Kafkas Enkel - Die Poesie von LucasArts (QuerSchläger)
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Kafkas Enkel - Die Poesie von LucasArts (QuerSchläger)
Vom:
07.03.2004
Bisher ist es niemandem aufgefallen, doch nach dem Einfügen einiger Zeilenumbrüche ist klar: Die inzwischen legendäre Pressemitteilung, die das Ende von Sam & Max 2 markiert, ist tatsächlich ein Gedicht! Wir haben zwischen den Zeilen gelesen und die Poesie der einstigen Adventure-Schmiede entschlüsselt.
"After careful evaluation
of
current market place realities
and
underlying economic considerations,
we've decided
that this
was not the appropriate
time to launch
a graphic adventure
on
the
PC"
says Mike Nelson,
Acting General Manager
and
VP of Finance and Operations.
There is currently
no plan
to reduce staff.
Zunächst betrachten wir die erste Strophe. Die Einleitung des Gedichtes gleicht einem Initiationsritus in die verquere Welt der firmeninternen Verstrickungen. Scheinbar in objektiver Geschäftssprache gehalten verliert sich der Text schon gleich zu Beginn in eine tiefe monologische Gefühlhaftigkeit. Die zwei zutiefst plastischen Begriffe "current market place realities" ("aktuelle Marktsituation") und "underlying economic considerations" ("zu Grunde liegende wirtschaftliche Erwägungen") ziehen den Leser in eine Welt voller Bürokratie und Objektivität, stehen aber gleichzeitig wie ein Fels in der Brandung heißblütiger Emotionen. "Careful", also "sorgsam" wird die gleich zu Beginn propagierte Evaluation spezifiziert, sorgsam auch der Umgang mit dem Leser und die Vorbereitung desselben auf den Bevorstehenden postapokalyptischen Informationsgau.
Es folgt die zweite Strophe, die den Leser mit einem vorgezogenen Klimax überfällt und die subtile Stille der ersten Strophe blutlüstern in Fetzen reißt. Sprichwortgleich spaltet auch der nahezu personifizierte Ausdruck "time to launch" ("Zeitpunkt, auf den Markt zu bringen") die Unfassbarkeit der kaum begreifbaren Wahrheit, die zu verkünden Zweck dieser Zeilen ist. "To launch a missile" bedeutet "eine Rakete starten". Es herrscht Krieg. Krieg der Tränen, Krieg der Worte, Krieg der Zeilen, die um die Aufmerksamkeit des Lesers buhlen und Informationen wie eine Fackel des Zorns vor sich her tragen. "On the PC", also auf dem PC. Hier verschwimmt PC in seiner eigentlichen Bedeutung "Personal Computer" und peitscht den Leser zur Eigeninterpretation des unheilschwangeren Akronyms. Purely Catastrophic (=Völlig katastrophal)? Passionately catty (=Leidenschaftlich boshaft)?
Die dritte Strophe reißt das Opfer des Werkes dann wieder zurück aus der brennenden Emotionalität von Strophe zwei in die bitterkalte Sachlichkeit einer leeren Welt, die dem Untergang geweiht ist. Einer Welt in Sünde. Einer Welt, in der Posten wie "Acting General Manager" und "VP of Finance and Operations" nicht nur von ein und derselben Person besetzt werden können, sondern scheinbar widerspruchslos nebeneinander bestehen können. Als Brandmale hinterlässt der schließende Punkt die Worte "Mike Nelson" in den blutenden Fleischresten, den die poetische Pressemitteilung von ihren Lesern übrig lässt.
Wie die aufgedunsene Nachgeburt einer sterbenden Mutter bohrt sich anschließend die letzte Strophe in die offenen Wunden der Gesichter jener, deren leblose Körper ein letztes Mal zuckend vor den Monitoren zusammenfallen. Jener, die als endloser Schwall kochenden Blutes ein letztes Mal durch die einstürzenden Trümmer ihrer selbst rinnen und verwesend den endlosen Gang alles Seienden als letzte Konsequenz des Gewesenen hinzunehmen gezwungen sind.
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