DasJan hat geschrieben:Ich frage mich, wo die Grenze ist zwischen "normaler" Sprachentwicklung und "unnormal" hoher Anglifizierung der Sprache. Was ihr als "unnormal" und "bekämpfenswert" ansieht, sehe ich als einen Einfluss des Englischen auf unsere Sprache, der im Moment höher ist als sonst, aber unsere Sprache nicht beschädigt, sondern bereichert und natürlich weiterentwickelt.
Nun, genau das hat SledgeHammer schon einmal geschrieben.
SledgeHammer hat geschrieben:Einer natürlichen Sprachentwicklung entspricht es nicht, wenn 50 % der in den letzten 10 Jahren neu entstandenen Wörter in der deutschen Sprache englische Wörter sind. DIE HÄLFTE! In der Umgangs- und Jugendsprache sind einer neuen Statistik zufolge 10% der Wörter Denglisch oder Englisch. JEDES ZEHNTE WORT!
Wo man jetzt genau die Grenze zieht, darüber kann man sich in vielen Themengebieten streiten, aber in diesem Fall ist die Grenze nach jedem Maßstab einwandfrei überschritten.
In diesem Fall handelt es sich nämlich nicht um einen normalen Sprachaustausch, sondern um eine
einseitige Assimilierung von englischen Wörtern in das Deutsche oder die "lustige" Wortneubildung von englisch-artigen Wörtern (wie z.B. Handy, mit dem kein Brite oder US-Amerikaner ein Mobiltelefon in Verbindung bringt.)
Umgekehrt hat es wohl schon lange keine Aufnahme von deutschen Wörtern ins Englische gegeben, wie z.B. dein Wort "Kindergarten".
Und Beispiele, daß so eine Anreicherung eine Sprache durchaus schädigen kann, gibt es viele in der Vergangenheit. Das klassischste Beispiel ist Latein, das zur Blütezeit Roms zur wichtigsten Handels- und Kultursprache im Imperium geworden ist, so daß jeder, der auch nur eine annähernd wichtige Stelle einnehmen wollte, diese Sprache sprechen mußte (wobei die gesprochene Sprache wesentlich einfacher gewesen sein muß als die poetische von Cicero oder Caesar, die wir in der Schule lernen.)
In Rumänien hat es übrigens nur 2-3
! Generationen gedauert, die ursprüngliche Sprache
komplett zu verdrängen.
Sicher sehe ich auch überflüssige Anglizismen (twenty-four-seven, chillen...), aber wenn Leute damit glücklich sind, dann sollen sie sie von mir aus benutzen. Solange ich verstehe, was sie meinen, sind doch alle glücklich.
Das Problem ist aber genau das Verstehen. Noch weißt du genau, was Leute, die jede Menge Anglizismen benutzen, sagen. Viele Leute (und das sind nicht nur ältere) haben aber heute schon Probleme, englische Phrasen zu verstehen. Und wie ich oben schon geschrieben hatte, konnte ich und einige andere "Twenty-four-seven" auch nicht auf Anhieb nachvollziehen.
Je weiter diese Entwicklung fortschreitet, desto schwieriger kann es aber werden, dieses "Sprach-Kuddelmuddel" zu entwirren. Dazu hier das klassische Beispiel des "Interviews" (dies ist meiner Meinung nach übrigens ein "normal" entstandenes Wort), daß Jil Sander der FAZ 1996 gegeben hat:
Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, daß daß man contemporary sein muß, das future-Denken haben muß. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, daß man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils.