Uncoolman hat geschrieben: ↑30.06.2020, 23:11
Die Frage ist aber, ob die Filme „unterhalten“ wollen? Jeder dieser Regisseure hat wohl das eine oder andere persönliche Lieblingsprojekt, das nicht zwingend ein Publikumsrenner wird. Man kann es sich „leisten“, etwas Abgedrehtes und Eigenes zu schaffen. Ob das auch auf Adventures zutrifft? Das Team ist auch bei einem Adventure groß, und wenn ein Spiel ein Reinfall wird, muss sich die Schmiede durch andere Spiele wieder freischwimmen. Will der überwiegende Teil der Spieler also ein „gutes“, unterhaltsames, spannendes Spiel, aber bitte nur mit Spaßfaktor und Nervenkitzel und ohne philosophische Denkpausen?
Jonathan Boakes und Matt Clark haben ja durchaus gezeigt, dass man etwas Abgedrehtes und Eigenes schaffen kann, alleine durch die Ästhetik. Man denke an die eine Bildschirmeinstellung, die aussieht wie eine zerknitterte Postkarte. Wegen The Lost Crown habe ich mir sogar ein Buch über die Pikten gekauft, dann aber nicht gelesen und vergessen.
Uncoolman hat geschrieben: ↑30.06.2020, 23:11
Will der überwiegende Teil der Spieler also ein „gutes“, unterhaltsames, spannendes Spiel, aber bitte nur mit Spaßfaktor und Nervenkitzel und ohne philosophische Denkpausen?
Glaube ich im Adventurebereich nicht. Baphomets Fluch und Black Mirror z.B. nur im Gedächnis geblieben, weil sie damals "Megaspiele" waren, die jeder spielte und nicht wegen ihrer erzählerischen Qualität. Kämen sie heute raus, würden sie in der Masse untergehen, weil es inzwischen x Klone gibt.
Wem wäre denn verloren gegangen, wenn Baphomets Fluch tiefer in die Geschichte der Tempelritter eingetaucht wäre, und sich mehr die Verbundenheit des Ordens mit den besuchten Orten beschäftigt hätte? Der Uninteressierte hätte immer noch ein unterhaltsames Spiel gehabt, der Geschichtsaffine hätte ein wenig geistige Anregung über die Rätsel hinaus . Man muss ja keine Geschichtsstunde raus machen, aber warum nicht ein bisschen mehr Hintergrund?
Oder z.B. - ohne es gespielt zu haben - "Shadows of the Vatican". Der Vatikan bietet so viel Stoff, Nekropolen, sicherlich auch Geheimgänge, Gebäude, eine berühmte Bibilothek die Ausgänge zu zwei Staaten haben - wenn man dort ein Adventure ansiedelt, dann kann man sich richtig austoben. Ich wüsste nicht, warum im Vatikan kein Adventure funktionieren sollte, Mysterien und interessante Orte an die man andocken kann, hat er genug. Wenn man dort einen Krimi stattfinden ließe, und das Setting ausreizt, dann käme da ein tolles Spiel bei raus. Dann können die einen ihren Mord aufklären und die anderen zusätzlich eines der faszinierendsten Länder der Welt erkunden. Erfordert natürlich mehr Recherche als ein Landhauskrimi.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass in den Spielefirmen wenig Lust vorherrscht, sich tiefer in die vorgestellte Materie einzuarbeiten. Wenn ich z.B. World of Warcraft in Vergleich zu Adventures nehme, dann merkt man, dass dort wirklich recheriert wurde, in Vanilla viel in Bezug auf europäische Mythen genommen wird, wie dem Wolpertinger, nordische Sage, der kopflose Reiter ist an die deutsche Version angelehnt usw. Genau, wie man in Pandaria viel Wissen über die asiatische Kultur eingearbeitet hat. Spieler spüren, wenn sie an ihr kulturelles Erben andocken können, auch wenn ihnen das nicht bewusst ist.
Und statt sich mal die Arbeit zu machen, und wirklich das Umfeld des Spiels zu recherieren, denkt man sich lieber ein paar lustige Sprüche aus. Deswegen wirken die meisten Adventures auch so flach, man arbeitet Geschichte und Rätsel aus, aber verankert die Spiele nicht mit einem "reelen" Bezug.
Und so nebenbei bemerkt: Viele große Spiele bieten dies dem Hörensagen nach ja auch. Ubisoft hatte Notre Dame de Paris am besten vermessen und war nach dem Brand bereit, diese Datensätze zur Verfügung zu stellen. Ich gehe davon aus, dass sie sich auch sonst Gedanken um die Historie gemacht haben.
"The last US" soll erzählerisch sehr stark sein, "A plague tale: Innocent" beschäftigt sich mit der Pest. Immer wieder erregen erzählerische, nachdenkliche Spiele wie "This war of mine" oder "This dragon, cancer" Aufsehen. Die Nachfrage ist also da.
Jetzt können sicherlich keine mittelgroßen Spielefirmen erst einmal Kathedralen vermessen, aber sich darüber Gedanken machen, was für ein Potential die Handlung und noch mehr das Setting haben, und sich Wissen darüber aneignen, das kann jeder. Ich weiß nicht, ob es Denkfaulheit, mangelnde Kreativität oder einfach nur Unterschätzung der Spieler ist.
Uncoolman hat geschrieben: ↑30.06.2020, 23:11
Ob das auch auf Adventures zutrifft? Das Team ist auch bei einem Adventure groß, und wenn ein Spiel ein Reinfall wird, muss sich die Schmiede durch andere Spiele wieder freischwimmen.
Wenn man den xten Black Mirror - Klon (Wieso muss ich da immer an Alter Ego denken?), das 12. Deponia oder das tausenste First-Person-Horroradventure veröffentlicht, dann dann hast du irgendwann auch keine Käufer mehr, weil alles nur noch genervt aufstöhnt. Das Adventuregenre kann sich nur freischwimmen, wenn etwas außer der Reihe auf dem Markt kommt. Sei es eben eine gewisse Inhaltstiefe, oder wie in The Lost Crown ein experimenteller Grafikstil.
BTW: Passen State of Mind und Fran Bow in das gesuchte Schema?