Vor rund einem halben Jahr überraschte Telltale Games mit der Ankündigung, sich für Back to the Future und Jurassic Park mit dem Medienkonzern NBC Universal zusammenzutun und die beiden 'Marken' im Episodenformat umzusetzen. Mit Lizenzspielen kennen sich die Amerikaner durch ihre CSI-Umsetzungen bereits aus und haben mehr als einmal bewiesen, dass man mit kreativen Ideen, ausgefeilten Dialogen und aufwändigen Charakteranimationen über so manches inhaltliche oder optische Defizit hinwegtrösten kann. Vor wenigen Tagen ist mit It's About Time die erste Episode um das ungleiche Zeitreiseduo Dr. Emmet Brown und Marty McFly aus Robert Zemeckis bekannter Filmtrilogie erschienen, welche wir uns genauer angesehen haben.
Die Kalifornier verstehen ihr Handwerk, zumindest wenn es um humorvolle und skurrile Comicadventures wie Sam & Max oder Strong Bad's Cool Game for Attractive People geht. Mit Zurück in die Zukunft hat man sich einer ungleich größeren Herausforderung gestellt, da man mit Gags am laufenden Band und einer abgefahrene Story vielleicht die Liebhaber der alten LucasArts-Adventures zufriedenstellen kann, jedoch nicht unbedingt die Anhänger der Filmreihe, für die es vielleicht humortechnisch etwas subtiler sowie storytechnisch etwas 'ernsthafter' zugehen sollte und die vielleicht nicht alle Erfahrungen im Genre klassischer Adventures vorweisen können.
Telltale Games gelingt es mit Episode 1 zwar nicht 100%ig die Kerbe der Filme zu treffen, nimmt den oft anspielungsreichen Humor der Reihe aber gekonnt auf und sorgt gerade am Anfang für haufenweise nostalgische Momente. Schon das Intro wirkt sehr vertraut: Marty wohnt dem ersten Zeitsprung mit dem De Lorean bei, wobei Doc Brown seinen Hund Einstein eine Minute in die Zukunft schickt. Zumindest wer die 'richtigen' Sprechzeilen auswählt, bekommt anfangs praktisch dieselben Dialoge zu hören wie in der entsprechenden Filmszene. Diesmal aber kehrt Einstein nicht nach 60 Sekunden zurück und vom VW-Bus der Libyer ist nichts zu sehen, stattdessen beginnt sich Doc Brown am Ende der Szene aus unerfindlichen Gründen aufzulösen. Glücklicherweise war das alles nur ein Traum, denn die Rufe seiner Mutter reißen Marty aus dem Tiefschlaf. Einige Monate sind seit den Zeitreisen in die Jahre 1955, 2015 und 1885 vergangen. Auf dem Nachttisch steht das Foto von Marty und Emmet Brown, das die beiden vor der Turmuhr des Stadthauses von Hill Valley im ausgehenden 19. Jahrhundert zeigt. Der Erfinder gilt mittlerweile als verschollen, außer Marty hält ihn jeder für tot. Der Doc war scheinbar hoch verschuldet, weshalb sein Hab und Gut verkauft werden soll, um die Gläubiger auszahlen zu können. Da wir in Martys Traum auf die Aufzeichnungen des Wissenschaftlers aufmerksam werden, die uns helfen könnten, ihn zu finden, begeben wir uns mit Marty in Docs Garagenwerkstatt. Dort treffen wir auf allerlei bekanntes Inventar. Der gigantische Lautsprecher, mit dem sich der junge McFly am Anfang des ersten Films quer durch den Raum katapultierte, hat in der Spieleumsetzung einen ganz ähnlichen Auftritt. Das maßstabsgetreue Modell des Rathausplatzes von Hill Valley, das Emmet für die Ableitung des Blitzes in den Flux-Kompensator im Jahr 1955 gebastelt hat, die automatische Fütterungsanlage für Einstein und natürlich die zahlreichen Uhren an der Wand lassen so manche (Kindheits-)Erinnerung wieder wach werden.
Unser erstes Ziel ist es, die Aufzeichnungen Doc Browns zu bekommen, die im Modell des Amtsgebäudes stecken. Dieses hat sich dummerweise der etwas beschränkte Gegenspieler Biff Tannen unter den Nagel gerissen. Mit der Bierdose in der Hand und in seinem grünen 80er-Jahre Trainingsanzug präsentiert sich der grobschlächtige Biff, wie wir ihn in Erinnerung haben. Natürlich können wir den dumpfbackigen Haudrauf überlisten und das Tagebuch in unseren Besitz bringen. Kaum ist das geschafft, taucht plötzlich der De Lorean auf, in dem sich nicht bloß Hund Einstein, sondern auch ein Damenschuh befindet. Dieser führt uns direkt zur Schwester des stellvertretenden Schulleiters und Glatzkopfes Mister Strickland. Die alte Dame wacht von ihrem Appartement aus mit dem Fernglas über die Moral der Jugend von Hill Valley und offenbart uns das Jahr, in dem sie den Schuh verloren hat. Es ist die Zeit der Prohibition, in der wir uns nun auf die Suche nach Martys Freund begeben müssen.
Telltale greift quasi sämtliche Elemente der Filmreihe auf. Auch im Hill Valley der 30er-Jahre treffen wir auf Martys Vorfahren und die von Gegenspieler Biff. Der McFly der 30er ist mal wieder ein unterdrückter Feigling, während der Tannen dieser Zeit am illegalen Alkoholausschank verdient. Dessen getarnte Kneipe wurde niedergebrannt und ausgerechnet Doc Brown legt man dieses Vergehen zur Last. Was folgt, ist eine Rettungsaktion, in die die junge Ausgabe der damaligen Zeitungsjournalistin Edna Strickland und nicht zuletzt auch die 30er-Jahre-Version von Dr. Emmet Brown eingebunden werden muss.
Bei Back to the Future handelt es sich zwar weitestgehend um klassisches Adventure-Gameplay, allerdings hat Telltale den Schwierigkeitsgrad für Episode 1 sehr niedrig angesetzt und gleichzeitig bestimmte Gameplay-Features beschnitten. So sind beispielsweise Kombinationen innerhalb des Inventars schlichtweg nicht möglich. Ein paar originelle Spielszenen haben es dennoch ins Spiel geschafft. So muss Marty später unter leichtem Zeitdruck mehrere Laborgeräte bedienen. Hierbei muss er genau auf einen Dialog zwischen Emmet und dessen Vater achten, in dem sich mehr oder minder versteckte Hinweise darauf finden, in welcher Reihenfolge die Gerätschaften aktiviert werden müssen. Trotz mancher Einschränkung und des begrenzten Schauplatzes kann es dennoch zu kürzeren Hängern kommen, denn an einzelnen Punkten müssen bestimmte Szenen getriggert werden, deren Auslöser sich teils nicht logisch erschließen.
Weiterhin nicht so schön funktioniert die Steuerung, die man von Tales of Monkey Island übernommen hat. Häufiger noch als bei Guybrushs Episodenabenteuern auf Flotsam Island bleibt man an Kanten hängen oder läuft aufgrund von Wechseln der Kameraperspektive plötzlich in die falsche Richtung. Besitzer eines Gamepads müssen sich mit solchen Schwierigkeiten nicht herumplagen, denn diese Eingabemethode funktioniert deutlich besser als die Steuerung per Maus und Tastatur.
Aber nicht nur bei der Steuerung hätte man nachbessern können, auch optisch können immer wieder Probleme auftreten. Neben kleineren Grafikfehlern passiert es immer wieder, dass die Gesichtsanimationen längere Aussetzer haben und sich nicht zum gesprochenen Wort bewegen. Das ist besonderes schade, da sich Telltale Games im Bereich der Mimik, was Vielfalt und Detailgrad angeht, deutlich gesteigert hat. Erneut sehr gelungen ist der Einsatz von Kamerafahrten, Perspektivwechseln und anderen eher filmischen Kniffen, die nur in einer dreidimensionalen Umgebung möglich sind. Besonders das Intro und die Szene in Doc Browns Erfinderwerkstatt sind klasse inszeniert.
Erstmals seit dem Bestehen von Telltale Games erscheint Zurück in die Zukunft zeitgleich in einer deutschen Sprachfassung. Ähnlich wie in der englischen Ausgabe, in der lediglich Christopher Lloyd den alten Doc Brown spricht, muss man auf sämtliche Originalsprecher verzichten. Dass das kein Nachteil sein muss, zeigen beide Sprachfassungen. Denn sämtliche Rollen sind sehr ordentlich besetzt worden, wenngleich die englische Version klar die Nase vorn hat. Anfangs ist insbesondere Bernd Vollbrecht (Antonio Banderas, Perry Cox in Scrubs u.a.) als Doc Brown etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Qualität stimmt. Das gilt auch für die Übersetzung selbst, bei der nicht nur in der Anfangsszene auffällt, dass man sich auch die deutschen Fassungen der Filme nochmals zu Gemüte geführt hat. Herunterladen und spielen darf man bei Telltale selbst, aber auch bei Steam und Gamesload beide Sprachversionen. Nicht so schön ist, dass man auch in der englischen Fassung normalerweise nur die deutschen Untertitel angezeigt bekommt und in der deutschen Fassung immer wieder mal Dialogzeilen unvollständig abgespielt werden. Kleinere Übersetzungsfehler sind zwar vorhanden, wirken sich aber nicht nachteilig aus.
It's About Time ist ein gelunger Auftakt in Telltale Games' neue Episodenreihe. Sie führt die Tradition der Filme gekonnt fort und versetzt dem Spieler mit zahlreichen Anspielungen auf die 80er Jahre und Querverweise zu den Filmen immer wieder Nostalgieschübe, ohne sich allein darauf zu verlassen. Spielerisch und was den Umfang der Episode von etwa 3 bis 3,5 Stunden angeht, ist sicherlich noch Luft nach oben und die technischen Fehler sollte man unbedingt noch ausbügeln, man darf sich gerade als Fan der Filme aber auf die weiteren Episoden freuen.
Ungewöhnlich lang war sie, die Pause zwischen dem Serienauftakt Ende Dezember und der zweiten Episode rund um das ungleiche Zeitreiseduo Marty McFly und Dr. Emmet Brown. Und das, obwohl auch die zweite Folge, Get Tannen, vom Umfang her weit von den letzten Episodenausflügen von Telltale Games entfernt ist.
Nachdem Marty Doc Brown aus dem Gefängnis befreit hat und Kid Tannen in einem Laster voll Mist gelandet ist, schien eigentlich wieder alles in Butter zu sein. Doch wie ein Blick in die Zeitung des folgenden Tages verrät, wurde Martys Großvater Arthur wenige Minuten nach Doc Browns erfolgreicher Flucht in Hill Valley erschossen. Viel Zeit bleibt Marty nicht, um die Fehler der Vergangenheit auszubügeln, denn der Mord an seinem Vorfahr zehrt an seiner Existenz. Nicht nur das Foto seines Vaters George beginnt sich Stück für Stück zu zerlegen, auch Marty selbst droht sich förmlich in Luft aufzulösen.
Telltale glänzt erneut mit zahlreichen Bezügen zu den Filmen, ist aber auch sehr darum bemüht, ganz eigene Running Gags und neu ersonnene Charaktere zu etablieren. Mit Sängerin Trixie oder der bereits aus der ersten Episode bekannten Edna Strickland bauen die Entwickler durchaus eigene Ideen ein und scheuen auch keine Anspielungen auf Sam & Max und Co. Es bleibt aber dabei, dass Zurück in die Zukunft seinem Namen alle Ehre macht und vor allem für Fans der Filmvorlage interessant und besonders unterhaltsam ist. Wenn Marty im Club “Johnny B. Goode” anstimmt oder an der Bar eine Pepsi-Cola bestellt, dann haben Kenner der Filmtrilogie sicherlich eher einen Grund zum Schmunzeln.
Die erneut mit einem interessanten Cliffhanger endende Episode gibt massig Spielraum für den Fortgang der Geschichte und dürfte zudem weitreichende Veränderungen in Hill Valley mit sich bringen können. Noch allerdings lässt Telltale die ganz großen Ideen auf sich warten, weshalb Episode 2 eher den Charakter einer Übergangsfolge hat.
Den größten Schwachpunkt bildet erneut der vergleichsweise geringe Umfang. Selbst wer sämtliche optionale Dialoge anhört, dürfte kaum mehr als 2,5 Stunden für Episode 2 benötigen. Das liegt nicht zuletzt an den weiterhin sehr einfachen Rätseln und an der geringen Größe der Schauplätze, die keinen allzu großen Interaktionsspielraum bieten. Tatsächlich sind die Aufgaben in 'Get Tannen' sogar eine Spur anspruchsvoller als im Serienauftakt. Da man aber außerhalb der Kellerkneipe kaum etwas zu tun hat, kommt man dennoch schnell auf die Lösung. Kreativ sind sie aber allemal: In der Bar befindet sich unter anderem Polizist Parker, der uns von seinen Problemen berichtet – aber nur, wenn wir für die passende Musikuntermalung sorgen. Wählt Marty beispielsweise ein aggressiveres Lied, heizt sich Parkers Gemüt auf. So ist er nicht dazu bereit, uns sein Leid zu klagen. Wählen wir aber ein eher trauriges Musikstück, gibt er sich deutlich offener.
Telltale Games hat darüber hinaus ein paar Spielszenen eingebaut, in denen man sich an die Lösung herantasten muss. Relativ am Anfang verschafft sich Marty Zugang zur Bar, um dort seinen Großvater zu befreien. Nur wenn es ihm gelingt, Kid Tannens dreiköpfigen Schlägertrupp in Schach zu halten, kann er ihn retten. Betätigen wir beispielsweise den Notschalter unter der Theke, nähert sich einer von Kids Schergen unserem Versteck. Mit einer am Boden liegenden Flasche können wir diesen außer Gefecht setzen. Dummerweise bringt ihn daraufhin einer der anderen Schläger mit ein paar sanften Watschen wieder zu Bewusstsein. Mit einer anderen Aktion lässt sich dieser aber aus dem Raum locken und auch der Dritte kann überlistet werden. Wirklich schwer ist das nicht, aber ansprechend aufgebaut. Zudem weisen gerade diese Spielszenen erneut Anflüge von Dynamik auf. Der Versuch, etwas mehr Dynamik hineinzubringen, ist aber nicht immer ganz glücklich. Wenn Marty zu Beginn um den DeLorean herumschleicht, dann ist das eher ermüdend als spannend.
Den größten Vorwurf, den man Telltale beim Gamedesign machen kann, ist aber weiterhin nicht der vergleichsweise niedrig angesetzte Schwierigkeitsgrad, sondern der geringe Abwechslungreichtum. Dieser bleibt trotz der durchaus pfiffigen Ideen etwas auf der Strecke, da sich das Prinzip, nach dem die Rätsel in Episode 2 aufgebaut sind, ein wenig zu stark ähnelt.
Wie schon „It's about Time“ erscheint Episode 2 gleichzeitig auf Deutsch und Englisch. Erfreulicherweise hat man diesmal von Beginn an die Möglichkeit, innerhalb des Spiels die Sprache zu wechseln. Weiterhin ist die englische Version vorzuziehen, sofern man über ausreichende Sprachkenntnisse verfügt, mit großen Nachteilen hat man in der deutschen Version aber nicht zu kämpfen. Unerfreulich ist aber, dass die deutschen Dialoge erneut immer wieder mal nur unvollständig abgespielt werden. Hin und wieder gibt es dort auch andere unschöne Soundbugs.
Sehr schade ist, dass man sich bei der optischen Präsentation leicht rückläufig entwickelt. Kamerafahrten und andere filmische Kniffe kommen seltener zum Einsatz - und falls doch, dann sind sie weiterhin etwas ruckelig. Selbst bei den Charakteranimationen leistet sich Telltale teils ungewöhnliche Blößen, beweist umgekehrt aber bei der Mimik der Charaktere, zu welchem Facettenreichtum man in der Lage ist.
Auch Episode 2 endet wieder mit einem Cliffhanger, der weit mehr Spielraum für Spekulationen bietet als der der Auftaktepisode. Im Großen und Ganzen kann man auch mit „Get Tannen“ zufrieden sein, nach der etwas längeren Pause hätte man aber schon ein bisschen mehr erwarten können – nicht nur, was den Umfang angeht. Denn viel mehr als einen unterhaltsamen Brückenschlag zu dem, was da noch kommen mag, bietet diese Folge nicht.
Doch ein kleiner Durchhänger sei Telltale verziehen, wenn Episode 3 das hält, was das Ende von „Get Tannen“ verspricht.
Wenn es etwas gibt, was das Leben eines Mannes vollkommen auf den Kopf stellen kann, dann ist es eine Frau. Am Ende von Episode 2 besuchten Edna Strickland, der biedere und kontrollsüchtige Moralapostel von Hill Valley, und Emmet Brown gemeinsam eine Kinovorstellung – mit fatalen Konsequenzen: Emmets bessere Hälfte – oder in diesem Fall wohl eher seine schlechtere - hat aus dem unkonventionellen, eifrigen Wissenschaftler das Oberhaupt eines restriktiven Überwachungssystems gemacht. In Episode 3, Citizen Brown, sind „subversive Elemente“ wie Rock'n'Roll-Musik oder Alkohol strengstens verboten und alles, was im Verdacht steht, unreinlich oder anstößig zu sein, wurde aus dem öffentlichen Leben verbannt. Nicht mal Kaugummi-Kauen oder Küssen ist in diesem Hill Valley des Jahres 1986 erlaubt.
Nachdem Marty den DeLorean in einer großen Werbetafel versenkt hat, auf dem der oberste Bürger der Stadt, Emmet Brown, verkündet, alles sei unter Kontrolle, wird ihm sofort klar, dass irgendwas schief gelaufen ist. Vor der Stadtmauer begegnet er seiner Flamme Jennifer Parker, die gerade ihre Strafe wegen Vandalismus abarbeitet und in ihrem Punk-Look zunächst kaum wiederzuerkennen ist. Der rebellische Teenager hat Marty vor einiger Zeit den Laufpass gegeben - offenbar ist Marty im neuen Hill Valley ein angepasster Langweiler, der nicht mal mit der Gitarre umzugehen weiß. Doch das ist nicht Martys einzige Sorge: Sein Vater ist als Spitzel für die Obrigkeit tätig und macht dabei selbst vor seiner eigenen Familie nicht Halt. Damit hat er nicht nur Martys Geschwister aus der Stadt vertrieben, sondern auch seine Frau Lorraine zur Trinkerin gemacht. Keine Frage, die veränderte Zeitlinie muss wieder korrigiert, Doc Brown zur Vernunft gebracht werden.
Diese Aufgabe stellt sich als schwieriger heraus als gedacht, denn einfach so ins umgestaltete Rathaus mit neuer Turmuhr marschieren kann Marty nicht. Wie mächtig der Gegner ist, beweist nicht zuletzt der beschränkte Haudegen Biff Tannen, den man im Rahmen des 'Bürger-Plus-Programms' zum lammfrommen Bürger umfunktioniert hat.
Wie schon die ersten beiden Episoden verfügt die dritte Folge von Back to the Future über einen vergleichbar geringen Umfang. Nennenswert anspruchsvolle Aufgaben begegnen dem Spieler im etwa 2-2,5 Stunden langen Abschnitt höchst selten. Die meisten Ziele lassen sich über das simple an- bzw. durchklicken von Hotspots und Dialogen erreichen. Die Ausnahmen stellen ebenfalls zu keinem Zeitpunkt eine Herausforderung dar. Auch deshalb ist der Unterhaltungswert allerdings durchgehend auf hohem Niveau, Stillstand herrscht im sehr linearen Spielverlauf nämlich nie. Die Dialoge strotzen wieder nur so vor Witz und Charme und warten dabei erneut mit diversen Anspielungen auf. Naturgemäß geht es dabei meist um die 80er-Jahre, die Marty in dieser Folge nicht verlassen wird. Eine der zahlreichen Verordnungen heißt beispielsweise C-64 und wie Jennifer feststellt: „Love is a battlefield“.
Trotz des geringen Schwierigkeitsgrades gelingt es Telltale Games mit clever designeten Aufgaben aber durchaus auch spielerisch gut zu unterhalten. Den Höhepunkt bildet dabei ein Gitarren-Wettstreit zwischen Marty und Leech, der neue Freund von Jennifer Parker, bei dem man sich stückchenweise an die Lösung heranarbeiten muss.
Vorweg kann man sagen, dass Telltale Games in puncto Präsentation wieder deutlich zur letzten Episode zugelegt hat. Kamerafahrten und Perspektivwechsel sind im visuell stark umgestalteten Hill Valley an der Tagesordnung, dafür spielt man diesmal wieder etwas weniger mit den Möglichkeiten im Bereich der Mimik. Phasenweise etwas enttäuschend ist der Einsatz von Musik und Soundeffekten, woraus dem Spiel aber keine nennenswerten atmosphärischen Nachteile entstehen. Positiv empfunden haben wir dezente Verbesserungen im Bereich der Steuerung. Die Fortbewegung der Spielfigur funktioniert aber nach wie vor nicht optimal.
Weiterhin kann es hin und wieder zu Grafikfehlern kommen, die oft nach einem Neustart des Spiels wie vom Erdboden verschwunden sind. Deutlich seltener, diesmal aber auch vereinzelt in der englischen Version, sind uns unvollständig abgespielte Dialogzeilen aufgefallen, speziell in der deutschen Fassung ein paar kleinere Übersetzungsfehler sowie einige Abweichungen zwischen Untertiteln und Sprachausgabe. Zudem hätte man sich bei manchen Begriffen vielleicht nochmal die Filme zu Gemüte führen sollen. Denn was in der englischen "heavy" ist, müsste in der deutschen Fassung konsequenterweise "stark" sein. Alles in allem zeigt sich die deutsche Fassung aber weiterhin konkurrenzfähig zur überlegenen englischen Ausgabe.
Episode 3 bildet knapp den bisherigen Höhepunkt der Reihe. Nach dem vielversprechenden Auftakt Ende 2010 und der insgesamt schwächeren zweiten Folge scheint Telltale Games wieder in die Spur zurückgefunden zu haben. Spielerisch reißt Back to the Future zwar weiterhin keine Bäume aus und der geringe Umfang im Vergleich mit den Episoden anderer Telltale-Serien sorgt für eine gewisse Wehmut. Der Unterhaltungswert jedoch siedelt sich nicht zuletzt dank der pointierten Dialoge durchgehend auf einem hohen Niveau an und vermag durchaus die Vorfreude auf die letzten beiden Episoden zu steigern.
In der letzten Episode von Zurück in die Zukunft musste Marty McFly erneut feststellen, welche Konsequenzen die Zeitreisen haben können. Ihm war es zwar gelungen, die Herrschaft des Tannen-Clans über Hill Valley zu verhindern, dafür hatte er unfreiwillig seinen Freund Emmet in die Arme der ordnungssüchtigen Edna Strickland getrieben, die die Stadt gemeinsam mit ihrem neuen Lebensgefährten in einen Polizeistaat verwandelte. Kaum hat er „Bürger Brown“ zur Vernunft gebracht, landen Marty und Doc Brown zu Beginn von Episode 4, Double Visions, jedoch in einer Umerziehungsanstalt, aus der wir zunächst entkommen müssen, bevor wir zum wiederholten Mal unsere Fehler in der Vergangenheit ausbügeln können.
Marty beobachtet aus seiner Zelle wie Emmet auf einen Stuhl gefesselt von Edna wieder zum Vorzeigebürger umfunktioniert werden soll. Dieselbe Prozedur hat Zellennachbarin Jennifer Parker, die nun scheinbar von allen rebellischen Trieben kuriert ist, über sich ergehen lassen müssen. All unsere Habseligkeiten sind sorgfältig in einem Spind mit Zahlenschloss verstaut, die Zellentür verriegelt. Glücklicherweise überwacht Martys Vater mit seinen Kameras auch unsere Zelle und erweist sich bei der Flucht als äußerst hilfreich. Ein paar wilde Gitarren-Akkorde bringen sogar Jennifers punkiges Blut wieder in Wallung, aber erst als Doc Brown befreit ist, beginnt das wirkliche Abenteuer, das uns zurück ins Jahr 1931 bringt. Eigentlich wollte das ungleiche Zeitreiseduo das erste Rendezvous zwischen Emmet und Edna verhindern, aus irgendeinem Grund bringt der DeLorean die Zeitreisenden jedoch zwei Monate später als geplant nach Hill Valley. Zu diesem Zeitpunkt findet dort eine Wissenschaftsausstellung statt und Edna hat ihren Herzbuben längst um den Finger gewickelt. Eine Chance haben die beiden aber dennoch, die Gründung des Überwachsungssystems zu verhindern: Marty muss dafür sorgen, dass Emmet in der Gunst Ednas fällt. Allerdings muss er seinen Freund dafür hintergehen...
Während die Rätsel anfangs an Leichtigkeit und Einfallslosigkeit kaum zu überbieten sind - selbst vor dem uralten „Zeitung unter der Tür durchschieben“-Trick macht Telltale Games nicht Halt – überraschen die Kalifornier im späteren Verlauf mit ein paar recht originellen Aufgaben. Der junge Emmet arbeitet für die Ausstellung zum Beispiel an einem 'mentalen Affinitätstest', mit dem der Wert des Einzelnen für die Gesellschaft ermittelt werden soll. Gelingt es Marty, Doc Browns Ergebnis zu manipulieren, sodass dieser als Krimineller durchgeht, haben wir eine von drei Voraussetzung für das Scheitern der Beziehung gelegt. Ganz selbsterklärend ist diese Aufgabe zwar nicht, weshalb es dort zu einem unerwarteten Hänger kommen kann, auf viel mehr als zwei bis drei Stunden Spielzeit kommt Episode 4 trotz seines etwas komplexeren Rätseldesigns samt minimal größerer Freiheiten aber dennoch nicht.
Unerfreulich für Spieler der deutschen Fassung sind die vermehrt auftretenden Fehler in der Übersetzung und unzählige Abweichungen zwischen Untertiteln und Sprachausgabe. Dafür wiederum sind uns diesmal an keiner Stelle unvollständig abgespielte Dialogzeilen aufgefallen, wie sie in allen vorherigen Episoden vorhanden waren.
Weit weniger Fehler konnten wir zudem im optischen Bereich feststellen. Seltsame Linien im Bild und flimmernde Kanten sind uns diesmal nicht begegnet. Nicht ganz so schön sind weiterhin ein paar ruckelige Kamerafahrten, wie sie in fast allen Telltale-Spielen zu finden sind. Die insgesamt toll umgesetzten Charakteranimationen sind in Einzelfällen etwas hampelig geraten.
Alle der vier bisher veröffentlichten Episoden teilen sich eine größere Schwachstelle: Die Steuerung. In dieser Episode funktionierte die Eingabe per Gamepad am besten, in jener die per Maus oder Maus-Tastatur-Kombination. In Double Visions funktioniert keine der angebotenen Steuerungvarianten angemessen. Immer wieder bleiben wir an Objekten hängen, hin und wieder auch an Stellen, an denen die Kamerperspektive dann in Sekundentakt hin- und herspringt wie zum Beispiel in der Werkstatt des jungen Emmet Brown.
Es ist eindeutig, dass Telltale Games weiterhin an diesem Bereich schraubt, andernfalls wären die Unterschiede zwischen den einzelnen Folgen kaum zu erklären. Es wird aber langsam Zeit, dass sie endlich eine Lösung finden, die wirklich funktioniert. Gerade aus Sicht eines PC-Spielers ohne Gamepad ist Episode 4 phasenweise leider eine Zumutung.
Ganz so begeistert wie nach Episode 3 sind wir von Double Visions zwar nicht, die vorletzte Episode von Zurück in die Zukunft macht inhaltlich aber dennoch Lust auf die fünfte und abschließende Folge. Gerade die Auswirkungen unseres Handelns auf die Beziehung zwischen dem jungen sowie dem alten Emmet Brown und Marty hätten wir so nicht erwartet. Die knappe Spielzeit geht aufgrund des Preises absolut in Ordnung, insgesamt sind wir immerhin bereits bei einem Umfang von zehn bis zwölf Stunden angelangt, und an die zahmen Rätsel haben wir uns längst gewöhnt.
Wir hoffen auf ein fulminantes Finale, der Staffelabschluss war bisher ja nicht unbedingt Telltales größte Stärke, und wünschen uns, dass die Episodenexperten aus Kalifornien endlich eine Steuerung hinbekommen, die insbesondere den PC-Spielern ohne Gamepad nicht so leicht die Petersilie verhagelt.
In der letzten Episode von Back to the Future war es Marty gelungen, die Beziehung zwischen dem jungen Emmet Brown und Edna Strickland zu beenden und seinen Freund wieder auf den Pfad der Wissenschaft zurückzubringen. Die 1986er-Ausgabe von Emmet Brown allerdings sehnt sich nun nach Edna und macht nicht sie, sondern die Wissenschaft selbst für die Auswirkungen der Beziehung verantwortlich, die zur Gründung eines Polizeistaats in Hill Valley führte. Deshalb setzt der alte Emmet alles daran, die Präsentation des Flugapparats auf der Wissenschaftsausstellung im Jahr 1931 durch sein jüngeres Ich zu verhindern. Emmets Plan scheint wasserdicht, aber Marty hat noch ein paar Asse im Ärmel, um die Bindung endgültig zu sprengen. Doch kaum hat Marty sein Ziel erreicht, ist plötzlich ganz Hill Valley verschwunden...
In der finalen Folge des Zeitreiseabenteuers nutzt Telltale Games noch einmal die Gelegenheit, fast alle Charaktere der vorherigen Episoden in die Handlung einzubauen. Neben einem Wiedersehen mit Martys Großvater Arthur, Sängerin Trixie Trotter oder Officer Parker konfrontiert der Entwickler den Spieler aber auch mit einem weiteren Mitglied des Tannen-Clans und dem Vater von Emmet Brown, von dem wir bislang nur eine vage Vorstellung hatten.
Für Fans der Filme dürfte aber vor allem der Auftritt eines weiteren McFlys interessant sein, der von niemand geringem als Michael J. Fox vertont wurde. In diesen Genuss allerdings kommen nur Spieler der englischen Version, denn beim deutschen Sprecher handelt es sich wie erwartet nicht um Sven Hasper, der Michael J. Fox in den Kinofilmen seine Stimme geliehen hat.
Spieler der deutschen Version müssen aber auch sonst einige Abstriche beim Sound machen. In der finalen Episode bemerkten wir unzählige unvollständig abgespielte Sprechzeilen, diverse zu leise abgemischte Dialoge, sowie einige böse Soundbugs und sich überlagernde Gespräche. Die englische Fassung bleibt hingegen weitestgehend von solchen Fehlern verschont. Bei der musikalische Untermalung können aber beide Sprachfassungen gleichermaßen profitieren, denn der Einsatz der Filmmusik von Alan Silvestri und Huey Lewis and the News war in keiner bisherigen Episoden so umfangreich wie in dieser Folge.
Auch mit Blick auf die optische Präsentation gelingt Telltale Games in OUTATIME die bislang beste der Reihe. Kamerafahrten und Schnitte erreichen streckenweise filmisches Niveau, während die Charakteranimationen durchweg überzeugen können. Besonders die Mimik der Spielfiguren sorgt stets für ein Atmosphäre-Plus, wenn sich etwa Begeisterung auf Edna Stricklands Gesicht breitmacht. Aufgefallen sind uns diesmal außerdem keine Polygon- oder sonstigen groben Grafikfehler, die in der Vergangenheit immer wieder zum Störfaktor wurden. Einer erstklassigen Optik stehen aber weiterhin die schwachen Texturen und die mäßigen Grafikeffekte im Wege.
OUTATIME fällt erneut sehr dialoglastig aus. Nur für wenige Aufgaben muss der Spieler das spärlich befüllte Inventar benutzen, die meisten Ziele lassen sich bereits durch das Führen von Dialogen erreichen. Die simplen Inventar- und Kombinationsrätsel ließen sich zur Not auch durch Ausprobieren lösen, da die kleinen Schauplätze keine allzu großen Handlungsmöglichkeiten bereithalten. Der Spielaufbau ist zudem weiterhin sehr linear gestaltet, lediglich bei der Reihenfolge, in der Marty seine Umgebung erkundet, werden dem Spieler begrenzte Freiheiten gewährt.
Seine spielerische Kreativität stellt der kalifornische Entwickler aber dennoch hier und da unter Beweis, zum Beispiel wenn Marty und Emmet gemeinsam dem Erinnerungsvermögen von Edna Strickland auf die Sprünge helfen.
Mit der gut zweistündigen Episode OUTATIME liefert Telltale Games zwar eine der kürzesten, aber auch eine der besten der Reihe ab. Ähnlich wie der Serienauftakt 2010 baut die Abschlussfolge besonders stark auf Bezüge zur Filmvorlage, die gerade am Ende der Episode deutlich werden. Ob Hover Board, Product Placement oder die für Back to the Future typischen (Running) Gags; keine Frage, die gesamte Staffel würde ohne Kenntnis der Filme nicht mal halb so gut funktionieren. Telltale gelingt es allerdings nicht bloß, das Flair der Filme exzellent einzufangen, sondern auch, das Universum von Back to the Future sinnvoll zu erweitern. Edna Strickland, Kid Tannen oder das Hill Valley des Jahres 1931 wirken so, als wenn sie schon immer dazugehört hätten. In Sachen Storytelling und Charakterentwicklung lässt die Staffel zudem mühelos alle bisherigen Telltale-Produktionen hinter sich.
An Engine und Steuerung muss Telltale weiterhin arbeiten - und ob ein höherer spielerischer Anspruch mit einer möglichen zweiten Staffel vereinbar wäre, sollten die Kalifornier noch mal eingehend prüfen. Bei gerade mal 25 US-Dollar kann man sich aber ohnehin nicht ernsthaft beschweren. Denn der Käufer erhält fünf kompakte Episoden mit insgesamt mehr als 10 Stunden Spielzeit - deutsche Spieler dürfen das Spiel zudem nicht nur mit der sehr guten englischen Synchronisation, sondern auch mit einer guten deutschen Lokalisation spielen. Staffel 2 kann kommen.
Jan 'DasJan' Schneider
Benjamin 'Grappa11' Braun
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