JPS hat geschrieben:Tex und Larry benutzen meines Wissens nach fertige Engines und Larry ist auch kein sonderlich grosses Spiel. Im Falle von Tex ist bekannt, dass sie selber 300k reinstecken wollen. Ausserdem haben schon Studios mit Produktionen unter einer Millionen in junger Vergangenheit eigene Engines entwickelt. Natürlich kosten Engines was, aber wieviel ist sehr variabel. Heute ist dies mit all der zu Verfügung stehenden Technologie auch einfacher als früher, wo man das komplette System von Grund auf neu entwickeln musste.
Ich bin immer wieder erstaunt über manche Budgetvorstellungen - aber vielleicht lebe ich einfach nur in einer anderen Entwicklerwelt, wo Budgets im 6-stelligen-Bereich schon zur absoluten Oberliga gehören und man den Schampus dafür köpft. Eine Million Entwicklungsbudget möchte ich hierzulande mal erleben, sieht man von Siedler oder Anno ab. Und eine halbe Million für ein Adventure habe ich schon ewig nicht mehr gesehen (wobei ich nicht weiß, wie Daedalic da derzeit finanziert).
Ich arbeite zwar ohnehin bei einem Entwickler, der sehr viel mit kleineren Produkten zu tun hat (unsere Gesamt-Entwicklungszeit pro Projekt liegt inkl. Basis-Technologie bei regulär 3 Monaten und meist 3 Mann) - aber auch dabei arbeiten wir noch nicht in 6-stelligen Budgethöhen. Die deutschen Studios, die sich Adventureproduktionen mit reinen Entwicklungskosten von 500.000 Euro heute noch leisten können, will ich sehen. Davon gibt es nicht mehr viele und die Publisher, die das früher mal gezahlt haben, sind mittlerweile entweder ins Ausland abgewandert oder entsprechend pleite.

Ich kenne die Finanzlagen und Budgets ziemlich vieler Entwickler recht gut und wirklich solide sind dort einfach die wenigsten. Es gibt einen guten Grund, warum z.B. Deck13 sagt, dass es in Deutschland einfach niemanden mehr gibt, der ihre Budgetsummen stämmen möchte und selbst Crytek sich entscheidet, Free-to-Play-Publisher zu werden.
Bei mir ist es mittlerweile auch so, dass ich lieber 5x50k Projekte signe als einem Publisher wegen 250k hinterherzulaufen. Und dann gibt es in Deutschland natürlich noch die große Mischfinanzierung aus Förderung und Preisen wie dem deutschen Computerspielpreis - vermutlich immer noch die attrakivste Form für Adventures. Daedalic beispielsweise sitzt dort sehr gut drin und räumt ja auch regelmäßig die Preisgelder mit ab. Eine Finanzierung, die man nicht unterschätzen darf. Der ganze deutsche Festival-Film läuft über dieses Förderkonzept.
Wenn ich Publisher wäre, hätte ich z.B. Al Lowe jedenfalls niemals 500k für ein Larry-Remake auf Unity-Basis gegeben. Selbst nach Abzug der Rewards kann das Team damit also sehr glücklich sein und wenn da nichts brauchbares rauskommt, dann war es gelinde gesagt das falsche Team. Jane und Tex sehe ich kritischer. Jane muss für weniger Geld (mehr als 250k + Publisher wird's nicht sein) zwei Spiele produzieren - Outsourcing hin oder her, die Organisation muss man auch erst mal finanzieren. Wie hoch der Betrag des zuschießenden Publishers ist, muss man auch erst mal sehen - und der will hinten raus natürlich auch seine Anteile. Tex muss erst mal die ganze FMV-Pipeline und die Technik neu aufbauen (selbst wenn sie auf Unity setzen, bedeutet das einen gewissen FMV-Adaptions-Aufwand). Dazu kommt ein viel größeres Team, wenn man allein die Film-Crew dazu nimmt, als noch z.b. bei Larry. Da Tex aber einen guten Batzen Geld einnehmen und die 300k von BGF dazu kommen dürfte (ich rechne also effektiv mit 500k Reinbudget, vermutlich mehr als Liebhaberprojekt von AC und CJ) sollte das auch funktionieren. Außerdem kann Chris Jones als Producer unfassbar gut mit Geld umgehen, da mache ich mir kaum sorgen.
DF ist ohne Zweifel teuer und Tim tut auch alles, um ihren Exklusivitätsstatus hoch zu halten. Nichts desto trotz haben auch hier die Publisher begriffen, dass sein Studio für sie keine wirklich rentablen Produkte rausbringt und deshalb gab es ja auch die Entlassungsprobleme dort. Der Overhead wird bei DF ohne Zweifel also am höchsten sein, andererseits haben die a) immer noch am meisten Geld und b) immer noch verdammt fähige Leute. Von daher rechne ich fest damit, dass die was Gutes produzieren. Außerdem wird Tim mit dem ganzen Hype kein Problem mehr haben, das Produkt zur Not gut an einen Publisher zu verkaufen. Auch deswegen werden sie sich anstrengen.
Unabhängig davon machen denke ich die KS-Kampagnen klar, wie unterschiedliche auch die Preisvorstellungen von einzelnen Firmen in dieser Branche sind. Da gibt es die idealistischen Teams, die sich völlig unter Preis verkaufen, die völlig unrealistischen Teams die nicht wahrhaben wollen, das niemand Geld zu verschenken hat und natürlich die großen Namen, die verdammt gut im Vermarkten sind und das deswegen noch hinkriegen. Das heißt aber mit nichten, dass die Produktqualität proportional zur gefordeten Geldsumme wird. Ich möchte jedenfalls nicht wissen, wie das wird, wenn KS sich wirklich international öffnet und die ersten fernosteuropäischen Firmen deutlich machen, dass sie bereits für 100k ein Adventure abliefern können, dass in USA das 5-fache kostet...