Nach dem Amoklauf in Winnenden wurde schon in der ersten Pressekonferenz auf die Suche nach bösen Computerspielen und böser Musik hingewiesen. Eben kam im Radio, dass der Junge tatsächlich täglich am PC geballert hat und wir können uns sicher wieder auf die bekannte Killerspiel-Diskussion einstellen.
Ich bin es langsam leid. Computerspiele machen wahnsinnig, das Internet wird nur von Kriminellen und Psychopathen genutzt und Handys machen das Gehirn weich...
![Rolling Eyes :roll:](/phpbb/images/smilies/icon_rolleyes.gif)
Mit Jugendlichen ist ein Gespräch über das Wetter schon wie ein Sprint durchs Minenfeld. Wenn jemand dann auch noch geärgert, gehänselt, ignoriert, beleidigt oder geschlagen wird, kann die Pubertierendenseele enormen Schaden nehmen.
Ich empfinde tiefstes Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige und natürlich verurteile ich, was Tim Kretschmar getan hat. Aber ich kann mich des Mitleids für den Jungen einfach nicht erwehren. Ich frage mich in solchen Fällen immer, was alles passieren musste, dass ein 17-Jähriger keinen anderen Weg mehr sieht als sich und andere in den Tod zu reißen.
Der Junge saß doch nicht vorm PC, hat Counterstrike gespielt und sich gedacht, das versucht er in seiner ehemaligen Schule auch mal. Ein PC-Spiel stiftet nicht zum mehrfachen Mord an. Was ist denn passiert, das ihm so die Perspektive geraubt hat?
Und in welcher Form war die Gesellschaft für seinen offensichtlich depressiven Gemütszustand verantwortlich?
Hätten Lehrer, Schüler, Eltern irgendetwas tun können? Vielleicht hätte das Mobbing des Jungen verhindert werden können. Irgendwer hätte sich seiner annehmen und ihm ein Freund sein können. Vielleicht wäre seine Verzweiflung dann nicht so enorm geworden?
Ich kenne das noch aus meiner Schulzeit, dass man immer wieder mit Versagensängsten konfrontiert wurde. Auf unserem Gymnasium wurden wir extrem auf Erfolg getrimmt und jedes Versagen wurde von den Lehrern abfällig und arrogant kommentiert. Vielleicht habe ich deshalb die Schule gewechselt, weil ich mir nicht einreden lassen wollte etwas besseres zu sein und es eben auch beweisen zu müssen... Andere sind an dem Druck zerbrochen und man bedenke, dass es sich um Kinder handelt, die nicht mal 16 Jahre alt waren!
Ich musste gestern auch an unseren Prügelknaben denken. Auf jeder Schule scheint es einen zu geben, der leiden muss. Der geärgert, regelrecht misshandelt wird und jeder - auch die Lehrer - sehen darüber hinweg. Mir ging durch den Kopf, dass jeder Prügelknabe, jeder Außenseiter ein potentieller Amokläufer ist und ich habe mich gefragt wie man eine Eskalation verhindern kann.
Wir sind doch alle gefragt, nicht nur die Computerspieleindustrie!
Ich denke, nur wir sind in der Lage eine Tragödie dieses Ausmaßes zu verhindern, indem wir hinsschauen und reagieren. Auch in Firmen gibt es Mitarbeiter auf denen regelmäßig rumgehackt wird. Dann sollte man Partei ergreifen und nicht noch mitmachen.
Ich betone noch mal, dass ich die Tat nicht gutheiße. Mein Freund ist selber Polizist in Waiblingen und wäre er diese Woche nicht zufällig in Bremen, hätte er gestern auch ausrücken und einen bewaffneten, mehrfachen Mörder verfolgen müssen. Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um.
Aber ich denke verschärfte Gesetze können in solchen Fällen nicht wirklich viel ausrichten, sondern es ist an uns - der Gesellschaft - präventiv etwas gegen solche Tragödien zu tun.
Vielleicht konnte ich Euch ja zum Nachdenken bringen, dann hätte das Gedippe schon etwas gebracht.