Nun, es ist tatsächlich geschehen: ich bekomme "Harveys Neue Augen" nicht zuende gespielt.
Die Abstürze häuften sich während des Rollenspiels dermaßen katastrophal, dass ein Abschluss aller Filmsequenzen
nicht mehr stattfinden konnte. Im Task-Manager konnte man beobachten, dass ab ca.1,38 GB kein Weiterspielen mehr möglich war. Harvey belegte davon ungefähr 1,1 GB. Ich habe mich zwar noch bis
"vorgearbeitet" (das immer wieder neue Hochfahren und Aufrufen des Spiels dauerten ca. zwei Stunden, jedesmal ging es zwar ein kleines Stückchen weiter voran, bis es dann trotz mehrerer Versuche nicht mehr weiterging), da aber die gesamte Kobold-Sequenz immer erneut abgespielt wurde, hatte ich dann keine Lust mehr. Speichern ging nicht zwischendurch.
Mein Fazit:
Es ist das bislang am schlechtesten programmierte Spiel, das ich je kennengelernt habe. Sorry. Die Ausrede, es handele sich - obwohl ein 2D-Spiel - um speicherfressende Texturen, kann ich nicht gelten lassen.
Warum nicht? Weil "Edna" problemlos funktioniert hat, und "The Whispered World" bis zum ersten Viertel auch (danach gingen die Würfel verloren und ich konnte deshalb nicht weiterspielen. Vielleicht wäre ein ähnliches Absturzproblem ja auch dort zunehmend aufgetreten, wer weiß?
edit: Anscheinend gibt es ähnliche Grafik-Probleme mit Dauerabstürzen auch dort schon, wie hier im Technik-Forum zu lesen ist, und zwar nicht wenige. Das kann kein Zufall sein, oder?). Solche Spiele wie "Phantastische Insel", "Reise zum Mittelpunkt der Welt" oder "Myst I-IV" funktionierten ebenfalls tadellos, trotz deutlich komplexerer Grafik und komplexerem Sound. Alle diese Spiele sind reine Point-and-Click-Spiele, z.T. mit umfangreichen eingebauten Movies. Also - es geht doch.
Ich war kurz auf dem Daedalic-Forum und habe dort gelesen, dass viele dasselbe Problem hatten, die meisten Betroffenen dort benutzten dabei häufig onboard-Grafik, die wohl Probleme mit der Shadow-Pufferung hatte. Ob das bei mir der Fall ist: keine Ahnung, ich hatte bisher niemals Probleme mit meiner Grafik und ich weiß auch nicht, ob da irgendwo was irgendwohin ausgelagert wird.
Es gibt tatsächlich einen Patch auf 1.1, der mir aber mit 142 MB zu groß zu runterladen ist. Außerdem soll er sowieso nicht unbedingt zwingend geholfen haben. Ich erspare mir das jetzt.
Zum Spiel: es hat fraglos seine Reize, kommt aber an Edna bei weitem nicht heran. Sicher ist es auch schwierig, ein kontinuierliches "cooles" Ulk-Niveau zu halten.
Die Stimmen waren wie immer gut ausgesucht und gesprochen. Ein wenig vermisste ich die "bescheuerten" Nebenhandlungen, die Edna noch ausführen konnte (z.B. das Bekritzeln der Wände), dadurch war Edna bei Leerläufen immer noch unterhaltend. In "Harvey" gab es nur die drei oder vier Hotspots pro Bild und man irrte oft lange sinnlos umher, klickte rum wie blöd. Das war - auch wegen der Abstürze - ungemein frustrierend.
Wie in fast allen Spiele dieser Art sind die naheliegendsten Lösungen nicht gewünscht und oft kam ich nur durch pure Rumprobiererei zum Ziel. Die Liste mit den Verboten war ein witziger Einfall, wäre aber wesentlich ausbaufähiger gewesen. Ich kann mich an keine Situation erinnern, wo ich logisch zwischen zwei oder mehr Verboten hätte wählen müssen - es war immer zu offensichtlich. Die Rätsel waren nach einiger Zeit gut durchsschaubar. Ich würde sie auf einem unteren mittleren Schwierigkeitsgrad einstufen: Man wusste schnell, was Lilli zum Weiterkommen brauchte, aber man kam nur mühsam zum ersehnten Objekt. Danach rollte die Reihe der Auflösungen dann sehr schnell, sobald das erste Puzzle richtig saß.
Ich hielt mich mit allzu rascher Abarbeitung der Lösungen aber zurück, weil ich nie wusste, ob ich durch die unendlichen Abstürze vielleicht doch ein Objekt oder einen Dialog übersehen hatte. Sobald eine Handlung die richtige Lösung ahnen ließ, war mir immer mulmig, weil das Spiel danach unweigerlich abschmierte. Ich habe immer mit einem Blick auf den Taskmanager geschielt: "na, reicht es noch für die nächste Szene?" Es ist sicher richtig, dass man das Spiel an einem Tag durchspielen könnte. Aber nur, wenn's ordentlich läuft. Ich fand die Kombinationsmöglichkeiten eher bescheiden; im großen und ganzen ein sehr lineares Spiel. Eigentlich ein reines "Kinder"spiel.
Da ich nun nicht weiß, wie es ausgeht, aber gehört habe,
, bereue ich das auch nicht. Ein Schachspiel hatte ich bis jetzt nicht dabei. Die Figur der Lilli war sicher nicht so durchgeknallt wie Edna, aber auch nicht so unsympathisch wie der flennende Clown in "Whispered World", der mich so gar nicht überzeugt hat. Lilli hat Potential für einen interessanten Game-Lebenslauf. Ihr fehlt dazu noch ein ausgeprägter Charakter, wie Edna ihn vorweisen konnte. Lilli besteht nur aus Reaktionen, das befriedigt auf Dauer nicht. Für ein kurzes Game ist es dann aber auch genug.
Ich glaube, ein Nachfolgespiel werde ich mir wohl nicht mehr kaufen (einen dritten Edna-Lilli-Aufguss brauche ich jetzt nicht, und ich hatte für Harvey noch den vollen Preis bezahlt), besonders weil mich die fehlende Stabilität total abgeschreckt hat. Soetwas finde ich für ein Spiel dieser Art absolut unprofessionell und vor allem völlig unnötig. So ein Spiel sollte auch auf Windows98 noch laufen können.
Vielleicht bekomme ich ja eine Antwort vom Support.
Damit schließe ich den Ordner "Harveys Neue Augen" für mich mit einem deprimierenden Beigeschmack und werde es demnächst von der Platte schmeißen.
Uncoolman