Stuttgart 21

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King Mango
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von King Mango »

Simon hat geschrieben:Schade, der Schlichterspruch hat keine Überraschung gebracht. Zusätzlich könnte er jetzt noch Grund für zusätzliche Kosten werden, durch die zusätzlich geforderten Röhren.
So schön ein klares Bekenntnis für K21 oder einen Volksentscheid für uns S21-Gegner auch gewesen wäre, denke ich dennoch, dass Heiner Geißler im Hinblick auf den Nutzen des Projekts für die Bürger das Sinnvollste getan hat. Die Regierung hatte von vornherein klar gestellt, dass man sich dem Spruch des Schlichters nur beugen würde, wenn dieser keinen Baustopp verlangt. Damit wäre eine Entscheidung zu unseren Gunsten zwar ein schöner Motivationsschub gewesen, die Bahn hätte aber, zumindest bis zu den kommenden Landtagswahlen, weiter an S21 geschraubt und fleißig alle aufgeflogenen Unzulänglichkeiten eingebaut. So kann man nun immerhin hoffen, dass, selbst wenn das Projekt nicht gestoppt und im Endeffekt teurer werden sollte, dank Geißlers Kritikpunkten am Ende wenigstens was Brauchbares bei rauskommt.


@Grappa: Ich kann deinen Standpunkt an sich gut nachvollziehen. Dennoch könnte man dagegen argumentieren, dass der Willkür des Volkes durch das Grundgesetz gewisse Grenzen gesetzt werden könnten (etwa Religionsfreiheit beim Minarettverbot oder die Abschaffung der Todesstrafe). Außerdem kann man sich bei so mancher Entscheidung der gewählten Volksvertreter auch fragen, ob da nicht das Wohl des eigenen Geldbeutels den Sachverstand überstimmt hat. Oder der eigene Größenwahn. Man denke etwa an die Filz-Vorwürfe bei S21 oder solche politischen Großtaten wie die Loveparade dieses Jahr. Was sich die Politik beim JMStV gedacht hat, will ich auch nicht wissen. Oder wenn mal wieder ein gewählter Volksvertreter seine völlig persönliche Interpretation von Grundrechten zum Besten gibt.

Man sollte sicherlich nicht sämtliche Entscheidungen in Volksabstimmungen treffen, aber ich denke, dass man nicht so eindeutig sagen kann, dass die repräsentative Demokratie "besser" ist als die Direkte. Für Fälle wie dein Simpsons-Beispiel haben wir ja unabhängige Gerichte. ;)
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Simon
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Simon »

Meine Aussage ist nicht ganz wörtlich zu nehmen. Dass Geissler nicht sagen kann: "Baut den alten Bahnhof wieder auf!" ist klar. Ich hätte es einfach spannend gefunden, wenn er etwas unerwartetes gesagt hätte, aber das war wohl auch nicht Sinn der Sache.

Zu Grappa:
Einen Wahlzwang erachte ich nicht als so sinnvoll, es besteht die Gefahr, dass manche Leute dann aus Jux wählen, bzw. trotzig ihre Stimme verantwortungslos vergeben. Volksentscheide erachte ich ebenfalls als sinnlos. Eigentlich denke ich nicht, dass an unserem System der Demokratie momentan etwas stark geändert werden müsste, ich denke, dass sich die Politiker ändern und dem Volk wieder annähern müssen. Die Proteste zeigen meiner Meinung nach, dass das Volk unzufrieden mit den Entscheidungen ist. Entweder weil die Entscheidungen nicht transparent genug sind/nicht genug erklärt werden, oder tatsächlich zu sehr aus einem Klüngel und Parteigeschacher heraus entstehen. (Zugegeben, die Unterscheidung ist nicht ganz deutlich und wohl auch nicht vollständig.) Wenn das Volk aber stärker eingebunden wird und Entscheidungen besser nachvollziehen kann, dann wird es auch zufriedener sein und weniger Grund zu extremen Protesten haben.
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King Mango
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von King Mango »

http://stuttgarter-zeitung.de/stz/page/ ... -sich.html

Drei Wirtschaftsprüfer sollten für die Schlichtungsgespräche einen Bericht über die Finanzierung von S21 anfertigen und haben hierfür Einsicht in vertrauliche Bahn-Unterlagen erhalten.

Der Bericht liegt nun vor und bestätigt die Vermutung, dass die Bahn die Kosten geschönt hat, um das Projekt an den demokratischen Gremien vorbei zu bekommen. So lagen die realen Kosten schon lange über den offiziellen Angaben, im Juli letzten Jahres wurden erstere sogar bereits auf knapp über 5 Mrd. EUR beziffert - wobei Bahnchef Grube immer gesagt hatte, bei Kosten jenseits der 4 Mrd EUR den Stecker zu ziehen. Führende Persönlichkeiten der Politik (SPD und CDU), die sich für S21 stark gemacht hatten, beteuern nun, nichts von den realen Zahlen gewusst zu haben. Damit dürfte diese Floskel von der "demokratischen Legitimation" des Projekts, ähnlich wie ein paar Monate zuvor die angebliche rechtliche "Unumkehrbarkeit" des ganzen Dramas, endlich vom Tisch sein.
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Sven
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Sven »

@King Mango
War ja logisch! Das wird noch auf 20 Mrd (?) oder so hochgehen...

DB... Dass ich auf die angewießen bin... :roll:
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King Mango
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von King Mango »

Ja, überrascht hat es mich auch nicht. Aber es ist doch immer wieder interessant, wie häufig solche Vermutungen im Hinblick auf unsaubere Machenschaften der Bahn, die ja letzten Endes auch einfach nur Paranoia und Stimmungsmache von Seiten der Demonstranten sein könnten, am Ende doch von harten Fakten bestätigt werden. Gerade dieser Punkt, dass die Bahn schon lange mit falschen Zahlen hantiert, den der Stern noch während der Schlichtungsgespräche aufgedeckt hatte, war in der Schlichtungsrunde mit den Worten: "Das waren eigentlich DM-Beträge, die aus Versehen als EUR-Beträge angegeben worden sind" abgeschmettert worden. Schlichter Heiner Geißler hat damals die Auführungen der Bahn einfach geglaubt und keinen Widerspruch von Seiten der Projektgegner zugelassen. Würde mich schon interessieren, was der Knabe jetzt zu diesem Thema sagen würde.
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Sven
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Sven »

King Mango hat geschrieben:"Das waren eigentlich DM-Beträge, die aus Versehen als EUR-Beträge angegeben worden sind"
Billige Ausrede!!
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realchris
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von realchris »

zahlreiche Berater und Fachleute im Hintergrund
von machen auch spöttisch "Lobby" genannt.

Aber davon abgesehen. Du sagtest, dass sich das System Demokratie bewährt hat. Es gibt verschiedene Demokratieformen. Unseres läuft erst ca. 60 Jahre und dafür ist das Modell aber in den letzten 10 Jahren ganz schön ins Wanken geraten. Das Problem in dem wir uns befinden hat schon Aristoteles gekannt. Streng genommen haben wir keine Demokratie in Deutschland. Das Wort indirekt suggeriert dies nur. In der Praxis und auch normativ haben wir eine Herrschaft von wenigen. Das wäre die Politik, die Medien, Gewerkschaften, NGO`s und entsprechende Lobbys. Wenn Du in der Agora Deine Stimme zu etwas gegeben hast, hatte diese echte Auswirkungen auf Entscheidungen. Es gibt keinen Grund (Das NS-Regime zählt für mich nicht) warum eine Bevölkerung nicht wichtige, insbesondere finanzielle Entscheidungen, selbst bestimmen soll. Im politischen Feld geht es in erster Linie um den erhalt von Macht und das ist auch das Problem. Um die Macht zu erhalten werden Versprechungen gemacht, Wahrheiten nur in Fachsprache geäußert oder schlicht verschwiegen. Mit Deiner Stimme gibst Du bei der Wahl das Schicksal des Landes in wenige Hände, die dann noch in diversen Ausichtsräten sitzen und Partikularinteressen vetreten. Ich finde einen Versuch mit mehr direkter Entscheidung darf gerne gewagt werden. in der Schweiz funktioniert es hervorragend.
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ark4869
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von ark4869 »

Na also, geht doch =D> =D> =D>
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BENDET
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von BENDET »

Völlig abgesehen von realchris Exkurs über tatsächliche Demokratie, welche neumodisch als direkte Demokratie bezeichnet wird, funktioniert das ins unserer Gesellschaft aber leider nicht, da dann die Medien die Entscheidungen fällen, auch wenn jeder einzelne das Kreuzchen macht.
Viele Themen sind einfach viel zu kompliziert, als dass sie ein einzelner wirklich und vollständig durchblicken kann. Sobald man etwas nicht durchblicken kann ist man auf das Urteil anderer angewiesen. Und genau hier setzen dann die Medien an, um ihre Meinung (die Meinung des Chefredakteurs, des Hauptwerbebeauftragers, des lukrativsten Lobbyisten, ...) zu vermitteln.
80 %(Zahl aus der Luft, ich vermute sie ist sogar höher) der Bevölkerung werden diese "fachmännischen (oder fraulich, mir egal) Urteil" glauben schenken.

Und wenn das nicht funktioniert, baut man ein Schreckensszenario auf. Das Spiel mit Ängsten funktioniert immer.
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Simon
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Simon »

ark4869 hat geschrieben:Na also, geht doch =D> =D> =D>
Was ich interessant finde: Laut ARD (tagesschau.de) existiert inzwischen eine Mehrheit für Stuttgart 21. Ich bin gespannt, ob und wie sich die ganze Geschichte aufdröseln wird…
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ark4869
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von ark4869 »

Genau, das wird spannend, das mal mit anderer "Regierung" sehen zu können. Aber gut, am meisten hat Japan mit reingespielt und wohlnicht mehr Stuttgart 21.
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von realchris »

"funktioniert das ins unserer Gesellschaft aber leider nicht, da dann die Medien die Entscheidungen fällen, auch wenn jeder einzelne das Kreuzchen macht."
Das ist jetzt aber ganz genauso. Der Großteil der Bevölkerung ist bezogen auf das Allgemeine schlicht dumm. Der Bäcker weiß nur wie er seinen Teig kneten muss, um gute Brötchen zu backen. Darüber hinaus hat er keine Ahnung und glaubt einfach demjenigen der schöner aussieht und besser reden kann (wie Guttenberg) oder demjenigen, dem seine Nachbarn glauben, die auf ähnliche Weise ihre Meinung entwickeln. Das Problem haben wir jetzt auch und das wird nicht größer durch mehr direkte Beteiligung. Der Unterschied ist schlicht eine größere Legitimation bei den Betroffenen. Etwas, woran ich selbst mitbeteiligt war, kann ich im Ergebnis eher akzeptieren als wenn eine Herrschaft der Wenigen macht, was sie und die Industrie will. Der Staat ist nicht da, um einer Minderheit die Möglichkeit zu geben uns zu bevormunden. DEr Staat ist unser aller Angestellter und wir sind der Souverän.
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Sven
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Sven »

realchris hat geschrieben:Der Bäcker weiß nur wie er seinen Teig kneten muss, um gute Brötchen zu backen. Darüber hinaus hat er keine Ahnung und glaubt einfach demjenigen der schöner aussieht und besser reden kann (wie Guttenberg) oder demjenigen, dem seine Nachbarn glauben, die auf ähnliche Weise ihre Meinung entwickeln.
Das stimmt vllt zum Teil, aber ich muss dir dennoch wiedersprechen!
Das wäre, wie wenn ich jetzt behaupten würde Ein Jurastudent hat keine Ahnung vom wahren Leben. (Obwohl das ja auf einige Politiker zutrifft. Unlogisch. "Bio"-sprit) :roll:
Praktische Menschen sind so und die anderen sind so. Ist aber einfach so!

Zum Thema: Meine Meinung kennt man ja... S21 hat nix mit Politik zu tun.
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von realchris »

Ein Jurastudent hat keine Ahnung vom wahren Leben
Die Studenten sind heute dank Studiengebühren häufig dazu gezwungen beide Spähren zu leben. Aber sicherlich trifft das auf eine Menge Studenten ohne Arbeitserfahrung zu. Ich wollte noch relativieren. Es gibt auch gebildete Bäcker. Das sollte nur eine Vereinfachung sein.
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Sven
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Re: Stuttgart 21

Beitrag von Sven »

@realchris
Wo du gerade von Allgemein sprachst. Der Beitrag hörte sich auch irgendwie so an.

Wir haben auch eine Studentinn, die als Fleischereifachverkäuferin arbeitet. Ja, was selbst wir nicht ganz verstehen.
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