Esmeralda hat geschrieben: ↑27.05.2022, 15:47Die Tools machen doch nicht den Stil. Und die Kombination Photoshop + Grafiktablet dürfte auf 95% aller 2D Titel zutreffen, die sich nicht der Pixelgrafik verschrieben haben. (wobei das auch mit Photoshop ginge..
Du hast vollkommen Recht. In keiner Weise nimmt das digitale Werkzeug irgendeine "Persönlichkeit" des Werkes. Gestern wie heute beherrschen die guten Künstler Bildkomposition, völlig unabhängig ob digital oder traditionell. Der digitale Pinselschwinger nimmt die großen Brushes und der traditionelle Künstler den großen Pinsel, und arbeitet sich dann mit kleineren Brushes zu den Details vor. War vor 300 Jahren so, ist immer noch so. Die Idee, man könne Detailmanagement mit "Stilisierung", was immer das sein soll, betreiben, finde ich abstrus.
Dass man mit digitalen Werkzeugen zunächst stets in die immer gleichen Fallen tappt, das ist sicher wahr, ist aber bei den traditionellen Künstlern nicht anders. Aus meiner Sicht hat etwa die fehlgeschlagene Laienrestauration des Jesus-Gemäldes in der Kirche Santuario de Misericordia in Borja ganz genau den "Grafiktablett-Look", den Wurstenstein so entsetzlich digital findet.
Tatsächlich ist es für den digitalen Künstler zunächst ein ganz massives Problem, dass er jeden Pixel seines Bildes zur Bildschirmgröße aufblasen kann. Die meisten verlieren sich sofort und unrettbar
in zu vielen Details, die nie ein Mensch zu sehen bekommt. Die Vorstellung, eine höhere Auflösung hätte zu weniger Detail geführt, ist schlicht falsch.
Wenn man persönlich nicht auf Anime steht, kein Problem, das ist selbst nicht so mein Ding. Aber die Assoziation von Anime mit mangelnder Ambition und vielleicht sogar Faulheit, das geht einfach gar nicht. Wenn man persönlich nicht so auf die Return to Monkey Island-Artworks von Rex Crowle und Team steht, kein Problem. Die Grafik ist klar an die Animation der 50er-Jahre und
auch an Day of the Tentacle angelehnt, aber das muss ja niemand schön finden. Aber die Assoziation "digital, also schlecht" ist einfach keine Basis für eine Diskussion.
Es gibt unter Künstlern Anfänger und Fortgeschrittene, die Unterschiedliches leisten. Punkt aus.
Dann gibt's natürlich noch Maschinen, und die können tendenziell gar nichts, weil sie weder etwas "sehen", das Wichtigste überhaupt in der Kunst, noch etwas "verstehen". Die Maschine hat die Steingravur nicht als Steingravur aufgefasst, das Gras nicht als Gras, den Trittstein nicht als Trittstein, die Birkenrinde nicht als Birkenrinde, die Pilze nicht als Pilze, die Tuba nicht als Tuba und den Simon nicht als Simon. Ja, sie hat massig Textur reingepackt, nur passt die Textur so fürchterlich selten zum Material und nimmt sich dann auch starke Kontraste raus, die die ursprüngliche Bildkomposition völlig auseinanderreißen.
Und was, wenn sie mal die richtige Textur, das richtige "Detail" wählt?
Naja, dann wird's nochmal ein gutes Stück hässlicher, weil die Maschine nicht versteht, was sie da tut. Sie hat keine Ahnung,
wo Textur hingehört und wo nicht.
Ich gebe zu, ich finde dieses Upscale-Kauderwelsch ziemlich grundsätzlich pottenhässlich, und am liebsten wäre mir, wenn es aus Lieblingsspielen wie The Longest Journey und Final Fantasy IX bitte samt und sonders wieder verschwinden würde.