Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Fightmeyer hat geschrieben:Ich halte es für höchst-riskant, bei Folter oder den Reaktionen darauf irgendwas anderes regeln zu wollen als: "Es ist nicht erlaubt zu foltern."
In Deinem Beispiel kann man sicher die Beweggründe des Polizisten nachvollziehen und rein moralisch hätte ich ihm auf die Schulter geklopft, aber im gleichem Atemzug muss er sich dann dafür auch verantworten.
Im Prinzip gebe ich dir Recht. Das soll und muss der Grundsatz sein. Aber im Rahmen der Verantwortung hätte ich zumindest gerne mildernde Umstände geltend gemacht. Das geht anderswo ja auch. Aber ganz klar, das ist ein heißes, ein sehr heißes Eisen.
Fightmeyer hat geschrieben:Weil jemand ein Verbrechen begangen hat, und sei es noch so abscheulich, hat er nun mal Grundrechte.
Ich bin eben nach wie vor der Meinung, dass in gewissen Fällen die Grundrechte einzuschränken sind. (Das ist im Fall der Haftstrafe ja gewissermaßen auch so, da wird das Recht auf Freiheit eingeschränkt.)
Fightmeyer hat geschrieben:Auf der anderen Seite seh ich es allerdings genauso, dass bestimmte Verbrechen eine Resozialisierung ausschließen. Diese Leute kann man dann nur noch ein Leben lang wegsperren.
Das wäre schon mal ein wichtiger erster Schritt. Das muss natürlich klar geregelt und transparent sein.
BENDET hat geschrieben:Wo ist der extreme Kampf um die Leben von Kindern in Ländern, in denen diese tagtäglich verhungern? Wo ist unser Kampf für diese Kinder? Wo ist da die Gerechtigkeit? Und wo ist da das Recht?
Lieber werden Patente und Lizenzgebühren durchgesetzt, als dass Kinder etwas zu essen bekommen, Kinder, die etwas zu essen brauchen sind in unserer Weltordnung weniger Wert als Patent / Urheberrechtsinhaber die sich nur noch bereichern wollen...
Da bin ich voll bei dir, BENDET. :)


Zu deinem restlichen Beitrag kann ich allerdings nur ratlos den Kopf schütteln. Vergewaltigung und Mord gehören für mich ganz sicher nicht zu den Dingen, die Kinder zur Ausreife benötigen und die strikte Ahndung dieses ungeheuerlichsten aller Verbrechen als "übertriebenen Kinderprotektionismus" zu bezeichnen, klingt für mich schon nach sehr üblem Zynismus.
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BENDET
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von BENDET »

So kannst du das natürlich auch formulieren... wirst der Sache aber nicht gerecht...
Der Punkt ist, wir dürfen Menschen nicht die Teilhabe an der Gesellschaft versagen, auch wenn die Gefahr besteht, dass sie anderen Menschen Leid zu fügen. Das ist ein Risiko, das wir tragen müssen. Insbesondere wollte ich durch meine Ausführungen zum Ausdruck bringen, dass der Tod, auch der vorzeitige, integraler Bestandteil des Lebens ist. Unsere Tabuisierung dieses Sachverhalts bringt uns da nicht weiter.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

BENDET hat geschrieben:Der Punkt ist, wir dürfen Menschen nicht die Teilhabe an der Gesellschaft versagen, auch wenn die Gefahr besteht, dass sie anderen Menschen Leid zu fügen.
Nein, der Punkt ist, dass Menschen durch bestimmte Taten sich diese Teilhabe selbst versagen. Wir als Gesellschaft akzeptieren diesen Beschluss nur und zeichnen ihn gegen, indem wir sie aus unserer Mitte entfernen.
BENDET hat geschrieben:Insbesondere wollte ich durch meine Ausführungen zum Ausdruck bringen, dass der Tod, auch der vorzeitige, integraler Bestandteil des Lebens ist. Unsere Tabuisierung dieses Sachverhalts bringt uns da nicht weiter.
Da bin ich deiner Meinung, schließe aber Mord und Vergewaltigung nicht ein. Tod durch Alter, Tod durch Krankheit, Tod durch Unfall - ja, aber einen Gewalttakt als normalen Teil des Lebens zu akzeptieren und in lustiger Lethargie den Mörder unter uns umherspazieren zu lassen, das sehe ich nicht.
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von realchris »

Der Artikel handelt aber nicht von einem falschen Urteil. Der Artikel prangert die Tatsache an, dass geltendes Recht nicht weiterhin umgangen wurde. Gesetze sind Gesetze. DEr Straftäter hier ist zu gewissen Rechtsbedingungen verurteilt worden. Wir müssen nun damit leben, dass wir für diesen nachträglichen Rechtsbruch des Staates, einen ehemaligen Verbrecher mit Rückfallgefahr rumlaufen haben.

Da ist nichts mit Flexibilität. Jeder hätte, wenn die damalige Rechtslage es ermöglichte, den Kerl in Sicherheitsverwahrung gegeben. Er ist aber in einem anderen Rechtssystem verurteilt worden und hat seine Strafe verbüßt. Der Staat ist nur ein Rechtsstaat, wenn er sich selbst an seine Gesetze hält und diese Gesetze an den Menschenrechten orientiert. Es geht hier nicht darum, dass Sicherheitsverwahrung gegen das Menschenrecht verstößt. Das tut sie nicht. Es geht darum, dass eine einmal verhängte und verbüßte Strafe nicht rückwirkend verschärft werden darf. Das ist Teil der Rechtsordnung und der Staat hat dieses Recht gebrochen. Rechtsbrechung durch den Staat nennt man Willkür und die darf einem Rechtsstaat nicht passieren. Heute ist die Rechtssprechung mit der Sicherheitsverwahrung versehen. Damals war sie es nicht. Wir müssen mit diesen 200 potentiellen Gefahren leben. Ob ein Privatmann "Polizist" bei der Folter eines Verhörten das Recht für das Leben eines anderen bricht ist mir egal. Auch ich würde ihm für sein Opfer die Schulter klopfen. Trotzdem muss der Staat bestrafen und weiterhin dem Recht verpflichtet bleiben und dieses Recht muss mit dem Menschenrecht kompatibel sein, zumindest wenn man Wert darauf legt Rechtsstaat zu sein.
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Arne
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Arne »

Problematisch ist doch, wenn Grundrechte im Einzelfall einschränkbar sind: Wer legt fest, wann dieser Einzelfall gegeben ist? Und wie ließe sich sowas vor Machtmissbrauch schützen? Dies lässt sich meiner Meinung nach so nicht umsetzen, ohne den Rechtsstaat zu gefährden.
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von BENDET »

Onkel Donald hat geschrieben: Da bin ich deiner Meinung, schließe aber Mord und Vergewaltigung nicht ein. Tod durch Alter, Tod durch Krankheit, Tod durch Unfall - ja, aber einen Gewalttakt als normalen Teil des Lebens zu akzeptieren und in lustiger Lethargie den Mörder unter uns umherspazieren zu lassen, das sehe ich nicht.
Und genau da sprichst du einem Menschen das Recht ab, Fehler zu machen und potentiell aus diesen zu lernen. Ich forder auch nicht dazu auf, Menschen, die eine Straftat begehen, dafür noch zu belohnen, aber wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, sollen sie eine erneute Chance bekommen. Ich denke aufgrund der sozialen Struktur eigentlich nicht, dass man die in Deutschland hat, aber verbüßte Strafe ist verbüßte Strafe.
Alles andere ist kein Recht und auch keine Gerechtigkeit, sondern ein Akt der Rache.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Arne hat geschrieben:Problematisch ist doch, wenn Grundrechte im Einzelfall einschränkbar sind: Wer legt fest, wann dieser Einzelfall gegeben ist? Und wie ließe sich sowas vor Machtmissbrauch schützen? Dies lässt sich meiner Meinung nach so nicht umsetzen, ohne den Rechtsstaat zu gefährden.
Völlig richtig, aber das Problem hast du immer. Es gibt auch jetzt durchaus einen Machtmissbrauch in Deutschland und anderen Rechtsstaaten, der keinfesfalls immer ans Tageslicht gelangt und geklärt wird. Es gibt aber durchaus genügend Fälle, in welchen sich z. B. der Richter bei der Urteilsfindung auf einen externen Gutachter stützt. Das könnte ich mir in einem solchen Fall auch vorstellen. Ansonsten wäre - wie schon von mir angesprochen - eine klare Verknüpfung mit der festgestellten Schuld denkbar. Wenn z. B. einfach schon grundsätzlich als Folge auf z. B. Kindsmord eine lebensängliche Sicherheitsverwahrung festgesetzt wäre, dann müsste gar keine Einzelfallregelung mehr zu treffen sein und die Rechtsstaatlichkeit wäre voll gewahrt.
BENDET hat geschrieben:Und genau da sprichst du einem Menschen das Recht ab, Fehler zu machen und potentiell aus diesen zu lernen. Ich forder auch nicht dazu auf, Menschen, die eine Straftat begehen, dafür noch zu belohnen, aber wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, sollen sie eine erneute Chance bekommen. Ich denke aufgrund der sozialen Struktur eigentlich nicht, dass man die in Deutschland hat, aber verbüßte Strafe ist verbüßte Strafe.
Bei gewissen Taten spreche ich ihnen dieses Recht ab, ja. Was du ansprichst, ist ein sehr schönes Prinzip und durchaus unterstützenswert, aber es ist einfach nicht auf alle Straftaten anwendbar. Und ich finde es zynisch, wenn eine Rechtsprechung behauptet, der Mord an einem Menschen sei z. B. mit fünf Jahren Haft abgegolten. Nicht jeder Straftäter ist ein Jean Valjean. Für mich ist Barmherzigkeit durchaus mehr als eine hohle Phrase, aber ich glaube auch, dass der Mensch einen Raum jenseits dieser Barmherzigkeit betreten kann.

Edit: Ich möchte zwischenrein gerne mal herausstellen, dass es mir hier nur um eine Handvoll bestimmter, ganz besonders schwerwiegender Verbrechen geht und nicht um eine undifferenzierte Law-and-Order-Kampagne. Auch ich bin froh, dass wir hierzulande Dieben nicht mehr die Hände abhacken. ;)
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Floyd
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Floyd »

BENDET hat geschrieben:Für mich ist es wichtig, dass mündige Menschen ihre eigenen Erfahrungen machen und gemacht haben. Dazu müssen sich Menschen aber immer wieder Gefahren aussetzen, das beinhaltet auch wieder Kinder. Kinder müssen auf Bäume klettern, in der Kanalisation herum tollen, in Flüssen spielen, durch Wälder tollen... und das Risiko eingehen dabei zu sterben. ...
Wir bewegen uns in eine Gesellschaft, die ihren Kindern nichts mehr zumutet und ihnen auch nichts mehr zutraut, aber dann zu ihrem 18. Geburtstag alles von Ihnen verlangt und erwartet, was sie über die Jahre hätten lernen sollen.
Das erste, was du hier grob unterschlägst, ist, dass Kinder in unserer Gesellschaft nur in beschränktem Umfang als mündig angesehen werden. Dass es wichtig sein soll, dass Menschen/Kinder in Unfällen sterben, halte ich in diesem Zusammenhang für eine Aussage, die mehr durch Schein als Sein beeindruckt. Natürlich sollen Kinder Freiheiten haben, aber einerseits hat das - wie Donald schon gesagt hat - nun wirklich nichts mit Gewaltverbrechen zu tun, und andererseits heißt das noch lange nicht, dass ein gewisser Schutz nicht trotzdem sinnvoll oder nötig ist.
Deinen Fatalismus bezüglich dessen, was man der Jugend heutzutage noch zumutet, kann ich auch nur in beschränktem Maße teilen, weil das recht stark in Richtung "früher hätte es sowas nicht gegeben" geht, und diese Leier kennt man wahrscheinlich schon seit der Antike.

Ansonsten finde ich die Diskussion stellenweise schon recht dogmatisch geführt:
BENDET hat geschrieben: Der Punkt ist, wir dürfen Menschen nicht die Teilhabe an der Gesellschaft versagen, auch wenn die Gefahr besteht, dass sie anderen Menschen Leid zu fügen. Das ist ein Risiko, das wir tragen müssen.
...
Ich forder auch nicht dazu auf, Menschen, die eine Straftat begehen, dafür noch zu belohnen, aber wenn sie ihre Strafe verbüßt haben, sollen sie eine erneute Chance bekommen.
Das sind alles Dogmen/Postulate, die du aufstellst. Warum müssen, dürfen und sollen wir das?

Nebenbei finde ich es bedenklich, wenn ein Mensch erst den Mord oder die Vergewaltigung begehen muss, um daraus etwas zu lernen. Das ist doch kein kleiner Fehler, aus dem man dann seine Lehren zieht. :roll:
Beowulf

Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Beowulf »

Onkel Donald hat geschrieben:In den USA hätte man ihn '69 für den ersten Mord auf den heißen Stuhl gesetzt. In Deutschland hat man ihn nicht einmal langfristig in Verwahrung genommen. Was ist eigentlich mit den Menschenrechten der Opfer? Die haben wohl einfach Pech gehabt, hm?
[...]
Die von dir euphemistisch gepriesene "Milde des deutschen Rechts" kommt in vielen Fällen einer Verhöhnung der Opfer gleich.
Ich bin mir nicht sicher, ob es dir in diesem Punkt eher um Rache und Genugtuung geht, als um die schöne liebe Gerechtigkeit.
Nehmen wir den Fall Folter. [...] Hier wäre meiner Meinung nach eine Regelung überfällig, die einwandfrei überführten Kapitalverbrechern dieses Recht verweigert. Wenn das Grundgesetz dies nicht vorsieht, dann muss man es eben ändern.
So einfach ist das nicht. Es ist nicht die Aufgabe des Polizeibeamten eine Schuld festzustellen, sondern die des Gerichtes. Und auch dabei kann immer etwas schief gehen, Justizirrtümer sind nach wie vor nicht ausgeschlossen. Und: Menschen gestehen unter Folter alles Mögliche, auch Dinge, die sie nicht begangen haben.

Das Verzicht auf Folter hat keineswegs irgendetwas mit "Unflexibilität" oder übermäßiger Nachgiebigkeit zu tun. Es geht einfach darum, dass auf diese Weise entstehende Leid nicht mit einem fragwürdigen Nutzen aufwiegen zu wollen. Es bringt einfach nichts, derartige Extremfälle zum Anlass zu nehmen um sämtliche Prinzipien über Bord zu werfen.

Nein, so einfach ist das nicht, durch eine Lockerung des Folterverbotes schaffen wir keinesfalls eine bessere Welt. Das ist absurd. Durch Guantanamo & Co. haben wir einfach nichts gewonnen (trotz eines Ausmaßes an Folter, welches das bei weitem übersteigt, was hier manche als "angemessen" zu betrachten scheinen), auch wenn sich ein Staat wie die USA dadurch Vorteile im Kampf gegen den Terrorismus erhofft.
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Beowulf hat geschrieben:Ich bin mir nicht sicher, ob es dir in diesem Punkt eher um Rache und Genugtuung geht, als um die schöne liebe Gerechtigkeit.
Ich will weder Rache noch Gerechtigkeit, denn beides liegt nicht im Rahmen menschlicher Möglichkeiten. Ich will eine unverrückbare Grenze zum Schutz aller. Genugtuung im Hinblick auf Mord, Schändung und Vergewaltigung kann es nicht geben, denn das Geschehene ist so oder so irreversibel.
Beowulf hat geschrieben:Nein, so einfach ist das nicht, durch eine Lockerung des Folterverbotes schaffen wir keinesfalls eine bessere Welt.
Diesen Blödsinn habe ich nirgends geschrieben oder gefordert. Von Guantanamo habe ich mich ausdrücklich distanziert und von einem "Folterkatalog" für deutsche Polizisten war schon gar nicht die Rede.
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Wrecker
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Wrecker »

Donald hat geschrieben:Ich will eine unverrückbare Grenze zum Schutz aller.
Das ist die Frage, ob eine unverrückbare Grenze einen Schutz bewirkt. In den USA hat die Aussicht auf die Todesstrafe bei so manchem Täter eine Serie vieler weiterer Verbrechen nach sich gezogen, so nach dem Motto: "Jetzt ist es auch schon egal". Ein Effekt, denn die Aussicht auf lebenslange Sicherheitsverwahrung auch haben kann.
Ich finde es besser, wenn der Täter angeschaut wird und eine Prognose erhält, ob er resozialisierungsfähig ist oder nicht. Das setzt allerdings eine gut arbeitende Justiz voraus. Und natürlich wird es auch immer wieder Fehlentscheidungen geben, in beide Richtungen.
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

Wrecker hat geschrieben:Das ist die Frage, ob eine unverrückbare Grenze einen Schutz bewirkt. In den USA hat die Aussicht auf die Todesstrafe bei so manchem Täter eine Serie vieler weiterer Verbrechen nach sich gezogen, so nach dem Motto: "Jetzt ist es auch schon egal". Ein Effekt, denn die Aussicht auf lebenslange Sicherheitsverwahrung auch haben kann.
Diesen Effekt hat eine fünfzehnjährige Haftstrafe mit Sicherheit auch. Wenn eine bestimmte Grenze überschritten wird, dann fallen damit auch Hemmungen. Du kannst deinen Satz auch umdrehen: "In den USA hat die Aussicht auf die Todesstrafe so manchen Täter davor abgeschreckt, aus einem Raub einen Mord werden zu lassen. Ein Effekt, den die Aussicht auf lebenslange Sicherheitsverwahrung auch haben kann."
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von babyboy »

Sehr gute Diskussion. Sie sollte in einem Juristenforum fortgeführt werden ;)

Zum Thema:
Ich bin mit Bendet einer Meinung daß jeder noch einmal eine Chance bekommen sollte, allerdings weiß ich auch daß es durchaus Menschen gibt bei denen dies sinnlos ist. Das hat aber nichts mit der (Art der) Straftat zu tun. Was hat denn England früher gemacht. Richtig, eine Strafkolonie gegründet die sich jetzt Australien nennt. Nun haben wir zwar keine freien Kontinente mehr zur Verfügung, aber ich könnte mir durchaus vorstellen auf den noch massenhaft freien großen Grundstücken keine Gefängnisse oder Forensiken zu bauen, sondern eigenständige Dörfer und Städte wo diese Menschen genauso leben wie in unserer "verrückten" Gesellschaft. Die Bedingungen dortdrin würden so sein daß keiner zu fliehen gedenken würde was mich zum nächsten Schwerpunkt bringt....und zwar

Man darf nicht verlangen daß Menschen ewig weggesperrt werden. Da gibt es nämlich auch ein logistisches Problem. Unsere Gefängnisse und Forensen sind jetzt schon überfüllt. Den Bau neuer Haftanstalten verhindern aber regelmäßig irgendwelche Bürgerbewegungen die nicht möchten daß in ihrer Nachbarschaft ein solches Gebäude entsteht (selbst wenn dieses noch Kilometer weg ist). Dabei denkt ein Täter auf der Flucht (falls ihn dieses überhaupt gelingen sollte-das passiert nur wenn die verantwortlichen Menschen Fehler machen) nur daran wie er möglichst schnell wegkommt oder unauffällig bleibt. Bei uns ist z.B. das Gefängnis mitten in der Innenstadt und es ist dadurch noch kein Bürger in Gefahr gekommen.

Sorry, ich habe wieder etwas ausgeholt. Meine Meinung allgemein zur Sicherungsverwahrung ist eine negative und das nicht nur aus Sicht der Überfüllung, sondern auch aus der Art wie sie gehandhabt wird (so gut wie keine Möglichkeit sich zu wehren oder neu anzufangen, rechtloser als normale Insassen, etc.). Das amerikanische Modell mit echten lebenslänglich würde eher passen (aber nicht das mit zweimal lebenslänglich, etc.--das ist von der Logik her Quatsch). In Deutschland bedeuted lebenslänglich nicht lebenslänglich sondern soundsoviel Jahre. Bei guter Führung wird die Strafe vermindert.
Auch fehlt in Deutschland der Lerneffekt. Hier gibt es höchstens "Arbeitstherapie". Sonstige Therapien oder gar mal so ein Boot-Camp wo denen mal gezeigt wird wie es auch gehen kann haben wir nicht. Die Forensik wird nur in Ausnahmefällen "bemüht" und kostet mehr Geld. Der Erfolg guter Forensen ist aber sichtbar da die Rückfallquote deutlich geringer ist als wenn der Probant die Haftstrafe in der JVA abgesessen hätte.

Trotzdem kann ich nicht sagen daß unsere Justiz oder Gesetze zu lasch sind. Es ist die Art WIE sie praktiziert werden. Es gibt zuviele Schlupflöcher für Reiche, überlastete Richter und Staatsanwälte und zuviel Lobbyisten.

Außerdem habe ich Angst daß jede Verschärfung auch Unschuldige treffen kann..und diese dann um so härter. Ich möchte nicht in den USA leben. Dort gehen Polizisten nicht gerade sanft mit Verdächtigen um während es hier eher eine Ausnahme ist und fast ins Gegenteil ausartet- Erfolg keinen Respekt mehr vom Staatsorgan-.

Jeden Recht getan ist eine Kunst die niemand kann. Es ist die Schwierigkeit das rechte Maß innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten zu finden.

Ich hoffe ich habe euch mit meinen Ausführungen nicht genervt. Manchmal geht die Tastatur mit mir durch...und ich rutsche von einem Thema ins andere.
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Onkel Donald
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von Onkel Donald »

babyboy hat geschrieben:Ich hoffe ich habe euch mit meinen Ausführungen nicht genervt.
Mich nicht. :) Allerdings kann ich dir nicht in allen deinen Ausführungen zustimmen. Aber ich denke, die verschiednen Positionen sind hier klar geworden und Einigkeit wird man in diesem Punkt sowieso nicht erzielen. Da wir aber alle keinen wirklichen Einfluss auf die deutsche Justiz haben, ist das wohl auch nicht so schlimm.
babyboy hat geschrieben:Manchmal geht die Tastatur mit mir durch...und ich rutsche von einem Thema ins andere.
Das kenne ich gut. ;)
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Re: Sicherheitsverwahrung vs. Menschenrechte?

Beitrag von sinus »

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Folter zur Geständniserpressung ist lächerlich und richtigerweise verboten.
Für den Fall von Ermittlung anderweitiger wichtiger Informationen, die der Verhörte nicht freiwillig rausrücken will: Wie siehts mit Wahrheitseren aus? Ist das in Ordnung?

:)
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