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Zu viel des Guten? (QuerSchläger)
Vom: 01.11.2004
Der Schlüssel zur Glückseligkeit liegt immer und bei allem im richtigen Maß. Bei Fußball ist zum Beispiel "fast den ganzen Tag lang" das richtige Maß, bei Bier dafür "täglich, aber nicht den ganzen Tag lang" eine gute Richtlinie. Kopfzerbrechen über einen Wahlsieg von George W. Bush muss man sich hingegen nur am 3. November machen (dann dafür aber gewaltig!).



Konsequenterweise gibt es dann auch bei der Werbung das richtige Maß... zu wenig Werbung ist schlecht, weil dann potentielle Kunden das Produkt vielleicht nicht registrieren oder sich nicht dafür erwärmen. Oder man macht zu viel Werbung, was dann dazu führt, dass sich die Kunden und damit die Geldbörsen genervt abwenden, weil sie sich überfallen fühlen. Was ist also das richtige Maß für Werbung, um erfolgreich (also glücksbringend, bzw. in der Wirtschaft Rendite bringend) zu sein?



Anhand von zwei aktuellen Neuerscheinungen kann dieses Dilemma anschaulich dargestellt werden. Zum einen scheute dtp keine Mühen und Kosten, um "The Moment of Silence" auch noch beim letzten Gelegenheitsspieler im letzten Dorf in den Alpen bekannt zu machen. Pressemitteilungen beinahe im Tagesrhytmus, Gewinnspiele, Adventure-Siegel, Präsentationen im Fernsehen, Inserate, Comic-Serien und so weiter wurden auf den unschuldigen Spieler losgelassen. Selbst der eingebaute "Filt-o-Mator"(c)(tm) von Adventure-Treff gab bei so viel Beschuss seinen Geist auf und ließ jede noch so klitzekleine Ankündigung als eigene Meldung auf seine Leser los.



Die Gefahr dabei ist, dass sich Spieler nicht nur langsam genervt fühlen von dieser ständigen Bombardierung, sondern dass auch die Erwartungen zu sehr noch oben geschraubt werden (Im Neudeuschen: gehyped!). Als "FarCry" des Adventure-Genre wurde da das neue Spiel von House of Tales angekündigt, was natürlich bei vielen völlig übergzogene Erwartungen an die Grafik auslöste. Diese Erwartungen konnten nicht gehalten werden und der Endbenutzer fühlt sich in gewisser Hinsicht betrogen und wird in Zukunft auf Spiele dieses Vertreibers übervorsichtig reagieren. Die Werbestrategie wäre in so einem Falle also gehörig daneben gegangen.



Von vielen Seiten (auch von mir) wird aber die Einsatzfreude von dtp auch hoch gelobt, weil man dadurch nicht nur an neue Details zu einem Spiel kommt, sondern auch neue Kundenkreise für das Adventure-Genre begeistern kann.



Einigen ging es aber in den letzten Tagen vor der Veröffentlichung zu weit und es meldeten sich die ersten Unzufriedenen auf unserer Seite. Hier ein paar Auszüge:





"TMOS ist sicherlich ein schönes Adventure, aber bin ich der Einzige dem die derzeitige PR-Kampagne gewaltig auf den Zeiger geht....? Gibt es derzeit keine anderen News"



"Danke [...]! Du bist nicht der einzige, wobei ich sagen muß, daß mir nicht die PR-Kampagne an sich auf den Zeiger geht (Werbung muß sein, wenn man verkaufen will), als diese völlig übertriebenen Diskussionen und Spekulationen der Fans..."



"Auch auf die Gefahr hin mich endgültig mächtig unbeliebt zu machen: Ich habe den dumpfen Verdacht, das Entwicklertagebuch wurde erst in den letzten Wochen zu Marktingzwecken geschrieben."



"Nichts gegen Pr-Arbeit, die ist sicherlich sehr wichtig, aber: Langsam aber sicher findet ein TMOS-Overkill statt. Wenn ich das Spiel nicht schon bestellt hätte, würde ich es im Augenblick eher nicht tun."




Mit "Clever & Smart" steht ein weiterer Höhepunkt des Adventure-Jahres mittlerweile kurz vor der Veröffentlichung. Im Gegensatz zu dtp und "The Moment of Silence" hält sich Crimson Cow bis heute auffällig zurück mit Pressemitteilungen und Werbekampagnen. Diese "Gegenstrategie" führte mittlerweile dazu, dass sich Leser besorgt fragten, ob das Spiel nicht Gefahr laufe, unter dem Radar der breiten Masse seine Kreise zu ziehen. Natürlich ist Clever & Smart einer der bekanntesten Comic-Serien überhaupt, die "Marke" ist also schon lange etabliert. Trotzdem würde man sich etwas mehr Enthusiasmus bei Crimson Cow wünschen, um das Spiel bereits zum Verkaufsstart in eine gute Ausgangsposition zu manövrieren. Aber vielleicht kommt das ja noch nach der Veröffentlichung...



Was ist also das richtige Maß bei dieser Art von Werbung? Weniger ist mehr? Oder doch klotzen statt kleckern? Wie so oft gilt es die "goldene Mitte" anzuvisieren. Wo die liegt, bleibt aber fraglich. Schließlich sind wir ja zu Beginn des 21. Jahrhunderts schon so erschlagen von Werbung in unserem täglichen Leben, dass eigentlich ein "zu viel" fast nicht mehr möglich ist. Trotdzem läuft man dadurch Gefahr, Erwartungen zu schüren, die nie und nimmer erfüllt werden können. Auf der anderen Seite ist es aber wieder schön, das Warten während den letzten Wochen und Monaten vor der Veröffentlichung durch kleine Info-Häppchen verkürzen zu können. Die Kehrseite davon ist dann wiederum, dass schon zu viele Informationen und Details bekannt werden, was die Neugierde und Vorfeude beeinträchtigen kann.



Es ist also schwierig, die eingangs gestellte Frage zu beantworten. Was aber ganz sicher ist: Es ist schön zu sehen, wenn sich ein Vertrieb wie dtp so viel Mühe mit seinen Spielen und damit um unser Genre macht. Letzten Endes entscheidet sowieso immer der persönliche Geschmack und die Qualität eines Spiels. In einer pefekten Welt zumindest.