menschenrechte. Übrigens muss ich an den Film Minority Report denken, wo Leute für Taten verurteilt werden, die sie noch nicht begangen haben. Nur damit der wilde Mob, der Bildzeitungsleser und die Bauern mit ihren Mistgabeln zufrieden sind, darf man nicht eine Gruppe Mensch aus den Menschenrechten ausschließen. Deutschland hat eine besondere Verantwortung, was die Einhaltung der Menschenrechte angeht. Die Menschenrechte sind auch nicht verhandelbar. Sie wurden unveräußerlich festgesetzt.
Antworten