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Re: Patent-Wahn

Verfasst: 10.08.2011, 22:34
von BENDET
Oder einfach komplett abschaffen.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 10.08.2011, 22:35
von Kradath
Dann könnte aber die Motivation fehlen überhaupt neue Techniken zu erfinden. Oder wenn ich selbst eine habe, wieso sollte ich die Idee rausrücken, wenn ich dann zusehn darf wie ein andrer sich damit ne goldne Nase verdient?

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 10.08.2011, 23:35
von elfant
BENDET hat geschrieben:
elfant hat geschrieben:Ich Laie muß Dir als Profi ja nicht sagen, wo Dein Vergleich hinkt
Ich wollte Dich vorher nicht als Laien diffamieren, noch wollte ich mich als Profi hinstellen. Das liegt mir fern. Ehrlich. Gerne darfst Du mich auf Denkfehler meinerseits hinweisen. Vielleicht sehe ich das dann ein, vielleicht aber auch nicht. Wenn Du Dich aber auf die Supermarkt-Kette beziehst, dann muss ich Dir sagen, so sehr hinkt der Vergleich nicht. Der Einzelhändler hat auch ein Investitionsrisiko. Er muss die Ware bestellen und vorrätig halten. Er bleibt eventuell darauf sitzen. Und er kann aufgrund der Menge nicht so weit mit dem Preis runtergehen wie der Supermarkt.
Zuerst möchte ich feststellen, daß ich nicht wirklich zm Lesen kam, also werde ich vorerst weiter mit meinem unausgegoren Halbwissen arbeiten. Ok ein paar Tante Wiki - Artikel waren noch drin, aber das wird niemand als ernsthaftes Studium betrachten.

BENDET dürfte ich Dich bitten anzunehmen, daß ich entweder kein Ego habe, welches gekränkt sein könnte, oder daß es so groß ist, daß Du es nicht beleidigen kannst? Abgesehen davon diffamiere ich mich schon ständig selbst, da wird etwas mehr nicht schaden.... und ich sollte mir die Angewohnheit, beim Argumentieren keine Smilies zu benutzen, wohl endlich ablegen. (Selbst)Ironie kann eine Tastaur so einfach nicht ausdrücken :wink:
Ich wollte nur ausdrücken, daß Deine Kenntnisse der Materie ohne Frage größer sind als die meinen. Das können wir als feststehende Tatsache feststellen.

Der Vergleich hinkt dadurch, daß Du hier eine Situation vollkommen verallgemeinerst (ich würde es sogar als grotesk ansehen), welche aber nicht nach dem bestehenden Patentrecht geregelt wird. Ein Zusammenhang nur über einen Einzelbereich wie das wirtschaftliche Risiko zu konstruieren halte ich für falsch, da man so auch allerlei andere fremde Bereiche zu rate ziehen kann wie das Urheberrecht, Verbrechen, Menschrechte....

Man darf aber sehr wohl einen pateniertes Produkt wie ein Rad (als Vieleck) oder einen Taschenrechner bauen, solange man eine andere technische Lösung dafür findet und eine deutliche Abgrenzung dazu schafft.
Und bis jetzt hast Du Dich auch nicht gegen Patente, sondern nur gegen einzelene Aspekte wie die die Exklusivität und da kann ich Dir auch begrenzt zustimmen. Auch weiß ich, daß viele kleine Firmen die Patentierung aus Kostengründen scheuen, aber das wäre eigentlich wieder eine Frage wie man das Patentverfahren verändern sollte und so weit sind wir eigentlich noch nicht, sonder wir sind erst beim Erdenken was man rechtlich ändern solte oder könnte.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 11.08.2011, 06:42
von BENDET
elfant hat geschrieben:Ich wollte nur ausdrücken, daß Deine Kenntnisse der Materie ohne Frage größer sind als die meinen. Das können wir als feststehende Tatsache feststellen.
Auch das würde ich nicht einfach so behaupten. Ich weiß auch nur das, was ich mir selber beigebracht habe. Ich habe zumindest keine Vorlesung Patentwesen und Computertechnik besucht. Aber man kann ja einfach mal im Patentgesetz nachlesen.
Dort steht:
Patentgesetz §9 hat geschrieben:Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu benutzen. Jedem Dritten ist es verboten, ohne seine Zustimmung

1.
ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;
2.
ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, anzuwenden oder, wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß die Anwendung des Verfahrens ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist, zur Anwendung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten;
3.
das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellte Erzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
elfant hat geschrieben: Man darf aber sehr wohl einen pateniertes Produkt wie ein Rad (als Vieleck) oder einen Taschenrechner bauen, solange man eine andere technische Lösung dafür findet und eine deutliche Abgrenzung dazu schafft.
Da hast Du natürlich Recht. Aber es ist auch schon wieder lange gängige Praxis ein Verfahren so allgemein zu beschreiben, dass eher das beschrieben wird, was als Ergebnis dabei raus kommt, denn das, wie man es technisch herstellen will. Das hat dann zur Folge, dass man überhaupt keine Chance hat ein anderes technisches Verfahren anzuwenden um einem Patentanspruch zu entgehen.
Der Vergleich hinkt dadurch, daß Du hier eine Situation vollkommen verallgemeinerst (ich würde es sogar als grotesk ansehen), welche aber nicht nach dem bestehenden Patentrecht geregelt wird. Ein Zusammenhang nur über einen Einzelbereich wie das wirtschaftliche Risiko zu konstruieren halte ich für falsch,...
Was ist denn ein Patent, wenn nicht der Aspekt sich gegen das wirtschaftliche Risiko abzusichern, dem andere Geschäftsbereiche einfach per se ausgeliefert sind, ohne eine Möglichkeit zu haben sich derart zu schützen?
Wenn es Paragraph 9 nicht gäbe, würde dann überhaupt noch jemand ein Patent anmelden? Sicher, ein paar Erfinder, welche sich eine Reputation aufbauen wollen, ein paar Universitäre Forschungseinrichtungen. Die Großkonzerne würden dies dann jedoch tunlichst unterlassen, da sie mit dem Patentantrag ja den Herstellungsprozess beschreiben müssen, was dann unter die Kategorie Geschäftsgeheimnisse fällt.
Kradath hat geschrieben: Dann könnte aber die Motivation fehlen überhaupt neue Techniken zu erfinden. Oder wenn ich selbst eine habe, wieso sollte ich die Idee rausrücken, wenn ich dann zusehn darf wie ein andrer sich damit ne goldne Nase verdient?
Erstens: Nein, Unternehmen suchen immer nach Alleinstellungsmerkmalen und Wettbewerbsvorteilen: Als erster und eine Zeit lang als einziger mit einem Produkt auf den Markt zu kommen ist ein immenser Wettbewerbsvorteil. Außerdem darfst Du den Know-How-Vorsprung nicht vergessen, den sich die Konkurrenz erst noch erarbeiten muss. Aber selbst in einer Produktanalyse steckt noch so viel Arbeit drin, (man muss es ja auch verstehen, was man sich anschaut), dass ich das durchaus honorieren würde.

Zweitens: Du musst ja nicht deine Idee der Umsetzung rausrücken. Du verkaufst Doch nur ein Endprodukt. Wie du dieses hergestellt hast bzw. herstellst musst Du ja niemandem erzählen.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 11.08.2011, 08:02
von Kradath
BENDET hat geschrieben:
Kradath hat geschrieben: Dann könnte aber die Motivation fehlen überhaupt neue Techniken zu erfinden. Oder wenn ich selbst eine habe, wieso sollte ich die Idee rausrücken, wenn ich dann zusehn darf wie ein andrer sich damit ne goldne Nase verdient?
Erstens: Nein, Unternehmen suchen immer nach Alleinstellungsmerkmalen und Wettbewerbsvorteilen: Als erster und eine Zeit lang als einziger mit einem Produkt auf den Markt zu kommen ist ein immenser Wettbewerbsvorteil. Außerdem darfst Du den Know-How-Vorsprung nicht vergessen, den sich die Konkurrenz erst noch erarbeiten muss. Aber selbst in einer Produktanalyse steckt noch so viel Arbeit drin, (man muss es ja auch verstehen, was man sich anschaut), dass ich das durchaus honorieren würde.

Zweitens: Du musst ja nicht deine Idee der Umsetzung rausrücken. Du verkaufst Doch nur ein Endprodukt. Wie du dieses hergestellt hast bzw. herstellst musst Du ja niemandem erzählen.
Du gehst aber immer davon aus, dass das Patent von Firmen kommt, die es sofort umsetzen können, das ist bei Weitem nicht immer der Fall.

Der Walkman wurde von einer einzelnen Person erfunden. Das hat Sony aber nicht gestört. (http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Pavel)

Was ich ja absolut schlimm finde sind solche Firmen, wies sie teilweise in Amerika gibt, die hunderte Pantente anmelden, die so schwammig definiert sind, dass sie irgendwann mal einen großen Hersteller treffen und man damit Kohle einklagen kann.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 11.08.2011, 10:51
von elfant
BENDET hat geschrieben:Auch das würde ich nicht einfach so behaupten. Ich weiß auch nur das, was ich mir selber beigebracht habe. Ich habe zumindest keine Vorlesung Patentwesen und Computertechnik besucht. Aber man kann ja einfach mal im Patentgesetz nachlesen.
Das wäre immer noch mehr als ich. Ich habe den Stand eines Wikipediasleser. Das dürfte der tiefst mögliche Wissensstand für eine Diskussion im Netz sein. :mrgreen:
BENDET hat geschrieben:Was ist denn ein Patent, wenn nicht der Aspekt sich gegen das wirtschaftliche Risiko abzusichern, dem andere Geschäftsbereiche einfach per se ausgeliefert sind, ohne eine Möglichkeit zu haben sich derart zu schützen?
Wenn es Paragraph 9 nicht gäbe, würde dann überhaupt noch jemand ein Patent anmelden? Sicher, ein paar Erfinder, welche sich eine Reputation aufbauen wollen, ein paar Universitäre Forschungseinrichtungen. Die Großkonzerne würden dies dann jedoch tunlichst unterlassen, da sie mit dem Patentantrag ja den Herstellungsprozess beschreiben müssen, was dann unter die Kategorie Geschäftsgeheimnisse fällt.
Dennoch ist es ein artfremder Bereich, welcher nicht in das Patentrecht fällt. Ebenso könnte man dann sagen ein Einbruch in deinen Wohnsitz sein legim, weil der Einbrecher ein großeres wirschaftliches Risiko ein geht (Werkzeug und die Haftstrafe) als du als Mieter oder Eigentümer, bis Deine Sicherungsmaßnahmen einen höheren Sachwert erreichen. Im Umkehrschluß darf er dann einbrechen, weil es kein Recht auf Werte irgendeiner Form gibt.
Das Ganze ist natürlich an den Haaren herbeigzogen und unsinnig, deswegen sollte wir auch nur von jenen Dingen schreiben, welche nach dem §1 des Patentrechtes auch als Patente angemeldet werden könnten.
BENDET hat geschrieben:Da hast Du natürlich Recht. Aber es ist auch schon wieder lange gängige Praxis ein Verfahren so allgemein zu beschreiben, dass eher das beschrieben wird, was als Ergebnis dabei raus kommt, denn das, wie man es technisch herstellen will. Das hat dann zur Folge, dass man überhaupt keine Chance hat ein anderes technisches Verfahren anzuwenden um einem Patentanspruch zu entgehen.
Schwammige Patenten waren schon immer die Pest, aber daß wäre nun wieder eine Patentverfahrungsfrage.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 11.08.2011, 21:31
von stundenglas
chaosradio 95, Pat-ente

Zwar etwas alt, aber gibt einen sehr guten Überblick über die vor und Nachteile der Patente.

Patente haben schon eine Existenzberechtigung. Leider dienen sie aber in der Softwarebranche als Drohgebärde dazu sich gegenseitig vor Patent-Klagen Abzusichern. Dafür gibt es so spezielle Pools von Zusammenschlüssen wo dann z.B. zwei Unternehmen sich Gegenseitig dazu bereit Erklären die Patente zu teilen und sich nicht gegenseitig zu Verklagen. (Meine persönliche Einschätzung ist hier leider das diese Leute selber NIE wissen gegen welche Patente sie verstoßen, welche sie halten, und ob die Gegenpartei überhaupt gefährlich werden kann).

Pharma-Industrie: Schon heute kann man Dinge einfach Nachbauen in einem Land für das man die Patente nicht gekauft hat. Leider darf man sie aber nur in den Ländern verkaufen, wo man entsprechende Patente hält. - In diesem Bereich halte ich die Patente allerdings für sehr fragwürdig. Zumal viele Wirkstoffe aus tropischen Pflanzen patentiert wurden, die eigentlich ein Allgemeingut sind und nicht die entsprechende Schöpfungshöhe aufweisen. Ich halte jede Art der Patentierung für moralisch verwerflich, bei der mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschung, anschließend in private Patente fließt. Aber ich bin (eigentlich) auch dafür das Unternehmen die (ausschließlich Privat) Forschen, einen entsprechenden Gewinn abschöpfen dürfen. (Anmerkung: Allerdings verstehe ich bis heute nicht warum Medikamente in Deutschland viel zu teuer sind.)

Der Ursprungs-Ansatz von Patente war das diese dazu dienen die "Erfindungen" öffentlich zu machen und dritten gegen eine kleine "Lizen-Gebühr" zur Verfügung zu stellen.

Bevor ein Patent erteilt wird, prüft das Patentamt ob es nicht irgendwo schon eine solche Erfindung gibt. Also testest ob die Erfindung quasi über dem "Stand der Technik" liegt. Leider gehen die Patentämter hier nie hinreichten genau vor (das können sie auch gar nicht ist zu Zeitaufwendig/teuer) aber sie leisten ihr bestes.

Patentanmeldung: ca. 60 Euro
Patentprüfung: ca. 5000 Euro
Dauer der Prüfung: ca. 1 Jahr

Nach der Prüfung wird das Patent Eingetragen und gleichzeitig auch Veröffentlicht.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 06.07.2012, 15:17
von BENDET
Ich fühle mich in meiner Anschauung und Überzeugung bestätigt, dass Patente im IT-Bereich rein gar nicht zu suchen haben.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/ ... 32928.html

Schön, dass es auch jenseits des Teiches in hervorgehobenen Personen Menschen gibt, die soetwas erkennen und nicht ausschließlich erstmal ein Geschäft machen wollen. Vielleicht wird da ja etwas draus (und schwappt zu uns herüber).

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 06.07.2012, 18:12
von Möwe
Hey, ein Richter mit Realitätssinn! Und mi dem Mut mal simple Wahrheiten auszusprechen.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 15.07.2012, 13:08
von Nikioko
BENDET hat geschrieben:Wie gesagt, glaube ich nicht... BASF würde es vielleicht nicht mehr tun, aber es würden viel mehr kleine Unternehmen auf den Markt drängen, die sich ein Geschäft versprechen und keine juristischen Represalien seitens der Großen (mehr) fürchten.

Bzw. die medizinische Forschung würde wieder dort stattfinden, wo sie hingehört, an Uni-Kliniken. Die Pharmakonzerne können die Medikamente die daraus erwachsen dann ja ruhig für den Massenmarkt kopieren.
Nein, BENDET, gerade auf dem Pharmamarkt ist es nicht so. Das deutsche Gesundheitswesen drängt darauf, Originalpräparate so schnell wie möglich durch Generika zu ersetzen. Das verschärft die Situation, dass der forschende Unternehmer einen dreistelligen Millionenbetrag in ein Produkt steckt, das ein hohes Ausfallsrisiko hat, sei es, dass bereits die klinische Prüfung im Sande verläuft (die Präklinik ist noch relativ billig zu haben und stellt einen Verlust dar, der nur im einstelligen Millionenbereich liegt), andererseits, dass auch ein zugelassenes Präparat aufgrund von Pharmakovigilanzmeldungen innerhalb der ersten zwei Jahre die Zulassung wieder verliert.
Der Generikahersteller dagegen hat es deutlich einfacher: Der Wirkstoff lässt sich im Großmaßstab aus China importieren, und das Zulassungsverfahren ist deutlich vereinfacht. So kann man sich bei sämtlichen präklinischen und klinischen Prüfungne auf die Daten des Originalherstellers stützen und gleich bei der galenischen Formulierung anfangen. Die steht nicht im Patent, also muss man die selbst rausfinden, was aber recht schnell geht. Und da der Wirkstoff schon einige Jahre auf dem Markt ist, ist das Pharmakovigilanzrisiko deutlich geringer. Und da mein Produkt auch noch billiger ist, wird es von den Krankenkassen unterstützt, super. Die Generikahersteller sind eindeutig die Gewinner unseres Systems, trotz Patente.
Apropos Patente: Selbst mit Patentschutz lohnt es sich nicht, Orphan Drugs und Antibiotika zu entwickeln. Bei ersteren, weil die Zielgruppe einfach zu klein ist, bei zweiteren, weil sie erst einmal die Jahre als Reserveantibiotikum fristen und schön die Uhr abläuft. Solche Arzneimittel kommen überhaupt nur durch massive Subventionierung und erleichtere Zulassungsverfahren auf den Markt, sowie durch die soziale Verantwortung des Pharmaherstellers (ist einfach so, egal, was sonst so über die böse Pharmaindustrie gesagt wird).
Was übrigens sehr interessant ist: 90% der Einnahmen, die ein Arzneimittel auf dem Markt erzeugt, fließen an den Ersthersteller, 10% an den ersten Generikahersteller. Alle, die danach kommen, sind unbedeutend. Das führt in der Praxis dazu, dass etwa ein Jahr vor Ablauf des Patents ein Generikahersteller auf den Originalhersteller zugeht und einen Deal abschließt, um der erste Generikahersteller zu sein. Dieser Deal beinhaltet in der Regel auch Produktionsdetails, so dass die galenische Entwicklung, die oben angesprochen wurde, für diesen Hersteller im Grunde auch flach fällt.
Lange Rede, kurzer Sinn: in der Arzneimittelentwicklung ist der Wissensvorsprung des Originalherstellers so teuer erkauft, dass er sich im Grunde nicht lohnt.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 15.07.2012, 18:09
von neon
BASF hat doch 2001 seine Pharma-Sparte verkauft? Egal, ändert ja prinzipiell nichts am Thema.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 17.07.2012, 07:58
von BENDET
Nikioko hat geschrieben: Nein, BENDET, gerade auf dem Pharmamarkt ist es nicht so.
Mag sein, dass es auf dem Pharmamarkt und in der Pharmaindustrie nicht so ist, was aber nichts an meiner grundlegenden Ablehnung von Patenten ändert. Ich habe keinen Einblick in die Pharmaindustrie, so dass ich weder der einen Seite noch der anderen Seite wirklich blind vertrauen kann. Vielleicht bist Du ja betroffen und weißt deswegen mehr. Vielleicht bist Du aber auch betroffen und deswegen nicht objektiv.
Egal, jedenfalls verkennt jeder, der behauptet, ohne Patente würde es keine Innovation geben, die marktwirtschaftlichen Prinzipien. Für Unternehmen ist es immer besser, solange sie keine Monopolstellung haben, innovativ zu sein und sich mit neuen Produkten auf dem Markt von der Konkurrenz abzugrenzen (was die Konkurrenz dann natürlich nötig selbst wieder neue, bessere Produkte zu entwickeln). Patente erzeugen eine solche Monopolsituation, die nach meiner Wahrnehmung das Interesse daran, das Potential eines Produkts oder einer Idee voll auszuschöpfen zuwieder läuft.
Außerdem sollte man nicht verkennen, dass selbst im nachmachen eines Produkts, z.B. des iPads, wieder so viel Arbeit und Know How steckt, dass allein dieser Aufwand es wert ist honoriert zu werden. Außerdem wird es immer Leute geben, die nur auf den Hersteller schwören, welcher als erster am Markt war (und dadurch natürlich auch einen Wissensvorsprung hat), genau so wie es immer Leute geben wird, die warten, bis ein Produkt überholt ist, um es billiger zu bekommen. Wenn ein Unternehmen seinen vorhandenen Wissensvorsprung nicht nutzt und nicht ausbaut, dann ist das ganz normale marktwirtschaftliche Selektion.

Appropos Pharma. Ich habe schon oft genug gelesen, dass die eigentliche Forschung durch staatliche Institutionen erfolgt, und die Pharmakonzerne sich "nur noch" um die Marktreife kümmern. Bei unseren Regularien sicher auch ein Risiko, aber ob die Beimischung von Placebo x schützenswert ist, frage ich mich dann doch. Aber wie gesagt. Pharma, mir egal. Kann ruhig eine Sonderposition behalten. Generell halte ich Patente jedoch für innovationshemmend.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 17.07.2012, 19:47
von neon
Also... als jemand der in der Pharma-Industrie arbeitet, kann ich dazu, wenn auch nicht wirklich fundiert, folgendes sagen:

Die Forschung im Pharma-Bereich kostet sehr viel. Die Investitionen verschlingen so viel Geld, dass ein Produkt, welches nach jahrelangen Genehmigungsverfahren vielleicht, vielleicht aber auch nicht, auf den Markt kommt, die Forschungs- und Entwicklungskosten erst mal wieder einspielen muss. Das ist zwingend notwendig, sonst geht es beim nächsten Forschungsprojekt einfach nicht mehr weiter. Gerade die ersten Jahre spülen hier die Kosten wieder rein, danach kann man ein Produkt vielleicht noch an einen Billiganbieter wie Ratiopharm lizensieren, aber sobald das Patent abgelaufen ist, ist der Ofen aus. Bis dahin hat die Konkurrenz die Wirkstoffe und die Produktionsverfahren längst durchschaut und kann das Präparat einfach kopieren.

Es ist hier nicht so wie bei Musik oder Filmen oder sonstigen Herstellungsverfahren. In der Pharma-Industrie geht Weiterentwicklung nur durch Wissensvorsprung. Sei es in der Forschung oder in der Produktion. Jedes Produkt funktioniert nur über den Zeitraum der Patentsicherung. Danach ist es quasi wertlos.

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 21.07.2012, 02:59
von Nikioko
neon hat geschrieben:BASF hat doch 2001 seine Pharma-Sparte verkauft? Egal, ändert ja prinzipiell nichts am Thema.
BASF stellt als weitweit größter Hersteller für Chemikalien immer noch Hilfsstoffe wie Filmbildner oder Fließreguliermittel her. Arzneistoffe hingegen werden komplett in China und Indien produziert.
BENDET hat geschrieben: Appropos Pharma. Ich habe schon oft genug gelesen, dass die eigentliche Forschung durch staatliche Institutionen erfolgt, und die Pharmakonzerne sich "nur noch" um die Marktreife kümmern. Bei unseren Regularien sicher auch ein Risiko, aber ob die Beimischung von Placebo x schützenswert ist, frage ich mich dann doch. Aber wie gesagt. Pharma, mir egal. Kann ruhig eine Sonderposition behalten. Generell halte ich Patente jedoch für innovationshemmend.
Das ist Quatsch. Die Arzneimittel, die in den letzten 70 Jahren im Rahmen universitärer Forschung entdeckt und zur Marktreife gebracht wurden, kann man an einer Hand abzählen. Und das ist wörtlich gemeint, es sind nur 2 oder 3 Präparate. Wohl aber gibt es Kooperationen zwischen forschenden Pharmaunternehmen und Universitäten.
Was Placebos angeht: in einer randomisierten Doppelblindstudie wird immer Placebo gegen Verum getestet, außer es geht aus ethischen Gründen nicht, wie z. B. bei Zytostatika. Dort wird dann Verum gegen Goldstandard getesten.
Placebo ist einfach Arzneiform ohne Wirkstoff, deshalb wird da nichts beigemischt. Wir sind hier ja nicht in der Homöopathie. Und was die Patente angeht: die beziehen sich immer auf Verfahren, niemals auf Stoffe. Wenn Du es also schaffst, Sildenafil auf eine Weise zu synthetisieren, die nicht vom Patent abgedeckt ist, auch wenn sie nur 1% Ausbeute hat, dann darfst Du Pfizer Konkurrenz machen.
Interessant ist aber, wenn man sich die Schere zwischen Forschungskosten und zur Zahl der zur Markreife geführten Präparate ansieht: neue Arzneimittel werden immer teurer.
neon hat geschrieben: Die Forschung im Pharma-Bereich kostet sehr viel. Die Investitionen verschlingen so viel Geld, dass ein Produkt, welches nach jahrelangen Genehmigungsverfahren vielleicht, vielleicht aber auch nicht, auf den Markt kommt, die Forschungs- und Entwicklungskosten erst mal wieder einspielen muss.
Ein interessanter Faktor ist die Kostenexplosion. Die Forschungs- und Entwicklungskosten werdne immer größer und die Zahl der Neuzulassungen stagniert oder sinkt:

http://www.ciscrp.org/patient/facts_graphs.html
Bild

Wer die Graphen nicht versteht, dem erkläre ich sie gern mal. ;-)

Re: Patent-Wahn

Verfasst: 23.07.2012, 08:40
von BENDET
Nikioko hat geschrieben:Das ist Quatsch.
Es ist immer wieder schön, sich sachlich mit Dir zu unterhalten. Und das sage ich als jemand, der sich sehr wohl bewusst ist, dass er seine Sichtweise und Überzeugung nicht mit Zahlen oder Quellen belegt hat.

Hättest Du diesen einleitenden Satz einfach weg gelassen, wäre deine Argumentation schön sachlich, nachvollziehbar und akzeptabel gewesen. Schade dass Du durch Diffamierung von Ansichten anderer Deine eigenen, fundierten Aussagen diskreditieren musst :-(.

Eines musst Du mir aber noch erklären, weil ich es einfach nicht verstehe (ganz ernst!). Du schreibst:
Nikokio hat geschrieben: Und was die Patente angeht: die beziehen sich immer auf Verfahren, niemals auf Stoffe.
Wenn wirklich nur Verfahren und nicht Wirkstoffe bzw Wirkstoffkombinationen patentiert werden, wieso weiß ich dann als Konkurrent, nach Bestandteilanalyse des Medikaments von Pfizer, welches Verfahren sie eingesetzt haben um die darin befindlichen Wirkstoffe zu gewinnen? Muss ich dann nicht selber erst noch Verfahren für die Gewinnung, Mischung und Abstimmung der Wirkstoffe entwickeln?