Edna bricht aus

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stans_gebrauchtwaren
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Edna bricht aus

Beitrag von stans_gebrauchtwaren »

Edna bricht aus - und viele Spieler scheinen in Begeisterung auszubrechen ob der Qualität des Spiels. Ohne gleich mein Fazit vorwegnehmen zu wollen - ich bin größtenteils ebenfalls sehr zufrieden mit dem Spiel, ein paar kleine Schwächen sollte man jedoch nicht außer Acht lassen.

Kommen wir zunächst zur Story - ich war zunächst begeistert. Eine mysteriöse Geschichte, die die sympathische Hauptdarstellerin Edna in ein Irrenhaus verschlägt, in welchem sie nach und nach ihre Erinnerung zurückzufinden sucht. Schnell erkennt sie, dass ihrem Vater wohl ein Mord angehängt wurde und er dafür die Todesstrafe erhielt (komisch, dass alle im Sanatorium "deutsche" Namen zu tragen scheinen - die Todesstrafe gibt es hier doch schon sehr lange Zeit nicht mehr...) Edna will also dem Irrenhaus entkommen und die Geschichte zurechtbiegen. Das macht auch bis kurz vor Ende des Spiels wirklich viel Spaß - bis man feststellt, dass ACHTUNG SPOILER man auf dem Weg dorthin zwei Menschen umbringen wird und außerdem selbst die ganze Zeit eine Mörderin (wenn auch im kindlichen Affekt, wie sie meint) gespielt hat. Um ehrlich zu sein war ich von einer Geschichte seit Monkey Island 2 nicht mehr so gefesselt - um dann noch brutaler als im LucasArts Klassiker am Schluss zu denken "bitte was?!?". Aber das ist sicherlich Geschmackssache, für mich verliert das Spiel hier aber gegenüber manchem Konkurrenzprodukt.

Die Rätsel sind zu 99% sehr gut gelungen - das Spiel zeigt gerade im ersten Teil innerhalb der Anstalt einen ausgewogen ansteigenden Schwierigkeitsgrad, und da viele Storyfäden am Anfang parallel bearbeitet werden können, kommt eigentlich nie Langeweile auf. Der Schwierigkeitsgrad beginnt moderat, nach und nach hat man aber an einigen Rätseln schon sehr zu knabbern. Das "Bildschirm"-Rätsel mit dem Wärter hätte ich wohl ohne Komplettlösung so schnell wohl nicht geschafft. Aber schön abgedreht ist es allemal. Sowieso ist vieles einfach sehr sehr kreativ, und auch wenn sich am Schluss einige Rätsel sogar in ähnlicher Form wiederholen, ist das Rätseldesign über das ganze Spiel gesehen wohl das beste, dass ich in den letzten Jahren spielen durfte. Die Einführung von kleinen Reisen in die Vergangenheit, in denen man auch Ednas sprechendes Stofftier Havey steuern darf und in denen dieser Gegenstände "erinnert" und Edna darauf anspricht, sind eine großartige neue Idee, die gern noch öfter hätte eingesetzt werden können.

Die Sprachausgabe ist der zweite Punkt, bei dem Edna richtig punkten kann. Jede Aktion, und sei sie noch so unsinnig, wird individuell kommentiert - so macht auch Scheitern Spaß. Zumindest, bis man alles mit allem einmal verwendet hat. Jedenfalls habe ich mich ein paar Mal dabei erwischt, wie ich Sachen mehrfach ausprobiert habe, weil die Kommentare Ednas oder ihres Hasen Harvey so lustig waren. Soundeffekte werden spärlich eingesetzt, sie haben mir aber nicht gefehlt, und die Musik war stimmig bis stellenweise sehr unterhaltend. Keine Abzüge in dieser Kategorie.

Über die Grafik lässt sich sicher streiten, in ihren 800x600 Pixeln lässt sie aber Hotspots schön zur Geltung kommen. Ein paar Animationen mehr hätten sicher nichts geschadet, diese Tatsache nimmt das Spiel aber auch gekonnt selbst auf die Schippe. Was mir ein wenig unverständlich ist, sind die doch sehr hohen Ladezeiten - wieso braucht es etwa zwei Sekunden, bis ein neuer Raum betreten wird? Ich hoffe, dass es an den Sprachsamples liegt, die vorbereitet werden müssen, die Grafik sollte dafür eigentlich nicht verantwortlich zeichnen. Dafür kann man aber etwas tun, was ich mir schon bei vielen Spielen gewünscht hätte - das "sinnlose" Manipulieren von Objekten. Edna zerkratzt oder beschreibt mit ihrem Kugelschreiber vieles, ohne dass es einen Einfluss auf das Spiel haben muss. Sogar Kaugummis kann man an Parkschilder kleben. Toll. Deshalb auch nur leichte Abzüge bei der Grafikpunktzahl.

Die Steuerung ist sehr gelungen - vier Interaktionsmöglichkeiten (Ansehen, Nehmen, Reden, Benutzen) mit allen Objekten reichen für eine Vielfalt an Aktionen aus. Das Inventar füllt sich innerhalb der Irrenanstalt sehr, bleibt aber sehr bedienerfreundlich - auch wenn die Rätsel dadurch natürlich schwieriger werden. Zu kritisieren sind die Speicher- und Ladezeiten, die bei mir etwa 25 Sekunden betrugen, und auch, dass es nur 9 Speicherslots gibt, ist mir ein wenig negativ aufgefallen. Das sind aber nur Kleinigkeiten.

Zusammenfassend bleibt für mich ein Adventure, bei dessen Durchspielen ich so viel Rätselspaß hatte wie seit langem nicht mehr, dessen Atmosphäre mich lange mitgerissen hat, um mich am Ende mit der Auflösung doch ein wenig zu enttäuschen. Wer davon nicht abgeschreckt wird, findet ein Spiel vor, dass mit viel Liebe zum Genre programmiert wurde und bei dem man auch beim zweiten Durchspielen sicher noch Unerwartetes entdeckt.

Fazit:

Story: 12/20
Grafik: 17/20
Sound/Musik: 20/20
Steuerung: 18/20
Rätsel: 18/20

GESAMT: 85/100
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Stoney
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Re: Edna bricht aus

Beitrag von Stoney »

Spät aber doch habe ich mir das so hochgelobte Retro Adventure “Edna Bricht Aus” gekauft und angespielt. Mit diesem Beitrag möchte ich euch einen kurzen aber dennoch prägnanten Überblick über meinen Ersteindruck geben:

Das Spiel

Edna ist ein Point&Click Adventure wie es reinrassiger nicht sein könnte. Schon die Spielepackung und die Farbwahl (Grün/Lila) erinnert Kenner natürlich an jene von “Day Of The Tentacle”. Der Titel “Edna bricht aus” ist, wie könnte es auch anders sein, ein Wortspiel und als Anlehnung an den berühmten Vulkan gedacht.
Edna, das ist die Protagonistin die ihr durch die handgezeichneten Bildschirme lotst. Diese nämlich wacht, ihrer Erinnerung beraubt, in einer Gummizelle auf. Was ist passiert? Warum steckte man sie in die Klapse? Schließlich ist Edna davon überzeugt ganz und gar nicht verrückt zu sein, was ihr auch ihr Stoffhase Harvey bestätigt.

Ihr imaginärer Freund, der Stoffhase Harvey, hat neben bissigen Kommentaren auch das sog. “Tempomorphen” drauf. Er kann Edna dazu bringen einen Teil ihrer Vergangenheit erneut zu erleben, was sie in die Lage versetzt sich an früher erlernte Dinge zu erinnern. Ganz zu Beginn des Spiels kommt diese Fähigkeit bereits zum Einsatz wenn es darum geht auf welchem, zugegeben nicht sehr hygienischem Wege, Edna Schrauben ohne Werkzeug lösen kann. Dabei bleibt der Humor stets über der Gürtellinie und rutscht auch nie auf deutsches Holzhammerniveau ab. Das Spiel bietet sogar einen melancholischen und düsteren Unterton, welcher sich im Laufe des Spiels verdichtet.

Mit “Edna” kann man sogar eine kleine Neuerung im Adventure Genre vermelden: Zum ersten Mal kann man in einem Spiel wirklich alles mit jedem kombinieren und erhält anstatt einem lapidarem “Das geht so nicht” oder “Nein” wirklich auf jede Kombination einen meist satirischen Kommentar, welcher nicht selten ein Hinweis auf die Lösung ist. Man sollte vorallem Harvey mit div. Gegenständen benutzen, was immer wieder für Lacher sorgt. Ganz getreu dem irren Szenario kann man in diesem Spiel sogar mit Gegenständen sprechen. Bei einem Monolog mit einem Gegenstand stellt sich Edna dann in ihrer Phantasie vor was selbiger antworten könnte. Das Ganze ist ziemlich abgedreht, das habt ihr so bestimmt noch nicht gesehen.

Die Grafik

Die Grafik basiert auf schlicht gezeichneten Hintergründen, welche auf den ersten Blick wie Kinderzeichnungen anmuten.

Nun, auch wenn viele Kritiker darüber nörgeln, so ist dieser Look durchaus gewollt. Im ganzen Spiel begegnet ihr schrägen und durchgeknallten Charakteren wie Herrn Mantel, der sich für einen Gehrock hält, dem im Wiener Akzent sprechenden Bienenmann der mit Wachsstiften malt, oder Juppi Jupsen, dem Börsenspekulant welcher neben seinen Aktien auch seinen Verstand verlor. Die Optik fügt sich also nahtlos in das durchgeknallte Geschehen ein.

In diesem Spiel erlebt die damals bei Lucas Arts Adventures so berühmt gewordene, heutzutage allerdings in Vergessenheit geratene, Verbenleiste eine Renaissance. Mittels “Rede Mit” “Benutze” “Nimm” “Sieh an” navigiert ihr euch durch das Geschehen. Die Packung bewirbt das Spiel als “umfangreich”. So soll es über “120 Räume” zu erkunden geben. Rechnet schonmal gut 15 Stunden Spielzeit ein, denn anders als bei vielen anderen Genrekollegen nimmt “Edna bricht aus” den Spieler nicht an der Hand. Sind die Rätsel anfangs noch relativ einfach, so erhöht sich der Schwierigkeitsgrad mit zunehmendem Fortschritt im Spiel.

Die Rätsel

In “Edna Bricht aus” löst ihr schräge Kombinationsrätsel ganz im Stil der alten Lucas Arts Adventures. Wer daran denkt eine Fliege mit Ohrenschmalz zu kombinieren um ein in Bernstein eingelassenes Fossil zu erhalten, der ist hier richtig. Auch wenn die Rätsel zu Beginn des Spiels noch relativ simpel sind - um die Ecke denken müsst ihr auch schon hier. Später im Spiel könnt ihr euch, mehr oder weniger, entscheiden welches der Rätsel ihr zuerst anpackt. Immer ist dies aber nicht möglich, denn es kommt vor dass euch ein zur Lösung essentieller Gegenstand fehlt. Hier gibt “Edna bricht aus” zumeist keine Hilfestellung.

Der Kopierschutz

Für viele Hersteller ist er obligat, der Kopierschutz. Nicht so für Daedalic, den Köpfen hinter “Edna bricht aus”. Bereits im Vorfeld wurde das Spiel damit beworben ohne jeglichen Kopierschutz auszukommen. Ich gebs zu, ich gehe sehr penibel mit meinen Sachen um. Da ich Adventures in der Regel nicht verkaufe, lege ich auch großen Wert darauf alles in neuwertigem Zustand zu halten. Das Konzept bei “Edna” kommt hiefür wie gelegen: Spiel installieren, die DVD zurück in die Packung und fertig. Für mich war dies einer der Gründe dieses Spiel zu kaufen, da ich dieses Vertrauen belohnen möchte. Das solltet ihr auch, wenn ihr nach Anspielen der Demo Gefallen an dem Spiel findet.

Die Bugs und andere Ungereimtheiten

Leider hat das tolle Feature alles mit jedem kombinieren zu können auch Nachteile. So birgt es vorallem ein großes Fehlerpotential, was sich bei “Edna bricht aus” in mehreren Skriptfehlern äußert. Bislang habe ich zwei Kombinationen gefunden welche das Spiel zurück auf den Desktop werfen. Neben einigen Logikfehlern werden teilweise Textzeilen nicht, oder nicht korrekt vorgelesen. Aber keine Angst, an einem Patch für all diese Probleme wird gearbeitet.

Die Engine von “Edna bricht aus” basiert auf Java, was man mit einem weinenden und einem lachenden Auge sehen kann. Auf der einen Seite ist durch die Umsetzung des Spiels in Java eine Portabilität zu anderen Plattformen gewährleistet, so kann Edna auch auf Linux oder dem Mac gespielt werden. Auf der anderen Seite ist Java etwas träge, was sich in diesem Spiel in Form von langen Verzögerungen beim Raumwechsel und an den langen Lade- und Speicherzeiten äußert.

Fazit

Der größte Kritikpunkt für Nörgler, die Grafik, ist die eigentliche Stärke des Spiels. Dieser Stil passt wie die Faust aufs Auge für dieses Szenario.

Was die Sprachausgabe betrifft so bewegt sich diese ebenso, bis auf einige Patzer, konstant auf hohem Niveau. Die Musik schwankt zwischen jazzigen und klassischen Stücken. Hinzu kommt noch dass das Spiel völlig ohne gängelnden Kopierschutz auskommt. Der Passus auf der Packung lautet zwar: “Von den Leuten die Monkey Island gut fanden” allerdings würde ich persönlich Edna eher mit “Day Of The Tentacle” bzw. Maniac Mansion vergleichen.

+ Nicht nur dass Edna optisch an alte Adventures erinnert, selbst die Rätsel sind oft in bester Lucas Arts Manier.
+ Wirklich alles mit jedem kombinieren zu können ist eine spassige Neuerung im Genre
+ Kein Kopierschutz
+ Auf mehreren Plattformen spielbar
+ Großteils gute Vertonung
+ Sympathische Vermarktungskampagne

- Etwas längere Lade- und Speicherzeiten (Wird wohl an Java liegen?)
- Einige Skriptfehler welche in zwei Fällen in einem Komplettabsturz resultierten
- Einige Logikfehler
- Die Lautstärke der Sprachausgabe variiert manchmal sehr stark

Insgesamt kann ich jedem Genreinteressierten eine Kaufempfehlung aussprechen. Auf eine Punktebewertung verzichte ich an dieser Stelle.
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