Also gut, ausnahmsweise...
realchris hat geschrieben:Ich behaupte das der durchschnittliche Akademiker mehr Praxiserfahrung hat, als der durchschnittlichere Arbeitnehmer, der bestenfalls eine Tätigkeit oder verwandte Tätigkeit sein ganzes Leben ausführt. Ich kenne fast keinen Studenten, der nicht für sein Studium hart arbeiten muss, der nicht mehrere Jobs oder Praktikas absolviert hat.
Das ist eine edle Behauptung, aber so nicht ganz richtig bzw. abhängig von der Art der Beschäftigung der Studierenden. Studenten die neben dem Studium in vielen Bereichen Erfahrung gesammelt haben, besitzen sicherlich sehr viel Erfahrung, die Arbeitnehmern mit einem einzigen Job von Beginn an abgeht.
Studierende, die aber auch beruflich ihr Studiumsgebiet (Tutor etc.) nicht verlassen haben, sind da schon um einiges eingeschränkter unterwegs und haben in der Tat vom sogenannten "praktischen" Leben oft wenig Ahnung.
Ich gestehe hier aber auch einen gewissen Generationswechsel zu, weil es mittlerweile für Akademiker nicht mehr üblich ist, die Uni auf der sie den Abschluß machen, für den Rest ihres Lebens nicht mehr zu verlassen (befristete Verträge, Leistungsdruck bei Publikationen etc.). Meine Kritik richtet sich da sicherlich noch an die ältere Generation der Professoren.
realchris hat geschrieben:Ich behaupte auch, dass Akademiker wesentlich flexibler sind, weil sie gelernt haben flexibel sein zu müssen. Die Ausbildung ist je nach Fachbereich so allgemein, dass man viele Tätigkeiten machen kann, wofür ein normal ausgebildeter erst in Umschulungen geschickt werden muss.
Da hast du meine volle Zustimmung. Flexibilität ist des Akademikers höchstes Gut.
Problem daran ist aber, daß das die Sichtweise von Akademikern ist und in der Gesellschaft/Berufswelt um einiges schwerer zu finden ist. Da schaut das nämlich so aus, daß jemand mit akademischem Abschluß in der Regel gerne nicht für zuverlässig angesehen wird, wenn es darum geht, sich in einem fachfremden Berufsfeld niederzulassen. Argumentation: der bewirbt sich eh nur, weil er grad nix Besseres findet und sucht eigentlich ganz was anderes etc. (charmant wird das dann eben mit besagter "Überqualifizierung" ausgedrückt).
Du entwirfst hier insgesamt eine sehr idealisierte Sichtweise vom Studieren und dem akademischen Umfeld. Die Realität schaut aber (leider) anders aus...
realchris hat geschrieben:Darüber hinaus, was ist an Egopflege falsch?
Sie ist dann falsch, wenn sie auf Leistungen beruht, die man nicht selbst erbracht hat.
Ich bin auch selbst durchaus stolz auf meine Errungenschaften im Studium (und setze mir im öffentlichen Leben das Dr. auch vor den Namen), aber der Wert dieser Leistung besteht eigentlich nur ganz persönlich für mich. Man bleibt schließlich ein Mensch wie jeder andere auch. Und da es, wie gesagt, im Berufsleben eher ein Klotz am Bein ist, tut man sich auch ein bisserl schwer damit, das jetzt nach außen hin als eine Art Ehrung anzusehen (Orden werden von anderen aufgrund von was auch immer verliehen, den akadem. Grad erwirbt man sich selbst).
Sobald aus Egopflege Arroganz und Überheblichkeit anderen gegenüber wird, läuft etwas grundlegend falsch.
Menschen sind unterschiedlich, aber niemals besser oder schlechter (ohne konkreten Bezugspunkt).