Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

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max_power
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von max_power »

DasJan hat geschrieben:und das weiß ich so genau, weil ich das Gefühl, was ich ihr gegenüber empfinde, "Liebe" nenne.
Und wenn jetzt jemand glaubt, weil er ein besonderes Gefühl bei Themen hat, die die Religion betreffen und / oder Dingen gegenüber, die einfach nicht erklärt werden können, und dieses Gefühl "Glauben" nennt, dann ist das doch prinzipiell das gleiche.

Warum sollte mehr gegen Glauben als gegen Liebe gewettert werden? Und aus "Liebe" wird ebenfalls viel Scheiß gebaut wie aus "Glaube" bzw. Religion.
„Es müsste immer Musik da sein, bei allem was du machst. Und wenn's so richtig Scheiße ist, dann ist wenigstens noch die Musik da. Und an der Stelle, wo's am allerschönsten ist, da müsste die Platte springen und du hörst immer nur diesen einen Moment.“ (Floyd, Absolute Giganten)
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KhrisMUC
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von KhrisMUC »

Ich habs schon erwähnt: das Liebe-Argument ist völlig nichtssagend.
Liebe und Glaube sind völlig verschiedene Dinge.

Das Argument läuft doch so:
Atheist: "Wie, Gott? Beweis, dass es ihn gibt!"
Christ: "Bla, Liebe, bla, beweisen!!11"
Atheist: "Hey stimmt! Liebe gibt es auch, aber ich kann es nicht beweisen! Wir blind war ich! Morgen lass ich mich taufen!"

Ein klassischer Trugschluss.

Die "richtige" Antwort wäre:
Atheist: "Aaaaa-HA! Du sagst doch, Gott liebt uns. Beweis es!"
Und selbst diese Antwort ist blöd, weil sie Gott fälschlicherweise als gegeben annimmt.
Und auch wenn man das tut, kann man es genauso wenig beweisen. Und wie schon von DasJan ausgeführt: es gibt sehr viele Anzeichen dafür, dass einen ein Mensch liebt.
Die Anzahl der Anzeichen dafür, dass Gott uns liebt: 0.

Liebe ist ein Gefühl; wie es auch Hass, Freude oder Traurigkeit, Wut oder Begeisterung sind. Das muss man nicht beweisen. Es ist eine Definition.
Das resultierende Verhalten ist oft irrational.

Der Glaube hingegen ist selbst ein irrationales Verhalten: man hält eine übernatürliche Sache für wahr, die weder bewiesen noch widerlegt werden kann.
Ursache ist der Wunsch, nicht allein zu sein, auch ein Gefühl, dass wohl kaum bewiesen werden muss.
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Möwe
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von Möwe »

KhrisMUC hat geschrieben: Liebe ist ein Gefühl....
Genau, und wo entsteht ein Gefühl: in dem Menschen drin, ausgelöst durch Hormone.
Wenn ich also Gott liebe, dann muss das nix mit der Realität zu tun haben.
Ich kann auch eine Idee lieben, einen Traum, eine Vorstellung.
Liebe sagt echt nix über das Objekt der Liebe aus, nur über denjenigen, der liebt.
Mach mit beim AT-Wichteln und ärgere :twisted: oder erfreue :D einen ATler.
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Wrecker
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von Wrecker »

@KhrisMUC: Nachdem ich meinen superlangen Beitrag am Sonntag verfasst habe, musste ich selber grinsen.

Zur Erklärung: Unter der Woche habe ich meistens nicht soviel Zeit. Ich finde Religionsdebatten sehr spannend, komme aber meistens nur am Wochenende dazu, mich ausführlicher zu äußern und vertiefte Beiträge zu verfassen. Wenn ich mich dann seitenweise durch Endlosbeiträge lesen soll, ist mir das etwas zu viel.

Weil ich jetzt auch schon wieder weiter muss, belass ich es dabei und schau mal, dass ich am WE (oder vielleicht auch schon vorher) zu der Sache nochmal vertieft äußere.

Eines noch zu dem Alter von Argumenten: Alle Argumente in Religionsdebatten sind alt. Mir fällt spontan eigentlich keine ein, die nicht spätestens im 19.Jhd. formuliert worden wäre.
Darauf kommt es mMn auch nicht an, wie alt sie ist, sondern welche Wahrheit sie enthält.
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KhrisMUC
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von KhrisMUC »

@Wrecker:
Da hast Du natürlich völlig recht, aber meistens sind die Argumente auch "alt" im Sinne von "schon lange entkräftet". Bestes Beispiel: "Es ist nur eine Theorie." Dafür hat ein erfahrener Diskussionsteilnehmer nur ein müdes Lächeln übrig. ;)
Trotzdem (und leider) müssen solche Dinge immer wieder erklärt werden. Glück im Unglück: Oft gibt es Links, die das ausführlich tun.

---

Die wesentliche Frage ist doch: warum glaubt man an Übernatürliches, dass nicht widerlegt und nicht bewiesen werden kann? Das ist der essentielle Unterschied zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen (und auch der Stein des Anstoßes in diesem Heath-Ledger-thread, da beiläufig das Leben nach dem Tod angesprochen wurde).
Und diese Frage müssen offensichtlich die Gläubigen beantworten.
Ich als Nicht-Gläubiger kann mich entspannt zurücklehnen. Denn auf eine überzeugende Antwort warte ich bis heute.
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von DasJan »

DieFüchsin hat geschrieben:Wieso wird explizit immer auf der Bibel rumgehackt? Und nicht auf dem Struwwelpeter oder Grimms Märchen?
Wenn ein paar hundert Millionen Menschen den Struwwelpeter und ein paar hundert Millionen Menschen Grimms Märchen für das wahre Wort halten würden, die von dem einzigen echten Gott reden, dann würde es da wohl auch mehr Kritik geben.
max_power hat geschrieben:Und wenn jetzt jemand glaubt, weil er ein besonderes Gefühl bei Themen hat, die die Religion betreffen und / oder Dingen gegenüber, die einfach nicht erklärt werden können, und dieses Gefühl "Glauben" nennt, dann ist das doch prinzipiell das gleiche.
Ich zweifel ja nicht an, dass es "Glauben" gibt. Der wesentliche Unterschied ist, dass sich Liebe auf Dinge bezieht, die in der Realität passiert, und Glaube nicht. Genauere Ausführungen dazu in meinen letzten fünf Beiträgen.

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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von Loma »

KhrisMUC hat geschrieben:Die wesentliche Frage ist doch: warum glaubt man an Übernatürliches, dass nicht widerlegt und nicht bewiesen werden kann? Das ist der essentielle Unterschied zwischen Gläubigen und Nicht-Gläubigen (und auch der Stein des Anstoßes in diesem Heath-Ledger-thread, da beiläufig das Leben nach dem Tod angesprochen wurde).
Und diese Frage müssen offensichtlich die Gläubigen beantworten.
Ich als Nicht-Gläubiger kann mich entspannt zurücklehnen. Denn auf eine überzeugende Antwort warte ich bis heute.
Ich bin zwar auch nicht-gläubig, aber ich denke, eine wesentlicher Grund hierfür liegt in einer möglichen Daseinsbewältigung. Das was man nicht versteht, das macht Angst - aus diesem Grund "erfinden" sich viele Menschen übernatürliche Kräfte, Gott etc., an das sie sich halten (und dem sie notfalls vielleicht auch die Schuld geben) können. Das menschliche Ego scheint irgendwie ein Problem damit zu haben zu akzeptieren, daß etwa nach dem Tod wirklich alles aus ist.
Und wenn man sich den Esoterik-Boom der letzten Jahre anschaut, dann scheint mir das doch auch ein bisserl eine Art Gegenreaktion auf die zunehmende Verwissenschaftlichung der Welt zu sein.

Damit nur ein paar kurze Einwürfe meinerseits.
Sollten meine Arbeiten jemals eine Verlag finden, sag' ich euch bescheid :wink: - hab' mich darin ja doch teilweise recht ausgiebig in diesem Bereich getummelt.
Ich denke, also spinn' ich.
Ich spinne, also mal' ich.
Ich male, also denk' ich.

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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von Kruttan »

DasJan hat geschrieben:@Kruttan: Was du schreibst, liest sich, als hätte eine Person X sich die komplette Bibel ausgedacht, mitsamt allen Widersprüchen, und die hätte sich bei allen Widersprüchen etwas Konkretes gedacht, wie diese zu interpretieren wären, und so weiter. Da die Bibel aber nur eine Textsammlung ist, denke ich nicht, dass es diesen großen Plan gibt, den du darin siehst.
Nein, das will ich natürlich nicht sagen. Ich betrachte sie aber als im gleichen "Geist" geschrieben. Die meisten Autoren wussten sehr gut um den bis Dato bereits bestehenden Stoff des biblischen Kanons. Jesus wird als Rabbi die wichtigen jüdischen Schriften auswendig gekannt haben. Er liefert und lebt seine Interpretation. Genauso Paulus und die anderen Autoren der Briefe. Diese Interpretationen spezifizieren und denken weiter.
Das ist nicht unlogisch, da der Widerspruch nicht die Aussage unter allen Vorbedingungen tangiert, diese variieren - daher kann kein Gesetz der Welt alle Strafen für jedes denkbare Verbrechen unter all ihren einzelnen Umständen festlegen. Es bleibt immer bis zu einem gewissen Grad unscharf.
Kruttan hat geschrieben:Als die Pharisäer Jesus und seine Jünger ermahnen, dass sie am Sabbat Ähren von den Feldern lesen, wird diesem Gesetz nur scheinbar widersprochen.
Eigentlich wird ihm ziemlich direkt und unmissverständlich widersprochen.
Und ich sehe das anders. Der Grund ist meines Erachtens, dass es einfach keine Weltformel gibt, die algorithmisch immer die angebrachteste Handlungsoption sofort ausspuckt. Fundamentalistische Christen mögen die Zehn Gebote als etwas verstehen, dass ihnen das Denken abnehmen kann. Die haben dann ein Problem, wenn sie vor Entscheidungen gestellt werden, die sich einem solchen, rein algorithmischen Denken entziehen.
Ich verstehe dich so, dass du von der Bibel eine solche Weltformel forderst. Und da nichts diesem Anspruch gerecht werden kann, also auch kein Text, ist sie für dich wertlos.

Ich gehe schon davon aus, dass es Prinzipien gibt, die hinter allem stehen (in Bezug auf Verhaltensmaßstäbe), die sich durch physikalische Gegebenheiten nicht erklären lassen.

Beim Feiertag-Heiligen wird ihmo nur präzisiert, was unter Heiligung des Feiertags zu verstehen ist. Dass das Abbrechen einer Ähre und ihr Verspeisen eben für die Jünger keine Arbeit im eigentlichen Sinne ist. Nirgendwo in der Bibel steht, dass wer am Sabbat etwas tut, wozu er Lust hat und das er nicht als Arbeit empfindet, eine Sünde begeht. Daher sehe ich hier keinen Widerspruch.

Ein Ähnliches Beispiel mag das Lügen Gebot sein. Stell dir vor, du würdest ein Kind erziehen. Dann würdest du ihm auch erst mal erzählen, dass es nicht lügen soll. Behauptet es, es hätte die Mathe-Arbeit noch nicht wieder, du aber findest im seinem Ranzen das Heft mit einer dicken Fünf, so wirst du dich auf dieses Gesetz berufen.
Nun ist in der Schule die NS-Zeit dran und im Lesebuch eine Geschichte von einem Menschen, der einige Juden im Keller versteckt und die Gestapo belügt. Nun ist dies imho kein Widerspruch zu dem vorhergesagten. Hier würde man sagen, dass das Lügen hier ein anderes Lügen ist, als das, was man dem Kind untersagt. Hier wird mit einer anderen Absicht getäuscht. Das hinter allem stehende, moralische Gesetz in Bezug auf die Lüge wird nur dann abgeändert, wenn man es als starren Algorithmus verstanden hat.
DasJan hat geschrieben:Wenn der Autor damit etwas anderes meint, nämlich das, was du da reininterpretierst, was da aber eigentlich nicht steht, warum hat er sich nicht klarer ausgedrückt. Dass er dem anderen Text widerspricht, präzisiert seine Intention nicht, sondern sorgt dafür, dass du es so siehst, jemand anders anders und ich darin nur einen logischen Widerspruch erkenne. Hat der Autor das so gewollt?


KhrisMUC hat geschrieben:Was erhebt die Bibel in ihren besonderen Status (abgesehen von ihrer enormen Verbreitung)?
Vermutlich ist sie einfach so wirr, dass man nach 2000 Jahren immer noch nicht damit fertig ist, sie zu interpretieren. ;)
Das ist eine Frage der Interpretationstheorie. Genau genommen ist man niemals fertig, ein Buch fertig zu interpretieren. Lesen ist ein konstruktiver Prozess der aktiven Bedeutungszuschreibung bei dem das Vorwissen in einer ständigen Wechselwirkung mit den Impulsen des Textes steht. Diese Textimpulse sorgen zwar dafür, dass man immer in einem gewissen Radius möglicher Interpretationen landet, aber innerhalb dieser gibt es natürlich ein gewisses Spektrum an möglichen Interpretationen. Diese möglichen Interpretationen variieren je nach Vorwissen und weiteren persönlichen Faktoren. Liest du ein Buch zwei Mal, so ist das Modell, das du baust, in der Regel schon wieder ein anderes.
Je nach Zeit und persönlicher Situation ist demnach das, was aus einem Buch gewonnen wird, etwas anderes. Natürlich kommt man immer bis zu einem gewissen Grad an die Intention des Autors heran, aber nie völlig. Es mag noch Lehrer in unseren Schulen geben, die mit dem Satz "Was will uns der Autor damit sagen" ihren Schülern ein solches, völlig veraltetes Textverständnis in den Kopf hämmern. Vielleicht denkst du auch deshalb, dass einheitliche Prinzipien einen Autor fordern.
Bei der Bibel ist es schwierig, sie auf einige wenige Aussagen zu reduzieren, weil das Buch ein sehr reichhaltiges Spektrum an Infos für alle möglichen Lebenslagen liefert (im Gegensatz von den Büchern die KhrisMUC genannt hat. Das reichhaltigste Buch dürfte hier noch " der Herr der Ringe" sein, der ja gemäß Tolkiens kulturphilosophischen Backgrounds bewusst als ein anwendbares Buch konzipiert worden ist, allerdings ist der Versuch, eine Religion basierend auf Tolkien zu begründen kläglich gescheitert).
Auch finde ich die Aussage, der Autor in der Bibel widerspreche sich, heikel. Da es unterschiedliche Autoren sind, gibt es Spannungen. Ich vermute, dass die Autoren aber auf ihre Vorgänger eingehen, Jesus tut das dort, wo DasJan ihn als widersprüchlich beschreibt. Mir ist es wichtig, wie auf das Prinzip eingegangen wird. Wenn in der Philosophie ein Schüler in der Tradition seines Lehrmeisters steht und in einzelnen Punkten Sachen anders ausformuliert, tut er dies in der Regel auch, um dem behandelten Gegenstand näher zu kommen oder ihn von einer anderen Seite zu beleuchten.
Reine Autorenintention in der Bibel zu finden, geht schon aufgrund dessen nicht, weil es keinen einheitlichen Autor gibt. Man kann sich bestenfalls einen Evangelisten (oder die Teile eines Evangeliums, von denen man ausgeht, dass sie von einem Autor stammen) herausnehmen und gucken, wo er seine Schwerpunkte setzt. Hierbei hindert immer noch ein historischer Graben, so dass das ein sehr anspruchsvoller Prozess ist.
Auch läuft Interpretation immer mit einer bestimmten Fragestellung ab. Interpretieren zwei Leute den Text mit einer unterschiedlichen Fragestellung, so ist das Ergebnis auch meist unterschiedlich. Nur wenn sie die gleiche Fragestellung haben, ist gewährleistet, dass sie (sofern ihnen keine groben Fehler unterlaufen) große Überschneidungen haben.
Lesen läuft in einem sogenannten hermeneutischen Zirkel ab, dieser funktioniert nur, wenn man bereits Vorannahmen hat. Diese können während des Lesens z.B. durch den Text auch abgelegt (oder bestätigt) werden, aber sie sind als Startpunkt wichtig. Dies ist nicht als "Hineininterpretieren" zu verstehen. Das passiert nur, wenn man den Text nicht in seiner Rolle als primären Informationsgeber behält.
(Ich hoffe, diese oberflächliche Exkursion in Leseprozesse und Interpretationstheorie, war weder zu kompliziert noch zu neu)
KhrisMUC hat geschrieben:@Kruttan:
Eins fällt mir gerade noch ein: es war davon die Rede, dass deutsche, "gemäßigte" Christen die Bibel eher als grobe Richtlinie sehen (und z.B. keine Homosexuellen steinigen). Dazu meinte ich, sie sollen den Gedanken zu Ende denken und gleich vom Glauben abfallen.
Deine etwas unlogische Antwort war, sie würden beim Glauben bleiben, gerade weil sie den Gedanken zu Ende denken.
Könntest Du das etwas genauer ausführen?
(Ich hoffe, ich hab da jetzt nix durcheinander gebracht.)
Ich meinte, dass sie w e i t e r denken, nicht zu Ende. Im Rahmen der oben angeführten Textverständnistheorie dürfte aber auch erklärt sein, warum man nicht "zu Ende" denken kann/sollte. Wobei du als Empiriker da eine andere Ansicht vertreten wirst. Du deklarierst irgendwann einen Erkenntnisprozess als "zu Ende".
Wichtig ist, dass die Behandlung der Bibel von "Gemäßigten" nicht ein Herauspicken der Stellen ist, die ihnen gefallen. Das tun imho eher die Vertreter der Verbalinspiration (in der Regel alles andere als "gemäßigte" Christen), indem sie sich nur auf einige Stellen beziehen. Ich würde die "Gemäßigten" eher als jene mit einem "Reflektierten Glauben" bezeichnen. Ich meine damit nicht jene, die eigentlich Agnostiker sind und die Kirchenbänke nur aus Tradition drücken. Sondern ich meine jene, die bereit sind, ihre Überzeugungen und auch ihre Glaubensfundamente zu überprüfen.
Schon durch die Überprüfung der Fundamente wird der Glauben bodenständiger. Ich denke, dass z.B. von den Christen, die die Evolutionstheorie ablehnen, viele dies aus der Angst tun, sie könnten um ihren Glauben gebracht werden. Jemand, der sich seinem Glauben kritisch stellt und bereits ist, zu zweifeln, mag zu dem Urteil kommen, dass die Schöpfungsgeschichte nicht wortwörtlich zu verstehen sein kann, weil er vielleicht einfach mal ein Kapitel weiter liest - er entwickelt daher einen Glauben, der gefestigter ist. Wohl auch einen Glauben, der sich im praktischen Leben als deutlich rentabler erweist. Er wird diese Dinge nicht als Widersprüche sehen. Denn durch die tiefergehende Beschäftigung kommt er beispielsweise zu dem Schluss, dass eine Rechtssprechung im Israel vor Jahrtausenden (die schon zu neutestamentarischen Zeiten nicht mehr gültig war) nicht unbedingt ein Maßstab fürs Zusammenleben unter Menschen in heutigen Verhältnissen ist, und das das auch nirgendwo behauptet wird. Gewisse Grundpfeiler, die sich durch viele Texte hindurch finden, wird er aber schon als für die jetzige Situation als verbindlich betrachten (10 Gebote, Doppelgebot).
Allerdings muss noch gesagt werden, dass ich kein Theologe bin und das Buch bisher auch nur einmal vollständig gelesen hab (finde, das das jeder mal tun sollte, hat mich jedenfalls schwer begeistert) und daher sicher nicht die präziseste Antwort liefern kann. Wichtig ist aber beim Bibelverständnis auch dass im Zentrum des Christentums nicht direkt die Bibel bei all ihrem Wert auch steht, sondern Jesus, weshalb ein besonderer Stellenwert auf die Evangelien gelegt wird und das alte Testament nicht gesondert von neuen betrachtet werden kann.

Natürlich gehört auch zu einem solchen Menschen die Prämisse, der Bibel einen gewissen Stellenwert beizumessen. Da sich dieses Buch bei reflektierter Behandlung in der Praxis dann aber bewährt, wird dieser Wert eher bestätigt.
Aber ich finde es auch komisch, wenn man beispielsweise der Evolution einen Stellenwert jenseits der Biologie zuschreibt. Ihn vielleicht zum sinnstiftenden Element des eigenen Lebens macht. Die kant'schen Fragen "Was soll ich tun?", "Was darf ich hoffen?", "Was ist der Mensch?" mit ihm erklären will (wenn ich dich richtig verstehe, würdest du die letzten beiden würdest du mit "nichts" beantworten, der ersten gehst du immer aus dem Weg). Hier erfährt er meines Erachtens auch eine Aufwertung für die ich keinen Grund sehe. Warum sollten wir den Prinzipien der Evolution noch gehorchen und auf ihrer Grundlage handeln, wenn wir als Mensch doch schon selbst die Selektionsfunktion eingenommen haben?
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von KhrisMUC »

Ich schicke erstmal Eines voraus: Es gibt da eine Anekdote, mir fehlt leider gerade die Quelle, wo ein berühmter Schriftsteller damit konfrontiert wird, was sog. Intellektuelle in seinen neuesten Text hineininterpretiert haben. Seine Reaktion war einfach: schallendes Gelächter.
Ab und zu sagt "Es war eine kalte und stürmische Nacht" eben nichts über die Charaktere, deren Handlungen oder Intentionen aus. Ab und zu sagt es uns nur, dass es kalt, stürmisch und Nacht war. (Und mit "ab und zu" meine ich "fast immer".)

Widersprüche in der Bibel sind keine Interpretations- sondern eine Tat-sache. Es gibt unzählige Beispiele in denen sich die Bibel direkt und unmittelbar widerspricht, und zwar nicht bei vagen Schilderungen, die alles mögliche bedeuten können, sondern bei ganz konkreten "Fakten".
Somit sind die Wörtlichnehmer praktisch gezwungen, sich die Rosinen herauszupicken, aber die gemäßigten Christen tun nichts anderes.
Sie haben auch gar keine Wahl, wenn sie eine bronzezeitalterliche Sagensammlung mit der modernen Zivilisation unter einen Hut bringen wollen.

Man kann jetzt mir Schwerpunkten, hermeneutischen Zirkeln u.Ä. um sich werfen, so viel man will. Es ändert nichts daran, dass die Bibel genügend Stellen enthält, in denen ganz eindeutig vorgegeben wird, wie sich ein Mensch zu verhalten hat und wie nicht.
Und wenn sich jemand darauf beruft, dass er Christ ist, wenn er Samstags/Sonntags arbeiten soll, wird das einzig Richtige getan: er wird gefeuert.

Und warum festigt sich mein Glauben, wenn ich bei reflektierter Betrachtung des heiligen Buches, auf des er sich gründet, lauter Widersprüche und archaische Gesetze entdecke?
Das meine ich mit "den Gedanken zu Ende denken": Ausgangssituation: die Hälfte meiner Grundpfeiler ist veraltet, schlicht nicht anwendbar oder beides, also halte ich mich an den Rest.
Oder ich denke zu Ende: Warum nicht einfach alle bröckligen, uralten Grundpfeiler umtreten und mit einer frischen Ladung Beton ein rationales, auf Menschlichkeit basierendes Fundament bauen?

Und inwiefern zum Teufel bewährt sich die Bibel bei reflektierter Betrachtung in der Praxis? Kein Stück! Bei was denn auch? Wenn der Tisch wackelt?

Die Kantschen Fragen beantworte ich so:
1. Was für alle das Beste ist.
2. Dass man ein schönes Leben führt, wenn man sich an (1) hält.
3. Eine biologische Maschine.

Falls das nicht rübergekommen ist: die Grundideen das modernen Christentums, also Nächsten- und Feindesliebe, Schwächeren helfen, etc. sind ja schön und gut, aber warum soll ich das nicht einfach so praktizieren? Ohne Himmel und Hölle, ohne gekreuzigten Rabbi, ohne allsehenden Bestrafer?

Im Grunde geben doch alle, die wegen ihres Glaubens gute Menschen sind, indirekt zu, dass sie es ohne ihn nicht unbedingt wären, oder?
Ist es denn nicht viel mehr wert, wenn jemand von sich aus gutes Tun will, weil er sich vom Elend anderer berührt fühlt? Und nicht erst, nachdem ihm von Eltern oder Pfarrern der ganze Abergläubische Schwachsinn mit eingetrichtert wurde, der in der Religion dranhängt?
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von Kruttan »

Im Übrigen gehe ich nicht davon aus, dass ein Christ in der Regel sich nur bemüht, seinen Feind zu lieben, um nicht in der Hölle zu schmoren. Die primäre Motivation ist meist nicht Angst vor Sanktionen, sondern eine Überzeugung von der Richtigkeit dieser Handlung. Aber egal, ich gehe davon aus, das du dir der Verzerrtheit dieser Darstellung bewusst bist. Auch das mit dem Wochentag. Da ein Christ das neue Testament kennt, wird ihm der Tag in der Regel egal sein. Auch wird er sich ja nicht nur auf die Bibel berufen, sondern dies auch anders begründen. Und ich gehe auch nicht davon aus, dass nur Christen ein Problem damit hätten, jeder Woche sieben Tage lang von morgens bis abends zu abreiten. Gut, für dich ist dies wohl ein veralteter Aberglaube (oder du stellst ihn so dar). Satt "Und wenn sich jemand darauf beruft, dass er Christ ist, wenn er Samstags/Sonntags arbeiten soll, wird das einzig Richtige getan: er wird gefeuert." sag doch besser: "Und wenn sich jemand darauf beruft, dass er Mensch ist und Menschen möglichst ein Mal die Woche einen freien Tag brauchen, wird das einzig Richtige getan: er wird gefeuert." Sonst argumentierst du gegen etwas, was so eher ein höchst exotischer Fall ist. Sonst könnte man ja argumentieren, dass du dir das rauspickst, was dir am wenigsten zusagt.

Aber weg davon und zum eigentlichen:
KhrisMUC hat geschrieben: Die Kantschen Fragen beantworte ich so:
1. Was für alle das Beste ist.
2. Dass man ein schönes Leben führt, wenn man sich an (1) hält.
3. Eine biologische Maschine.
Mir stecken darin noch zu viele Implikationen und offene Fragen.

Wenn der Mensch eine biologische Maschine ist, warum soll er ein schönes Leben führen? Was ist ein schönes Leben, hat da nicht jeder andere Ansprüche? Was erhebt den Menschen über andere biologische Maschinen? Warum symmetrische Verhältnisse, also für "alle" das Beste und nicht nur für einen selbst oder nur für jene, die durch ihren Fortschritt den anderen gegenüber stärker sind.

Warum soll ich auf den anderen eingehen, sofern nicht ich von ihm, sondern er von mir abhängig ist? Das wäre doch völlig irrational. Du willst doch Rationalität für dein Fundament. Rational ist das, was mir dazu dient, meine Interessen durchzusetzen. Es steht im angemessenen Verhältnis dazu, dass ICH ein gutes Leben führe. Was kümmern mich da die anderen. Denen, von den Abhängig bin, den muss ich ein paar Zugeständnisse machen - aber denen, mit den ich umspringen kann, wie ich will?

Und was ist überhaupt das "Beste für alle" und wie ist dies definiert? Sofern mich andere überhaupt kümmern.

Mal ein provokantes Beispiel: Ist nicht die Ermordung Behinderter (defekter biolgischer Maschinen, einen kaputten Fernseher verschrottet man doch auch) oder alter Menschen (Maschinen, die ausgedient haben - vielleicht auch nur dann, wenn niemand mehr an ihnen hängt) besser, weil diese für alle anderen nur eine Last sind und der Tod ihnen das Leiden ersparen kann - oder das Opfer, das sie bringen, einer viel größeren Zahl von Menschen ein besseres Leben beschert. Und ökonomisch gesehen ist es doch auch besser. Auch so könnte man ja "das Beste für alle" verstehen. Welchen rationalen Grund gibt es, diese Elemente unserer Gesellschaft zu erhalten?
(Und ist die Empörung, die manchem beim Hören solcher Gedanken hört, nicht vielleicht nur durch Eltern und Pfarrer eingeimpften, irrationalen Schwachsinn begründet?)

Oder ist es egal, wie man das Beste für alle definiert? Ist dies vielleicht keine objektive Größe, sondern etwas rein-subjektives? Ein von einer Ideologie begründeter Ist-Zustand? Verschiedene Ideologien begründen das Beste für jedermann ja auch anders - hat irgendeine Recht? Nach welchen Maßstäben unterscheidest du? Schaffst du dies ohne Vorannahmen?

Und zu guter letzt die Frage nach der Motivation. Wieso sollte mich das kümmern?

Ich frage nur, weil alle Antworten, die ich bisher von anderer Seite genau zu diesem Punkt gehört habe, irgendwo irgendwelche Axiome hineinspielen. Sowas wie "Gerechtigkeit (wie auch immer definiert)" oder "Menschenwürde", was ja einfach vom Himmel fällt und die Gefahr eines Zirkelschlusses birgt. Wieso sollen diese Grundpfeiler nicht genauso veraltet sein und längst überholter abergläubischer Schwachsinn? Sind eine ganze Menge Fragen, an denen sich schon große Denker die Zähne ausgebissen haben.
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von DasJan »

Kruttan hat geschrieben:Jesus wird als Rabbi die wichtigen jüdischen Schriften auswendig gekannt haben. Er liefert und lebt seine Interpretation.
Wer? Jesus? Jesus interpretiert doch die Bibel nicht.
Kruttan hat geschrieben:daher kann kein Gesetz der Welt alle Strafen für jedes denkbare Verbrechen unter all ihren einzelnen Umständen festlegen. Es bleibt immer bis zu einem gewissen Grad unscharf.
Und? Unscharf ist ja nicht dasselbe wie widersprüchlich. Wenn ich sage "Du sollst dich gut benehmen", dann gibt es da eine Unschärfe. Was bedeutet "nicht gut" genau? So was gibt es ja auch in heutigen Gesetzestexten am laufenden Meter. Wenn ich aber sage "Du sollst A" und "Du sollst nicht A", dann ist das mehr als nur eine Unschärfe.
Kruttan hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben:Als die Pharisäer Jesus und seine Jünger ermahnen, dass sie am Sabbat Ähren von den Feldern lesen, wird diesem Gesetz nur scheinbar widersprochen.
Eigentlich wird ihm ziemlich direkt und unmissverständlich widersprochen.
Und ich sehe das anders.
Kannst du das am Text belegen oder siehst du das anders, weil du dir nicht eingestehen willst oder kannst, dass die Bibel kein perfekter Text ist, sondern einer der Fehler hat, und du dir deine Interpretation so hinbiegen musst, dass alles irgendwie passt?
Kruttan hat geschrieben:Ich verstehe dich so, dass du von der Bibel eine solche Weltformel forderst.
Dann verstehst du mich falsch. Aber ein Text, der auf diese Weise als Glaubensgrundlage und absolutes Wort herhalten muss, als die eine Wahrheit, sollte zumindest widerspruchsfrei sein. Das ist eine viel Schwächere Forderung.
Kruttan hat geschrieben:Ein Ähnliches Beispiel mag das Lügen Gebot sein...
Schönes Beispiel. Erzähl das einem Christen, der kommt da in eine verzwickte Situation, ich nicht. ;)
Kruttan hat geschrieben:Das ist eine Frage der Interpretationstheorie...
Danke für den Exkurs, aber mein Kommentar an KhrisMUC war nicht ganz ernst gemeint.
Kruttan hat geschrieben:Diese Textimpulse sorgen zwar dafür, dass man immer in einem gewissen Radius möglicher Interpretationen landet, aber innerhalb dieser gibt es natürlich ein gewisses Spektrum an möglichen Interpretationen.
Anders ausgedrückt, es gibt nicht die eine Interpretation, sondern man kann Texte auf verschiedene Weise interpretieren. Das ist trivial. Umso erschreckender, dass so viele Christen behaupten, ihre Interpretation der Bibel wäre die richtige, und jeder sagt was anderes. Alle haben aber gemein, dass sie die Texte sehr frei interpretieren und sogar wörtliche Widersprüche wegdiskutieren, damit sie auf irgendetwas gibt, was zumindest ein bisschen konsistent ist.
Kruttan hat geschrieben:allerdings ist der Versuch, eine Religion basierend auf Tolkien zu begründen kläglich gescheitert).
Ich kann mir gut vorstellen, dass das vor 2000 Jahren viel besser funktioniert hätte. Im Vergleich zu heute waren das alles sehr primitive Menschen. Inzwischen gab es die Aufklärung und es ist schwieriger, Menschen von einer neuen Religion zu überzeugen. Möglich ist es leider immer noch, siehe Scientology.
Kruttan hat geschrieben:Auch finde ich die Aussage, der Autor in der Bibel widerspreche sich, heikel. Da es unterschiedliche Autoren sind, gibt es Spannungen.
Deswegen sage ich ja nicht, dass der Autor sich widerspricht, sondern dass die Autoren sich gegenseitig widersprechen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch Widersprüche bei einem Autoren gibt, aber dazu kenne ich die Bibel nicht gut genug.
Kruttan hat geschrieben:Reine Autorenintention in der Bibel zu finden, geht schon aufgrund dessen nicht, weil es keinen einheitlichen Autor gibt.
Richtig. Aber versuchst du nicht, eine Autorenintention zu finden, wenn du in die Art diverser Widersprüche irgendeine Beudeutung hineinlesen willst, anstatt zuzugeben, dass es Widersprüche sind.
Kruttan hat geschrieben:Man kann sich bestenfalls einen Evangelisten (oder die Teile eines Evangeliums, von denen man ausgeht, dass sie von einem Autor stammen) herausnehmen und gucken, wo er seine Schwerpunkte setzt.
Na ja, die Logienquelle liegt da ja nicht vor. Teilweise ist ja wohl gar nicht klar, wer da jetzt von wem abgeschrieben hat und wer sich was selbst ausgedacht hat.
Kruttan hat geschrieben:Diese können während des Lesens z.B. durch den Text auch abgelegt (oder bestätigt) werden, aber sie sind als Startpunkt wichtig. Dies ist nicht als "Hineininterpretieren" zu verstehen. Das passiert nur, wenn man den Text nicht in seiner Rolle als primären Informationsgeber behält.
Anders ausgedrückt: Bevor ich die Bibel lese, muss ich wissen, wie ich sie interpretieren muss, sonst interpretiere ich sie falsch? Da beißt sich die Katze irgendwie in den Schwanz.

Das Jan
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von KhrisMUC »

@Kruttan:
Du verdrehst, was ich sage. Und zwar ziemlich übel.
Ich behaupte nicht, dass es die Regel ist, dass Christen ohne ihren Glauben "schlechte" Menschen wären. Ich sagte, sie seien ohne nicht unbedingt gut. Also vielleicht sind sie es, vielleicht auch nicht.
So eine aus der Luft gegriffene Verallgemeinerung wäre mir in einer Diskussion viel zu primitiv.
Ich formuliere es anders: es gibt sicher ein paar Christen (in den USA wohl eher mehr als nur ein paar), die aus Angst vor Strafe gut sind.
Von Verzerrtheit kann also keine Rede sein.
Etliche heutige Atheisten berichten z.B. davon, dass sie während ihrer religiös geprägten Kindheit regelrechte Paranoia hatten, gegen die zehn Gebote zu verstoßen. Einfach weil sie als Kinder Realität und Aberglaube nicht unterscheiden konnten.

Auch den nächsten Punkt hast Du so falsch verstanden, dass ich fragen muss, ob das Absicht ist?
Natürlich soll niemand sieben Tage die Woche arbeiten, aber das hab ich ja auch mit keinem Deut erwähnt. Aber angenommen ein Mo-Fr-Christ soll plötzlich statt freitags sonntags arbeiten. Was dann?

Ich picke mir also keineswegs "höchst exotische" Fälle heraus; ich schrieb vom Ersten, was mir in den Sinn kam, wenn es um Konflikte zwischen religiösen Regeln und dem heutigen Alltag geht.
Wenn der Mensch eine biologische Maschine ist, warum soll er ein schönes Leben führen?
Weil unser Bewusstsein u.A. Schmerz und Freude empfindet. Freude ist angenehmer, würde ich sagen.
Was ist ein schönes Leben, hat da nicht jeder andere Ansprüche?
Was Details angeht, vielleicht schon, aber im Grunde wollen wir alle nur ein paar wenige Sachen: keine finanziellen Sorgen, Gesundheit, Freunde, Familie, Vergnügen und Kurzweil.
Was erhebt den Menschen über andere biologische Maschinen?
Nichts, aber was spielt das für eine Rolle?

Im nächsten Abschnitt verwechselst Du Rationalität mit eiskalter Berechnung und Egoismus. Humanismus steht im Vordergrund.

Dein provokantes Beispiel zeigt gut einen Konflikt zwischen (wirtschaftlicher) Rationalität und dem Humanismus. Ich persönlich will weder behindert weiterleben noch total altersschwach. Wenn es nach mir gehen würde, dürften sich z.B. Krebskranke im Endstadium jederzeit selbst töten. Bei stark geistig behinderten Menschen, die man nicht fragen kann, ist es natürlich sehr schwierig. Ich würde mir nicht anmaßen, für sie eine Entscheidung zu treffen. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sich jeder, der eine Vorstellung von einem gesunden Leben hat und gleichzeitig weiß, dass er schwer behindert ist, gegen seine eigene Geburt entscheiden würde.
Falls Du das anders siehst: stell Dir jemanden vor, der für sein Leben gern Fleisch ist, aber plötzlich gezwungen wäre, sich zwischen einer vegetarischen Lebensweise und total verfaultem Fleisch zu entscheiden.
Andererseits: sollten konsequente Christen denn nicht geistig Behinderte reihenweise um die Ecke bringen? Sie kommen doch in den Himmel, wo alles Zucker und Regenbogen ist. Das müsste doch eigentlich eine gute Tat sein, oder? Du sagst ja selbst, die Gebote sind Auslegungssache. Und warum trauern Christen um die Toten, anstatt sich für sie zu freuen?
(Ganz einfach: weil sie mit ihrer eigenen Vergänglichkeit konfrontiert werden, und darauf entsprechend reagieren: mit purer Todesangst. Denn tief drinnen weiß jeder, dass er weg ist, wenn er stirbt.)

Gerechtigkeit und Menschenwürde kann ich problemlos ohne die Bibel oder einen anderen religiösen Text definieren. Lange vor meiner ersten Religionsstunde wollte ich immer genauso viel Pommes auf dem Teller haben wie meine Schwestern. Mein Gerechtigkeitssinn ist mir sozusagen angeboren gewesen.
Und Menschenwürde ist ein ähnlicher Fall. Wie schon mal gesagt: Schmerz tut weh. Er ist ein schreckliches Gefühl. Jeder weiß das von klein auf. Man muss nicht lernen, dass es weh tun soll, wenn man geschlagen wird, sondern es ist einfach so.
Die Menschenwürde soll die seelische Verletzlichkeit beschützen. Und die lernt man genauso, auf die harte Tour, von Natur aus.
Der Blitz schlägt in den Baum ein, der Baum fängt an zu brennen, der Urzeitmensch langt rein: "AU, FEUA HEISS!" Genau so lernt man alles andere, inklusive moralischer Werte.

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Bitte geh diesmal auf das ein, was ich schreibe, nicht auf das, was Du hineininterpretierst. Es macht nicht besonders viel Spaß, alles nachträglich nochmal erklären zu müssen, und ich bin der Meinung, dass ich mich durchaus verständlich und eindeutig ausgedrückt habe.
Auch soll das hier kein philosophischer Exkurs sein. Ich bestreite, dass der Mensch zur Erlangung moralischer Grundwerte auch nur eine Zeile der Bibel braucht, ganz einfach.
Es gab vorher schon Hochkulturen, nicht nur Barbarei. Funktionierende Gesellschaften mit ausgeprägtem Zusammenhalt, Beschützen der Schwachen und anderen humanistischen Grundzügen gab es lange bevor die ersten Gebote vom Himmel gefallen sind. Schau dir eine Herde Elefanten an, oder eine Ameisenkolonie. Ratten führen blinde Artgenossen mit Strohhalmen zum Futter.

Zu behaupten, dass wir die Bibel brauchen, um gute, moralische Menschen zu sein, ist nicht nur lächerlich absurd sondern auch furchtbar arrogant.
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von max_power »

DasJan hat geschrieben:Ich zweifel ja nicht an, dass es "Glauben" gibt. Der wesentliche Unterschied ist, dass sich Liebe auf Dinge bezieht, die in der Realität passiert, und Glaube nicht.
Hm, also ich denke, dass sich Glaube teilweise auch auf reelle Dinge bezieht, nämlich auf solche, die sich nicht mit der Wissenschaft erklären lassen.

Ich sehe im Glauben in erster Linie eine Hilfestellung. Beispielsweise die Frage, wie alles angefangen hat, sie kann nicht erklärt werden. Also kann man entweder an die Wissenschaft glauben, die einem das vielleicht irgendwann erklären kann, oder eben an eine höhere Macht, die meist Gott genannt wird. So könnte man im Grunde die Wissenschaft auch als Religion definieren und die Bibel wären die gesammelten Formeln und naturwissenschaftlichen Gesetze. Aber wie auch immer, Religion ist Glaube und Wissenschaft ist Wissen, das vielleicht an seinen Grenzen in die Philosophie übergeht. Im Grunde ist Glaube eine Abstraktion dessen, was wir nicht wissen, aber wie verknüpft man das jetzt mit Religion?

Na ja, weiter habe ich erstmal keine Zeit, ich muss mich der Wissenschaft widmen. Selbst würde ich mich am ehesten als gläubig aber wenig religiös bezeichnen. Aber ich bin dagegen, Religion oder Glaube zu verurteilen, nur weil es einem nicht in den Kram passt. Ich denke, dass Religion aus sozialen Aspekten und zur Definition der Ethik wichtig ist. Und absoluter Gegner bin ich davon, Ethik im Namen der Religion zu überschreiten, das fällt einigen "Gläubigen"(?) schwer und ist vielleicht mit der Hauptgrund, warum viele Menschen Religion so negativ sehen.
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von KhrisMUC »

Was ich gegen Religion habe, ist schnell erklärt: sie macht aus unschuldigen Kindern Opfer ihrer Eltern und dient Fanatikern als Vorwand, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verüben.

Max, Deine Aussage "So könnte man im Grunde die Wissenschaft auch als Religion definieren [...]" ist wie zu sagen: "Wasser ist im Grunde wie Stein, nur halt flüssig, durchsichtig und naß. Und leichter."

Gläubig sein ist nichts anderes als sich selbst etwas vorzumachen. Leider können das Menschen sehr gut. Es ist auch ein Schutzmechanismus, der bis zu einem gewissen Grad durchaus sinnvoll ist. Aber warum auf Dauer alles durch eine verschwommene Brille sehen, wenn es auch perfekt ohne geht?
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Re: Heath Ledger ist tot. -Jetzt auch: Religion vs. Wissenschaft

Beitrag von max_power »

KhrisMUC hat geschrieben:sie [Religion] macht aus unschuldigen Kindern Opfer ihrer Eltern
:shock:
Ich glaube kaum, dass Religion Kinder mehr Opfer ihrer Eltern macht als die Tatsache, dass sie die Kinder ihrer Eltern sind. Ob ein Kind jetzt am Sonntagmorgen in die Kirche gezerrt oder vor den Fernseher gesetzt wird, macht keinen großen Unterschied. Ob einem Kind jetzt gesagt wird, dass es niemanden schlagen soll, weil es nicht christlich sei oder weil es sich nicht gehört, macht auch keinen Unterschied. Aber wenn ein Kind nichts gesagt bekommt, macht es einen Unterschied, nur ist das in der Regel die schlechteste Alternative.

Ich habe keine Ahnung, was dir als Kind widerfahren ist, aber es muss etwas mit Religion zu tun haben und schrecklich gewesen sein.... ;)
KhrisMUC hat geschrieben:und dient Fanatikern als Vorwand, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verüben.
Ja, was man jedoch nicht der Religion allgemein zuschreiben kann, denn entsprechende Fanatiker würden auch so Verbrechen begehen oder verursachen.
KhrisMUC hat geschrieben:Gläubig sein ist nichts anderes als sich selbst etwas vorzumachen.
Machen wir uns nicht ständig etwas vor? Z.B. wenn du wieder jemanden im Forum auf irgendeinen "Regelverstoß" hinweist, das ist doch auch scheißegal. ;)
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