Ninas Ex hat geschrieben:Möwe, aber das ist doch gar kein Widerspruch. Man kann sowohl etwas vorleben als auch Stellung beziehen und Kritik üben. Tut mir leid, das so drastisch zu sagen, aber mir kommt es so vor, als suchst du Gründe, warum der Treff sich auf gar keinen Fall positionieren darf. Ich finde ja, eben gerade weil es beim Treff ganz gut läuft, wäre es umso bemerkenswerter, wenn der Treff sich in dieser Debatte öffentlich äußern würde. Damit auch andere, die nicht beim Treff involviert sind, dieses Vorbild wahrnehmen und im Idealfall davon lernen können.
Du bist der Ansicht, dass es gut ist, eine eindeutige Stellung zu beziehen. Und ich bin im Gegenteil der Ansicht, dass eine eindeutige Stellung in dieser Sache nur in Allgemeinplätzen enden kann.
Du scheinst zu meinen, dass es in dieser Sache eine eindeutig gute und eine eindeutig schlechte Position gibt. Aber das stimmt nicht. Es gibt so viele Positionen, wie es Menschen gibt, wahrscheinlich noch mehr.
Wenn der AT eine eindeutige Position bezieht, muss er alle unter einen Hut bringen, was ungefähr heisst: wir stimmen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu (oder, wenn man es nur auf diesen speziellen Fall bezieht: wir sind gegen Agression im Umgang miteinander). Das findest du dann anscheinend toll, ist aber letztendlich nur noch ein Allgemeinplatz ohne konkrete Aussage.
Ich finde das eine Verarmung, weil es nur noch ein oberflächliches Geschwurbel ist und nicht die Vielfalt zum Thema widerspiegelt, die es gibt. Es wird zu etwas Theoretischen, wo vorher ein lebendiger Austausch war. Für mich wäre das eine Verarmung.
Mehr noch: hat man sich auf einen schönen Allgemeinplatz geeinigt, ist auch sofort klar, wer recht hat und wer nicht. Es gibt ein "Wir", die wir die Menschenrechte anerkennen und die anderen, die alle die Bösen sind und die man nicht zum Zuge kommen lassen darf. Man muss ihnen nicht mal zuhören, denn sie sind auf der falschen Seite und irren sich. Und man kann, man muss sogar, gegen sie vorgehen, weil sie auf der falschen Seite sind. Der beste Ausgangspunkt für Vorurteile, Hass und Abschottung, den man sich vorstellen kann! Dabei hat man es doch so gut gemeint.
Statt die Kluft zu vergrößern, indem man die ganze Vielfalt auf zwei Seiten reduziert, sollte man meiner Meinung nach im Gegenteil die Kluft verkleinern, indem man die Seiten vervielfacht. Und dann kann man eben keine einfachen Antworten geben, weil man erkennt, dass es keine einfachen Antworten gibt.
Ich meine damit nicht, dass man jeden Troll und jeden Agressor liebevoll nach seinen Beweggründen fragen und ihm verständnissvoll zuhören sollte. Aber bei einer so komplexen Sache wie der vorliegenden gibt es einfach zu viele Positionen, die Berechtigung haben ohne dass man sie von vorne herein als schlecht abstempeln darf.
Davon abgesehen weiß der größte Teil der Leute hier gar nicht, worum es genau geht und schon deshalb ist eine Positionierung sinnlos.
Und mit "Kritik üben", wie du es nennst, sollte man sowieso immer vorsichtig sein: ist auch nichts anderes als Besserwisserei, denn woher nimmt man sich das Recht, Kritik zu üben, wenn man nur eine Position unter vielen möglichen hat.
Man kann nur sagen, dass man aus diversen Gründen persönlich anderer Meinung ist und gleichzeitig versuchen, die andere Meinung nachzuvollziehen. Kritik üben ist nur eine weitere Form der Überheblichkeit: meine Meinung ist besser als deine. Und das führt dann wieder zu der oben erwähnten Kluft, und zu Vorurteilen.
Kurz gesagt: ich bin für Vielfalt im Denken und in den Meinungen, weil es das einzige Mittel gegen Vorurteile ist - und Vorurteile hat jeder und jede Seite und wenn man nicht gegensteuert wird Hass draus. Wenn sich jetzt viele mit einer Standartmeinung zusammenschließen, wie du es gerne hättest, werden automatisch alle anderen ausgeschlossen und bekommen das Label "falsch" auf die Stirne geklebt. Finde ich kontraproduktiv.