Entwickler: IonFx
Gefangen in einem Gebäudekomplex, der nur aus rätselhaften Räumen besteht, versucht der Spieler in Antichamber, einen Weg nach draußen zu finden. Doch das gestaltet sich deutlich schwieriger als gedacht, denn die gesamte Anlage funktioniert nach ihren ganz eigenen Regeln. Und es gibt längst nicht immer nur einen Weg, der zur Lösung führt.
Durch die Welt von Antichamber bewegt sich der Spieler mit der WASD-Steuerung. Die Maustaste dient zur Interaktion mit der Umgebung, so weit möglich. Sprünge sind mit der Leertaste möglich. Per Escape-Taste gelangt der Spieler zurück in den Hauptraum, von dem aus über eine Karte an der Wand bereits besuchte Orte erneut aufgerufen werden können. Bleibt man länger auf der Escape-Taste, wird das Spiel beendet.
Antichamber lässt sich in verschiedene Abschnitte beziehungsweise Räume unterteilen. Dort gibt es jeweils ein Rätsel zu lösen, das entweder auf der Manipulation der Umwelt oder auf bestimmten Bewegungen basiert. So macht es zum Beispiel an einer Stelle am Anfang einen großen Unterschied, ob man über einen Abgrund hinwegläuft oder –springt: In einem Fall taucht ein unsichtbarer Boden auf, in dem anderen stürzt der Spieler einige Stockwerke hinab und kann von dort weitere Erkundungen vornehmen. Im weiteren Verlauf stellt das Spiel ein merkwürdiges Gerät zur Verfügung, mit dem bestimmte, viereckige Blöcke in den Räumen eingesammelt oder verteilt werden können. Dadurch wird es beispielsweise möglich, Türen mit einem geschickt platzierten Quader offen zu halten. Dies wäre ein klassisches Beispiel für Rätsel, die die Manipulation der Umwelt voraussetzen.
Recht viel mehr kann man über die Rätsel in Antichamber nicht sagen, ohne bereits zu viel von der Lösung zu verraten. Die Varianten, in denen verschiedene Rätsel auftauchen, sind beachtlich und der kreative Einsatz vieler verschiedener Rätseltypen ist beeindruckend. Theoretisch sind die Rätsel so aufgebaut, dass der Spieler einer Lernkurve folgt und so bestimmte Dinge an anderer Stelle in komplexeren Zusammenhängen anwenden kann. Theoretisch deshalb, weil das gesamte Spiel nicht-linear gestaltet ist. Wohin die Reise geht, bestimmt stets der Spieler, sodass es keine eindeutige Reihenfolge der Räume gibt. Zusätzlich lassen mehrere Rätsel auch verschiedene Lösungen zu.
Insgesamt gibt es zahlreiche harte Kopfnüsse, die einen richtig ins Grübeln bringen können. Und dann gibt es da noch eine Tatsache, welche die ganze Angelegenheit erschwert…
Die Räume, Gänge und Rätsel folgen nicht immer der uns bekannten Physik. So gibt es Gänge, in denen man sechs Mal rechts in einem 90°-Winkel abbiegen kann, ohne auf den vorherigen Pfad zu stoßen. An einer anderen Stelle führt eine Treppe abwärts an dieselbe Stelle wie zuvor. Und dann gibt es Räume, die allein aufgrund der Einnahme einer anderen Perspektive erreichbar werden. Orientierung ist in Antichamber relativ. Selbst die Karte im Hauptraum hilft dabei nicht besonders weiter. Dennoch ist der Spieler in der Umgebung nicht hoffnungslos verloren. Mit der Zeit entwickelt er ein Gefühl dafür, welche Räume wo zu finden sind und wie man zwischen ihnen auch ohne Karte wechselt. Zusätzlich geben Texte, die in Bilderrahmen an der Wand hängen, den ein oder anderen Hinweis – wenn man diese richtig deuten kann.
Geradeheraus gesagt: Antichamber ist hässlich. Alle Räume sind schmucklos, geradlinig und vornehmlich mit simplen, leuchtenden Farben gestaltet. Starke Umrahmungen mit schwarzen Strichen, unfertig wirkende Elemente und auf das Minimum reduzierte Umgebungen machen das Spiel etwas anstrengend. Sicherlich war dies vom Entwickler beabsichtigt und stellt einen künstlerischen Aspekt dar, furchtbar sieht es trotzdem aus und eine detailreichere, realistischere Grafik hätte dem Spiel mit Sicherheit gut getan.
Wesentlich mehr zur Atmosphäre tragen der stimmungsvolle Soundtrack und die gut inszenierten Geräuschkulissen bei, die manchen Räumen eine besondere Stimmung verleihen.
Antichamber entwickelt bereits in den ersten Minuten einen starken Sog, der den Spieler tief in die Welt einsinken lässt. Trotz der minimalistischen Grafik tastet man sich Raum für Raum voran und versucht, die verschiedenen Rätsel zu lösen. Ist erst einmal der merkwürdige Gegenstand in Blau ergattert, eröffnen sich neue Möglichkeiten, an deren Ende vielleicht der Erwerb des besseren grünen oder sogar gelben Gerätes steht. Ebenfalls ein nettes Element ist die Tatsache, dass an manchen Stellen die anscheinend geforderte Aufgabe ignoriert werden kann und auch ein Abweichen von den vorgezeichneten Pfaden belohnt wird. Dennoch bleibt das Spiel vor allem eines: Höllisch schwierig. Die genaue Beobachtung der Umgebung, der verwirrende Grundriss der Räume, das teilweise ungewohnte Verhalten der Spielmechanik, all das fordert einen klugen Kopf und streckenweise auch eine gewisse Frustrationstoleranz.
Hinter der wenig ansprechenden Grafik verbirgt sich ein sehr interessantes, fesselndes Spiel, dessen ungewöhnlicher Aufbau und innovative Rätsel eine echte Herausforderung bieten. Da es keinen linearen Verlauf gibt, bewegt sich die Spielzeit – je nach Auffassungsgabe und Orientierungsvermögen – zwischen drei und 15 Stunden, bei bekannter Umgebung sind schnelle Durchläufe in weniger als 15 Minuten möglich. Ebenso kann der Schwierigkeitsgrad variieren, je nachdem, welche Räume man zuerst erreicht und welche Zusammenhänge dadurch klar werden. Insgesamt ist der Titel aber auf jeden Fall etwas für geübte Spieler.
Genauso schwer wie das Spiel überhaupt zusammenzufassen ist es, eine Wertung anzugeben. Während die Rätsel überzeugend sind, ist es die Grafik überhaupt nicht. Während das Brechen ungeschriebener Gesetze zum Aufbau eines Spiels sehr interessante und fesselnde Momente entfachen kann, wirkt sich dies ebenso frustrierend aus, wenn man an einer Stelle nicht mehr weiterkommt. Antichamber ist zu einem gewissen Teil Kunst, bietet aber durch seine Rätsel auch Fans des Adventure-Genres viel. Am besten fasst man es wohl wie folgt zusammen: Antichamber ist ein Experiment, das streckenweise äußerst gelungen ist.
Links:
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