Das kann ich so gut nachvollziehen.
Ich muss auch noch lernen, in bestimmten Situationen gelassener zu reagieren. Bekannterweise hat mich meine etwas aufbrausende Art z.B. den Modjob hier gekostet
Allerdings muss ich sagen, dass ich deutlich ruhiger geworden bin, seit ich eine Autofahr-Zwangspause einlegen muss.
Denn die schier bodenlose Unfähigkeit von mindestens 50% der aktiven Autofahrer, selbst einfachste Verkehrssituationen zu überblicken, hat mich sicher sehr viele Nerven gekostet (und mein erstes Auto).
Aber auch ohne Auto ist man den Idioten ständig ausgesetzt.
Ich will aus der U-Bahn aussteigen, und die Leute, die genau dort warten, wo die Tür stehenbleibt, denken gar nicht daran, auch nur einen Schritt zur Seite zu gehen.
Beim Einsteigen in Öffentliche bin ich schon des Öfteren von Omas zur Seite gerempelt worden, die Angst um einen Sitzplatz hatten.
Immer wieder beobachte ich fasziniert, wieviele Leute, selbst gebrechliche, schon aufstehen, kaum dass der Bus von der Haltestelle wegefahren ist, nur, weil sie die Nächste raus müssen. Der Bus ist fast leer und schaukelt die ganze Fahrt über grob hin und her, aber nein, man könnte es ja nicht mehr rechtzeitig zur Tür schaffen.
Und die Busfahrer sind auch oft Arschlöcher. Zwei Buslinien kreuzen sich, beide haben Haltestellen an der Kreuzung. Was mach ich also als Busfahrer? Genau, ich fahre schnell weg, damit die Leute, die vom anderen Bus auf meinen zurennen ihn gerade nicht mehr erwischen. Is doch egal, der nächste kommt doch schon in 20 Minuten.
Auch auf dem Fahrrad ist man vor Idioten nicht sicher, nicht mal, wenn man durch die Isarauen fährt (ein paar hundert Meter breite, autofreie und waldähnliche Grünanlagen entlang der Isar, die durch München fließt).
Neulich fahre ich also nachmittags den relativ breiten Radweg am Isarufer entlang. Davor musste ich noch über oben angesprochene Kreuzung. Radfahrer und Fussgänger hatten noch rot, obwohl die querfahrenden Autos bereits standen. Ein älteres Ehepaar (um die 70) wartete auf der Insel in der Straßenmitte, und der Frau hat es wohl zu lange gedauert.
Sie macht einen Schritt auf die Straße, von links wildes Gehupe. Warum wohl war die Fußgängerampel noch rot? Richtig! Weil die Linksabbieger noch grün hatten. Der Ehemann zieht sie kräftig zurück, damit der Kombi, der bei Gelb noch angerauscht kam, sie nicht zu seiner Kühlerfigur macht, und die Alte landet unsanft auf dem Hintern.
Ich hab herzlich gelacht und dann bei Grün meinen Weg Richtung "Wald" fortgesetzt.
Nachdem ich dann einige Zeit leise grummelnd den obligatorischen Nebeneinander-her-Fahrern und den verdammten Inline-Skatern ausgewichen bin, sehe ich, dass ein entgegenkommender Radfahrer weiter vorne mitten auf dem Radweg stehengeblieben ist, um die Botanik näher zu untersuchen oder so ähnlich. Was blieb ihm anderes übrig, schließlich ist zwischen Fluß und Radweg ja nur eine 50m breite Wiese.
Ich trete extra in die Pedale, um das Öko-Pärchen vor mir zu überholen, bevor ich auf seiner Höhe bin, als der männliche Öko plötzlich ohne Vorwarnung nach links zieht, weil er offensichtlich zum Flußufer will. Ich lege eine satte Vollbremsung auf zwei Rädern hin und schaffe es gerade so, zwischen den beiden durch zu schlüpfen.
Ein paar Kilometer weiter ende ich dann fast selbst als Kühlerfigur. Da der Radweg inzwischen wieder neben der Straße verläuft, aber beide Richtungen auf der linken Seite, übersieht mich erst ein mir entgegenkommendes rechtsabbiegendes Taxi, dass aber locker vor mir rüberfährt, und dann der dahinter fahrende Golf. Der bremst erst, als ich mich mit einem Schlenker in Sicherheit bringe.
Am schlimmsten sind aber Idioten, vor denen man nicht fliehen kann, z.B. im Job. Der übelste Fall: der eigene Chef ist ein Vollidiot.
Genauso schlimm: Idioten-Kunden.
In nur zwei Monaten jobben im Handyladen hab ich genug Schwachsinn erlebt, der für ein ganzes Verkäuferleben reicht. Hier mal die Vorfälle, die mir am deutlichsten im Gedächtnis geblieben sind:
Chef=Idiot:
Teil 1: Der Chef war ein furchtbarer Geizhals, obwohl seine drei Läden gut gelaufen sind. Die Rechnungen für Nebenkosten der Läden hat er nicht abbuchen lassen, sondern selbst überweisen. Aber wir Angestellte waren nicht die einzigen, die ihrem Geld nachlaufen durften. So wurde uns im größten der Läden einmal mitten am Tag der Strom abgestellt. Alle PCs aus, Kasse aus, Lichter aus, und der Laden voller Kunden...
Teil 2: Verbrauchsmaterial wurde immer so billig wie möglich eingekauft (z.B. gab es nur einlagiges Toilettenpapier), wir bekamen einen Anpfiff, wenn die Stifte nicht mit dem Deckel nach unten im Becher standen ("Dann halten sie länger"), usw.
Eines Tages ging uns das Druckerpapier aus, wir mussten Verträge mit der Hand ausfüllen, während ein Kollege zum Laden am Ende der Straße gerannt ist, um Druckerpapier zu kaufen.
Der Chef bekommt es mit und macht erst mal den Kollegen zur Sau, weil der "so ein sauteueres Druckerpapier gekauft hat", bla bla bla, und
"wir sollen ihm einfach ein Fax schicken, wenn wir was brauchen, egal was, er kümmert sich drum."
Ein paar Wochen später wurde ich dann in den kleinsten der drei Läden versetzt, das war der, mit dem der Chef sein Geschäft aufgezogen hatte. Hinten drin war sein Büro, deswegen bekam ich auch des Öfteren deutlich mit, wie er sich über Lautsprecher mit Leuten von der Stadt oder der Telekom über Rechnungen stritt...
Telefon gab es keins, wenn ich im anderen Laden anrufen musste, hatte ich mein Handy zu verwenden, die Gebühren bekam ich nicht erstattet. Dafür stand hier das bereits erwähnte Fax. Einmal kam ein Fax an, während ich im Laden war. Fasziniert beobachtete ich, wie es aus der Maschine kam, sich langsam einkringelte, abgeschnitten wurde und dann nach unten auf den Haufen aus Papierrollen fiel, der sich halb unter der Theke angesammelt hatte.
Ich hab mir dann mal ein paar der teilweise uralten Faxe angeschaut: alles Bestellungen von Kollegen, die Ordner, Stifte, Druckerpapier, etc. brauchten...
Kunde=Idiot:
Auftritt: Günther B. (im damaligen Viag Interkom-Partnershop)
Schaut sich unser Prospekt mit den Vertragshandys an, zeigt auf eines der neueren Nokiamodelle und meint, "ich hab gehört, dass man von Handys auch Faxe schicken kann, wo steckt man denn da das Papier rein?" ...!
Ich habs ihm dann erklärt, und er wollte am Ende einen Vertrag machen. Ich füll alles aus, aber der Kerl kennt seine eigene Postleitzahl nicht! Nachschauen konnte ich nicht, da man mit den PCs nur eine Internetverbindung zu Viag aufbauen konnte.
Er meint, er gehe heim und schaue nach, käme dann wieder.
Zwei Wochen später kam er auch, wundert sich, dass ich seinen Namen noch weiß (;)) und verkündet dann freudestrahlend, dass er den Vertrag inzwischen online gemacht hätte und "nur mal vorbeischauen" wollte...
Auftritt: Assi-Mutter mit ca. sechsjährigem Kind von der Sorte, die alles antatschen und umwerfen muss.
Sie legt ihr Prepaid-Handy auf die Theke und beschwert sich, dass sie keine SMS mehr verschicken könne. ("Gestern ging's noch!")
Also Standard-Troubleshooting gemacht, alles einwandfrei. Plötzlich die Erkenntnis. (Viag hat damals gerade mit Prepaid-SMS angefangen, und da es die allseits bekannten Probleme bei D1 und D2 mit irrsinnig hohen Rechnungen wegen verzögerter Abrechnung gab, hat man den Kunden einfach 333 Frei-SMS spendiert, bis die Abrechnung vernünftig gelöst war.)
Ich also freundlich nachgefragt, ob es sein könne, dass sie die 333 Frei-SMS schon verbraucht hat.
Das Gesicht der Kundin erstarrte förmlich. Ich wußte, dass das die Lösung war, sie wußte es, und sie wußte, dass ich es wußte
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Sie dreht sich um, packt ihr Blag an der Hand und meint im Rausgehen deutlich hörbar: "Komm, Horst-Kevin, der Mann weiß nicht, warum mein Handy nicht geht, wir fragen in dem Laden vorne nach."
Ich war erstmal sprachlos, hab mich dann aber gefangen, bin ihr nicht mit geballten Fäusten hinterher gelaufen, sondern hab stattdessen im "Laden vorne" angerufen, um meinen Kollegen entsprechend auf den ausstehenden Besuch vorzubereiten
Einen hab ich noch:
Vorgeschichte: Wie schon erwähnt war es die Anfangszeit von Viag, sie hatten gerade seit Kurzem den einmillionsten Kunden, und nur in den großen Städten gab es eigene Viag-Türme. Deswegen hatten sie Roaming-Verträge mit D1, D2 und ePlus abgeschlossen, Viag hatte also nicht nur standardmäßig Dualband-Handys im Angebot, sondern auch die beste Netzabdeckung. Kurz vor meiner Zeit im Laden wurden die Verträge mit D2 und ePlus allerdings gekündigt.
Auftritt: Selbständiger Mr. Oberwichtig im leuchtend orangenen Anzug, im Schlepptau seinen Adjudanten oder so ähnlich
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Er poltert also los, dass er in seiner Ferienhütte irgendwo in der Lüneburger Pampa kein Netz mehr hat, weil dort nur ein D2-Turm steht.
Freundlich weise ich ihn auf die gekündigten Roaming-Verträge hin und versichere ihm, dass das kein Dauerzustand sein wird, da Viag sein Netz immer weiter ausbaut.
Das nützt leider gar nichts, er wird immer wütender, meint, er hätte auch Kunden, und da ginge er auf jeden Einzelnen ein, es sei eine Unverschämtheit von Viag, usw., und ich solle das auf der Stelle in Ordnung bringen.
Ich erkläre ihm dann, dass das nicht gehen würde, er müsse sich eben gedulden, Viag sei eben ein Konzern mit inzwischen über einer Million Kunden, da könne man nicht wegen einem Einzigen einen Roaming-Vertrag behalten, der ein Verlustgeschäft sei, usw.
Was kam? Natürlich, die Drohung mit dem Anwalt, wüste Beschimpfungen, und Entschuldigungsversuche im Hintergrund durch den peinlich berührten "Adjudanten", der seinen Chef schließlich fast aus dem Laden zog.
Ich wäre auch schon oft liebend gerne einfach mit der Kettensäge im Anschlag losgezogen, um auf der Straße wahllos fremde Leute in spritzende Fleischhaufen zu verwandeln...
Leider muss ich mich zusammenreißen und meinem Ärger verbal oder hier Luft machen.
Entsprechende Träume habe ich auch nur äußerst selten, aber es kommt vor.
So, ich bin erstmal raus. Aber bis jetzt verspricht es, ein sehr interessanter thread zu werden
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