Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

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Beowulf

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Beowulf »

Den Unterschied zwischen Glauben und Wissen kann man nicht derart platt formulieren, Kruttan. Ein Atheist ist doch niemand, der einfach nur an die Wissenschaft glaubt. Das würde die Wissenschaft nur auf Bücher und "Propheten" reduzieren.

Wissen beruht auf Erfahrungen und deren Überprüfbarkeit. Glaube besteht aus Erfahrungen oder Mutmaßungen, die nicht überprüfbar sind. Glaube wird gezielt auf die Bereiche des Lebens angewandt, die (noch) nicht wissenschaftlich erklärbar sind. Glaube entsteht aus dem Unvermögen, alles erklären zu können, ist also keineswegs die Grundlage des Wissens.

Der Glaube wird dann erst problematisch, wenn er nicht wandlungsfähig ist, wenn er sich neuen Erkenntnissen versperrt, nur um sich selber nicht Fehler eingestehen zu müssen.
Während sich wissenschaftliche Modelle rapide weiterentwickeln, bleiben die Glaubensmodelle zur Zeit ziemlich starr und unbeweglich.
Der Verstand kann nicht alles erfassen, der Bauch ist unzuverlässig und unsere Erfahrungen können uns manchmal täuschen. Alle Bereiche haben ihre Grenzen und Wirkungsbereiche.
Selbiges gilt für den Glauben. Es gibt da eine gewisse Unschärferelation.
http://de.wikipedia.org/wiki/Unschärferelation
Inwiefern kann ein Zahnrad seinen Mechanismus verstehen?

PS: Umlaute werden hier wohl in den Links nicht umgewandelt.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Zunächst einmal würde ich sagen, dass Glaube auch wandlungsfähig ist. Jede Form des Glaubens ist stets vorläufig, dessen sollte sich jeder Gläubige bewusst sein. Dies ist imho ein Selbstverstädnis. Das schließt nicht aus, dass es gewisse Basics in jedem Glauben zu geben hat. Doch wer behauptet, er hätte mit seinem Glauben die alleinige Wahrheit gepachtet und sei bereits am "spirituellen Ziel" angekommen, ist sich nicht mehr bewusst, dass er glaubt.
Die Attribute Starrheit und Unbeweglichkeit halte ich daher nicht für geeignet, um jedweden Glauben, bzw. Glauben generell, zu charakterisieren. Wenn solche Attribute auftauchen, dann befinden wir uns in einer ungesunden und problematischen Form des Glaubens, hier stimme ich dir zu. Leider ist eine solche, aggressive Form des Glaubens momentan (zumindest in den Medien) sehr präsent. Dennoch sollte diese Form nicht mit Glauben im Allgemeinen gleichgesetzt werden.
Die Weiterentwicklung von Glauben ist Grundlage eines gesunden Glaubens.Daher sehe ich hier den Vorteil wissenschaftlicher Modelle nicht. Dazu kommt noch, dass diese Modelle stets andere Dinge beschreiben als der Glaube es tut. Diese Dinge kommen sich einfach nicht in die Quere (und haben im Wasser des anderen auch nichts zu suchen).
So kann eine wissenschaftliche Vorgehensweise nie eine Wertung erzielen. Wir können beispielsweise in Anbetracht eines gewissen Zwecks häufig begründen, ob eine Handlung das Erreichen des bezweckten Zieles begünstigt (und hier hat der Glaube nichts zu suchen), aber ob diese Zielgerichtetheit und damit die Handlung eine "richtige" (im moralisch wertenden Sinn) ist, dies kann imho mittels einer wissenschaftlichen Vorgehensweise nicht gewährleistet werden. Hier liegt ein Spielraum des Glaubens.

Dass ein Atheist automatisch jemand ist, der nur an die Wissenschaft glaubt, habe ich auch nicht gesagt. So platt wollte ich das keineswegs ausdrücken. So jemand wäre vielleicht als "Scientizist" zu bezeichnen. Ich habe eine Definition einer besonderen Subgruppierung des Atheismus zitiert, aber nur als Beispiel, wo Glaube überall auftritt und zur Unterstreichung, dass hier jemand sich seinem "Glauben" obwohl er Atheist ist, bewusst ist.

Aber um zum Glauben zurück zu kommen: Eine Reduzierung des Glaubens nur auf das Unvermögen, etwas nicht erklären zu können, wird dem Glauben auch nicht gerecht. Auch die Formulierung "gezielt" impliziert, dass du von einer ganz spezifischen Randform des Glaubens ausgehst. Aber der Glaube ist kein Lückenbüßer für Dinge, die wissenschaftlich noch nicht erklärbar sind. Diese Degradierung des Glaubens wird zwar von Kreationisten gerne unternommen, aber sie begeben sich hier in ein Gebiet, wo der Glaube nichts zu suchen hat.

Das Kriterium der Überprüfbarkeit ist ein Kriterium, in dem du Wissen imho viel zu platt definierst. Wenn wir nur Dinge wissen könnten, die überprüfbar sind, dann wüssten wir nur Dinge, die in Laborsituationen zu simulieren oder durch empirische Studien zu festigen sind. Die Bereiche vieler Geisteswissenschaften und des sozialen Miteinanders würden dann unter anderem kein Wissen beinhalten. Aber selbst wenn wir es noch sinnvoll ausweiten, kommen wir nicht ohne Grenzen aus.
War dein Vorwurf, man solle Atheisten nicht auf jene Reduzieren, die nur an die Wissenschaft glauben, dahingehend gemeint, dass Atheisten sich für ihre Erkenntnisfindung auch anderer Dinge als der Wissenschaft bedienen, dann stimme ich dir zu. War er dahingehend gemeint, dass durch die Überprüfbarkeit im Rahmen der Naturwissenschaften eine bessere Sicherung erfolgt als beim puren Glaube an die Naturwissenschaften, dann liegt aber ein Zirkelschluss vor.
Beowulf hat geschrieben:Glaube wird gezielt auf die Bereiche des Lebens angewandt, die (noch) nicht wissenschaftlich erklärbar sind.
Dieses "noch" in Klammern interessiert mich, aber ich weiß nicht, wie ernst es dir ist. Dass die Bereiche, wo Glaube angewandt wird, noch nicht wissenschaftlich überprüfbar sind, soll dies implizieren, dass sie es irgendwann sind? Dies würde doch auf die Grundannahme führen, dass alles, was existiert, prinzipiell mit der Methodik der Wissenschaft erklärbar ist. Aber du wirst mir sicher zustimmen, dass eine solche Annahme nicht auf Wissen, sondern auf Glauben fußen muss...
Beowulf hat geschrieben:Glaube [...] ist also keineswegs die Grundlage des Wissens.
Um mal eines von den Dingen, die ich in meinem Sinne mit Glaubensaxiomen bezeichnen würde, aufzuführen: Das Kriterium der Überprüfbarkeit. In wie weit ist dies wissenschaftlich geklärt (wenn es kein Glauben ist)?
Wenn wir die Überprüfbarkeit in einer empirischen Wissenschaft als Kriterium einsetzen, dann ist dieses Axiom die Grundlage des Wissens im Bereich dieser Wissenschaft.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Fightmeyer »

@Kruttan

Ich glaube, Du hast den Satz von Beowolf falsch verstanden.
Ein Atheist ist doch niemand, der einfach nur an die Wissenschaft glaubt.
Du hast da irgendwie die Betonung auf "NUR" gelegt. Ich denke aber eher, daß Beowolf damit zum Ausdruck bringen wollte, daß ein Atheist ebend NICHT glaubt.

Denn so wie Du es in den vorrangegangenen Post geschrieben hast, klangen Deine Aussagen immer wie: "Jemand, der sich auf die Wissenschaft beruft folgt auch einem Glauben, nämlich dem der Wissenschaft."
Das sehe ich nicht so und wenn ich Beowolf richtig verstanden habe, dann er auch nicht.
Man glaubt ja nicht einfach an die Wissenschaft, sondern man akzeptiert deren Erkenntnisse. Das hat nichts mit Glauben zu tun.
1 + 1 ist nunmal 2. Da brauch ich nicht dran zu glauben. Das ist einfach so.

Ich find das irgendwie frech, diesen Leuten einen Glauben zu unterstellen.
Dieses "noch" in Klammern interessiert mich, aber ich weiß nicht, wie ernst es dir ist. Dass die Bereiche, wo Glaube angewandt wird, noch nicht wissenschaftlich überprüfbar sind, soll dies implizieren, dass sie es irgendwann sind? Dies würde doch auf die Grundannahme führen, dass alles, was existiert, prinzipiell mit der Methodik der Wissenschaft erklärbar ist. Aber du wirst mir sicher zustimmen, dass eine solche Annahme nicht auf Wissen, sondern auf Glauben fußen muss...
Da haste aber auch wieder schön die Worte im Mund umgedreht...:-)

Das "noch" muß in meinen Augen nicht zwangsläufig bedeuten, daß die Wissenschaft irgendwann alles erklärt haben wird. Es heißt nur, daß einige Bereiche, die es heute noch nicht sind, mit großer wahrschienlichkeit irgendwann sein werden. Daß es daneben dann immer noch viel Ungelöstes und Unerklärliches geben wird, bestreitet keiner. Und das ist dann eben der Raum, in dem sich der Glaube bewegen wird. Mal abgesehen von moralischen und ethischen Fragen, die natürlich auch nur schwer durch Wissenschaft beantwortet werden können.
Diese dann noch offenen Fragen wird der Atheist weiterhin als offen akzeptieren oder im Falle von moralischem oder ethischen Inhalten mit seinem Menschenverstand beantworten und der Gläubige halt mit seiner Religion oder einem Mix aus beidem.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Fightmeyer hat geschrieben:Man glaubt ja nicht einfach an die Wissenschaft, sondern man akzeptiert deren Erkenntnisse. Das hat nichts mit Glauben zu tun.
1 + 1 ist nunmal 2. Da brauch ich nicht dran zu glauben. Das ist einfach so.
"Mathematik ist die Wissenschaft, bei der man nicht weiß, wovon man spricht, noch ob das, was man sagt, wahr ist. [Bertrand Russell]"

Aber durch dein Beispiel lässt sich die Behauptung ziemlich gut widerlegen, dass man an nichts zu glauben braucht. Zumindest hier.

Dass 1 + 1 = 2 ist, daran muss man selbstverständlich nicht glauben. Das würde ich auch niemals sagen. Aber ich bräuchte beispielsweise das hier:

(ADD1) Es gibt mindestens eine Zahl
(ADD2) Je zwei Zahlen a und b ist eindeutig eine weitere Zahl c zugeordnet, die wir die Summe von a und b nennen und mit a + b bezeichnen.

Mit ADD1 kann ich die Existenz der 1 postulieren, dann über ADD2 der Summe 1 + 1 ein weiteres Zeichen, nämlich die 2 zuordnen.

Dies sind zwei Axiome, von denen es imho nicht frech ist, sie jemanden zu unterstellen, der die Behauptung "1+1=2" beweisen will. Es gehört zum Selbstverständnis der Mathematik, von Axiomen auszugehen, die die Grundlage von allem weiteren sind. Diese Axiome sind innerhalb der Methodik der Mathematik nicht zu beweisen.

Ich habe nirgendwo gesagt, dass man die Wissenschaft einfach glaubt. Vielleicht habe ich mich ungeschickt ausgedrück oder du drehst mir die Worte im Mund um ;) Ich habe auf (Glaubens-)Axiome hingewiesen, die am Anfang von allem stehen und auch eine Wissenschaft erst ermöglichen.
Mag sein, dass du diesen Hinweis meinerseits als freche Unterstellung eines Glaubens auffasst, aber ich finde sie nicht frech, sondern halte sie schlichtweg für eine Tatsache, die sich zwar nicht beweisen, aber für die sich zumindest in allen Wissenschaften ziemlich gute Indizien finden.
In der Mathematik ist dies ein Selbstverständnis. Wer meint, er bräuchte nichts glauben, der sollte aber aus der Mathematik die Finger lassen oder mathematische Erkenntnisse niemals mehr als Fakt bezeichnen. Leider ist ihre Methodik aber auch ziemlich konstitutiv für die Akzeptanzansprüche vieler anderer Wissenschaften... :roll:
Dieses "noch" in Klammern interessiert mich, aber ich weiß nicht, wie ernst es dir ist. Dass die Bereiche, wo Glaube angewandt wird, noch nicht wissenschaftlich überprüfbar sind, soll dies implizieren, dass sie es irgendwann sind? Dies würde doch auf die Grundannahme führen, dass alles, was existiert, prinzipiell mit der Methodik der Wissenschaft erklärbar ist. Aber du wirst mir sicher zustimmen, dass eine solche Annahme nicht auf Wissen, sondern auf Glauben fußen muss...
Da haste aber auch wieder schön die Worte im Mund umgedreht...:-)
Nein. Du wirst das fett gedruckte überlesen haben. Diese Einschränkung habe ich extra gemacht. Es geht darum, wie radikal dieses noch aufgefasst wird. Es ist als Frage, nicht als Aussage formuliert.
Es gibt so viele Subgruppierungen des Atheismus, dass es auch welche gibt, die mit der Ansicht leben, alles sei prinzipiell im Rahmen der naturwissenschaftlichen Methodik beweisbar. Dies kann dann auftreten, wenn das Argument der Überprüfbarkeit zu radikal gesehen wird. Nur ist der Glauben an die Wissenschaft nicht konstitutiv für Atheismus.

Es geht mir aber primär darum, dass hier kein "noch" hingehört. Auch nicht in Klammern.
Das "noch" muß in meinen Augen nicht zwangsläufig bedeuten, daß die Wissenschaft irgendwann alles erklärt haben wird. Es heißt nur, daß einige Bereiche, die es heute noch nicht sind, mit großer wahrschienlichkeit irgendwann sein werden. Daß es daneben dann immer noch viel Ungelöstes und Unerklärliches geben wird, bestreitet keiner.
Da stimme ich dir zu.
Und das ist dann eben der Raum, in dem sich der Glaube bewegen wird. Mal abgesehen von moralischen und ethischen Fragen, die natürlich auch nur schwer durch Wissenschaft beantwortet werden können.
Doch hier nicht. Und daher auch nicht dem "noch". Dies ist der Raum, in dem sich die Wissenschaft zu bewegen hat. Glaube hat hier nix zu suchen. Dies sind offene Fragen, die durch Hypothesen vorläufig beantwortet werden können.
Und dies ist der Fehler, den ja beispielsweise Kreationisten und IDler machen, wenn sie die Lücken der Wissenschaft im Rahmen der Theorie mit religiösen Inhalten füllen, was zu Recht viel Unmut erzeugt, da diese nicht den Ansprüchen der Fachwissenschaften genügen. Ich streite nicht ab, dass sich dort gerne mache frommen Gläubigen rumtreiben, nur finde ich es platt, den Glauben in diese Lücke zu packen. Er gehört hier nicht hin. Dies ist nicht sein Spielbereich, er ist fehl am Platz und gehört in diesem Bereich eliminiert. Denn die durch wissenschaftsexterne religiöse Inhalte gefüllten Lücken werden im Lauf des wissenschaftlichen Fortschritts irgendwann mit zufriedenstellenden Antworten gefüllt, die den Ansprüchen einer Wissenschaft genügen. Auf diese Lücken einen Glauben zu stellen, ist das Konzipieren eines wackeligen Glaubens, den man lieber als etwas betrachten will, der eben kein Glaube, sondern etwas mit wissenschaftlichen Wurzeln ist. Einem solchen "Glauben" geht ein Irrglaube über die Möglichkeiten der Wissenschaft voraus.

Doch genauso, wie sich der Glaube aus wissenschaftlichen Modellen zurückzuhalten hat, spielt die Naturwissenschaft nicht dort in das Gebiet des Glaubens herein, wo er seinen primären Spielraum hat. Die Wissenschaft ist einer der wichtigsten Zugänge zur Realität, nur deckt sie nicht alles ab. Naturwissenschaften sind als Religionsersatz völlig überfordert, weil Glaube dort wirkt, wo man mittels naturwissenschaftlicher Methodik nichts erfassen kann. Und diese Fragen werden auch niemals innerhalb der Methodik erfassbar sein. Aber eine Ausblendung dieser Fragen kann auch nicht stattfinden.
[...]oder im Falle von moralischem oder ethischen Inhalten mit seinem Menschenverstand beantworten und der Gläubige halt mit seiner Religion oder einem Mix aus beidem.
Und nicht mittels einer naturwissenschaftlichen Vorgehensweise! Sie wird dies niemals leisten. Hier ist man im gleichen Spielraum wie die Religion. Auch hier müssen Dinge postuliert werden. Auch schaltet ein Gläubiger seinen Verstand nicht zwangsläufig aus, denn dies hat fatale Folgen. Wobei ein verstandgemäßes Zu-Ende-Denken gewisser ideologischer Grundsätze (wie eines Sozialdarwinismus) auch fatale Folgen haben kann (egal ob man nun als Theist oder Atheist eine solche Ideologie vertritt). Theisten und Atheisten kommen in den meisten moralischen Fragen zu den gleichen Schlüssen. Aber in diesem Bereich reicht der Verstand allein nicht aus, er kann nur von gewissen Annahmen her operieren, ist aber glücklicherweise auch in der Lage, gewisse Annahmen aufgrund ihrer Implikationen und dem Abgleich mit anderen Annahmen bzw. deren Implikationen wieder zu verwerfen.
Auch ein Atheist nimmt z.B. vielleicht grundlegende Ideen des Humanismus an, die nicht überprüft und nicht durch den Verstand begründet werden können (hier würde ich von Glauben an die Richtigkeit gewisser Axiome sprechen. Will aber nicht wieder "frech" erscheinen. Wenn dies aber kein Wissen ist und aufgrund der political correctness nicht "Glaube" genannt werden soll, wie ist es dann besser zu bezeichnen?).
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Fightmeyer »

Kruttan hat geschrieben:Auch ein Atheist nimmt z.B. vielleicht grundlegende Ideen des Humanismus an, die nicht überprüft und nicht durch den Verstand begründet werden können.
Nenn mal ein Beispiel!
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Fightmeyer hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben:Auch ein Atheist nimmt z.B. vielleicht grundlegende Ideen des Humanismus an, die nicht überprüft und nicht durch den Verstand begründet werden können.
Nenn mal ein Beispiel!
"Die Würde eines jeden Menschen ist zu achten."
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Fightmeyer »

Warum sollte das durch den Verstand nicht begründet werden können?
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Fightmeyer hat geschrieben:Warum sollte das durch den Verstand nicht begründet werden können?
Naja, wenn du keinen unmittelbaren Zirkelschluss willst, dann kannst du dieses Axiom bestenfalls mittels des Verstandes aus einem anderen, ähnlich beschaffenen Axiom herleiten, nur hängst du dann dort. Im Gegensatz zu der Dimension wissenschaftlicher Erkenntnisse wirst du in diesem Metier aber nicht schärfer, sondern schiebst immer nur hin und her. Der Verstand kann erst operieren, wenn er etwas hat, von dem er ausgehen kann. Aus irgendetwas muss gefolgert werden. Dies geht nicht ohne Annahmen.

Du kannst dich mittels deines Verstandes lediglich dafür entscheiden, dieses Axiom so zu betrachten, als sei dieses Axioms richtig. Oder du tust dies bereits unterbewusst durch eine soziale Prägung. Du kannst einzelne Beweggründe anführen (und ein anderer könnte andere Beweggründe anführen, um sich gegen dieses Axiom zu entscheiden). Aber die Richtigkeit, und bist du noch so von der Gülitigkeit einer allgemeinen Menschenwürde überzeugt, kannst du nicht beweisen. Und erst recht nicht mittels einer naturwissenschaftlich arbeitenden Methodik. Die Logik steht dir da nicht vollends zur Verfügung, genauso wenig die Empirie.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Fightmeyer »

Kruttan hat geschrieben:Aber die Richtigkeit, und bist du noch so von der Gülitigkeit einer allgemeinen Menschenwürde überzeugt, kannst du nicht beweisen.
Das muß ich auch nicht. Die Menschenwürde ist ein allgemein anerkanntes Prinzip. Auch ohne jedweden religiösen Hintergrund. Denn das hat die Vernunft über Jahrhunderte hinweg aufgebaut. Als eine Art gesellschaftliche Logik, die man natürlich nicht naturwissenschaftlich messen kann, aber dennoch Gültigkeit besitzt. Das hat nicht mal Ansatzweise was mit Glauben oder Religion zu tun, sondern einfach mit der Vernunft und der menschlichen Fähigkeit logisch zu denken. Deine Argumente wurden bereits im 17. und 18.Jahrhundert im zeitalter der Aufklärung gehörig auseinandergenommen... :D
Kruttan hat geschrieben:Und erst recht nicht mittels einer naturwissenschaftlich arbeitenden Methodik. Die Logik steht dir da nicht vollends zur Verfügung, genauso wenig die Empirie.
siehe oben
Beowulf

Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Beowulf »

Wenn wir nur Dinge wissen könnten, die überprüfbar sind, dann wüssten wir nur Dinge, die in Laborsituationen zu simulieren oder durch empirische Studien zu festigen sind.
Richtig. Alles andere sind Mutmaßungen und Modelle. In der Wissenschaft ist die Überprüfbarkeit extrem wichtig. Das hält einen natürlich nicht davon ab, Thesen zu stellen. Aber solange diese noch nicht überprüft worden sind, bleiben es Thesen und sind kein Wissen.
Die Bereiche vieler Geisteswissenschaften und des sozialen Miteinanders würden dann unter anderem kein Wissen beinhalten.
Geisteswissenschaften gehen doch eher Richtung Philosophie, und Sozialwissenschaften studieren das menschliche Verhalten, was sehr wohl beobachtbar und somit überprüfbar ist.
War dein Vorwurf, man solle Atheisten nicht auf jene Reduzieren, die nur an die Wissenschaft glauben, dahingehend gemeint, dass Atheisten sich für ihre Erkenntnisfindung auch anderer Dinge als der Wissenschaft bedienen, dann stimme ich dir zu. War er dahingehend gemeint, dass durch die Überprüfbarkeit im Rahmen der Naturwissenschaften eine bessere Sicherung erfolgt als beim puren Glaube an die Naturwissenschaften, dann liegt aber ein Zirkelschluss vor.
Weder noch. Glaube gibt keine Erkenntnisse, das meinte ich.
Aber du wirst mir sicher zustimmen, dass eine solche Annahme nicht auf Wissen, sondern auf Glauben fußen muss...
Ich meine das anders. Ich weiss, dass die Wissenschaft nicht alles erklären kann. Das liegt an der Wissenschaft selber mit ihren Unschärferelationen.
Das Kriterium der Überprüfbarkeit. In wie weit ist dies wissenschaftlich geklärt (wenn es kein Glauben ist)?
Überprüfbarkeit ist (für mich), wenn ein Experiment mehrmals unter den selben Bedingungen durchgeführt wird und jedes mal eine bestimmte These bestätigt wird, z.B. um zu beweisen, dass unbeschleunigte Gegenstände zur Erde hin fallen, und nicht von ihr weg.
Diese Axiome sind innerhalb der Methodik der Mathematik nicht zu beweisen.
Stimmt. Mathematik ist der Versuch, die Realität auf den Zahlenbereich abzubilden, um dort besser gewisse Probleme lösen zu können. Die von dir genannten Axiome kann man als Definitionen sehen. Bei der Mathematik brauch ich ihre "Echtheit" nicht zu beweisen, weil sie ja erst von den Menschen erfunden wurde. Und die Mathematik liefert für unsere "physikalischen" Probleme sehr präzise Voraussagen.

Mathematik ist ein Modell der Wirklichkeit, genau so wie z.B. das Bhorsche Atommodell. Ich muss diese Modelle nicht beweisen, ich definiere sie einfach. Ob dieses Modell dann passend ist, kann man dann durch Tests versuchen herauszufinden... und dieses Modell dann eventuell anpassen und verändern.


Und die Achtung der Menschenwürde mit Glauben gleichzusetzen (bzw. dort einen Glauben vorauszusetzen), finde ich etwas gewagt. Das hat meiner Meinung nach eher etwas mit Mitgefühl zu tun.
Kruttan
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

Beowulf hat geschrieben:Geisteswissenschaften gehen doch eher Richtung Philosophie, und Sozialwissenschaften studieren das menschliche Verhalten, was sehr wohl beobachtbar und somit überprüfbar ist.
Da habe ich mich vielleicht zu oberflächlich ausgedrückt. Sozialwissenschaften oder auch Psychologie durchaus, die gehen empirisch vor. Aber nicht abgedeckt wären z.B. Philosophie, Teile der Sprachwissenschaft, die Literaturwissenschaft, Jura, Teile der Geschichtswissenschaft, selbstverständlich die Logik (und ich würde sogar die Mathematik hinzunehmen). Unter der Definition, das Wissen auf Erfahrungen und deren Überprüfbarkeit beruht, existiert in diesen Wissenschaften kein Wissen. Auch in diesen Disziplinen gibt es imho aber Erkenntnisse. Doch sind diese anders beschaffen und nicht unbedingt so "feste" Erkenntnisse, wie es bei denen einer Naturwissenschaft der Fall ist.
Das Kriterium der Überprüfbarkeit. In wie weit ist dies wissenschaftlich geklärt (wenn es kein Glauben ist)?
Überprüfbarkeit ist (für mich), wenn ein Experiment mehrmals unter den selben Bedingungen durchgeführt wird und jedes mal eine bestimmte These bestätigt wird,...
Wir haben eine Sache mehrmals überprüft, Prognosen gestellt und diese trafen ein. Dieses Vorgehen bewährt sich. Es ist also durch Überprüfung geklärt, dass Überprüfung zur Wahrheit führt. Damit wird dieses Axiom aber rekursiv immer wieder aufgerollt.
Diese Axiome sind innerhalb der Methodik der Mathematik nicht zu beweisen.
Stimmt. Mathematik ist der Versuch, die Realität auf den Zahlenbereich abzubilden, um dort besser gewisse Probleme lösen zu können. Die von dir genannten Axiome kann man als Definitionen sehen. Bei der Mathematik brauch ich ihre "Echtheit" nicht zu beweisen, weil sie ja erst von den Menschen erfunden wurde. Und die Mathematik liefert für unsere "physikalischen" Probleme sehr präzise Voraussagen.

Mathematik ist ein Modell der Wirklichkeit, genau so wie z.B. das Bhorsche Atommodell. Ich muss diese Modelle nicht beweisen, ich definiere sie einfach. Ob dieses Modell dann passend ist, kann man dann durch Tests versuchen herauszufinden... und dieses Modell dann eventuell anpassen und verändern.
Aber die Mathematik stand und steht am Anfang unserer Wissenschaften. Ist eine Folgerung aus einer These nicht logisch, finden wir einen Widerspruch, so versuchen wir, diese These zu korrigieren oder fallen zu lassen. Kommen in einem Argumentationsstrang (egal in welchem Fachgebiet) falsche Schlüsse vor, wird er angegriffen und muss notfalls als nichtig erklärt werden.
Kant hat einmal gesagt, dass in einer naturwissenschaftlichen Lehre nur der Anteil an eigentlicher Wissenschaft enthalten ist, wie Mathematik drin ist. Betrachten wir die Mathematik als eine modellbildende Strukturwissenschaft, so ist aber auch jede Naturwissenschaft nur eine, die Modelle bildet. Sie muss die Annahmen der Mathematik übernehmen und ihre Anwendbarkeit annehmen. Wir sind Konstrukteure der Realität und übernehmen die Sprache der Mathematik. Mit dem Atommodell von Bohr hast du etwas erwähnt, dessen Modellhaftigkeit uns ziemlich stark bewusst ist, weil wir in der Modellbildung bereits weiter sind. Das Bohr’sche Atommodell ist für vieles ziemlich ausreichend und es konnte sicher auch vorübergehend durch Testverfahren gefestigt werden. Hier erkennt man ziemlich gut, dass Naturwissenschaft stets Modellbildung ist, wenn auch die Modelle, die sie uns liefert, oft ziemlich gut und der Realität wohl sehr nahe sind (daher, weil sie funktionieren).

Und die Achtung der Menschenwürde mit Glauben gleichzusetzen (bzw. dort einen Glauben vorauszusetzen), finde ich etwas gewagt. Das hat meiner Meinung nach eher etwas mit Mitgefühl zu tun.
Mag sein, dass es gewagt ist, dies mit Glauben gleichzusetzen, aber können wir uns zumindest darauf einigen, dass es sich dabei nicht direkt um Wissen handelt?

Die Achtung der Menschenwürde ist eine moralische Pflicht. Mitgefühl und Empörung bei Verletzung sind Emotionen, die bei Menschen auftreten können, wenn diese Achtung in Gefahr läuft, verletzt zu werden bzw. verletzt wird. Die Ursache dafür ist schwierig zu finden. Dies kann in der Natur des Menschen liegen (dagegen sprechen würde, dass es Kulturen gab und heutzutage gibt, in denen bestimmte Menschen nichts wert sind), es kann in der sozialen Prägung liegen (dagegen spricht, dass sich in Regimes mit sozialer Ungerechtigkeit auch Regimegegner in der bevorzugten Schicht bilden) etc. Ob zuerst die Emotionen waren, oder zuerst die Moral, ist Frage nach Huhn und Ei.
Ich kann nur sagen, wie es bei mir ist: wenn jemand etwas tut, was mir moralisch falsch erscheint, dann reagiere ich so, als hätte er irgendwas nicht verstanden (im Gegensatz zur Verletzung der Etikette). Ich würde die Moral mit einem Naturgesetz vergleichen. Für mich die Moral kategorisch, sie gilt unabhängig von Umfeld und persönlichen Präferenzen (es gibt durchaus stark divergierende Ansichten). Wenn in einem Regime die Menschenwürde (und sei es nur die einzelner Randgruppen) nicht geachtet wird, dann ist dies schlichtweg falsch. Da kann man auch nicht sagen, dass die Nichtachtung von Gruppe X ein allgemein anerkanntes Prinzip in dieser Gesellschaft ist und dies dort im Rahmen einer gesellschaftlichen Logik richtig sei (um mal gleich ein erstes Gegenargument für die Nichtnotwendigkeit der Beweisbarkeit aufgrund allgemeiner Akzeptanz zu liefern, sie ist nämlich nur dann nicht notwendig, wenn das Prinzip "richtig" ist, weil dann keine negativen Konsequenzen auftreten – aber woher soll man das wissen?).

Fightmeyer hat geschrieben:Deine Argumente wurden bereits im 17. und 18.Jahrhundert im zeitalter der Aufklärung gehörig auseinandergenommen... :D
Ich bin kein Experte, was die Geschichte der Philosophie angeht. Aber das kann ich nicht so stehen lassen. Kann zwar nur mit oberflächlichem Wissen kommen, aber so wie mein Wissenstand ist, haben durch die Aufklärung Offenbarung, Autorität und Tradition als Maßstab für menschliche Rechtgläubigkeit ausgedient (und zu diesen Dingen will ja nicht zurück). Eine Diskussion, wie wir sie führen, die sich mit den Grenzen des menschlichen Verstandes beschäftigt, ist aber doch erst innerhalb der Aufklärung so wirklich richtig möglich geworden. Erst wenn der Verstand zur Autorität wird, kann man sich auch ernsthaft mit seinen Grenzen beschäftigen. Und auch der Rationalismus hat innerhalb der Aufklärung Kritik erfahren, der Verstand ist durchaus nicht zur einzigen Instanz geworden. Ich vertrete eben die Ansicht, dass man mit dem Verstand nicht erst beim Nullpunkt beginnen kann. Dieser Ansicht kam sicher Kritik von einigen Seiten innerhalb der Aufklärung zu, dass ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass sie derartig zerrissen wurde und seit Jahrhunderten bereits widerlegt ist. Allerdings müsstest du ein wenig präziser werden, denn ein Verweis auf die Aufklärung reicht imho nicht aus. Ich kann nur auf die Thesen eingehen, die du wirklich auch lieferst (was ich gleich auch tun werde) und mich nicht mit der kompletten Aufklärung auseinander setzten.
Für mich ist es auch kein Maßstab dafür, ob etwas richtig oder falsch ist, dass Philosophen zur Zeit der Aufklärung Gegenpositionen bezogen haben (z.B. die Vertreter des Rationalismus). Man könnte ja auch stets ihre Kontrahenten zitieren (z.B. extreme Empiristen). Die Aufklärung und die Befreiung des Verstandes haben gute Dinge geleistet und die Anwendung des Verstandes ist durchaus wichtig, er sollte immer und überall mitmischen. Wir verdanken ihm Geniales. Aber hat der Verstand und die Orientierung an den Menschenrechten nicht auch zu den Grausamkeiten innerhalb der französischen Revolution geführt? Ist er wirklich so zuverlässig und grenzenlos? Oder hat er hier vielleicht doch immer noch andere normative Implikationen in sich getragen?

Fightmeyer hat geschrieben:
Kruttan hat geschrieben:Aber die Richtigkeit, und bist du noch so von der Gülitigkeit einer allgemeinen Menschenwürde überzeugt, kannst du nicht beweisen.
Das muß ich auch nicht. Die Menschenwürde ist ein allgemein anerkanntes Prinzip. Auch ohne jedweden religiösen Hintergrund.
Wie oben schon gesagt, wenn ein allgemein anerkanntes Prinzip nun falsch sein sollte, dann bedarf es durchaus weiterer Reflektion – aber woher soll man das wissen? Ein religiöser Hintergrund ist in der Tat nicht notwendig (aber ich möchte ja eh nur Glauben verteidigen ;)) Anerkennung kann von vielem kommen, auch von Konvention. Ich gehe nicht davon aus, dass etwas richtig ist, weil die meisten einer Sache zustimmen (dieses Argument liefern auch amerikanische Kreationisten, die ihre "Theorie" in den Biologieunterricht bringen wollen). Und die Vernunft mag zwar die Richtigkeit der Achtung der Menschenwürde bestätigt haben, doch muss man da genauer hinschauen:
Denn das hat die Vernunft über Jahrhunderte hinweg aufgebaut. Als eine Art gesellschaftliche Logik, die man natürlich nicht naturwissenschaftlich messen kann, aber dennoch Gültigkeit besitzt. Das hat nicht mal Ansatzweise was mit Glauben oder Religion zu tun, sondern einfach mit der Vernunft und der menschlichen Fähigkeit logisch zu denken.
Zunächst einmal sollte man mit deinen Begriff der gesellschaftlichen Logik vorsichtig sein und ihn nicht mit der Fähigkeit des logischen Denkens mischen. Auch wurde die Menschenwürde, wenn durch die Vernunft aufgebaut, meines Erachtens nur durch eine spezielle Art von Vernunft aufgebaut, die wir genauer unter die Lupe nehmen sollten.

Ich kann jetzt nur das anführen, was ich von Philosophen habe, die in der Tradition der Aufklärung stehen, daher werden dies nicht original Hobbes und Kant sein, sondern eventuell bereits weitergedacht und um nicht noch größere Romane zu schreiben, stark vereinfacht.

1. Die Achtung des Gegenübers kann dadurch zustande kommen, dass ich mein Eigeninteresse maximieren will. Ich gestehe ihm dahingehend eine Würde zu, weil ich von diesem Menschen abhängig bin.
Um es platt zu sagen: Es ist vernünftig, diesem Menschen keine Gewalt anzutun, weil man nicht will, dass dieser Mensch einem ebenfalls Gewalt antut. Hier liegt Vernunft aber im Sinne einer reinen Rationalität vor, die auf das Ziel der Maximierung des Eigeninteresses gerichtet ist. Man kann nicht rational sein, ohne ein Ziel vor Augen zu haben (erste Definition von Rationalität bei Wikipedia).
Eine Menschenwürde, die auf einem solchen Fundament steht, ist für mich aber nicht ausreichend, da mit Aufhebung der Abhängigkeit die Würde fällt.

2. Im Gegensatz dazu kann ich mein Gegenüber als ein mir gleichwertiges Individuum betrachten, gleichwertig ist hier im Sinne der Rolle als Gesetzgeber gemeint. In diesem Sinne ist es vernünftig, ihm nicht zu schaden. Hier verwende ich aber bereits einen normativ aufgeladenen Vernunftbegriff (zweite Definition der Rationalität bei Wikipedia). Jedes moralische Gebot folgt daraus, dass ich meinem Gegenüber einen gewissen Wert beimesse. Durch die Akzeptanz jedes Individuums als Gesetzgeber gebe ich ihm eine Würde. Das hießt, wir haben hier einen Vernunftbegriff, der die Menschenwürde beinhaltet.
Ein solcher Vernunftbegriff mag in der Tat die Akzeptanz der Menschenwürde über Jahrhunderte hinweg aufbauen, aber nur, weil er sie bereits von vorneherein enthält.
(Ich vermute, dass dies die Art von Vernunft ist, die du meinst. Aber bevor du mir wieder vorwirfst, die Worte in deinem Mund zu verdrehen, korrigiere mich notfalls doch einfach, indem du präziser wirst, was du unter Vernunft verstehst. Da du aber die Aufklärung nach deinem Vernunftbegriff zitierst hast, dachte ich, dass diese beiden populären Vernunftbegriffe in Frage kommen.).


Ich würde Beowulf zustimmen, dass Mitgefühl konstitutiv für Menschenwürde sein kann, aber der Ansicht, dass die Vernunft es leiste, würde ich widersprechen, weil sie die Menschenwürde entweder nicht zufriedenstellend abdeckt oder sie bereits enthält, weil sie über eine gewisse Zielrichtung verfügt. Sie kann es also nicht vom Nullpunkt her leisten. Emotionen, wie Mitgefühl und Empörung, mögen eine solche „gesunde Vernunft“ geprägt haben, aber sie ist imho nicht aus einer reinen Rationalität entstanden. Und diese Emotionen können unterschiedlichste Ursachen haben, von reiner Intuition, von einer konventionellen Regelung über Wunschdenken bis zu religiösen Überzeugungen.
Ob ich denke, dass mein Mitleid mich zum richtigen Handeln treibt, oder ob ich daran glaube, dass mein Nächster per se einen Wert hat (was sich noch nicht einmal ausschließt), in beiden Fällen liegen Annahmen vor, die man für richtig hält. Der Unterschied zwischen ihnen besteht lediglich darin, dass man beim Glauben sich eher bewusst ist, dass es eine Annahme ist.
Wenn meine Formulierung Glaube zu gewagt ist, weil er für einige mit zu viel negativen Assoziationen aufgeladen ist, kann man auch überall dort, wo ich vorher Glaube schrieb von nicht verifizierbaren Annahmen sprechen. In diesem Sinne sehe ich die Parallele.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von DasJan »

Kruttan hat geschrieben:Aber nicht abgedeckt wären z.B. Philosophie, ...
Wir wissen, was Kants Vorstellung von Aufklärung ist, weil seine Definition überliefert ist. Aber das Konzept selbst würde ich nicht als "Wissen" beschreiben. Genauso wissen wir, was Mord ist, weil die Definition im StGB steht, aber das Konzept selbst ist doch auch kein "Wissen". Der Satz des Pythagoras dagegen kann bewiesen werden, dass Gravitationsgesetz belegt werden. Da würde ich dann schon von "Wissen" sprechen.

Ich glaube, das Missverständnis hier liegt in deinem Verständnis von "Glauben". Du sagst, dass man auch z.B. in der Mathematik (Axiome) oder in der Gesellschaft (Menschenwürde) an gewisse Konzepte "glauben" muss. Das hört sich so an, als wären Mathematik oder Atheismus einfach eine weitere Religion, die sich prinzipiell nicht vom Christentum oder Scientology unterscheidet.

Der Unterschied aber ist, dass Annahmen wie der Wunsch, in einem harmonischen Miteinander zu leben (aus dem sich dann auch die Achtung der Menschenwürde herleitet) oder ZF in der Mathematik direkt aus eigenen, persönlichen Bedürfnissen (harmonisches Miteinander) und eigenen Denkstrukturen (ZF) hervorgehen, anstatt in umstrittenen Schriften und anderer Leute Interpretationen derselben zu Wurzeln. Außerdem ist man sich dieser "Axiome" sehr präzise bewusst, sodass man Sätze sagen kann wie "Aus ZFC folgt, dass jeder Vektorraum eine Basis hat", der als Tautologie auch völlig ohne Prämissen Gültigkeit hat.

Auf ZF und den Wunsch, nicht persönlich angegriffen zu werden, könnte sich wohl so gut wie die ganze Weltbevölkerung verständigen, während Religionen so diffus fundiert sind, dass sich etliche davon bilden konnten. Selbst innerhalb einer Religion würden kaum zwei Personen dasselbe auf die Frage antworten, an was sie eigentlich ganz präzise glauben.

Und zum Abschluss ein Video zum Thema, das ich ziemlich witzig fand: :)
http://www.youtube.com/watch?v=4tRpbkpNpgw
Kruttan hat geschrieben:Ist eine Folgerung aus einer These nicht logisch, finden wir einen Widerspruch, so versuchen wir, diese These zu korrigieren oder fallen zu lassen.
Genau, und das ist auch das tolle an der Wissenschaft. Wie lange hat die Kirche gebraucht, um endlich einzugestehen, dass die Erde rund ist und nicht der Mittelpunkt des Universums?
Kruttan hat geschrieben:Eine Menschenwürde, die auf einem solchen Fundament steht, ist für mich aber nicht ausreichend, da mit Aufhebung der Abhängigkeit die Würde fällt.
Ich finde die Herleitung aus den eigenen Bedürfnissen sehr viel befriedigender als die Herleitung aus religiösen Argumenten (und ich weiß, dass du nicht damit argumentierst, wollte es nur erwähnen). Denn was wäre, wenn plötzlich, wie auch immer, herauskommt, dass der christliche Gott nicht existiert? Werden dann alle Christen zu morallosen Brandschätzern, weil sie sich keiner höheren Instanz mehr gegenüber verantworten müssen?

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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

DasJan hat geschrieben:Der Unterschied aber ist, dass Annahmen wie der Wunsch, in einem harmonischen Miteinander zu leben (aus dem sich dann auch die Achtung der Menschenwürde herleitet) oder ZF in der Mathematik direkt aus eigenen, persönlichen Bedürfnissen (harmonisches Miteinander) und eigenen Denkstrukturen (ZF) hervorgehen, anstatt in umstrittenen Schriften und anderer Leute Interpretationen derselben zu Wurzeln.
Ich würde dir zustimmen, dass dieser Wunsch konstitutiv für Moral ist. Ich würde einen anderen Ansatz verfolgen und die Moral aus dem Wunsch nach Rechtfertigung vor sich und anderen herleiten, weil ich hier noch einige Vorteile sehe. Meine Auffassung von dem, was Moral ist, folgt auch nicht aus meinem Glauben und auch nicht aus der Bibel (aber ich muss auch noch mal betonen, dass das Christentum im Unterschied zum Islam keine Schriftreligion ist ;) ). Aus dem Glauben folgt nur, als was ich sie sehe.

Dennoch ist dieser Wunsch, der extrem kostitutiv ist, nur eine Erklärung dafür, wie die Moral zustande gekommen sein könnte und eine Erklärung der Motivation, sich an sie zu halten. Das ist schon sehr gut und leistet schon mehr, als viele andere Ansätze. Doch genausogut lässt sich aus Wünschen, wie dem nach Macht, ein System mit sozialen Ungleichgewichten begründen, die moralisch nicht tragbar sind (im Sinne einer kategorsich und universell geltenden Moral). Manche Leute haben diese Wünsche nicht. Wünsche sind leider abhängig von persönlichen Präferenzen. Wir können vielleicht noch sagen, dass die Mehrheit diese Präferenzen hat, aber auch die Masse kann irren.
Dass ich mir etwas wünsche heißt nicht automatisch, dass es richtig ist. Gerade in der Religionsdebatte wird Gläubigen gerne vorgeworfen, dass ihre Religion ein fiktives System sei, dass nur aus ihren persönlichen Wünschen hervorgegangen sei. Und hier wird dann gerne gefolgert, dass die Religion daher falsch sei. Dieser Schluss ist falsch (und ich will ihn nicht daher nicht ebenfalls anführen, um dein Konzept von Moral zu widerlegen). Aber das Gegenteilige ist auch nicht war. Wunsch und Realität sind unkorreliert.
Auf ZF und den Wunsch, nicht persönlich angegriffen zu werden, könnte sich wohl so gut wie die ganze Weltbevölkerung verständigen, während Religionen so diffus fundiert sind, dass sich etliche davon bilden konnten. Selbst innerhalb einer Religion würden kaum zwei Personen dasselbe auf die Frage antworten, an was sie eigentlich ganz präzise glauben.
Wir können uns eher auf der ganzen Welt (oder zumindest in bestimmten weltbildübergreifenden Systemen) über den von dir genannten Wunsch eher verständigen als über die Religion. Aber ich erachte Religion auch nicht als etwas, was überall gleich vorhanden ist oder überall gleich geschaltet werden sollte. Ich erachte die Pluralität unter den Religionen als positiv, weil sie einem Stillstand entgegenwirkt und den gläubigen Menschen auffordert, seinen Glauben zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Wir sollten uns nicht auf der agnzen Welt auf eine Religion einigen, aber auf eine einheitliche Moral. Wobei die Annahme einer solchen Möglichkeit ziemlich gewagt ist (auch utopisch, aber ich halte es für prinzipiell möglich).
Auch denke ich, weil ich die Moral für etwas objektiv richtiges halte, dass die von den Religionen implizierten Wertesysteme gegen diese Moral gehen müssen. Tun sie es nicht, haben wir eventuell ein Indiz, dass die Religion falsch ist (oder zumindest an einem Punkt falsch).
Daher kann ich als Christ durchaus einem Moslem meine Bedenken bei einem Ehrenmord schildern, da dies auf der Ebene der "Menschheitsfamilie" und nicht innerhalb der Religion stattfinden kann. Über mein Verständnis von der Glaubwürdigkeits Mohammeds hingegen kann ich auf dieser Ebene nicht mit ihm reden.
Und zum Abschluss ein Video zum Thema, das ich ziemlich witzig fand: :)
http://www.youtube.com/watch?v=4tRpbkpNpgw
Mit denen kann ich nicht lachen. Und über die auch nicht mehr. Aber ich lache auch nicht mehr über die extremistische Gegenseite. Dawkins hat seine Position als seriöser Wissenschaftler verlassen und missbraucht sie für eine sehr fragwürdige Form der Mission. Ich würde diesen Menschen auf eine Stufe mit den evangelikalen Fundamentalisten in den Staaten stellen. Ein Glück, dass hier in Europa die atheistische Szene ihm nicht so einheitlich angetan ist. Sogar der oft extrem kirchenkritische Spiegel hält sich gegenüber Dawkins kritisch und verhalten.
Kruttan hat geschrieben:Ist eine Folgerung aus einer These nicht logisch, finden wir einen Widerspruch, so versuchen wir, diese These zu korrigieren oder fallen zu lassen.
Genau, und das ist auch das tolle an der Wissenschaft. Wie lange hat die Kirche gebraucht, um endlich einzugestehen, dass die Erde rund ist und nicht der Mittelpunkt des Universums?
Naja, aber wie lange brauchen Religionsgegner noch, dieses Argument nicht zu einer generellen Religionskritik verwenden?
Galilei war ein gläubiger Mensch, der zunächst für seine Entdeckung aus der intellektuellen christlichen Szene (auch wenn die wohl damals fast ausschließlich aus den Jesuiten gebildet wurde) Zuspruch bekam. Der Widerstand kam primär von den Philosophen und Wissenschaftlern, die in der aristotelischen Tradition standen. Diese Aristotelische Sichtweise hatte die Kirche sich ihrerzeit zu eigen gemacht und ihm vielleicht auch aufgrund ihres damaligen Verständnis wohl auch zum herrschenden Weltbild gemacht (in dieser Position haben mittlerweile die Fachwissenschaften die Kriche abgelöst). In der Diskussion machte sich Galilei lustig über den Papst, was auch sehr ungeschickt war. Der Papst war in seiner Theologie dem modernen, amerikanischen, bibeltreuen, konservativen Christen sehr nahe. Und Galilei stand auf einer Seite der kirchlichen Stimmen, die sich von dieser Sichtweise entfernt hatten. Natürlich hätte der Mensch etwas mehr Milde mit Galilei haben sollen (wobei dem Papst der Fairness halber eingestehen muss, Galilei nie gefoltert und später in luxioriösen Wohnungen untergebracht zu haben, auch wenn dies keine Entschuldigung für die Mundtotmachung ist).
Wir haben es hier erstens mit einer Debatte innerhalb des Christentums zu tun, in der es über das Verständnis der Schrift geht und zweitens daneben mit einer Debatte zwischen verschiedenen konkurierenden Weltbildern, die auch außerhalb des Christentums existieren.
Die Kirche war extrem engstirnig und hat sich relativ spät bei ihm entschuldigt, nur war die Obrigkeit der Kirche schon damals nicht mit dem Christentum gleichzusetzen und sit es auch heute nicht (außerdem dominierte in ihr damals eine christliche Richtung, gegen die es viele Stimmen innerhalb der christlichen Szene gibt), daher ist es unangebracht, aufgrund dieses Beispiels der Korrekturbereitschaft der Wissenschaft einen Vorrang gegenüber gläubigen Menschen zu geben, zum einen, weil es damals durchaus Gläubige gab, die Galileis Korrektur annahmen, zum anderen, weil es viele engstirnige Wissenschaftler gab, die als Wissenschaftler Galileis Entdeckungen ablehnten.
Kruttan hat geschrieben:Eine Menschenwürde, die auf einem solchen Fundament steht, ist für mich aber nicht ausreichend, da mit Aufhebung der Abhängigkeit die Würde fällt.
Ich finde die Herleitung aus den eigenen Bedürfnissen sehr viel befriedigender als die Herleitung aus religiösen Argumenten (und ich weiß, dass du nicht damit argumentierst, wollte es nur erwähnen). Denn was wäre, wenn plötzlich, wie auch immer, herauskommt, dass der christliche Gott nicht existiert? Werden dann alle Christen zu morallosen Brandschätzern, weil sie sich keiner höheren Instanz mehr gegenüber verantworten müssen?
Eigentlich sagst du selbst, dass eine auf einem solchen Fundament hergeleitete Menschenwürde unbefriedigend ist. Du zitierst hier aus der ersten Herleitung der Moral, hatte oben angenommen, du würdest die zweite präferieren, weil diese hier keine Harmonie beinhaltet. Problem bei dieser Form der Herleitung ist, dass du deinem Gegenüber nur Menschenwürde zusprichst, weil du dir einen Vorteil daraus versprichst. Wenn du einem Menschen nur deshalb keinen Schaden zufügst, weil du davon Schaden tragen könntest, dann verfehlt dies die Moral. Deine eigenen Bedürfnisse gehen imho tiefer. Um mal ein Extrembeispiel zu liefern (weil die immer aussagekräftiger sind): Du wirst auch ein attraktives Mädchen nicht auf einem sinkenden Schiff vergewaltigen, auch wenn sie in ihrer Angst wehrlos ist und später niemand mehr davon erfahren kann.
Ähnlich verhält es sich mit den Christen in deinem Gedankenbeispiel. Sicher gibt es einige, die die Situation zum Brandschatzen ausnutzen würden - aber es gibt auch Leute, die sich an dem Mädchen auf dem Schiff vergreifen würden. Unter Christen gibt es genauso bessere und schlechtere Menschen wie überall sonst auch.
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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von DasJan »

Kruttan hat geschrieben:Doch genausogut lässt sich aus Wünschen, wie dem nach Macht, ein System mit sozialen Ungleichgewichten begründen, die moralisch nicht tragbar sind (im Sinne einer kategorsich und universell geltenden Moral).
Klar, es entsteht auch ein stabiles System, wenn jeder Mensch anarchistisch handelt. Ich würde mich wohl auch so verhalten, wenn alle anderen es tun würden. Das ist aber nicht das Gleichgewicht, das sich gebildet hat, und auch nicht das Gleichgewicht, das ich (oder die meisten anderen) sich wünschen, daher handle ich auch nicht danach.
Kruttan hat geschrieben:Wir können vielleicht noch sagen, dass die Mehrheit diese Präferenzen hat, aber auch die Masse kann irren.
Die Behauptung, die Masse könne sich irren, geht davon aus, dass es das eine "richtige" System gibt. Wer bestimmt das denn? Ist das "richtige" System nicht dasjenige, das sich als stabiles System durch das Verhalten der Masse eingestellt hat? OK, das "richtige" System könnte auch dasjenige sein, dass das Überleben der Menschheit für den größtmöglichen Zeitraum sicherstellt, aber da halte ich "harmonisches Miteinander" schon für einen ganz guten Kandidaten. ;)
Kruttan hat geschrieben:Ich erachte die Pluralität unter den Religionen als positiv, weil sie einem Stillstand entgegenwirkt und den gläubigen Menschen auffordert, seinen Glauben zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Das finde ich sehr merkwürdig. Ist ein religiöser Mensch nicht per Definition auf dem Standpunkt, in seinem Glauben Recht zu haben? Der kann dann vielleicht Menschen anderer Religionen als andere Menschen respektieren, aber aus seiner Sicht liegen die vollkommen falsch in ihrem Weltbild. Ein Christ glaubt an den einen Gott, der per Selbstverständnis der einzige ist, und der Glauben an andere Götter ist eine schwere Sünde. Andere Religionen haben es sogar zum erklärten Ziel, falsche Religionen auszulöschen. Für meinen Begriff ist diese Pluralität keine gute Basis, um friedlich miteinander auszukommen.
Kruttan hat geschrieben:Dawkins hat seine Position als seriöser Wissenschaftler verlassen und missbraucht sie für eine sehr fragwürdige Form der Mission.
Wenn du meinst, dass seine Polemik und seine Anfeindungen unwissenschaftlich sind, ja. Leider erpsart es diese offensive Art seinen Kritikern, sich mit Dawkins' inhaltlichen Argumenten auseinanderzusetzen, was sehr schade ist. Wenn sie das nämlich täten, würden sie sehr starke, entlarvende Argumente finden, auf die ich von religiösen Menschen noch nicht annähernd befriedigende Antworten gehört habe. Deswegen hat er für mich nichts mit Evangelikalen zu tun. Polemisch ja, manchmal beleidigend ja, aber inhaltlich mit sehr starken und schlüssigen Argumenten bewaffnet.

Das verlinkte Video bringt natürlich nicht viel von den Argumenten rüber. Witzig fand ich's aber trotzdem. :)
Kruttan hat geschrieben:
Genau, und das ist auch das tolle an der Wissenschaft. Wie lange hat die Kirche gebraucht, um endlich einzugestehen, dass die Erde rund ist und nicht der Mittelpunkt des Universums?[/quote]
Naja, aber wie lange brauchen Religionsgegner noch, dieses Argument nicht zu einer generellen Religionskritik verwenden?[/quote]
Solange die Kirche derart ignorant auf Entwicklungen in der Restwelt reagiert, ist das eben Anlass zur Kritik.
Kruttan hat geschrieben:Galilei war ein gläubiger Mensch, der zunächst für seine Entdeckung aus der intellektuellen christlichen Szene ... Zuspruch bekam.
Zum einen hatte man damals wohl kaum eine andere Möglichkeit als ein gläubiger Mensch zu sein. Zum anderen denke ich schon, dass Galilei ein gutes Beispiel dafür ist, wie (Irr-)Glauben dazu in der Lage ist, Irrationalität und Dogmen über die Erkenntnis zu stellen. Das muss nicht passsieren - wie du sagst gab es auch damals gläubige Richtungen die Galilei unterstützt haben und auch heute sind nicht alle so stur wie der Papst - aber es kann passieren.

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Re: Der 'Ehrenmord' und die Volksseele

Beitrag von Kruttan »

DasJan hat geschrieben:Die Behauptung, die Masse könne sich irren, geht davon aus, dass es das eine "richtige" System gibt. Wer bestimmt das denn? Ist das "richtige" System nicht dasjenige, das sich als stabiles System durch das Verhalten der Masse eingestellt hat? OK, das "richtige" System könnte auch dasjenige sein, dass das Überleben der Menschheit für den größtmöglichen Zeitraum sicherstellt, aber da halte ich "harmonisches Miteinander" schon für einen ganz guten Kandidaten. ;)
Ja. Dies sind zwei Annahmen: (1) Es gibt das richtige System und (2) das Ziel eines "harmonischen Miteinander" ist konstitutiver für dieses richtige System als z.B. das Streben nach persönlicher Bequemlichkeit oder einer Regelung, die nur das Fortbestehen der Art im Sinn hat. Das halte ich für richtig.
Aber es gibt der Debatte um Moral auch die krasse Gegenposition, nämlich dass sie willkürlich und völlig subjektiv ist - und man sich ernsthaft fragen sollte, ob sie in der heutigen Zeit noch gilt (und dann kommt man vielleicht auch darauf, Harmonie durch Ökonomie oder der Prämisse des Überlebens zu ersetzen).
Du hältst auch das harmonische Miteinander für einen besseren Kandidaten für die richtige Moral, sofern es eine gibt. Wie weit du von der Existenz einer richtigen Moral ausgehst, weiß ich nicht, aber es ist eine interessante Frage, über die es sich echt lohnt, lange mit Kumpels zu diskutieren und drüber nachzudenken. Ich zähle mittlerweile in Bezug auf die Moral zu den Objektivisten. Nur ich komme bei der Beantwortung dieser Frage nicht ohne irgendwelche Annahmen aus, an deren Richtigkeit ich irgendwann einfach glauben muss. Dafür mag mein Hintergrund verantwortlich sein (die westliche Kultur), wobei ich mich auch lange mit der Moral beschäftigt habe, Vorlesungen und Seminare besucht habe und auch durch Abwägen der Argumente diesem Standpunkt näher bin als einem Subjektivismus.
Kruttan hat geschrieben:Ich erachte die Pluralität unter den Religionen als positiv, weil sie einem Stillstand entgegenwirkt und den gläubigen Menschen auffordert, seinen Glauben zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
Das finde ich sehr merkwürdig. Ist ein religiöser Mensch nicht per Definition auf dem Standpunkt, in seinem Glauben Recht zu haben? Der kann dann vielleicht Menschen anderer Religionen als andere Menschen respektieren, aber aus seiner Sicht liegen die vollkommen falsch in ihrem Weltbild. Ein Christ glaubt an den einen Gott, der per Selbstverständnis der einzige ist, und der Glauben an andere Götter ist eine schwere Sünde.
Dies gilt grundsätzlich für alle Menschen. Ein religiöser Mensch hat zwar seine Position, er glaubt an gewisse Dinge, wie z.B. an seinen Gott oder die Auferstehung. Er denkt daher schon, dass Menschen anderer Religionen in ihrem Weltbild Fehler haben. Aber das heißt nicht, dass das ein Miteinander nicht mehr möglich ist. Auch ein Atheist denkt, dass seine Position, es gebe keinen Gott, die richtige ist und denkt, dass die religiösen Menschen an eine Fiktion glauben. Kein Atheist würde sagen, dass die Juden mit ihrer Ansicht, ihr Gott sei der einzig wahre, Recht haben. Wobei dies ja den Atheismus genauso inkompatibel für weltbildübergreifende Debatten macht als den Religiösen.

Es gibt in der wieder aufgekeimten, fundamentsalischen Szene Menschen, auf die dein Vorwurf zutrifft. Dawkins Argumentationsstil will dies auf alle religiösen Menschen übertragen, da er gerne Exoten darstellt, die genauso in der christlichen Szene kritisiert werden, und sie zur Kritik an der christlichen Szene verwendet (vor allem in diesem Punkt halte ich für ihn unter anderem für absolut unwissenschaftlich). Viele der amerikanischen Megachurches werben mit einem (hierzulande, aber auch unter reflektiert denkenden Christen in den Staaten, sehr skeptisch beäugten) esoterischem Verhaltenschristentum. Dieses gibt völlig klare Verhaltensregeln für alle Bereiche vor. Jetzt ist es nicht mehr nur die Basic, die ich oben beschrieben habe, sondern alles. Man weiß, welche Bücher gut sind und welche verbrannt werden müssen, man weiß, dass Abtreibung immer abzulehnen ist, dass niemand vor der Ehe Sex haben darf, das der freie Markt okay ist, dass sämtliche Naturkatastrophen Gottes Strafe für die Menschen vor Ort sind, usw. Man glaubt nicht mehr, dass das eigene Weltbild wahr sei (wie es jeder tut), sondern man glaubt, dass man die Wahrheit komplett hätte (und hier liegt Irr-Glaube vor). Und nach diesem Maßstab verurteilt man jeden anderen Menschen. Hier ist ein Miteinander nicht mehr möglich, sonst schon.
Der ideale Gläubige ist sich aber der Vorläufigkeit all seiner Ansichten bewusst und er ist sich auch bewusst, dass es Dinge gibt, an die er glaubt, die andere nicht glauben und ihre Gründe dafür haben. Unter diesen Voraussetzungen ist Pluralität möglich. Man kann den anderen Menschen annehmen, ihn ernst nehmen und Erfurcht vor den Dingen bewahren, die ihm heilig sind.
Gegenseitiger Respekt und Toleranz sind für mich schon eine sehr gute Basis.
Andere Religionen haben es sogar zum erklärten Ziel, falsche Religionen auszulöschen.
Das kann in allen religiös wirkenden, weltanschaulichen Systemen vorkommen. Auch atheistische Regimes wollten Religionen (auch mit Gewalt) auslöschen.
Für meinen Begriff ist diese Pluralität keine gute Basis, um friedlich miteinander auszukommen.
Wir können diese Pluralität nicht abschaffen. Und das ist imho für ein vernüftiges Miteinander auch nicht möglich. Sicher hat es immer irgendwo Bestrebungen gegeben, alle Menschen in Bezug auf ihre Weltanschauungsbasis gleichzuschalten, sowohl in religiösen alsauch in atheistischen Regimes - dennoch liefert dies keine bessere Basis. Ich kann mir auch nicht denken, dass eine solche Gleichschaltung ohne Gewalt, Manipulation und Zwang stattfinden kann.

Mag sein, dass es friedlicher zugeht, wenn alle das gleiche denken, aber der Preis ist mir zu hoch. Und es geht nicht nur um Pluralität der Religionen, sondern um Pluralität der Weltanschauungen allgemein. Verschiedene Standpunkte haben auch den Vorteil, dass man eine Sache aus mehreren Perspektiven betrachten kann, um die Wahrheit näher zu kommen.
Kruttan hat geschrieben:Dawkins hat seine Position als seriöser Wissenschaftler verlassen und missbraucht sie für eine sehr fragwürdige Form der Mission.
Wenn du meinst, dass seine Polemik und seine Anfeindungen unwissenschaftlich sind, ja. Leider erpsart es diese offensive Art seinen Kritikern, sich mit Dawkins' inhaltlichen Argumenten auseinanderzusetzen, was sehr schade ist.
Da muss ich dir widersprechen. Dawkins hat in der christlichen Szene etliche Debatten ausgelöst. Er hat vielleicht auch sogar dafür gesorgt, dass zumindest der europäischen Szene ein wenig schneller die Augen für fundamentalistische und theologisch äußerst fragwürdige Positionen geöffnet wurden.
Wenn sie das nämlich täten, würden sie sehr starke, entlarvende Argumente finden, auf die ich von religiösen Menschen noch nicht annähernd befriedigende Antworten gehört habe. Deswegen hat er für mich nichts mit Evangelikalen zu tun. Polemisch ja, manchmal beleidigend ja, aber inhaltlich mit sehr starken und schlüssigen Argumenten bewaffnet.
Mag sein, dass er irgendwo inhaltlich starke Argumente hat, aber dann sollte er sich vielleicht auf diese beschränken und nicht unter so dermaßen viel Ballast kehren. Der Großteil von dem, was Dawkins sagt, ist nicht zu gebrauchen. Es ist nicht nur schwierig, zwischen den reißerischen Formulieren wie „Der Glaube ist eines der großen Übel der Welt, vergleichbar dem Pockenvirus, aber schwerer auszurotten.“ und "Ich halte Religion für eine Form mentalen Kindesmissbrauchs." sich wirklich auf Dawkins einzulassen, sondern auch nicht leicht, in diesem Meer von rhetorischen Reisseren tatsächliche Argumente gegen den Glauben zu finden – gerade auch deshalb weil Dawkins als Redner ja nicht primär von den Argumenten an sich lebt.

Die ganzen Anekdoten, die er über den religiösen Wahn vom Stapel lässt, sind ja nicht erfunden. Das meiste von dem ist absolut nicht zu akzeptieren, da muss ich ihm Recht geben. Aber seine Art, diese vorzutragen, ist mehr als nur heikel:
"S: Muss man die Sprüche solcher Extremisten wirklich ernst nehmen?"
D: "Die Frage gehört genau anders herum gestellt. Ich verstehe nicht, warum die Leute Milde walten lassen, wenn Gläubige so etwas von sich geben. In Ohio erlaubte ein Gericht einem Jugendlichen, in der Schule mit einem T-Shirt herumzulaufen, auf dem stand: "Homosexualität ist eine Sünde, Islam ist eine Lüge, Abtreibung ist Mord". Und warum? Weil das Teil seines Glaubens sei." (Spiegel 31/2007)
[/i]
Was tut Dawkins hier? Schlüssig ist das nicht. Es ist natürlich ein Unding, wenn so eine Unverschämtheit passiert, wie bei diesem T-Shirt. Die meisten Gläubigen würden selbstverständlich so einen Akt streng ablehnen. Und es ist ein Unding, was die rechtliche Situation da zulässt, der Junge dürfte wohl auch ein Hakenkreuz auf seiner Lunchbox haben. Klar. Aber das Argument sagt nix. Auf den Vorwurf (der nicht von irgendwem, sondern sogar noch vom Spiegel kommt), der in die Richtung geht, Dawkins würde sich vielleicht auf zu unrepräsentative Extremisten konzentrieren (wo ich dieser Zeitung ausnahmsweise mal total Recht geben muss), wird nicht auf argumentativer Ebene eingegangen, sondern der Glaube wird durch ein Einzelbeispiel, auf das genau das gleiche Argument trifft, an sich sofort angegriffen. Dies erfolgt auf emotionaler Ebene, der Unmut wird übertragen. Ich meine, das ist nicht nur nicht schlüssig und nicht sachlich, es ist kein Argument, sondern grenzt schon Hetzpropaganda unterster Schublade. Und Dawkins zieht das das komplette Interview voll durch.

Er verfehlt die Adressaten, an die diese Kritik eigentlich gehen sollte. Denn diejenigen, auf die diese Argumente zutreffen, wie besagter Junge, kommen eh aus einer Szene, in dem man nicht zweifeln darf und Angst hat, sowas zu gucken. Das heißt, die werden leider nicht erreicht und können auch auf diesem Weg nicht erreicht werden.
Die andere Liga der Gläubigen, die prinzipiell bereit ist, sich mit Dawkins zu beschäftigen, wird permanent beleidigt, ihr werden Unterstellungen übelster Art gemacht, und sie fühlt sich in eine Schublade geschoben, von der sie sich distanziert. Ich finde es schon eine lobenswerte Sache, das schon so viele aus der christlichen Szene überhaupt seine Bücher gelesen haben - auch wenn dies sich wohl ausschließlich auf die intellektuelle Liga der Christen beschränkt. Ich denke schon, dass man Verständnis dafür entgegen bringen sollte, wenn sich nicht jeder derart intensiv mit Dawkins’ Argumenten beschäftigt. Wenn ein Großteil der Argumente eben derart verletzend und sein Argumentationsstil wahrheitsverdrehend und hetzerisch ist, dann ist das eben nicht so einfach und bringt auch nichts.

Wenn das Ziel von Dawkins wirklich ist, Gläubige herauszufordern, geht er extrem ungeschickt vor. Er könnte seine Argumente dann auch sachlicher vortragen und 90% einfach weglassen. Und dazu müsste er auch durchaus in der Lage sein. Ich vermute, dass es Dawkins aber eher darum geht, eine bestimmte Form von Atheisten zu stärken und zu bestätigen, als eine kritische Beschäftigung mit seinen Argumenten hervorzurufen.


Kruttan hat geschrieben:
DasJanKruttan hat geschrieben:Genau, und das ist auch das tolle an der Wissenschaft. Wie lange hat die Kirche gebraucht, um endlich einzugestehen, dass die Erde rund ist und nicht der Mittelpunkt des Universums?
Naja, aber wie lange brauchen Religionsgegner noch, dieses Argument nicht zu einer generellen Religionskritik verwenden?
Solange die Kirche derart ignorant auf Entwicklungen in der Restwelt reagiert, ist das eben Anlass zur Kritik.

[...]

Zum anderen denke ich schon, dass Galilei ein gutes Beispiel dafür ist, wie (Irr-)Glauben dazu in der Lage ist, Irrationalität und Dogmen über die Erkenntnis zu stellen. Das muss nicht passsieren - wie du sagst gab es auch damals gläubige Richtungen die Galilei unterstützt haben und auch heute sind nicht alle so stur wie der Papst - aber es kann passieren.
Es ist aber dann ein Argument gegen den Irr-Glauben, gegen fromme Raserei, Fundamentalismus, Bigotterie etc. und nicht gegen die gesamte Kirche und die Religion.
Der Trugschluss vieler bei deinem Argument ist ja, dass die Kirche die Religion und Galilei bei diesem Beispiel die Wissenschaft repräsentiert, und zumindest im Post vorher kam das für mich so rüber. Der Irr-Glaube war aber auch bei den Wissenschaftlern der damaligen Zeit vorhanden. Es ist kein Argument dafür, wie toll doch Wissenschaft im Gegensatz zu Religion ist – oder wie engstirnig die Religion ist. Engstirnigkeit liegt in der Natur des Menschen und ist nicht auf seine Religion gegründet. Seine Gräueltaten laufen allerdings in die Gefahr, schlimmer zu werden, wenn sie zusätzlich noch ideologisch oder religiös aufgeladen werden. Wobei die Kirche noch viel schlimmeres angerichtet als damals bei Galilei. In deiner jetzigen Interpretation ist das Beispiel aber auch auf den Stalinismus, den Sozialdarwinismus oder die Bildzeitung übertragbar, die allesamt nicht viel mit Religion am Hut haben.
Bitte kritisiere den jeweiligen Vertreter doch einfach. Kritisiere evangelikale Fundamentalisten und den abergläubischen Zweig innerhalb der Katholiken, kritisiere den Papst oder den jeweiligen Pastor, wenn er Mist vom Stapel lässt, statt der gesamten religiösen Szene. Einfach dort ein wenig präziser sein und nicht den Dawkins machen ;)

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Nur eine Kleinigkeit noch, bitte nicht übel nehmen:
Deswegen hat er für mich nichts mit Evangelikalen zu tun.
Warum schreibst du „Evangelikale“ statt „evangelikale Fundamentalisten“? Ich würde mich zwar nicht als "evangelikal" bezeichnen, aber mich würde das schon mal interessieren...
Zuletzt geändert von Kruttan am 23.06.2008, 19:28, insgesamt 1-mal geändert.
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